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Erscheint w ochentlich drei Mol und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pf. prssnnmvrsnäo. Anzeiger für Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltcnzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. «3. Sonnabend, den l». April 1880. 5. Jahrg. Bekanntmachung. Vom hiesigen Armenunterstützungsverein neuerdings ersucht, dessen Bestrebungen polizeilich zu unterstützen, ist, wie schon zeither, auf das Betteln Und Vagaboudenunwesen die größte Aufmerksamkeit zugemendet worden und sind die diesseitigen Polizeiorgane in ent sprechender Weise angewiesen, der Hausbettelei mit aller Strenge entgegenzutreten. Nun ist aber wahrzunehmen gewesen, daß die vorhandenen Polizeikräfte zu gering, um mit ausreichenden Nachdruck den erwähn ten Uebelstand entgegenzutreten und muß daher die hiesige Einwohnerschaft selbst mit dazu beitragen. Es ist^wiederholt zur Kenntniß ge langt, daß geschenktes Brod, erbettelte Kleidungsstücke verkauft, daher sollte fremden Bettlern nirgends etwas gegeben werden, alle sollten ohne Weiteres abgewiesen werden. Ich richte an die hiesige Einwohnerschaft insbesondere auch an die Hausfrauen, die dringendste Bitte, bei ihrem Verhalten fremden Bettlern gegenüber eingedenk zu sein, daß hier ein wohlorganisirter Armenunterstützungsverein besteht, daß vielen geholfen sonach nicht zu betteln brauchen und das durch hier am unrechten Orte angewendete Mildthätigkeit dem ganzen mehr geschadet, als dem Einzelnen Nutzen daraus erwächst. Jedermanu wird ersucht, bei Vermittelung und Ergreifung der Bettler möglichste Hilfe zu leisten. Zwönitz, am 9. April 1880. Der Bürgermeister. Schönher Bekarmtmaehnng. Die in Stadt Zwönitz aufhältlichen Militärpflichtige» werden darauf aufmerksam gemacht, daß der 23. April d. I. als Mnfterungs- und beziehentlich der 24. April d. I. als Loosungstermin von der Ersatz-Commission des Aushebungs-Bezirks Stoll berg festgesetzt worden ist. Die betreffenden Mannschaften haben sich am ersteren Tage um 8 Uhr Vormittags im Gasthofe zum weiße» Roß i» Stollberg rechtzeitig ciuzufiuden. Zwönitz, am 3. April 1880. Der Bürgermeister. Schönher. Tagcsgeschichte. Deutschland. Die Nachricht von der Demission des Reichs kanzlers wird nun wohl längere Zeit die europäische Presse beschäf tigen, obgleich der Sache von den groswn Berliner Zeitungen kein allzugroßes Gewicht beigelegt wird. Kein einziges Organ setzt vor aus, daß die Demission angenommen wird. Atan erzählt sich, daß Kaiser Wilhelm sogleich bei Ueberreichung des Gesuchs gesagt habe: „Es bleibt bei meinem Niemals!" Am Mittwoch wurde der leidende Kanzler zu dem ebenfalls noch an das Zimmer gefesselten Monar chen zu einer Audienz gerufen, in welcher wie anzunehmen ist, die Wege angebahnt sind, um den ausgebrochenen ^Konflikt zu beseitigen. — Der Kaiser hat das Entlassungsgesuch des Reichskanzlers durch nachstehende Ordre beantwortet: Auf Ihr Gesuch vom 6. d. M. erwidere Ich Ihnen, daß Ich Ihnen die Schmierigkeiten zwar nicht verkenne, in welche ein Konflikt der Pflichten, welche Ihnen die Reichsverfassung auferlegt, Sie mit der Ihnen obliegenden Verantwortlichkeit bringen kann, daß Ich Mich aber dadurch nicht bewogen finde, Sie Ihres Amtes um deshalb zu entheben, weil Sie glauben, der Ihnen durch die Art. 16. und 17. der Neichsverfassung zugewiescnen Aufgabe in einem bestimmten Falle nicht entsprechen zu können. Ich muß Ihnen viel mehr überlassen, bei Mir und demnächst beim Bundesrath diejenigen Anträge zu stellen, welche eine verfassungsmäßige Lösung eines der artigen Konflikts der Pflichten herbeizuführen geeignet find. Berlin, 7. April 1880. WilLelm. An den Reichskanzler Fürsten v. Bismarck. . — Berlin. Die Genesung Sr. Maj. des Kaisers ist soweit vorgeschritten, daß derselbe bereits am Mittwoch wieder eine Spazier fahrt machen konnte. Oesterreich-Ungarn. Während in der deutschen Presse viel fach die Behauptung ausgestellt wurde, die Verhandlungen wegen des Handelsvertrages mit Deutschland seien abgebrochen und aus sichtslos, meldet jetzt die „Presse" daß die betheiligten Negierungen sich über die Verlängerung des Betrages bis zum 1. Januar 1881 bereits verständigt hätten und das schon in nächster Zeit der Ver trag dem Neichsrathe zur Genehmigung zugehen werde. — Das ungarische Unterhaus beschäftigt sich mit etuem Gesetzentwurf be treffend eine Lotterie-Anleihe von 40 Millionen Gulden, von denen 25 Mill, für die Regierung der Theiß, 15 Millionen für den Wieder aufbau der Stadt Szegedin verwendet werden sollen. (Man weiß nur noch nicht genau, was aus den früher schon für die Theißregu- lirung bewilligten 20 Millionen Gulden geworden ist.) Frankreich. Das Ereigniß des Tages ist eine Art Manifest des Prinzen Jerome Napoleon, in welchem er sich über die neuen De crete ausspricht und das alten Fechterkunststück der Napoleoniden aussührt, indem er erklärt, daß die Revolution und die Religion von jeher seinem Hause theuer gewesen seien. Er stimmt dem Vor gehen der Regierung bei und findet in den Märzdecreten nur „eine Rückkehr zu dem unumgänglich nothwendigen öffentlichen Recht." Die conservativen Blätter der Bonapartisten sind ganz.außer sich über diese Kundgebung des Prinzen. Cassagnac bezeichnet sie im „Plays" als einen nicht wieder gutzumachenden Fehler und fügt hinzu, wenn das Kaiserreich, daß man feiner Partei anbiete, so beschaffen sei, so müsse man es mit Abscheu zurückwcisen. Das Journal „La France" führt aus, Prinz Napoleon habe jede Aussicht verloren sich mit den Bonapartisten und Klerikalen zu verbinden und habe natürlich auch keine Aussicht mit den Republikanern ein Bündniß eingehen zu können. — Am 4. d. ist ein neuer Transport von etwa 300 Am- nestirten aus Neucaledonien in dem Hafen von Brest eingetroffen. Italien. Auch die italienischen Volksvertreter werden sich mit außerordentlichen Militärausgaben zu befassen haben. Die Küsten und Inseln des Reichs sollen mit großen Befestigungsarbeiten und die Regimenter verstärkt werden. Atan will eben auch hier die allge meine Diode mitmachen, obgleich ein zwingender Grund ersichtlicher weise nicht vorliegt. R»ßland. Die Stellung Loris-Melikoffs soll durch seine Halt ung in der Schulfrage erschüttert sein. — Demnächst wird auch der Prozeß gegen den vielgenannten Dr. Weymar zur Verhandlung kommen. Derselbe ist angeklagt, mit seinem Wagen dem Mörder des Generals Mesenzew zur Flucht verholfen und später dem Ver brecher Solowjew einen Revolver und Gift verschafft zn haben; ferner vor drei Jahren dem Fürsten Krapotkin, welcher sich bekannt lich ebenfalls wegen nihilistischer Umtriebe in Anklageznstand befand und krankheitshalber in einem Hospital gefangen gehalten wurde, mit Hilfe seines Wagens die Flucht erleichtert zu haben.