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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sannabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich I Mark 20 Ps. pr<«iiui»er»nä». Unreiner Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Eorpusspaltenzeile mit io Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stabtgemeinderctth, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Nedacteur: Bernhard Oti in Zwönitz. .-4? 7. Donnerstag, den 15. Januar 1880. 5. Jahrg. An die Bezahlung des Schulgeldes wird erinnert. Tagesgrschichte. Deutschland. Das seltenste Schauspiel, das es irgend geben kann in unserem parlamentarischen Leben, das Abgeordnetenhaus hat es geboten — wir sahen es in einer eminent wichtigen Frage voll kommen einig, es gab über das Wesentliche, den eigentlichen Kern der Vorlage, keine getheilten Meinungen. Wenn einer Millionen forderung gegenüber keine Stimme des Widerspruchs im Parlament sich regt, wenn die Parteien alle ohne Unterschied, wenn die Frac- tionen alle, die wir sonst nie einig sehen, im Bewilligen sich zusam menfinden, wenn die Redner von rechts und links nur verschiedene Variationen auf dasselbe „Ja" liefern, daun mutz das Vaterland wohl in ernster Gefahr sein. Einen schlimmen Feind gilt es da wohl zu bekämpfen, hinwegzuweisen von unsern Grenzen. So ist es auch. Rur datz der Krieg nicht geführt wird mit Schwertern und Flinten, mit Kanonen und Torpedos, sondern mit dem Aufwand aller Liebe und Barmherzigkeit, deren die Nation fähig ist. Der Feind ist be reits hereingebrochen, verwüstet bereits einen Theil der Monarchie, er heitzt Hunger und in Oberschlesien sehen wir ihn müthen. Die Privatwohlthütigkeit ist schon längst helfend beigesprungen, aber mehr als ein Trupp begeisterter Freiwilliger vermag eine woblorganisirte und bewaffnete Armee, mehr als die improvisirte Privathilfe vermag die weise und kräftige Hilse des Staates. Aus Abgeordnetenkreisen heraus kam der erste Ruf nach Staatshilfe, die Minister gingen per- föulich an Ort und Stelle, um sich über die Sachlage zu unterrichten und aus den Berathungen erwuchs mit rühmenswerthcr Schnelle die .Nothstandsvorlage. Gerade in unserer Zeit der Parteiverwirrung ist es doppelt schön und politisch nützlich, Parteien und Regierung so durchaus einig zu sehen. Es war Zeit, das Volk nach all den Zer klüftungen und Kämpfen daran zu erinnern, datz die Parteien bis auf den letzten Mann einig sind, wo es gilt, nnmittelbarer Noth ab zuhelfen, einig, wo der Gegenstand so einfach, das Ziel so klar ist, und wo über die Wege, die zum Ziele führen, eine Meinungsver- fchiedenheit nicht bestehen kann. In nothwendigen Dingen Einigkeit, das ist denn doch noch Regel in unseren Parlamenten und das ver mag alle Bedenken gegen die allzuscharf gewordenen Parteiunter schiede, gegen die allzuheftigen Kämpfe zu beruhigen. Oesterreich-Ungarn. Während wir in Deutschland einen inneren Feind, den Nvthstand, bekämpfen, drohen Oesterreich Ver wickelungen mit äußeren Feinden. — Der Eonflict mit Serbien wegen der Eisenbahnbauten, denen die Regierung von Belgrad sich unter tausend Ausflüchten widersetzt, ist mehr als eine blotze Handels- und Verkehrsangelegenheit. Man will Oesterreich den Weg nach dem Orient versperren und Serbien will beweisen, datz Oesterreich im Orient nichts zu befehlen hat. Das ist der wahre innere Kern des Serbischen Eifenbahnstreites; es handelt sich alfo da um eine Probe für höchst gewichtige Entscheidungen. Und nun haben wir den grotzen Gegensatz zwischen Slaventhum und Oesterreich, wir haben das wich tige Streitobject, den Orient nämlich, und wir sehen, datz der Con- flict so beginnt, wie viele weltgeschichtliche Conflicte, mit dem Streite nämlich über die Deutung eines Wortes, gleichviel ob es in der Bibel, im Koran, in einem Gesetzbuche oder in einen: Vertrage steht. Zuletzt werden die Parteien ungeduldig, schmeitzen sich das Buch oder den Vertrag an den Kopf und die Rauferei ist fertig. Im Hinblick inin auf die Möglichkeit einer derartigen ernsten Entwickel ung der serbischen Eisenbahnfrage verkündigt man jetzt, datz Rutzland jeder dritten Macht, welche den Interessen oder der Unabhängigkeit Serbiens Gewalt zu thun sich anschickt, mit denselben Mitteln ent- gegentreten will, welche jene Macht in Anwendung bringt.- Deutlich gesprochen he'ß das, datz, wenn Oesterreich eine militärische Demon stration gegen Serbien versucht, Rußland auch militärisch gegen Oester reich demonstriren wird. England. Lord Beaconsfield befindet sich in einer unange nehmen Lage. Bei der Einnahme von Kabul, und seitdem an anderen Orten, sind den englischen Truppen ganze Stöße von Schriftstücken in d,ie Hände gefallen, welche unwiderlegliche Beweise für die rus sischen Wühlereien in Afghanistan und in Hindustan beibrachten. Der Fund wurde an die große Glocke gehängt, und das Cabinet erkannte die Nothwendigkeit, diese Documente dem Parlamente vor zulegen, um dessen voraussichtliche Wißbegierde zu befriedigen, dann aber auch, um seine Politik gegen die Angriffe der Liberalen zu ver- theidigen. Es stellt sich nun aber heraus, daß die aufgefundenen Schriften nicht alle veröffentlicht werden können, ohne Rußland so bloszustellen, daß ein Bruch kaum zu vermeiden wäre, was aber höheren Orts nicht gewünscht wird. Jedenfalls dürfte auch die Blumen lese schon genügen, um zu zeigen, daß Rußland sich nicht blos in Afghanistan und Hindustan, sondern auch in den, die Paläste von Kaschmir und von Heiderabad umgebenden Gärten bereits einge nistet hat. Rußland. Während die englische Presse die russische Regierung beschuldigt, den Afghanischen Thronprätendenten Abdurrahman Chan, der bisher als Staatspensionär auf russischem Gebiete lebte, zur Agitation gegen die Engländer in Afghanistan und Centralasien an gestiftet zu haben, wird russischer Seits behauptet: Abdurrahman sei aus dem russischen Territorium unter Mitnahme seiner Schätze ent flohen. Er habe durch General Kaufmann in Livadia um die Er- laubniß gebeten, das russische Gebiet verlassen zu dürfen, diese sei ihm jedoch nicht gewährt worden. Darauf hin habe er sich zur Flucht entschlossen. Daß man in England auf die russischen Erklärungen keinen Werth legt, ist begreiflich, angesichts der geheimnitzvollen Kriegsrüstungen, die im russischen Centralasien betrieben werden. Die Expedition gegen Merw, welche durch die Siege der Tekke-Tur- kemeueu über die Russen unter Lazareff scheiterte, soll in diesem Frühjahr mit vermehrten Kräften unter Führung von Tergnkassoff wieder aufgenommen werden. Der Chan von Merw, durch die rus sischen Kriegsrüstungen in Furcht versetzt, hat sich nach England um Hülse gewandt. Ob die Engländer ihm diese gewähren werden, ist mehr als fraglich. Ihre Position in Afghanistan erfordert die äuherste Anspannung ihrer disponiblen Kräfte. Vokales und Sächsisches. Dresden, l2. Januar. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde der Antrag des Secretürs I)r. Böhme, betreffend den Bau einer Secundärbahn von Annaberg nach Stollberg, der Finanzdeputativn (Abth L), der Antrag des Abg. Walter, auf Zu lassung der bei den Gerichten erster Instanz in Dresden fungirenden Rechtsanwälte bei dem Oberlandesgericht auf Antrag des Äbg. Or. Krause der Gesetzgebungsdeputation überwiesen. Ausserdem wurden ohne Debatte einige Petitionen, welche ein allgemeines Interesse nicht beanspruchen können, den Anträgen der Beschwerde- und Petitions deputation gemäß erledigt. Leipzig. Auf Veranlassung der königl. Kreiühauptmannschaft als Landespolizeibehörde wurden am 12. Januar Nr. I und 2 der im Verlag der Genossenschaftsbuchdruckerei und unter Redaktion von Hasenelever erscheinenden periodischen Zeitschrift „Das Lämplein, humoristisch-satyrisches Wochenblatt", polizeilich beschlagnahmt, auch das weitere Erscheinen dieser Zeitschrift wegen seiner socialdemo kratischen, den öffentlichen Frieden gefährdenden Tendenzen untersagt. Chemnitz, 12. Januar. In der Nacht vom Sonnabend zum