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Änzcher für Erscheint wöchentlich drei Mal nud zwar Dienstag, Donnerstag nnd Sonnabend (Vorinittag). . Abonneaientspreis beträgt vierteljährlich I Mark 20 Pf. pnemimvi-miäo. Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Eorpusspaltenzeile mit io Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend Organ für den Stavtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Rcdacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 72. Sonnabend, den IS. Juni 1880. 5. Jahrg. Bekanntmachung. Nachdem von der Handels- und Gemerbekammer zn Chemnitz beschlossen worden ist, für das Jahr 188« einen Steuerzu schlag zur Einkommensteuer von drei Pfennigen für die Mark des Stenerbctrages, welcher ans die Spalte ä des Ein tommenstenercatasters (für Handel und Gewerbe) eingestellten Beträge entfällt, zur Bestreitung ihres Aufwandes zu erheben, wird hiermit obiger Steuerzuschlag ausgeschrieben. Bei diesem Zuschläge ist von allen kleineren Gemerbtreibenden, deren Einkommensteuer jährlich nicht drei volle Mark beträgt, ab zusehen. Der Zuschlag ist von drei Mark an nach der vollen Mark zu berechnen. Chemnitz, den 14. Juni 1880. Das Präsidium der Handels- und Gewerbekammer. Findeisen. Ruppert, S. Tagcsgeschichte. Deutschland. Die Mittwoch Nachmittag zwei Uhr zu einer Sitzung zusammengetreteue „Berliner Couferenz" wählte einstimmig den Fürsten Hohenlohe zum Vorsitzenden und Geh. Rath Busch und Grasen Moni) zu Secretären. Von Seiten Deutschlands wird der Couferenz keine Vorlage unterbreitet werden, man will dies offenbar den Weltmächten, namentlich Frankreich überlassen. Man verständigte sich auf strengste Geheimhaltung der Verhandlungen. Deshalb sind alle etwaigen Zeitungsnotizen, die schon über Beschlüsse oder Ver handlungen der Couferenz berichten, mit großer Vorsicht aufznehinen. Am Freitag werden die technischen Commmissäre, die Militärs, zu einer Sitzung zusammentreten. — Neuerdings ist die interessante Frage aufgeworfen worden, weshalb denn nicht die deutsche Reichs- gewalt dcu Kampf gegen den Ultramontanismns ausgenommen habe. Als Hauptgrund für die Unterlassnng wird nun von unterrichteter Seite mitgethcilt, daß man an maßgebender Stelle die deutsche Neichsgewalt nicht in allen Punkten für zuständig erachte, nachdem auch namhafte Nechtsgelehrte über die Berechtigung der Neichsgewalt oas ganze Verhältnis) des deutschen Reichs zu der römischen Kirche in den Bereich ihrer Gesetzgebung zu ziehen, gestritten hatten. Oesterreich. In den Einzellandtagen weht ein Sturmwind, der u. A. bereits den Grafen Lamberg von seinem Sitze eines Landhauptmannes von Tirol herabgcweht hat. Die beiden neuen Fürstbischöfe von Tirol haben, ehe sie im Landtage ihre Sitze ein nahmen, einen Protest überreicht gegen die erfolgte Bildung zweier protestantischer Gemeinden in Tirol und die dadurch erfolgte Auf hebung der Glaubenseinheit des Landes. Zündstoff liegt überall angehäust und die Befürchtung, daß Deutschland-Oesterreich einer schweren inneren Krise entgegengeht, ist nicht unbegründet. J-rankreich. Die sehr bedenkliche Amnestiefrage kann wieder als beseitigt betrachtet werden. Der Ministerrath hat beschlossen, am 14. Julikeineallgemeine Amnestie zu erlassen, sondern an jenemTage einfach wieder eine Anzahl von Begnadigungen zu vollziehen. Die Radikalen sind darüber ganz aus dem Häuschen. England. In der afghanistjschen Angelegenheit erfährt man, daß Abdürrhaman sich bockbeinig zeigt lind die Möglichkeit, Jakub Khau wieder in die Emirwürde eingesetzt zu sehen, nicht ausge schlossen ist. — Aus einem soeben veröffentlichten parlamentischen Ausweise geht hervor, daß zu London im vergangenen Jahre 80 Personen Hungers gestorben sind. Spanien. Die Verhandlungen mit Marocco wegen des Schutzes der sich in jenem halbbarbarischen Staate aufhaltenden Kaufleute fremder Nationen scheinen auf ein Dreschen leeren Strohs hinanszngehen. Die Vertreter der Mächte haben ihre Negierungen um Instructionen gebeten, ob die Verhandlungen nicht ganz abge brochen werden sollen, da dieselben doch anssichtsloS seien. Rußland. Seitens des Ministeriums der Volksausklärung sind neuerdings die Materialien zur Einführung des obligatorischen Schulunterrichts in Rußland der Ocffentlichkeit übergeben. Um welche Geldmittel cs sich dabei handelt, kann inan annähernd daraus er- .ehen, daß beispielsweise für das Gouvernement Petersburg tausend Schulen mit einer einmaligen Ausgabe von 1 Million, einem Jahres budget von einer halben Million, und für 2000 Schulen mit einer einmaligen Ausgabe von anderthalb Millionen Rubel und einem jährlichen Budget von 1,200,000 Rubel ansgeworfen sind. Aostales und Sächsisches. Zwönitz. Im nächsten Jahre werden es hundert Jahre, daß die hiesige priv. Schützengilde, die schon vorher als Schiehgesellschaft bestanden, ihre Matrikel von Sr. Durchlaucht dem Churfürsten Friedrich August III. cousirmirt und damit ihr Privilegium aller- gnädigst erhalten hat. Um dies hundertjährige Jubeljahr in entsprechender Weise zu begehen, beabsichtigt man größere Festlich- nnd Feierlichkeiten damit zu verbinden. — Am 16. Juni ist einem alten aber löblichen und auerkeuneuswertheu Gebrauche Herr Fleischer Moritz Lang hier insofern nachgekommen, als er am genannten Tage sein Meisterstück gemacht und dadurch Mitglied der hiesigen Fleischer- Innung geworden ist. Wie man überall in der Neuzeit das Jnnuugs- wesen, das durch die auf Freiheit beruhende Gewerbeordnung wie die Gewerbe selbst arg geschädigt worden sind, allerorts auszuhelfen sticht, hat man auch hierorts Recht gethan, die Innungen, mit weniger Ausnahme am Leben zu erhalten und wieder neu zu beleben. — Am 17. Juni waren es 16 Jahre, daß ein Theil der Laug- wie der Kirchgasse, sowie die ganze Schulgasse abbrannten und am 23. darauf beehrte Se. Maj. der König Johann die hiesige Stadt mit Seinem Allerhöchsten Besuche. Auf den Brandruinen herumkletternd zog er die genauesten Erkundigungen über dies Brandunglück wie über die hiesigen Verhältnisse ein nnd hinterließ den Calamitosen 200 Thaler. Zwönitz, 17. Juni. Am 23. Januar ds. Js. wurde mir von Gendarm Kuhnert hierselbst eine Abschrift eines amerikanischen Briefes, (die unglückliche Lage der dorthin Ausgewanderten schildernd), mit dem Wunsche eiugehändigt, den Inhalt der Abschrift wörtlich zum Abdruck zu bringen. Kurze Zeit darauf erhob ein gewisser Franz Flemming, Auswanderungsagent in Zwickau, Privatklage gegen mich und fand nun die Hauptverhandlung am 1. Juni a. e. statt. Der „Stollb. Auz." bringt hierüber nachstehendes Referat, welches ich wört lich zum Abdruck gelangen lasse. Carl Bernhard Ott, Redactenr des „Anzeigers für Zwönitz und Umgegend." (Oesientliche Sitzung des König!. Schöffengerichts Stollberg) vom 1. Juni 1880. Als Schöffen fuugirten: Friedrich August Decker aus Niederzwönitz und Ernst Oswald Clauß aus Thalheim. Vor ungefähr i/z Jahre machte in verschiedenen Zeitnngeu ein Brief eines gewissen Louis Franke aus Südamerika, welcher dahin aus Sachsen ausgewandert war, die Runde. In diesem Briefe wurde die unglückliche Lage der dorthin Ausgewanderten in einer nicht ge rade gewählten, aber in ihrer Derbheit.die Wahrheit der geschilderten Umstünde zur Ueberzeuguug bringenden Sprachmeise dargestellt und schließlich die ganze Schuld au dem Elend des Ausgewanderten und seiner Angehörigen und Genossen unter einigen in den unteren Schichten der Bevölkerung gern angewendeten Schimpfreden einem