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Pulsnitzer Wochenblatt und Zeitung lelegr.-Adr.: Wochenblatt Pulsnitz erscheint: visnsiag, Donnerstag u.Sonnabsnd. 5lmts Les l^önigl. Amtsgerichts und Les StaLtrates zu Pulsnitz Inserate kür denselben lag sind bis vormittags 10 Uhr aukzugsben. vis künk mal gespaltene Seils oder deren Naum 12 PI., Lokalpreis 10pk. Neklams 25 Pf. IZsi Wiederholungen Rabatt. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem larik. Erfüllungsort ist Pulsnitz. Abonnement: Monatlich 45 Pf., vierteljährlich U)k. l.25 bei freier Zustellung ins Saus, durch die Post bezogen Mk. 1.41. — Mit „lllustr. Sonntagsblatt", „Landwirtschaft licher lZsilags" und „§ür IZaus und köerd". Ssrnsprschsr: Nr. 18. 8szirKs-5»NZSigSr Xan umfassend dis Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz m. s., Vollung, Srotzrährsdorf, Sretnig, Zauswalds, Ohorn, Obersteina, Nieder- ItlUlöOlOIc i Ut 06 !l »t Illl5g6richlpu6^lri> PUlplll^, steina,Weitzbach, Ober-u.Niederlichtenau,§riedersdorf-Ihiemendorf, Mittelbach, Srohnaundorf, Lichtenberg, Klein-Oittmannsdork. Druck und Verlag von S. L. Sörster's Crbsn (!nh.: Z. Mohr). Expedition: pn;.Snitz, lZismarä^platz Nr. 265. Verantwortlicher Redakteur: Z. w° Mohr in Pulsnitz. Das Wicht gste. Die Erste Kammer erledigte gestern verschiedene Etats- kapitcl und Petiüonen; die Zweite Kammer nahm den Eventual-Gesetzentwurf mit den beschlossenen Aenderungen mit 40 gegen 37 Stimmen au. (Siehe Landtag.) Im Reichstag hat am Mittwoch die Debatte über die Verfassungsanträge begonnen. Es ist nicht zu der angedrohten Präsidialkrisis gekommen. Staats sekretär v. Bethmann-Hollweg verlas eine Erklä rung des Bundesrates, die immerhin aus einiges Entgegenkommen schließen läßt. (Siehe Reichstag.) Der Reichsetat für 1909 schließt in Einnahme und Ausgabe mit 2 865 409 018 M ab. Die Reichspostverwaltung hat gestern mit den Ver einigten Staaten eine Vereinbarung bezüglich des Briefportos getroffen. Anläßlich des 60 jährigen Jubiläums des Kaisers Fran; Joseph sanden in Wien glänzende Hoffest lichkeiten statt. Ueber Prag ist gestern das Standrecht verhängt wor den. Die Krawalle dauern fort. —Vie uns Vie Nude ,n vestsrreicd. Die Exzesse dec Tschechen in Prag gegenüber den Deutschböhmen und zumal das Auswachsen dieser Un ruhen zu einer wahren Revolution fordern die öffentliche Kritik nun auch nicht nur gegenüber dieser schweren Aus schreitungen der Tschechen, sondern auch gegenüber der österreichischen Regierung heraus, die seit Monaten diese schlimmen Auswüchse allzu nachsichtig behandelt und da mit der Ruhe in Oesterreich großen Schaden zugefügt hat. Es hat wenig Wert, aus die Einzelheiten der Tumulte und blutigen Zusammenstöße zwischen der Polizei und der fanatischen Menge in Prag näher einzugehen, und zum hundertsten Male zu beschreiben, wie der tschechische Pöbel die deutschen Studenten in Prag überfallen und mißhandelt hat. Es handelt sich aber offenbar darum, einmal festzustellen, ob tue österreichische Regierung nicht den guten Willen oder nicht mehr die Macht in Prag hat, einen Teil ihrer deutsch-österreichischen Untertanen gegen die rohen Ueberfälle der Tschechen zu schützen. In jedem geordneten Staatswesen gilt es doch als Haupt aufgabe der Regierung, das Leben und Eigentum ihrer Bürger zu schützen, man kann aber nach den Vorgängen in Prag nicht mehr sagen, daß die österreichische Regie rung diese Ausgabe tatsächlich erfüllt. Nun genügt ja in den meisten Fällen der Ausschreitungen die Geltend machung der staatlichen Autorität, und wenn die Auto rität selbst nicht mehr als solche die rechte Wirkung tut, dann muß eben der Staat von seinen gesetzlichen Macht mitteln Gebrauch machen, um seine Autorität und damit die Ruhe und Ordnung im Lande oder in der betreffen den Stadt voll und ganz wieder herzustellen. Man darf gespannt sein, ob nun nicht endlich in Wien ein energi scher Entschluß gefaßt wird, um die Skandale in Prag zu beseitigen. Wäre es denn ein so großes Unglück, wenn der fanatische tschechische Pöbel in Prag, der die Polizei und die Offiziere verhöhnt und angegriffen hat, einmal fühlen würde, daß in Oesterreich noch eine kräftige Staatsgewalt vorhanden ist, welche Bataillone von Sol daten gegen die Ruhestörer marschieren lassen kann? Oder fürchtet man in Wien den Ausbruch einer tschechischen Revolution in Prag und in Böhmen überhaupt? — Nun, die Dinge in Prag sehen einer ständigen kleinen Revo lution schon sehr ähnlich, und wenn die Unruhen und die wachsenden Verhetzungen in Prag schließlich immer "och größere Dimensionen annehmen, so wird es schließ lich noch viel schwieriger werden, daß die österreichische Regierung die Ruhe dort wieder Herstellen und ihre Au torität hochhalten kann. In den von vielen vcrschieden- »rngen Völkern bewohnten Oesterreich ist es ja immer schwierige Aufgabe der Regierung gewesen, die Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten, und die österreichische egierupg hat oft zu verschlagenen diplomatischen MUteln gegriffen, um ein Volk durch das andere in Schach zu ounsr Lag, den 3, Dezember lW8. 60- Jahrgang. erhalten. Dieser Fall liegt aber in Prag und in Böh men nicht vor, denn die Deutschböhmen sind die treuesten und ruhigsten Untertanen de" Kaisers von Oesterreich und gegen sie braucht der tschechische Chauvinismus nicht ausgespielt zu werden, du ganzen Zustände in Prag sind also unhaltbar und unerträglich geworden, und es wird hohe Zeit, daß durch energische Schritte der österreichischen Regierung dort Wandel geschaffen wird, denn sonst wird in Prag und in Böhmen noch der Bürgerkrieg zwischen Deutschen und Tschechen in Szene gesetzt und ein unsag bares Unglück über das von der Natur ko reich gesegnete Land gebracht. OsrNicdss und Säcbsiscdss. Pulsnitz. Am vergangenen Dienstag gab Herr Musikdirektor Frenzel im Saale des Schützenhauses ein Konzert mit der verstärkten Stadtkapelle und unter Mit wirkung des Fräulein Lily Weiß (Klavier) und der Herren Hermann Gneuß (Violine) und Alfred Patzak (Cello). Das Or^ester zeigte im Zusammenspiel und in der Durch arbeitung des Vortrags anerkennenswerte Arbeit, wenn auch stellenweise einzelne Instrumente die sichere Beherr schung ihrer Partien noch vermissen ließen. Nun die Darbietungen der solistischen Kräfte: Zeigte uns Herr Patzak in der 6erceu8e, daß er wohl fähig ist, mit seinem Instrumente innerlich zu verwachsen, so konnten wir im Zigeunertanz besonders seine technischen Fähigkeiten be wundern. Eine meisterhaft schöne Wiedergabe erfuhren das Trio V von Mozart und das kclaxio aus einem Trio Chopins. Als Violinsolo bot Herr Gneuß: -Ur8 kon- §roi8e, ein „gemachtes" Stück mit allen Effekten aus der Rüstkammer der Streichmusik! In künstlerischen Mitteln einfach zu sein, hat dieser Komponist — wie viele unse rer Zeit — nicht verstanden. Die Skrupellosigkeit, mit der rasch nach allem gegriffen wird, was Effekt macht und darum Gewinn verspricht, macht es nötig, den Mu sikern die Pflicht einer gewissenhaften, streng künstlerischen Auslese wieder einmal ins Gedächtnis zu rufen! Die Wirkungen dieses Stückes waren nur grobe und ließen ein Gefühl frohen Genießens nicht aufkommen. Weit besser war die Zugabe: das Stück mutete uns in seiner Schlichtheit und Innigkeit an wie eine echt lyrische Dich tung und bewies, daß Herr Gneuß auch Seele in seinem Spiele geben kann. In allen solistischen Darbietungen zeigte sich Frl. Weiß bald als Begleiterin von bester Fähigkeit, dem Solisten sich anzugleichen und unterzu ordnen und bald (besonders im Ino V) als sichere und ausdrucksfähige Partnerin. Wir hätten fie gern auch allein gehört. — Das Konzert hatte sich eines verhält nismäßig guten Besuches zu erfreuen. 8cb. Hnlsnitz. Bei der Gewerbevereins-Wohltätigkeits- Veranstaltung wurde eine Einnahme von 627 M 81 Pf. erzielt. Der Einnahme steht eine Ausgabe von 466 M 70 Pf. gegenüber. In letzterer befinden sich selbstverständ lich die Kosten für die verkauften und verlosten Waren, sowie alle Sachen, welche der Verein in eigner Regie hatte. Der 160 M 11 Pf. betragende Reingewinn ist entsprechend verteilt worden. Pulsnitz. Wie wird das Wetter am Sonn tag sein? Wenn wir die Wetterkarte betrachten, so sehen wir recht wenig Winterliches darin, nur in der Nähe des über Bayern befindlichen „Hoch" herrscht mä ßiger Frost; sonst hat namentlich das nördliche Europa mildes Wetter, weil dort Depressionen vorüberziehen. Während die nächsten Tage uns unter Einfluß jenes „Hochs" trocknes und teilweise heiteres Wetter bringen werden, gewinnt später ein neues, von Island heranziehendes Minimum etwas an Einfluß und wird in Verbindung mit dem südlichen „Hoch" wieder westliche Winde mit vielfach trübem, nebligem Wetter und unerheblichen Nie derschlägen veranlassen. So wird uns denn auch der Sonntag ziemlich mildes, wechselnd bewölktes Wetter und teilweise etwas Regen bringen. — Einstweilen ist noch nicht auf ein neues, ernstes Erscheinen des griesgrämigen Winters mit eisgrauem Bart und schneebedecktem Mantel zu rechnen, worauf wir auch im Interesse der armen Leute gern noch eine Weile verzichten wollen, wenngleich uns auch der sogenannte „Dreck vor Weih nachten" absolut nicht ideal erscheint. IV. — Die Königliche Amtshauptmannschaft Kamenz gibt bekannt, daß Donnerstag den 10. Dezember d. Js., vormittags 9 Uhr öffentliche Sitzung des Bezirksaus ¬ schusses stattfindet. Die Tagesordnung hängt in der Amtshauptmannschaft aus. — In der Zweiten sächsischen Kammer erfolgte am Mittwoch nach äußerst lebhafter, zum Teil stürmischer Debatte die Annahme des gesamten Eventualgesetzent wurfes in namentlicher Abstimmung mit 40 gegen 37 Stimmen. Die sozialdemokratischen und freisinnigen An träge auf Einführung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts bez. Wiedereinführung des Wahl rechts von 1868 wurden gegen 5 Stimmen abgelehnt, und die zum Wahlgesetz vorliegenden Petitionen ließ man auf sich beruhen. (Siehe Landtag.) Ohorn. Bei Beginn der langen Winterabende, die die Familienglieder um die traute Lampe vereinigen, sei auf unsere Volksbibliothek empfehlend hingcwiesen. Sie befindet sich im 2. Obergeschoß der Schule und gibt jederzeit Bücher ab. Von ihrer fortschreitenden Entwicke lung und ihrem erfreulichen Wachstum zeugt, daß sie zur Zeit ihrer Eröffnung, am 3. Mäxz 1900, 1L7 Bücher zählte, während sie jetzt 390 Bände enthält. Sie gliedert sich in 4 Gruppen: Unterhaltungslektüre (253 Bände), Gemeinnütziges (69 Bände), Geographisches (39 Bände) und Geschichtliches (39 Bände). Aus dieser Uebersicht ist zu ersehen, daß jeder Leser wohl einen für ihn geeigne ten Stoff zur Lektüre finden wird. Es sind auch neue, alle Bücher enthaltenden Kataloge gedruckt, die, soweit der Vorrat reicht, unentgeltlich an die Leser abgegeben werden. Das Lesegeld beträgt wie bisher 2 Pf. pro Band und Woche. Möchte darum die Bibliothek recht fleißig benutzt werden! Rammenau, 1. Dezember. Auf noch unaufge klärte Weise brach gestern Abend gegen 8 Uhr im hiesigen Orte Feuer aus und wurden Stall und Scheune des Herrn Mühlenbesitzers Ernst Schöne, am oberen Teiche gelegen, eingeäschert. Infolge des dichten Nebels gewahrte man auswärts von der Feuersglut sehr wenig. Der Schaden bez. der Verlust an Stroh, Getreide und Inven tar dürfte immerhin erheblich sein. Die Feuerwehr von Geißmannsdors erhielt die erste und die von Goldbach die zweite Prämie. Gerstmann sdorf, 28. November. Einen bösen Streich haben Bubenhände dem Gutsbesitzer Sch. aus Hauswalde gespielt. Sch. war vor dem hiesigen Erbge richt vorgefahren, um seine Angehörigen heimzuholen. Während der Wagen vor dem Hause stand, hatte man ein Seitenblatt vom Geschirr des Pferdes durchgeschnitten. Freiberg. Die städtischen Kollegien in Freiberg haben in zwei außerordentlichen Sitzungen beschlossen, dem Gesuche des zum Rate am Oberverwaltungsgericht berufenen Bürgermeisters Blüher, ihn vom 1. Januar ab aus seinem Amte zu entlasten, unter Anerkennung seiner segensreichen Tätigkeit und unter dem Ausdruck des Be dauerns über das Scheiden zu entsprechen. Man wählte eine aus Mitgliedern beider Kollegien bestehende Kom mission zur Vornahme der Wahl eines Nachfolgers. Diese Kommission wird zunächst darüber zu entschließen haben, ob die Bürgermeisterstelle ausgeschrieben werden soll. Freiberg. Daß bei den Stadtverordneten-Wahlen bei der Abfassung der Wahlinserate das Wort nicht auf die Goldwage gelegt wird, sondern diese Inserate manch mal einen derben Ton besitzen, davon gab der In seratenteil des „Freiberger Anzeigers" Kunde. In dem selben hieß es: „Peter, halt dich auf der Rodelbahn." — „Ein ziemlich ergrauter Kater, nie zu Hause, spielend, muß gänzlich an die Luft gesetzt werden. Versammlung Montag abends 6 Uhr „Ratskeller". — „Ein Peter, drei Jahre alt, ist gegen bessere Rasse zu vertauschen, ohne Aufgeld. Eventuell wird noch was drsiufgelegt. Näheres unter „Raus" postlagernd Freiberg.« — „Mühle und Rühle müssen ins Gewühle.' — „Achtung! Ein Skat- usw. Spieler, der vom 1. Januar 1909 ab wieder mehr Zeit bekommt und alles gut äukdrechselt, sucht Spiel brüder Offerten unter „Schwimmbassin" Freiberg." — „Geisensetter raus, Rühle rein!" — „Geisensetter noch einmal raus, Klotzsch rein!" usw. usw. Leipfig, Das Universitäts-Sekretariat gab Diens tag mittag durch Anschlag am Schwarzen Brett den Studenten bekannt, daß infolge der gestern erhaltenen ungünstigen Nachrichten aus Prag der Rektor der Leip ziger Universität, Geheimrat Professor Or. Binding, Mitt woch sich nicht zur Grundsteinlegung für das neue Ge bäude der deutschen Universität nach Prag begeb n wird. Gleichzeitig werden die studentischen Verbindungen er-