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Bis V-10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt — Erscheint an jedem Werktag — — Im Falle höherer Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger irgend welcher Störung des Betriebes der Zeitung oder der Beförderungseinrichtungen, hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rück zahlung des Bezugspreises. — Wöchentlich 0.65 E bei freier Zustellung; bei Abholung wöchentlich 0.55 E; durch die Post monatlich 2.60 E freibleibend Hauptblatt und älteste .Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S-, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswaldc, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: PulSnitz, Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Försters Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Nummer 128 Mittwoch, de» 4 Juni 1930 82. Jahrgang Aili Mle WmrlelliW Schluß mit der fteuerliche« Bevorzugung öffentlicher Betriebe — Forderungen des Reichskartells des selbständige« Mittelstandes Die Beamten gegen das geplante Notopfer — Einigung über die Deckungsvorschläge Bor einem Aufruf Hindenburgs? Berlin. Das Reichskartell des selbständi gen Mittelstandes veranstaltete im Plenarsaal des Seitliche und MM Angelegenheiten Der Juni Der „Wonnemonat" Mai ist, wie oft schon, so auch in diesem Jahre tief in unserer Schuld geblieben. Hat er nns auch das Blühen und Duften nicht rauben können, das ihm von der Natur angeboren ist, so hat seine Regenflut und Sonnenarmut, seine Kühle und Herbheit uns ach so viel vermissen lassen, was wir vom Frühlingsmonat Mai an Maienschönheit und Frühlingspoesie erwarten können. Und nun kommt im rasch fortschreitenden Ablauf des Jahres schon der Juni, der zwar als Regenmonat vielfach gefürchtet, in Wirklichkeit aber oft besser ist, wie sein Ruf. Ec ist schon ein rechter Sommermonat, führt er uns doch hinein in die Tage der Rosen, hinein m pfingstlich prangende Ueppigkeit, hinein ins Gewoge der grünen Aehrenselder, hinein in einen immer länger werdenden Tag aber auch schon hinan auf die Mittagshöhe des Jahres, auf der sich der längste Tag und die kürzeste Nacht begegnen, Sonnen wendfeuer in die schweigende Sommernacht leuchten und künden, daß nun mählich zwar, aber unaufhaltbar der Tag wieder abwärts gleitet. Der Kalender hat in diesem Jahre dem Juni eine besonders festliche Note verliehen: das Pfingst fest ist dem Juni Vorbehalten geblieben. Und während der Land- manninderHeuernledirerstr großeMühe und zugleichFceudedes Wachs- und Erntejahces Hal, während ringsumher die Rosen leuchten und prunken, setzt stärker und stärker der Reisever kehr der Erholungsbedürftigen und Ferienwanderer ein, Möchte der Juni, der so verheißend und reich zwischen Frühling und Sommec steht, uns ein froher, lächelnder Weg genosse mit der Anmut des Frühlings und deu beglückenden Gaben erster Sommertage werden. — Traurige Lage im sächsischen Bauge werbe. Die Lage im sächsischen Baugewerbe ist nach wie vor traurig. Jetzt, auf dem Höhepunkt der Bausaison, ist noch fast jeder zweite Bauarbeiter erwerbslos, denn nach der letzten Zählung vom vergangenen Montag waren noch 33 000 Bauarbeiter (gleich 37,6 Prozent) erwerbslos, gegen 48 Pro zent in der Vorwoche. Es ist mithin so gut wie keine Besserung eingetreten. — Höh er eVerpfleoungsko st en für Festungs gefangene. DaS sächsische Justizministerium hat für den Unterhalt eines Festungsgefangenen in einem Gerichtsgefäng nis oder in einer Gefangenenanstalt zu erhebenden Satz auf 2.50 Mark täglich erhöht. — Uebergangsgeld für Ange st eilte. Der Reichsminister der Finanzen weist erneut darauf hin, daß Ruhegehälter auf Grund eines Militärversorgungsgesetzes so wie die nach 8 8 Abs. 3 des Altrentnergesetzes in Höhe des Beamtenruhegehalts gewährten Renten zu den laufenden Versorgungsbezügen gehören, die nach tz 2 Abs. 4 seines Er lasses vom 18. Mai 1926 aus daS Uebergangsgeld anzurechnen sind. Werden den ausgeschiedenen Angestellten, so heißt es in dem Erlaß, laufende Bezüge oder laufende Unterstützungen aus Mitteln des Reiches, eines Landes oder einer sonstigen Körperschaft des öffentlichen Rechts oder aus einer Versor- gungSanstalt, zu die Reichsverwaltung einen Beitrags an teil geleistet hat gezahlt, so erhält der Angestellte das errechnete Uebergangsgeld insoweit, als die Versorgungsbezüge oder lau fenden Unterstützungen für den gleichen Zeitraum hinter dem Uebergangsgeld zurückbleiben. Soweit bisher anders verfahren ist, behält es dabei sein Bewenden. Kamexz. Einbruch. In den frühen Morgen stunden des gestrigen Tages ist im Gasthaus zum Kron prinz, äußere Bautzner Straße, ein Einbruchsdiebstahl verübt worden. Nach Einsteigen in die Gaststube wurden gestohlen: für 7-8 Mark 10-Pfg.-Stücke aus dem aufgebrochenen Automaten des elektrischen Klaviers und aus einem ebenfalls aufgebrochenen Tischkasten für etwa 6 Mark Wechselgeld, be stehend aus 10- und 5-Psg.-Stücken und aus Kupfermünzen. Weiter sind aus einem Gläserschranke entwendet worden: 100 Stück Hänsom - Zigaretten, 30 Stück Attika, 25 Stück Ulmenried, 50 Stück Mariza, 40 Stück Confreia, 35 Stück RamseS, 50 Stück Salem-Gold. Die Zigaretten befanden sich zum Teil in 10er- und 25er-Packungen. In einem ehemaligen Herrenhauses eine von Fachverbandsvertretern und Parlamentariern stark besuchte Kundgebung. Für den Reichskanzler, der durch Erkrankung am Erscheinen ver hindert war, war Reichsjustizminister Or. Bredt erschienen. Der Versammlung lag eine Entschließung vor, in der es u. a. heißt, daß die Versammelten in der stärkeren Erfassung der Großumsätze in der letzten Hand den ersten Ansatz zu einem gerechten Lastenausgleich erblicken. Die fortwährende steuerliche Uederlastung des gewerb lichen Mittelstandes sei begleitet von ständig zunehmenden Zusammenbrüchen mittelständiger Existenzen und wachsen dem Ausfall wertvoller Steuerkräfte, für die der Staat im Großbetrieb keinen Ausgleich findet. Die prozentual stärkere Beteiligung der Großumsätze an dem Auskommen der Umsatzsteuer als Sonderbelastung zu deuten, könne nur als Steuerunwille der Betreffenden ge wertet werden. In der Entschließung heißt es weiter, die verwerflichen Bestrebungen der Großumsetzer, die erhöhte Umsatzsteuer über ihre Lieferanten den Kleinbetrieben aufzu- bürden, müsse durch gesetzliche Maßnahmen bekämpft und verfolgt werden. Bei der beschleunigt durchzuführenden Neichsfinanzreform fordere das Reichskartell aller größte Beachtung der Tatsache, daß in letzter Hand gleiche Umsätze im Kleinbetrieb den mehrfachen Steuerertrag bringen als im Großbetrieb. Die Erziehung aller Staatsbürger zu- der vom Mittelstand stets gezeigten Pflichttreue sei Vor bedingung einer finanzpolitischen Wiedergesundung. Als oberste Grundsätze der kommenden Finanz reform seien zu fordern: 1. Drosselung der Ausgaben auf das Allernotwendigste, 2. Aufhebung jeder steuerlichen Bevorzugung öffent licher und gemeinnütziger Betriebe, 3. gerechte Verteilung der Steuerlasten »ach der Leistungsfähigkeit des einzelnen, 4. Heranziehung der Großbetriebe für den durch ihr Entstehen verursachten Steuerausfall, 5. Erweiterung des Kreises der an den finanziellen Bedürfnissen von Reich, Staat und Gemeinden stenerlich Beteiligten. Einleitend richtete der Vorsitzende des Kartells, Bundes präsident Fickler, Worte der Begrüßung an die Versamm lung. Es gelte Handel, Handwerk und Gewerbe zu einer starken Front zusammenzuschweißen, um auch in steuerrecht licher Beziehung den Mittelstand zu schützen. Direktor Milos schilderte den Ernst der gegenwärtigen Lage sowohl für den Mittelstand wie für die Regierung und die gesetzgebenden Körperschaften. An Stelle der lieber st euerung müsse eine gerechte Verteilung der öffentlichen Lasten Platz greifen. Er warnte vor einer Ueber- fpannung des Sozialisierungsgedankens. Die Gefahr der Kapitalabwanderung ins Ausland sei katastrophal und werde augenscheinlich von der Regierung nicht richtig erkannt. Besonders zu fordern sei der Abbau der Unkosten für die Zentralverwaltung. In ausführlichem Referat be leuchtete Direktor König besonders die Frage der Umsatz, steuer irr ihrem Verhältnis zu den Mittelstandsbetrieben, den Konsumvereinen und Warenhäusern. Justizminisier Dr. Bredt überbrachte die Grüße der Regierung. Er betonte, daß man im Kabinett nicht daran denke, die veredelte Umsatzsteuer wieder abzuschaffen. Die jetzige Reichsregierung sei die erste, die den Weg der Verwirklichung des 8 164 der Reichs verfassung zum Schutze des Mittelstandes beschritten habe. Sie werde diesen Weg auch weiter gehen. Die Großbetriebe seien nach seiner Ansicht durchaus in der Lage, ohne Nachteil diese veredelte Umsatzsteuer zu tragen. Es komme alles daraus an, die Kreise zu stärken, die dem Deutschen Reich Steuer mittel zuführen. Minister Bredt kündigte dann noch Gesetz entwürfe an, die das Iugabewesen und das Ausver kaufswesen treffen sollen. — Darauf nahmen Vertreter der bürgerlichen Fraktionen des Reichstages und des Land- tages zu kurzen Ausführungen das Wort. Die Beamten gegen das geplante Notopfer. Eine Kundgebung des Gesamtvorstandes des Deutschen Beamtenbundes. Berlin. Der Gesamtvorstand des Deutschen Leamtenbundes trat am 3. Juni im Plenarsaal des fteichswirtschaftsrats zusammen, um sich mit der gesamten poli- ftschen Lage zu beschäftigen; er nahm dazu in einer Kund» zebung Stellung, in der es u. a. heißt: „Der Gesamtvorstand des Deutschen Beamtenbundes hat Kenntnis genommen von dem Bericht über ein Ausgaben- 'enkungsgesetz, das den Rahmen bilden soll für eine Reihe wn Bestimmungen, die eine Verschlechterung der rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Stellung der Beamten darstellcn. Lr wendet sich mit aller Entschiedenheit gegen Maßnahmen der angekündigten Art, die weder notwendig noch berechtigt sind und in der Oeffentlichkeit Hoffnungen auf eine Erleich- erung der Finanzlage des Reiches erwecken, die sich keines- alls erfüllen können. Die sichere Folge solcher Maßnahmen väre dagegen eine alle Schichten der Beamtenschaft erfassende Beunruhigung, verstärkt durch die Tatsache, daß die angekündigten Rechts- ninderungen nur unter Aenderung der Reichsverfassung nöglich sind. Die Beamten finden ein solches Beginnen un- nträglich und machen mit Ernst auf die darin liegende Ge fahr aufmerksam. — Der Gesamtvorstand verkennt keines wegs die schwierige Lage des Reichs und die große Not vieler Volksgenossen. Er ist darum der Auffassung, daß dieser rußergewöhnlichen Notlage durch Heranziehung aller Volksschichten nach dem Grade ihrer Leistungsfähigkeit begegnet werden sollte, wobei unter eine nach sozialen Ge- ichtspunkten bestimmte Grenze nicht heruntergegangen wer den dürfte. Er erwartet von Reichstag und Regierung, daß diesem Standpunkt Rechnung getragen und eine Sonder belastung der Beamtenschaft abgelehnt wird." Einigung über die Deckungs-Vorschläge Berlin, 4. Juni. Amtlich wird über die Nachtsitzung des Kabinetts, die bis nach 1 Uhr morgens dauerte, folgen des mitgeteilt: Das Reichskabinett wurde sich in Fortsetzung seiner Baratungen über die Deckungsvorschläge zum Reichshaushalt einig. Den Ressorts wurde aufgegeben, die detaillierte, ge setzgeberische Ausarbeitung der Beschlüsse des Kabinetts für die abschließende Kabinettssitzung am Donnerstag vorzulegen. Jur Nachtsitzung des Neichskabinerts Berlin, 4. Juni. Zu der Nachtsitzung des Reichs kabinetts vermag die „Deutsche Allgemeine Zeitung" ergän zend zu berichten, daß sich das Kabinett zunächst neben an deren laufenden Angelegenheiten mit der Vorbereitung der Befreiungsfeiern aus Anlaß der Räumung der besetzten Ge biete beschäftigt habe. Die Leitung dieser Feiern solle Reichsminister Guärard übernehmen. — Der „Börsen-Cou rier" weist darauf hin, daß ursprünglich Reichspräsident v. Hindenburg, wie bei besonders wichtigen Anlässen üblich, den Vorsitz habe führen wollen, daß er aber nach einem Vortrag des Reichskanzlers Brüning darauf verzichtete. Vor einem Aufruf Hindenburgs? Berlin. Die Kabinettssitzung am Dienstag, die zur vorgesehenen Zeit begann, begegnet nach wie vor dem stärksten Interesse der gesamten Oeffentlichkeit. Bezeichnend für die Lage ist, daß eine Reihe von Zeitungen Gerüchte über die voraussichtlichen Ergebnisse der Kabinettssitzung Wiedergaben, noch bevor diese Sitzung abgeschlossen war. So berichtet die „Voss. Ztg.", daß es eine offene Frage sei, inwieweit Moldenhauer, der in der jüngsten Zeit scharfer Kritik auch von feiten seiner engeren Freunde ausgesetzt gewesen sei, mit seinen Vorschlägen im Kabinett durchdringen werde. Das