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Wohl als einen der bedeutendsten Komponisten der Gegenwart, dessen Werke sich in der ganzen Welt allgemeiner Anerkennung erfreuen und den man heute als den größten lebenden Sinfoniker schätzt, darf man Dmitri Schosta- k o w i t s c h bezeichnen. 1906 in Petersburg geboren, erhielt er seine Ausbildung am Leningrader Konservatorium, an dem er von 1937 bis 1941 als Professor tätig war. Seit 1943 lehrte er am Moskauer Konservatorium. Schostakowitsch, dessen kompositorisches Schaffen alle Gattungen umfaßt, war Deputierter des Obersten Sowjets, Sekretär des sowjetischen Komponistenverbandes und ist Mitglied verschiedener ausländischer Musikakademien. - Schostakowitschs 12. Sinfonie erhärtet abermals die Überzeugung des Komponisten, daß auch textlose Musik nicht ohne Beziehung zur gesellschaftlichen Entwicklung be stehen kann. Schon der Einundzwanzigjährige betitelte seine 2. Sinfonie als „Sinfonische Widmung an den Oktober", und die 3. Sinfonie trägt die Bezeich nung „Erste-Mai-Sinfonie". Seine 7. Sinfonie, 1941 während der Belagerung Leningrads entstanden, nahm der Komponist zum Anlaß, um in ihr, der „Lenin grader", den Kampf und die Siegeszuversicht des sowjetischen Volkes zum Aus druck zu bringen, und in seiner 11. Sinfonie „Das Jahr 1905" gab er in künstlerischer Form einen Rückblick auf die russischen revolutionären Ereignisse des Jahres 1905. Es war nachgerade selbstverständlich, daß Schostakowitsch auf dem Wege der politischen Durchdringung seines sinfonischen Schaffens fort schritt und seine 12. Sinfonie den weltbewegenden Ereignissen des Jahres 1917 widmete. Die Partitur des anläßlich des XXII. Parteitages der KPdSU 1961 urauf geführten Werkes trägt die Widmung „Dem Gedächtnis Wladimir lljitsch Lenins". Die Krönung des Leninschen Kampfes, die Errichtung der Sowjetmacht ist der gewaltige Inhalt des Werkes. Überschriften der einzelnen Sätze geben der Phan tasie Hilfen, in weicher Richtung sich unsere Vorstellungen, Gefühle und inneren Bilder beim Erklingen der Tondichtung bewegen sollen. Der erste Satz trägt die Bezeichnung „Das revolutionäre Petrograd". Der heroischen Haltung und den kühnen Entschlüssen der Männer jener historisch entscheidenden Tage entsprechend, hat der Satz kämpferischen, oft marsch artigen Charakter, wobei Melodiefetzen des Liedes „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit" hereinflattern. In kompositionstechnischer Hinsicht ist die innere Ein heitlichkeit und Verwandtschaft der Themen und Motive dieses ersten Satzes hervorzuheben, die im Verlaufe der Sinfonie — ihre Ideenverbindung unter streichend — noch weiterhin von Bedeutung werden. Schostakowitsch hat seine 12. Sinfonie streng nach dem Prinzip der klassischen viersätzigen Sinfonie ange legt, wobei allerdings — aber auch hierfür hat er große Vorbilder - die einzelnen Sätze pausenlos ineinander übergehen. Nach klassischem Muster folgt an zweiter Stelle der langsame Satz, über ihm steht in der Partitur das Wort „Rasliw". Dieser Hinweis auf den nahe der da maligen Hauptstadt gelegenen kleinen Ort, in dem sich Lenin eine Zeitlang vor seinen Verfolgern verbarg, gibt dem Hörer einen Anhalt für den sinnenden, in tiefe Gedanken versunkenen Charakter dieses Satzes. Man hat den Eindruck, als ob der Komponist die weite Landschaft des russischen Nordens in Tönen einfangen wollte und zugleich mit ihr die philosophischen Betrachtungen Lenins, in dem damals der Wille zum revolutionären Kampf reifte. Dieser nimmt dann im dritten Satz, der an Stelle des klassischen Sinfoniescherzos steht, hörbare Gestalt an. Der Satz trägt seinen Namen „Aurora" nach jenem schon legendär gewordenen Kreuzer der russischen Flotte, der die Oktoberrevo lution des Jahres 1917 durch seine Schüsse auf das Petrograder Winterpalais entscheidend beeinflußte. In diesem Teil verwendet Schostakowitsch noch un gehemmter als vordem naturalistische Geräuscheffekte zur Darstellung des Kampflärms, so daß unverkennbar die Salven des Kreuzers „Aurora" erdröhnen. Bedeutete schon der Name „Aurora" die Morgenröte, so schildert der Komponist im Schlußsatz der Sinfonie - wie die Überschrift noch einmal nachdrücklich be sagt - „Die Morgenröte der Menschheit". Es versteht sich, daß ein solcher Satz in seinem Grundcharakter optimistisch und freudenvoll ist. Ehe es jedoch zu dem triumphalen Durchbruch dieser Gedanken kommt, erinnern wir uns nochmals der Kämpfe und Nöte, die dem epochalen Schritt des Menschen in das Neue voran gegangen sind. Deshalb zitiert Schostakowitsch bedeutungsvoll die Thematik des ersten Satzes, bis schließlich im hellen Glanz des ganzen Orchesters der Sieg der Zukunft widergespiegelt wird und wir als Hörer mit der frohen Gewißheit ent lassen werden, Zeitgenossen einer der bedeutungsvollsten gesellschaftlichen Um wandlungen der Menschheit zu sein. Prof. Dr. Richard Petzoldt VORANKÜNDIGUNGEN: Anrecht A 20. und 21. November 1967, jeweils 20 Uhr, Kongreßsaal SONDERKONZERT Donnerstag, den 30. November 1967 (Anrecht A 3) — nicht Freitag Sonnabend, den 2. Dezember 1967 (Anrecht A 1) Sonntag, den 3. Dezember 1967 (Anrecht A 2) Einführungsvorträge jeweils 18.30 Uhr Dr. Dieter Härtwig 3. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Lothar Seyfarth Solist: Laszlo Mezö, VR Ungarn, Violoncello Werke von Etienne-Nicolas Mehul, Darius Milhaud und Ludwig van Beethoven Dirigent: Kurt Masur Solist: Henryk Szeryng, Mexiko, Violine Es erklingen Violinkonzerte von Johann Sebastian Bach (a-Moll), Ludwig van Beethoven und Johannes Brahms Freier Kartenverkauf Achtung, Inhaber des Anrechts A 3! Abweichend von dem auf Ihren Anrechtskarten vermerkten Termin findet das 3. Philharmonische Konzert nicht am Freitag, dem 1. Dezember, sondern bereits - wie oben angegeben - am Donnerstag, dem 30. November, statt. 11. und 12. November 1967, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal 6. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: wird noch bekanntgegeben Solist: Michail Waiman, Sowjetunion, Violine Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy, Johann Sebastian Bach und Johannes Brahms Freier Kartenverkauf Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1967.68 — Chefdirigent: Kurt Masur Redaktion: Dr. Dieter Härtwig Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden, Zentrale Ausbildungsstätte 41509 III 9 5 2 1067 ItG 009 81'67 •Nharononie 2. PHILHARMONISCHES KONZERT 1967/68