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Pulsnitzer Wochenblatt Fernsprecher: Nr. 18. Bezirks-Anzeiger mW Zeitung. Telegr.-Adr.: Wochenblatt Pulsnitz. 'Erscheint: Dienstag, Donnerstag u Sonnabend. Mil „Jllustr. Sonntagsblatt", „Humoristischer. Wochenblatt" und „Für Haus und Herd". — Abonnement: Monatlich 45 Pf., vierteljährlich 1.25 bei freier Zustellung ins Haus, durch die Post bezogen ./L 1.26. Amts Blatt des König!. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz. Inserate für denselben Tag sind bis vormittags 10 Uhr aufzugeben. Die fünf mal gespaltene Zeile oder deren Raum 12 Pf. Lokalpreis 10 Pf. Reklame 25 H.. Bei Wiederholungen Rabatt. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Erfüllungs-Ort ist Pulsnitz. Amtsblatt für den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Böhmisch-Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, , Niedersteina, Weißbach, Ober-u. Niederlichtenau, Friedersdorf-Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf,Lichtenberg, Kl.-Dittmannsdorf. Druck und Verlag von L. L. Förster's Erben (Inh.: I. w. Nohr.) Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 265. Verantwortlicher Redakteur Mtto Dorn in Pulsnitz. Nr. 85. Dienstag, den 16. Juli 1907 59. Jahrgang. Auf dem die Firma (ZottdolV Ssvlsr S Sodn in Bretnig betreffenden Blatte 95 des hiesigen Handelsregisters ist heute eingetragen worden, daß der Fabrik besitzer Herr IZsrmann Wisnkold (Zedler in Bretnig als Mitinhaber ausgeschieden ist und der Kaufmann Herr Ernst Otto Alexander Ssblsr, sowie der Kauf mann Herr ^arl 6eorg Konstantin (Zedler daselbst in die Gesellschaft eingetreten sind. Pulsnitz, am 12. Juli 1907. k^öniglickss Nmtsgsrickt. Arbeitsnachweis. 1 zuverlässiger Stellmachergeselle bei hohem Lohne und dauernder Arbeit für sofort von Vtto Wendt, Stcllmachcrmeistcr, Gersdorf b. Bischheim. I kräftiger Junge für Landwirtschaft, Antritt sofort, von Herrmann Huback in Schiede! Nr. (4. t Nachtwächter zum sofortigen Antritt von der Gemeinde Höflein. Einträger, junge Leute von 11—sö Jahren oder alte Leute, die nur noch leichte Arbeit verrichten können, von Aug. Leonhardi, Glasfabrik, Schwepnitz 4 Knecht und x jüngere Magd fürs Haus und Feld von Alfred Peltz, Pulsnitz, Mittelmühle. Gesucht werden: t Geselle für Bau- und Möbeltischlerei, Antritt sofort, für dauernde Beschäftigung von Emil Rexpe Tischlermeister, Bischheim. 1 Müller oder Arbeiter für Schneidemühle, Antritt sofort (Lohn nach Uebereinkunft) von K. Sommer, Mühle Schwepnitz i. Sa. z Pferdeknechte, z Dckienknecht, 4 Mägde nur für Haus und Feld, Antritt 2. Januar 1908, von Richard Springer, Großröhrsdorf. Das Wichtigste vom Hage. Der Präsident der Friedenskonferenz, Botschafter Neli- dom, hat für Freitag eine Plenarsitzung anberaumt; in dieser wird Sir Edward Fry den Abrüstungs vorschlag einbringen. Der Dampfer „Willihad" des Norddeutschen Lloyds mit dem Ablösungstransport für das ostasiatische Detachement ist am 14. d. M. wohlbehalten in Hongkong eingetroffen und am 15. dss. nach Taku meitergegangen. Der Ausstand der Rechtspraktikanten in Prag ist be endigt. Zwischen Rußland und Amerika ist ein neuer Fischerei- konslikt ausgebrochen. Präsident Curtius erklärt, daß er nicht von seiner Stellung zurücktritt. In London fanden sozialistische Kundgebungen gegen die englisch-russische Annäherung statt. Vas ^ort von Oer „Nebenrsgierung" in Hachsen, das der Legationsrat v. Nostitz-Wallwitz in der walstrechtsversammlung des Dresdener Konservativen Vereins ausgesprochen hat, macht, wie vorauszusehen war, großes Aussehen. Von konservativer Seite — man geht wohl nicht fehl, darunter den Fraktionssührer und Präsidenten der Zwei ten Kammer Geh. Hofrat Or. Mehnert zu verstehen — wird den „Dresdener Nachrichten" geschrieben: „Zu den aufsehen- erregenden Bemerkungen des Legationsrates v. Nostitz-Mall witz über das Vorhandensein einer „Nebenregierung" in Hachsen erfahren wir aus zuverlässiger (Quelle: Die Aeuße- rungen, die seitens eines hohen Negierungsbeamten am Mitt woch in der Versammlung des Konservativen Vereins zu Dresden gefallen sind, werden zu einem Nachspiel in der Zweiten Kammer führen. Sofort nach dem Zusammentritt des Landtages wird die konservative Fraktion die Negierung um Auskunft darüber ersuchen, in welcher weise die soge nannte Nebenregierung ihren Einfluß geltend gemacht habe. Der konservativen Fraktion kann es nur erwünscht sein, eine Klarstellung dieser Angelegenheit in vollster Geffentlichkeit zu erlangen, um einmal mit den Gerüchten aufzuräumen, die bisher nur von sozialdemokratischer und links liberaler Seite in die Welt gesetzt wurden. Or. Mertel schreibt in der „Deutschen Tageszeitung": „Wir wissen, daß die überwiegende und maßgebende Mehr heit der konservativen Partei Sachsens die Wahlrechtsvorlage durchaus verwirft und daß auch in maßvollen nationallibe ralen Kreisen die lebhaftesten Bedenken dagegen obwalten. Ho viel kann heute schon mit aller Bestimmtheit gesagt wer den, daß der Entwurf die erforderliche Zweidrittelmehrheit weder in der Ersten noch in der Zweiten Kammer finden wird. Damit muß der Minister Graf Hohentahl rechnen. Will er das Wahlrecht durchsetzen, dann muß er sich ent schließen, die Zweite Kammer aufzulösen." Die Auslassungen des Legationsrat v. Nostitz-Wallwitz bezeichnet Or. Gertel als unerhört und schreibt weiter: „Das Unerhörteste in seinen Ausführungen war aber die Hindeutung auf die sogenannte „Nebenregierung in Sachsen" und auf „das künstliche und ungerechtfertigte Uebergewicht der konservativen Partei, dessen sie sich freiwillig begeben soll." wir trauten unsern Augen nicht, als wir das lasen. Damit wird der früheren Staats regierung in Sachsen der Vorwurf gemacht, daß sie durch das bestehende Wahlrecht der konservativen Partei ein künst liches und ungerechtes Uebergewicht verschafft hat. Anders ist der Satz nicht zu verstehen, denn die konservative Partei an sich hat nicht die Möglichkeit, sich ein künststches Ueber- gewicht zu verschaffen. Gelingt es ihr durch ihre Agitation, dis Mehrheit in der Volksvertretung zu erringen, so ist das durchaus berechtigt, und es ist vollkommen unsinnig, ihr einen Vorwurf daraus zu machen oder von ihr zu verlangen, daß sie sich dieses Uebergewichts begebe, wenn sie von der Nichtigkeit ihrer Anschauungen durchdrungen ist, dann muß sie vielmehr dafür sorgen, dieses Uebergewicht zu behalten. Daß man an den politischen Bierbänken innerhalb Sachsens mrd Deutschlands von einer Nebenregierung gesprochen hat, ist nicht neu, neu aber ist, daß ein höherer Staatsbeamter sich dieses Gerede zu eigen gemacht hat. worin soll denn dis Nebcnregisrung bestanden haben? wenn eine starke konservative Partei und ihre Führer Einfluß zu gewinnen suchen, so ist das ihr gutes Recht — vorausgesetzt, daß sie sich nicht der Hintertreppen bedienen, will man etwa be haupten, daß die Führer der sächsischen Konservativen eine Nebenregierung auf der Hintertreppe ausgeübt haben? Und wenn inan das nicht behaupten will und kann, wozu dann dieses vollkommen unnütze Gerede von der angeblichen Nebenrsgierung? Damit wird nicht den konservativen Führern, sondern der Staatsregierung selbst der schwere Vorwurf gemacht, daß sie eins Nsbenrsgisrung geduldet hat, wir verzichten aber vorläufig darauf, diesen Gedankengang weiterzuspinnen, besonders, da wir es für unbedingt not wendig erachten, daß die sächsische Regierung zu diesen Aeußerungen des Legationsrates Stellung nimmt." OsrMÄres unv SäcksiMss. Pulsnitz. Die am Sonnabend Abend im Saale des Gasthofs zum Herrnhaus abgehaltene öffentliche Wähler» Versammlung, in welcher der Kandidat der Liberalen im 3. städtischen Landtagswahlkreis, Herr Or. Barge sprach, war schwach besucht. Der Sekretär der liberalen Partei, Herr Haupt- Hamburg eröffnete die Lersammlung mit einer Ansprache, m der er hervorhob, daß nach seinen Wahrnehmungen ein Tiefstand bei allen Parteien zu verzeichnen se>; an dem Abflauen der politi« schen Interesses trage mit das gegenwärtige ungerechte Land- tagSwahlsystem die Schuld. Die hierauf gehaltene Rede de« Kan didaten beschäftigte sich hauptsächlich mit dem früheren 1868 bis 1896 bestandenen, dem gegenwärtigen Wahlrechtsgesetz und dem neuen Wahlgesetzentwur». Hierbei streifte er die in einer Versammlung deS konservativen Vereins in Dresden in der Rede de» Lezationsrates Herrn v. Nostitz. Wallwitz ausgesprochene Ne benregierung. Die jetzt bestehende Vorherrschaft der konserva tiven Partei zu beseitigen, müsse das Bestreben aller anderen Parteien sein. Die angestrebte Wahlreform befriedige die libe rale Partei nicht; die Zahl der direkt zu wählenden 42 Abge ordneten sei zu niedrig, um den Charakter als direkte Wahl zu haben. Redner trat für Einführung des allgemeinen gleichen und geheimen Wahlrechts ein, das sich in Oestereich bewährt habe Die 1907er ReichrtagSwahlen seien Beweis genug dafür, daß eine sozialdemokratische Mehrheit auch bei diesem Wahlrecht im Landtage nicht auckommsn würde. DeS Weiteren äußerte sich der Redner über die Zollpolitik des deutschen Reiches und nahm Stellung zu den wichtigsten politischen Fragen, als die Finanz- und Mittelstandsfrage. Den Ausführungen de» Herrn Or. Barge folgte Debatte. Anfangs meldete sich Niemand zum Wort, und so sprach, nachdem er den Vorsitz abgegeben hatte, der Versammlungsleiter. In besonders heftiger Art wie» er die Verdächtigungen, die linksliderale Partei sei nicht national, aufs Entschiedenste zurück. Gegen die Pluralstimme für die wissen schaftlich Gebildeten im neuen Wahlrechtsgesetzentwurf wandle er sich mit scharfen Worten. In einer längeren Rede trat Herr Schuldirektor Brück den Vorrednern entgegen, indem er ihnen Realpolitik absprach und die Angriffe auf die konservative Partei parierte. Zu dem neuen Wahlrechtsgesetzentwurf äußerte er sich: Mängel habe das Werk, wie jede» menschliche Werk; der Land' -ag müsse eben bessernd eingreisen, aber verworfen dürfe der Entwurf wegen einiger Mängel nicht werden. Herr Oskar Günther, al» Vertreter der Sozialdemokratie gab seiner Freude Ausdruck über die Abhaltung der Versammlung, deren Wieder holung er nur wünsche. DaS Schlußwort des Herrn Or. Barge enthielt in der Hauptsache Widerlegungen aui die Diskussions rede deS Herrn Schuldirektor Brück. Pulsnitz Sturm und Regen, unaufhaltsamer Regen, aaS war eS, das uns an den letzten Tagen der vergange nen Woche und am Sonntag beschieden war und gefahrvoll zu werden d-ohte. Trotz günstigen Standes der Wettergläser spen dete der Himmel fortgesetzt dar unangenehme Naß Die sonst so ruhig dahinfließende Pulsnitz war schon in der Nacht zum Sonn- :aq bedeutend gestiegen und überschwemmte früh Gärten und Wiesen und drang sogar in tiefliegende Häuser. Schaden, wenn auch nicht beträchtlichen, richtete da» Hochwasser in Puls nitz M S., Vollung, FriederSdorf, Ober- und Niederlichtenau an. In der neunten Stund- des Sonntag Vormittag ging daS Wasser wieder zurück Es bedurfte nicht allzuviel mehr, so wurde der Hochwasserstand de» JahreS 1897 wieder erreicht. Pulsnitz Ueber den zahlreichen Veranstaltungen, die am Sonntag an vielen Orten angesetzt waren, waltete ein Un stern. Auch der erste Pulsnitzer Jahrmarktstag hatte unter dem schlechten Wetter zu leiden und ging den Geschäfts leuten verloren. Einen Ausgleich brachte aber der zweite Tag, ver vom schönsten Wetter begünstigt war. Es entwickelte sich in den Nachmittagsstunden ein gar buntes Leben und Treibrn in unsrer Stadt. Die Fieranten hatten ihre Waren in verlockend ster Weise ausgelegt und zwischen den Budenreihen bewegte sich eine große Menschenmenge. DaS schöne Wetter, das nach den Regentagen unS so wohl tat, Halle eine große Anzahl von Land- leuten nach der Stadt gelockt. Mit froher Laune stürzte man sich in den Ma'kttrubel und bewirkte Einkäufe, sodaß die Ge schäftsleute immerhin noch ganz zufrieden sein können. Pulsnitz. Der vom K. S. Militärverein I zu Radeberg geplante Ausflug über Ohorn, den Schweden stein nach hier mußte deS schlechten Wetters wegen unterbleiben. Doch aufgeschoben ist nicht au gehoben! Der Verein beabsichtigt an einem dec nächsten Sonntage die Partie auizuführen. Ohorn. Vom Donnerstag zum Freitag wurden hier im Quellengebiet der Röder 53,3; vom Freitag zum Sonnabend 0,9; vom Sonnabend zum Sonntag 53 7 und vom Sonntag zum Montag 12,2; demnach insgesamt 120,1 Liter Regen auf den Quadratmeter gemessen. Derartig starke Regenfälle in kurzer Zeit haben wir nur im Juli 1897 zu verzeichnen gehabt; dieser Monat hatte 25 Regentage und eS fielen am 30. Juli 92,1 und am 31. Juli 25,6 Liter Wasser. — Vorsicht beim Barfußlaufen! Daß das bei unserer Jugend zum teil so beliebte Barfußlaulen auch seine großen Gefahren mit sich bringt, ist in der Presse schon de» öfteren besprochen worden. Zu erneuter Warnung aber mag fol gender jetzt mitgeteilter Fall dienen: Der 13jährige Sohn de» Bäckermeister» Müller in Geithain trat dieser Tage beim Bar fußlaufen in einen Glasscherben und in einen Nagel. Er zog sich davei eine unbedeutende Verletzung am Fuße zu. Unterdessen hat sich eine Blutvergiftung entwickelt, an deren Folgen da» Kind gestorben ist. Großröhrsdorf Durch die Aufmerksamkeit des stell vertretenden Bahnwärters Otto Rentzsch ist am Sonntag ein Eisenbahnunglück glücklicherweise noch verhütet worden Der in den letzten Tagen ununterbrochen hcrniederströmende Regen hatte «m Bahndamm in den Wasserwiesen, vor der Röderüberbrückung das obere Erdreich so gelockert und unterwaschen, daß an einer Stelle die Schienen de» einen Gleises (nach dem Orte zu) ca. 10 Meter lang, fast frei in der Luft hingen. Gerade als dieser bemerkt wurde, war der 11 Uh-Zag von Arnsdorf fällig und zu gleicher Zeit fuhr auch von der entgegengesetzten Seile ein Güterzug heran. Rentzsch brachte zunächst letzteren zum Halten, der sofort die Warnungsflaggen heraursteckte, denn schon