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Pulsnitzer Wochenblatt 1elegr.-5lLr.: Wochenblatt Pulsnitz erscheint: Dienstag, Donnerstag u.Sonnabend. 5lmts des l^önigl. Amtsgerichts und des Stadttates zu Pulsnitz Druck und Verlag von L. L. §örstsr's Erven (I»h.: I. XV. Mohr). Expedition: Pulsnitz, vismarckpiatz Nr. 265. Verantwortlicher Nedakteur: I. XV. Mohr in Pulsnitz. Sonnabend, den 26. September 1908 60. Jahrgang Ne. 116 Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem 1arik. Erfüllungsort ist Pulsnitz. Inserate für denselben lag sind bis vormittags lv Uhr aukzugsben. Die künk mal gespaltene Zeile oder deren Naum l 2 Pf., Lokalprsis l 0 Pf. Neklams 25 pk. Sei Wiederholungen Nabatt. Xor, IJlllcrnitt umfassend dis Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Srotzröhrsdork, Sretnig, Sauswalde, Ohorn, Obersteina, Dieder- /"lllUSUiUU I Ul OEI l ftlillSgEl lU/lpl)i.)ll IX u iOI ll g, stsina, Weiszbach, Ober- u. Nisderlichtenau, §risdersdorf-lhismLndorf, Mittelbach, (Zrosznaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf. Fernsprecher: Nr. 18. lZezirKs-l^NZeigSr und Zettung vlatt Mit „Illustr. Sonntagsblatt", „Landwirtschaft licher Vellage" und „§ür Saus und Serd". Abonnement: Monatlich 45 Pf., vierteljährlich Mk. l.25 bei freier Zustellung ins Saus, durch die Post bezogen Mk. l.4l. Var Wichlig-e »om Tage. Die Gesetzgebungsdeputation der Ersten Kammer ist am Freitag zusammmengetreten. Der Konservative Landesverein im Königreich Sachsen beabsichtigt seine diesjährige ordentliche General versammlung Ende Oktober in Dresden abzuhalten. Die Kaiser - Manöver werden im nächsten Jahre in Württemberg stattfindcn. Die elsaß-lothringischen Mehrheitsparteien wollen wie der die Forderung auf landesstaatliche Gleich stellung der Reichslande erheben. Aus Petersburg wird gemeldet: Von vorgestern bis gestern mittag sind 357 Neuerkrankungen und 16 2 Todesfälle an Cholera zu verzeichnen. Die Ge samtzahl der Erkrankten betrug 1806. Eine starke Volksströmung in Bulgarien drängt auf die Unabhängigkeitserklärnng des Fürstentums hin. vsutscklanv, Trankreicd und Spanien in der marokaniscben Trage. Die Franzosen und die mit ihnen in ein Horn bla senden Spanier waren bekanntlich über die Note Deutsch lands sehr ungehalten, in welcher Deutschland zuerst und mit einer für notwendig erachteten Beschleunigung die Anerkennung Mulay HaftdS als Sultan von Marokko verlangte, um den Wirren in Marokko ein Ende zu machen und die Algeciras-Akte zur Ausführung zu bringen. Frankreich wie Spanien erblickte in dieser Note Deutsch lands und dem mit derselben in Verbindung gebrachten Besuche des deutschen Konsuls Vessel bei dem neuen Sul tan in Marokko den Versuch, den führenden Einfluß in Marokko unter dem neuen Sultan für Deutschland zu gewinnen, dieser Argwohn hat sich aber als durchaus grundlos erwiesen, denn während Frankreich und Spanien in ihrer gemeinsamen Note an die Großmächte erst Ga rantien von dem neuen Sultan inbezug auf die Aner kennung der Algeciras-Akte und der Gewährung einiger besonderen Forderungen Frankreichs und Spaniens ver langten, hat nun Deutschland in seiner Antwort auf die französisch-spanische Note wegen Anerkennung des Sul tans Mulay Hafids in der Hauptsache eine Uebereinstim- mung in der Anschauung der deutschen Regierung mit der französischen und spanischen Regierung kundgetan. Deutschland hat also vor allen Dingen nichts dagegen, daß von Mulay Hafid gewisse durch die Interessen Frank reichs und Spaniens gebotene Garantien gefordert wer den, doch ist nach der Meinung Deutschlands die Forde rung dieser Garantien eine Gesamtsache der diplomati schen Vertreter aller Großmächte in Marokko. Der älteste Diplomat der Mächte soll daher in Tanger der marok kanischen Regierung diese gemeinsame Note überreichen. Auch begrüßt es die deutsche Regierung als einen glück lichen Umstand, daß der Sultan Mulay Hafid inzwischen schon in einem Schreiben an die Vertreter der Groß mächte seine Thronbesteigung anzeigt und um seine An erkennung unter der Zusicherung nachsucht, daß er alle Punkte der Algeciras-Akte befolgen werde. Inbezug auf die Ausführung der verschiedenen Punkte der Algeciras- Akte macht aber Deutschland den Vorbehalt, daß die be treffenden Bestimmungen nach dem marokkanischen StaatS- recht rechtsgiltig sein muffen. Dieser Vorbehalt Deutsch lands könnte zu neuen Reibereien zwischen Deutschland und Frankreich führen, wenn man in demselben den Ver such einer Lahmlegung der Algeciras-Akte erblicken will. Offenbar will aber Deutschland mit diesem Vorbehalte nur die Rechtsgiltigkeit der Ausführung der Algeciras- Akte in Marokko selbst sichern, und es verhindern, daß Marokko nicht selbst hinterher mit der Ausrede kommt, daß nach dem marokkanischen Staatsrecht die Forderun gen der Algeciras-Akte nicht ausführbar seien. Möglich ist auch, daß Deutschland damit einen deutlichen Wink nach Paris und Madrid geben will, inbezug auf die Ausführung der Algeciras-Akte keine übertriebenen Forde rungen an die marokkanische Regierung zu stellen. Deutsch land hat nach seiner Antwortnote auch nichts dagegen, daß Frankreich und Spanien ihre bisherigen Maßregeln inbezug auf die Verhinderung deS Waffenschmuggels aufrecht erhalten. Auch fordert Deutschland, daß der neue Sultan und seine Regierung auch alle Verpflichtungen erfüllt, welche seine Vorgänger inbezug auf die fremden Mächte und deren Untertanen eingegangen sind. Bei Verträgen mit Privatpersonen und der marokkanischen Regierung sollen aber die darauf bezüglichen Bestimmun gen der Algeciras-Akte Anwendung finden, wenn sie Gil tigkeit haben sollen. Auch ist die deutsche Regierung da mit einverstanden, daß die von Vertretern der Mächte und der Einwohnerschaft in Casablanca gebildete Kommission zur Feststellung der aus der Beschießung dieser Stadt und den daraus folgenden Ereignissen erwachsenen Scha denersatzansprüchen von den Großmächten wie auch von der marokkanischen Regierung bestätigt werden. Ferner ist Deutschland bereit in Gemeinsamkeit mit allen Mäch ten von dem Sultan Mulay Hafid die Anerkennung des Völkerrechtes zu verlangen und von ihm zu fordern, daß er für die Sicherheit und Freiheit des Verkehrs in Marokko Bürgschaft leistet. Die deutsche Regierung be streitet auch Frankreich und Spanien nicht das Recht für ihre militärische Expedition nach Marokko eine an gemessene Entschädigung von dem Sultan zu Mulay Hafid zu verlangen, doch soll bei diesen Forderungen auf die Finanzlage Marokkos Rücksicht genommen werden. OsrMckss imv Säcbslsckss. Pulsnitz. Mit dem heutigen Sonntage feiern wir den ersten Sonntag des Herbstes: Bunt sind schon die Wälder, Gelb die Stoppelfelder, Und der Herbst beginnt; Rote Blätter fallen, Graue Nebel wallen, Kühler weht der Wind. — So sang der Dichter Salis-Seewis. Ja jetzt leuchtet das Gold der Stoppelfelder, das in allen Abtönungen leuch tende Rot ersterbender Blätter, jetzt zeigt sich auch das graue Gemisch wallender Nebel und das wundersame bunte Kolorit sich leise entfärbender Haine! Unter allen Jahreszeiten trägt keine eine so ausgeprägte Maler- phisiognomie wie der Herbst, und nie während des ganzen Jahreslaufes gleicht die Natur so täuschend einem farben satten Gemälde oder genauer einer leibhaftigen Gemälde ausstellung, wie im Herbste. Das beste aber dabei ist, daß wir hier alle unentgeltlichen Eintritt haben und uns nach Herzenslust an den farbenprächtigen Bildern weiden können. Wer den Maler Herbst in seiner ganzen Meister schaft bewundern will, der verlasse sein Heim, die kunst gerechten Gärten unserer Städte, und wandere hinaus in den stillen, schweigsamen Hain, wenn leise, leise Blatt um Blatt vom Baume sich zu lösen beginnt und es wie heimliche Wehmut in den Wipfeln flüstert — hier ist des Malers intimste Werkstätte, sein eigentliches Arbeits zimmer, das Heiligtum seines Schaffens. Seine ganze Genealität offenbart er hier darin, daß er nach dem Vor bilde alter Meister, deren Gemälde noch in ehrwürdigen Kirchen unsere Bewunderung erregen, aus Goldgrund malt. Golden klar über uns das lichte Himmelsgewölbe, das hier und dort durch das im Schimmer der Abend sonne goldverklärte Laubdach der Bäume lugt, und um uns her ein wogendes Blättermeer von purem Golde. Ja der Herbst zaubert uns die farbenprächtigsten Gemälde vor die Augen. Aber sind es nicht die Züge eines Ster benden, die aus all dem bunten Flirter, der uns umgibt, hervorlugen? Und wie in der Natur, so auch im Men schenleben. Wie sehr auch die Pietät der Hinterbliebenen die sterblichen Reste eines teuren Familiengliedes in an sprechende Gewänder hüllen mag — über die ernste Tat sache, daß das Leben aus der Hülle entweicht, vermag kein Flitterstaat hinwegzutäuschen. — Herbstferien. Mit beute schlossen sich die Pforten der Schulen. Die Herbstferien, auch „Kartoffel ferien" genannt, nahmen ihren Anfang Der Wiederbe ginn des Unterrichts fällt auf den 5. Oktober. — Die Erneuerung des Abonnements auf das 4. Quartal des Pulsnitzer Wochenblattes hat nunmehr zu erfolgen. Denjenigen, die bei der Post abonnieren, raten wir, die Bestellung sofort zu machen, denn nur da durch sichert man sich die prompte Zustellung des Puls nitzer Wochenblattes durch die Post. Keiner versäume es, auf das 4. Quartal des Pulsnitzer Wochenblattes zu abonnieren, denn namentlich in politischer Hinsicht dürfte dasselbe ein äußerst interessantes werden. Besonders die Reichstagsdebatten über die Reichsstnanzreform dürsten hochinteressant und ziemlich erregte werden. Schon mun kelt man, daß, wenn die Reichsregierung die von ihr ver langten neuen Steuern nicht bewilligt werden sollten, sie den Reichstag auflösen werde. Hohe? Interesse-nimmt auch das gegenwärtige Verhältnis des Deutschen Reiches zum Auslande in Anspruch und e§ ist sicher, daß über dasselbe manches gewichtige und bedeutsame Wort rm Reichstage gesprochen werden wird. Keiner versäume es daher auf das 4. Quartal tes Pulsnitzer Wochenblattes zu abonnieren. Unsere Expedition, unsere Boten sowie alle Postanstalten nehmen jetzt Bestellungen entgegen. Der Abonnementspreis für das 4. Quartal des Pulsnitzer Wochenblattes beträgt frei Haus durch die Post nur Mk. 165. Allen bei unserer Expedition nunmehr neu eintretenden Abonnenten liefern wir von nun an bis 1. Oktober d. I. gratis das Pulsnitzer Wochenblatt. — Infolge der geringen Benutzung der ersten und zweiten Klasse werden im neuen Wintersahrplan für ver schiedene Züge die ersten Klassen eingezogen, beziehungs weise die zweiten vermindert werden. — Die Kirmeszeit ist da! Für den Land bewohner und den Bewohner der kleinen Städte ist die Kirmeszeit entschieden die schönste Zeit des Jahres. Das sommerliche Leben geht nun zur Neige. Der Herbst be ginnt und mit ihm die Zeit des Stubenhockens. Die Ernte ist eingebracht, die Felder sind bestellt, die sommer liche Arbeit getan. Da tollt sich das Leben noch einmal nach Herzenslust aus. Wohl jeder der Leser wird die echte deutsche KirmeSfeier aus eigener Anschauung kennen und wird sich ihrer Buntheit, ihrer Lebensfreudigkeit, ihrer munteren Daseinsbejahung gern erinnern. Echte deutsche Gemütlichkeit und Urwüchsigkeit pulst in allen unsern Kirmesfesten, ganz gleich, in welchen Gegenden Deutschlands, Oesterreichs oder der Schweiz sie begangen werden. Zu einer richtigen Kirmes gehört die Kirmes- krone und der KirmeZbaum. Beide erinnern uns lebhaft an den Weidenbaum der Osterfeste, an die Birke der Pfingstzeit und an die weihnachtliche Tanne. Die Zeit aber für diese Kirmesinsignien ist eine sehr verschiedene, weil die Zeit der KirmeSfeier an und für sich eine sehr ausgedehnte ist. So ging man vor Zeiten in der Gegend von St. Johann schon am Sonntag nach Johanni da ran, die Kirmes zu setzen. Die Kirmesfeier, die von ver schiedenen Dörfern gemeinschaftlich arrangiert wurde, wanderte nun von Dors zu Dorf, und zwar an jedem kommenden Sonntage in ein neues Dorf, ging also ge wissermaßen die Reihe herum, und endete etwa amMichae- liStage im letzten der beteiligten Dörfer. Kirmeszeit! Die herbstliche Faschingszeit in deutschen Landen. Noch einmal lockt der scheidende Sommer Jung und Alt ins Freie hinaus. Dann heißt es Haus, denn das Wirts haus kann schließlich doch nie und nimmer das bieten, was der Dorfplatz, die freie Natur, zu bieten vermag. Und aus diesem Grunde wünschen wir allen, die noch einmal fröhlich sein wollen, eine lustige Kirmes. — Esset Obst! Schon im Altertum wußte man die gesundheitsördernden und erhaltenden Eigenschaften des Obstes zu schätzen. Namentlich in Fieberzuständen wandten die Aerzte das Obst häufig an, sodann vor allem auch bei Stuhlverstopfung und zur Regelung der Diät. Und damit ist zugleich die eminente Wichtigkeit des Obstes sür Heilzwecke dargetan. Freilich will das Obst auch in der rechten Weise genoffen werden. Vor kurzem ging durch die Presse die Nachricht, daß ein Knabe nach dem Genuß von Weintrauben gestorben sei. Die Weintraube kann an dem Tode natürlich an sich nicht schuld gewesen sein. Immerhin mahnt dieser Fall von neuem zu der von vielen vernachlässigten Vorsicht, Obst soll auch ferner in rohem Zustande nur wenn völlig reif genossen und harte Hülsen, Kerne und Zellstoff sollen, da fast ganz unverdaulich, stets beseitigt werden. — Warnung vor giftigen Beeren. Jetzt reift in den Wäldern die gefährliche Tollkirsche. Die kirschen großen, glänzend schwarzen Beeren laden Kinder und Unerfahrene sehr häufig zum Genüsse ein. Die Beeren enthalten das Atropin, eines unserer gefährlichsten Pflanzengifte. Also Vorsicht! Giftig find auch noch die überall auf Schutt und an Wegen wachsenden Stech apfel- und Bilsenkrautpflanzen, welche den Giftstoff Hyoscyamin enthalten. Zum Glück sind ihre Früchie weniger verlockend als wie bei dem Belladonnastrauch,