Volltext Seite (XML)
Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach. K,uptbl«tt and älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niederstem« Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf, Geschäftsstelle: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 365. Nummer 75, Druck und Verlag von E. L. Försters Erben (Inh. I. W. Mohr) Dienstag, den 27. Juni LS22. Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz. 74. Jahrgang Amtlicher Teil. Aus Blatt 411 des Handelsregisters ist heute dis Firma Bernhard Grohmann in Großröhrsdorf imd als ihr Inhaber der Fadlikanr Bernhard Gustav Grohmann daselbst eingetragen worden. Angegebener Geschäftszweig: BandfabrikaLion. Amtsgericht Pulsnitz, am 3 Juni 1922 Erhebung von Sonderbeiträgen zugunsten der Handelsschule in Pulsnitz. Dem Anträge des Kaufmännischen Vereins zu Pulsnitz entsprechend, beabsichtigt die Handelskammer zu Zittau auf Grund von 8 19 Absatz 2 des Gesetzes über die Handels» und Gewerbekammern vom 4. August 1900 nach Anhörung der Beteiligten und nach Zustimmung des Wirtschastsm'nistsriums aus di« Dauer von 5 Jahren, beginnend mit dem Rechnungsjahre 1022/23, Sonderbeiträge zur finanziellen Unterstützung der Handelsschule in Pulsnitz zu erheben. Als Beteiligt« find alle physischen und juristischen zur Handelskammer beitragspflichtigen Personen, in den Ortschaften des Amtsgerichtsbezirks Pulsnitz onzusehen. Von dicsrn Beteiligten soll für das Rechnungsjahr vom 1. April 1922 bis zum 31. März 192» ein Sonderbeitrag in Höhe von 6 Pfennig Mr jed e Mark de« Sleuersatzes aus das Ein kommen aus Handel undGemerbedurch VermiUelungder Strurrhebedehörden erhoben werden Die zur Handelskammer Beitragspflichtigen, die in den Ortschaften des Amts- gerichtsbezirks Pulsnitz ihren Wohnfitz oder Sitz haben, werden hierdurch öffentlich auf» gefordert, etwaige Einwendungen gegen die in Aussicht genommene Erhebung von Sonder beitrügen für die Handelsschule in Pulsnitz bis spätestens 10. Juli 1922 mit fL-Mlicher Begründung bei der Handelskammer geltend zu machen. Zittau, den 26 Juni 1922. Die Handelstammer. I. D Huste. vr. Mache. Das Wichtigste. Der Reichsprüstdent wird seinen Aufenthalt in Freudenstadt im Schwarzwald abbrschen und sofort,nach Berlin zu» rückkehren. Aus die Ergreifung der Mörder des Reichsministers des Aeutzern Dc. Rathenau find 100000 Mark Belohnung ausgesktzt worden. Die Ermordung Dr. Rathenaus erregt in London größtes Aufsehen. Die Abendblätter veröffentlichten eine kurze Lebensbeschreibung des Ermordeten. In einer Kabinettsfttzung in Tokio wurde am Freitag, wie zuverlässig verlautet, die Räumung Sibiriens beschlossen Das sächsische Besamtmtnisterium hat monarchistisch-nationa listische Veranstaltungen und Kundgebungen jeder Art bis aus weiteres verboten. Unter das Verbot sollen auch Regimentstage und Sonnwendfeiern. Die Kohlennachlieferungen an die Entente werden der deut schen Industrie neue schwere Opfer in'der Kohlenoers or- gung auserlegen. Die Eisenbahner-Reichsgewerkschaft ist wegen ihrer Betei ligung an der Gründung des sreigewerkschastlichen Allge meinen Deutschen Beamtenbundes aus dem Deutschen Beamtenbund ausgeschlossen worden. vr, Walter Rathenau. Und wer ist schuld an diesem Zustande? Vie im Aus lände, die das arme deutsche Volk durch Ihre Zwangspolitik auf einanderhetzen, iodah es zu derartigen Taten kommt. Dieses Wort; das Reichskanzler Dr. Wirth am Sonnabend in der Wandelhalle des Reichstages an einen französischen Journalisten richtete, dürste nicht nur bei seinen Freunden sondern auch bei seinen Gegnern Beifall gefunden haben Tückischer Meuchelmord hat aus der deutschen Regie- run« einen Mann herausgeriffen, der am meisten berufen war die Wege für den deutschen Wiederaufbau zu ebnen und der vor allen auch wie kein zweiter die dazu nötigen Kenntnisse besaß. Walter Rathenau war zweifellos eine bedeutende Persönlichkeit durch dis dem deutschen Reich mancher Vorteil in politischer wie in wirtsch«MHer Bezie hung erwachsen ist. Rathenau war eine Persönlichkeit die einen internationalen Rus besaß. Ein Ruf, der nicht durch parteipolitischen Beigeschmack abgeschwücht wurde. Man hat Rathenau verschiedentlich einen übergroßen Ehrgreiz vorgeworfen Wer ihn aber selbst gekannt hat, w'e es mir vergönnt war, wer sah, wie dieser Mann arbei tete und lebte, der weift, daß ihn olles andere leitete als Empfänglichkeit für äußeren Ruhm. Es war ein Mann der bestrebt war etwas zu leisten, seinem Vaterlands zu nützen. Wie manche Nacht hat dieser Mann in rastloser Arbeit zu gebracht wenn es galt eine Sache einem günstigen Ziele zu zuführen. Es ist ihm nicht vergönnt gewesen seinen größien Wunsch, eins wirtschaftliche Verständigung mit Rußland, in die Tat umgesetzt zu setzen. Wohl ist der Vertrag von Rapallo abgeschlossen, aber noch niemand weiß, wie lange es dauern wirs, bis er zu vollem Rechte kommt. Man kann Rathenau höchstens einen Vorwurf machen, der allerdings nicht in seinem Wissen und Können, sondern in seinem Wesen begründet lag: er war zu wenig Politiker. Er stand durchaus aus dem Boden der Volkswirtschaft. Mit ihr war er von Kindheit an verwachsen. Sein Studium schon und später seine industrielle Praxis lagen nur auf wirtschaftlichem Gebiet. Ec hat sich innerhalb einer gewißen Partei betätigt. Dem Streit der einzelnen Parteien gegen einander war er nicht gewachsen; da ihm hierin dis auch dafür nötige Schulung fehlte. Wenn er auf irgend einer Tagung, wo sich verschiedene Parteien trafen, gesprochen hatte und die nach ihm folgenden Redner gingen van ihrem parteipolitischen Standpunkt aus aus seine Ausführungen ein, dann versuchte er das Parteipolitische auszuschülten. Ec wollte Wirtschsstsmann sein, der sich nicht in unnützem Streit verlor, sondern der tatsächliche ersprießliche Arbeit leistete. Wenn man versucht von dieser Seite aus das Wirken und Leben Rathenaus zu verstehen so kommt man zu der Ueberzeugung, daß nie einer seit November 1918 an einer so hohen Regierungsstelle gestanden hat, dessen Abstchtest reiner und vornehmer waren, wie seine. Er hat das Bests gewollt und hat alle seins Kräste restlos in den Dienst des Vaterlandes gestellt.! Als Dr. Rathenau mit dem französischen Wiederauf- bauminister Loucheur in Wiesbaden über die Sachlieserungs» abkommsn verhandelte hat er gelegentlich einer Unterredung mit diesem der Befürchtung Ausdruck gegeben, daß er zwei fellos bas Schicksal Erzbergers teilen werde. Diese seine Befürchtung hat sich jetzt erfüllt und zwar in einer Zeit in der Deutschland an und für sich schon in einer außerordentlich schwierigen Lags ist infolge der Ungs- klörtheit der Ganzen politischen Verhältnisse. Man mag zu Rathenau gestanden haben, wie man will, eines ist sicher» Es Könnte kein fluchwkdrigeres V-kbrecken am deutschen Volke begangen werden als dieser Mord, der für die deutsche Politik einen unermeßlichen Schaden mit sich bringt. Denn was ist letzten Ende» das Kabinett Wirth ohne — Rathenau. A. Fdch. Zum Tode Rathenaus. — Der Deutsche Schnelldienst (Beilin) schreibt: Es muß etwas Wahres an der Bedeutung sein, daß irgend wo in Deutschland eine Genossenschaft politischer Mörder vor handen ist, die auf dem besten Wege ist, das Deutsche Reich in seinem Bestände zu gefährden. Das ist der Sinn der Er mordung Rathenaus. Es ist keinerlei Gewinn bei dieser Tat, »on welchem Standpunkte man sie auch immer betrach ten möge. Man wird auf den Gedanken kommen, sie der eben erfolgten Ermordung des englischen Feldmarschalls Wilson gegenüber zu stellen. Wilson war der schärfste Gegner der irischen Befreiungspolitik Lloyd Georges. Seine Ermordung war wohl auch ein feiger Mord, aber er kann immerhin noch politisch erklärt werden. Im Falle der Er mordung Rathenaus Kanu man das nicht behaupten. Ra thenau war ein geistreicher, etwas eitler Mann, aber er war niemals eine Gefahr weder für den nationalen Gedanken, noch für irgend jemand. Ihn zu ermorden, ist finnlos, ob man auch das nahilistische System als richtig ansteht oder nicht. Cs muß ausgesprochen werden, daß cs eine nationale Ausgabe ist, die Mörder fcstzustellen, daß es sich nicht um ein« Frage der Regierungspolitik, daß es sich um keine Trennung zwischen rechts und links handelt, sondern es gilt, das deutsche Volk, vor allem aber den nationalen Gedanken von dem Verdacht zu reinigen, als bestände sein Inhalt nur in Handgranaten und Maschinenpistolen. Das sind die Waffen nickt, mit denen man dies Volk einigen, mit denen man dies Volk führen wird Das Verbrechen ist kein na tionales Programm Die Beisetzung Dr. Rathenaus in Oberschöneweide. Berlin, 26. Juni. Walter Rathenau wird im Erb begräbnis der Familie in Oderschöneweide beigesetzt werden. Dort bei den Fabriken der A. E G bei den Kabelwerken ist für den rastlosen Mann di« letzte Lagerstätte bereitet. Der Zeitpunkt der Beisetzung läßt sich noch nicht genau sagen, doch ist damit zu rechnen, daß sie am Dienstag Nachmittag erfolgt zu gleicher Zeil mit der allgemeinen Arbeitseinstellung und den Demonstrationen aus Anlaß des Mordes. Um die Vorbereitung der Feier kümmert sich ganz besonders der Reichskanzler selbst, der Rathenau sehr nahestand und neben ihm Rathenaus treuester Mitarbeiter im Wiederaufbau- Ministerium und später im Auswärtigen Amt Oberstleutnant a D. Dr. Simon, der seinem verstorbenen Vorgesetzten den letzten Liebesdienst erweist. Zehn Personen in Berlin verhaftet. Berlin, 26 Juni. Nach dem bisherigen Stand der Untersuchung ist es nicht ausgeschlossen, daß ursächliche Zu- sammenhänge zwischen der Ermordunk Erzbergers, dem An schlag aus Scheidemann und der gewaltsamen Beseitigung Rathenaus vorhanden sind. Zehn in Berlin wohnende Per sonen, die dec Organisation c angehören find vorläufig ver haftet worden. Der Aufenthalt zur Zeit des Anschlages so wie ihre gesamte Tätigkeit wird augenblicklich nachgeprüft Oertlrch« mrd sächsische Angelegenheiten. . Pulsnitz. «Zum Zeichen der Trauer) über den schändlichen Mord an Reichsminister Dr. Raihrngu haben die öffentlichen Gebäude halbmast geflaggt. Pulsnitz. (Eingabe der Pfarrerkon- ferenz.) Die am 26. Juni versammelte Pfarrer- konferenz des Bezirks Pulsnitz hat eine Eingabe an die oberste Kirchenbehörde gerichtet, vom Standpunkt des Christentums aus zu den letzten politischen Ereig nissen öffentlich Stellung zu nehmen. Pulsnitz. (MütterbrrstungSstundt.) Dle nächste Mütt«rberttung»sprechstund« PulSnitz findet Mittwoch, den 2». Juni ISM, nachmittag» V,4 Uhr im RatkteKer 1 Treppe statt. — (Wetterbericht vom 26 Junk.) Das nordwestliche Tiefdruckgebiet, das abends in ostsüd- Sstlicher Richtung vorgedrungen ist und einen Nus- läufer südwärts entsandt, hat in Deutschland vielfach kürzere Regenfälls und Gewitter veranlaßt, heute ist es etwas kühler. Nach Ausbreitung des südwestlichen Hochdrucks ist zunächst sine Besserung des Wetters, dann aber, da eine neue Störung vom Ozean heran zieht, wieder Regen und vielfach Gewitter am Don nerstag zu erwarten. — (Eine alte,ost gerügte,bi»her im» mer vergeblich vekLmpfteXnsttte) macht sich jetzt bei Beginn der Ktrschrnzeit wieder Semerkbar. Da» ist da» achtlose Mgwerfen der glatten, glischrigen Kerne aus die Straße und auf den Bürgersteig. Kaum sind di« ersten Kirschen in etwa» größeren Mengen zum verkauf fetlgeboten und Anden ihre Liebhaber, stößt man ouf Schritt und Tritt unterweg» ans die kleinen steinigen »«berreste. (E» soll sreilich auch Keul« geben, di« neben dem saftigen Kirsch,nfirisch auch die steinernen Kirne ihrem Magen mit etnverletben. Diese» Radikalmittel zur Beseitigung der Kerne ist jedoch nicht zu empfehlen.) Am richtigsten wäre e» schon, man sammelt die Kerne in der Tüte. Dann wird mancher durch Au»glr!ten heroorgerufene Arm- oder Beinbruch, an dem ein harmloser, kleiner Kirschkern Schuld trug, verhindert werden. — (Evangelisch-lutherische Kirchen» steuern 1921.) Da» eoangeltsch-lutherische Lande»« konflstottum teilt un» mit: Wie wir vernehmen, wird mit Rücksicht auf die teil»« se verspätete Zustellung der KirHensteuerbeschride und da» dadurch dedingte Aneiuönderrückm der Zahlungtztermine für die end gültige Kirchel'steurr 1920 und die vorläufige Kirchen« st-uer 1»21 allen Sreurrpslichiigen, denen hierdurch die S zahlung der Kirchensteuern schwer wird, nach. Sslvfss«, die an fich am 18. Mai 1S2S bereit» fällig gewesenen Kirchensteuern für 1»»1 noch di» zum 14. August 19»2 zu zahlen. Erst dann werden di« Steutreinhiöesteüen mahnen. Gleichzeitig »erden jedoch alle EteuerpPchitßM, die in der Lag« find, ihre» stsuerltchrn Verpflichtungen gegenüder der Kirche sofort nachzulommen, mit Rücksicht auf dis dedrängte wirt schaftliche »age der Kirche und der einzelnen Kirchge meinden, dringend gebeten, »on dieser Artstoerlckngerung keinen Gebrauch zu machen. -- (Fahrradaufbewahrungs - Zeit karten.) Die Reichseiisnbahn hat für Monats und Wochen'artsninhaber Fuhrradaufbewahrungs - Zeit karten eingerichtet. Die Karten kosten pro Woche 8 M, pro Monat 24 M.