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Pulsnitzer Wochenblatt Fernsprecher: Nr. 18. VtZirlHsUNZetsiek NNÄ AkttUNg. Telegr.-Adr.: Wochenblatt Pulsnitz. Erscheint: Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Mi: „Jllustr. Sonntagsblatt", „Humoristischer Wochenblatt" und „Für Haus und Herd". — Abonnement: Monatlich 45 Pf., vierteljährlich 1.25 bei freier Zustellung ins Haus, durch die Post bezogen 1.26. Amts- W des Königl. Amtsgerichts mW des S Blatt tadtrates zu Pulsnitz. Inserate für denselben Tag sind bis vormittags 10 Uhr auszugeben. Die fünf mal gespaltene Zeile oder deren Raum 12 Pf. Lokalpreis 10 Pf. Reklame 25 -z. Bei Wiederholungen Rabatt. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Erfüllungs-Ort ist Pulsnitz. UmtLllltttt WitsLMkr umfassend sie Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Böhmisch-Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, <vinb?ouiubp ! llr si.1, klrs lilVilsNiedersteina, Weißbach, Ober-u. Niederlichtenau, Friedersdorf-Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf,Lichtenberg, Kl.-Dittmannsdorf. Truck und Verlag von E. L. Förster's Lrben (Inh.: ). w. Mohr.) Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 265. Verantwortlicher Redakteur Otto Dorn in Pulsnitz. 59. Jahrgang. Mr. 92 Donnerstag, den 1. August 1907 Das Wichtigste vom Hage. Die Ankunft des Kaisers vor Swinemünde wird für heute erwartet. Das achte deutsche Sängerbundessest findet, wie aus Breslau gemeldet wird, im Jahre 1912 in Nürnberg statt. Nürnberg erhielt 79, Leipzig 68 Stimmen. Als Protest gegen die kürzlich vorgenommenen Ver haftungen und Revisionen ist in Lodz der General ausstand erklärt worden. In der Posnanzkischen Fabrik sind drei Abteilungen in den Ausstand ge treten. In Warschau haben sich Straßentumulte ereignet. In Tanger eingetroffene Boten aus Fez berichten, der Noghi bedrohe die Hauptstadt. Er sandte den Stämmen den Befehl, sich zu seinem Empfang vorzubereiten, da er einen Angriff auf den Sultan beabsichtige. Wie Lord Tweedmouth im Oberhaus mitteilte, beab sichtigt die Regierung den Bau eines neuen gro ßen Kreuzers. Der Bau von Schiffen würde vor aussichtlich im nächsten oder dem darauffolgenden Jahre fortgesetzt werden. Ein großer Dampfer ist in der Außenbrandung vor dem Badestrande in Witldün gestrandet. Sein Name ist noch unbekannt. Es sind Rettungsboote abgegangen. Nach der „Neuen polit. Korrespondenz" bestätigt es sich, daß am 9. August der König von Siam dem Kaiser in Wilhelmshaven einen Besuch abstatten wird. Zur Zusammenkunft Ves Kaisers delm mit Vsm Zarsn Nikolaus. Seil 14 Tagen wurde in geheimnisvoller Weise über eine bevorstehende Zusammenkunft des Zaren mit dem Kaiser Wilhelm allerlei gemeldet, und von gut unter richteter Seite erfährt man nun, daß diese Zusammen kunft am 3 August vor dem Hafen von Swinemünde auf hoher See stattfinden wird. Zugleich wird auch be richtet, daß diese Monarchenbegegnung einen hochpolitischen Charakter trage, da an derselben der Reichskanzler Fürst Bülow und der russische Minister des Auswärtigen Herr v. Iswolski teilnehmen. Man wird indessen tlug tun, wenn man dieser Monarchenbegegnung keine allzugroße politische Bedeutung beimißt, denn es liegt gar kein Grund vor, daß Rußland oder Deutschland sich irgendwie zu einem Bündnisse oder zu einer großen politischen Aktion vereinigen werden. Wenn die Zusammenkunft des deutschen Kaisers mit dem Zaren von Rußland denn- noch eine wichtige politische Bedeutung hat, so kann sie sich nur auf die Fortdauer der guten Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland beziehen und außerdem die Befestigung des allgemeinen Friedens im Auge haben. Diese Politik verfolgen aber ohne Zweifel wohl schon beide Staaten, und es könnte höchstens die diplomatische Aufgabe Deutschlands darin bestehen, die auswärtige russische Politik nicht ganz in das Fahrwasser Englands und Frankreichs gelangen zu lassen. Rußland, welches aus die Freundschaft Deutschlands in vielen wichtigen Fragen angewiesen ist, dürfte daher selbst immer wieder großen Wert auf ein gutes Verhältnis mit Deutschland legen. Irgend eine besondere Mission hat aber die deutsche Politik inbezug auf Rußland nicht zu erfüllen, denn Rußland ist gegenwärtig die schwächste aller Großmächte mit sehr fragwürdiger Zukunft, und es wäre eine poli tische Torheit, wenn Deutschland sich irgendwie mit Ruß land engagieren würde. Außerdem bleibt doch die Tat sache bestehen, daß Rußland schon aüs finanziellen Grün den an seinem Bündnisse mit Frankreich festhält, und dieses Bündnis kann doch unmöglich als im Interesse Deutschlands gelegen bezeichnet werden. Erst ein Aus hören des russisch-französischen Bündnisses könnte den Weg für einen engeren Anschluß Rußlands aü Deutsch land anbahnen und vielleicht auch dazu führen, daß Deutschland in moralischer und kultureller Hinsicht eine Art Beistand Rußlands in der schwierigen Lage, in der sich jetzt Rußland befindet, werden könnte. Aber der Weg dahin ist noch nicht bereitet. Deutschland wird daher auch aus seiner Reserve gegenüber allen russischen Wün schen so leicht nicht heraustreten und vor allen Dingen auch neue russische Anleiheversuche nicht begünstigen, denn dazu liegen die Verhältnisse in Rußland zu schlimm. Die politische Welt, zumal in gewissen Schichten Frank reichs und Englands, wird natürlich wieder argwöhnen, daß Deutschland Gott weiß was inbezug auf Rußland oder mir Rußland durch die Monacchenbegegnung im Schilde führe. Aber solche Verleumdungsversuche können im Voraus mit der gebührenden Verachtung bestraft werden. Deutschland will den Frieden und die Freund schaft mit allen Mächten, also auch mit Rußland, und was im Verfolg dieser Friedens- und Freundschaftspolitik Ersprießliches in dem Verhältnisse zwischen Rußland und Deutschland in Berücksichtigung der realen Verhältnisse erreicht werden kann, das ist der Zweck der Monarchen zusammenkunft von Swinemünde. Oertttckes uni) Säclzfisckss. Pulsnitz. In dem Anzeigenteile der heutigen Nummer wird von dem Denlmals-Au«schuß aufgefordert, sich für die Ent- hüllungSseier am 21. August Tribünenplätze zu sichern. Die Enthüllung des König Albert-Denkmals wird eine Feier, wie sie ähnlich für Pulsnitz nicht bald wieder zu erwarten ist. Der Neumarkt muß, um Platz für die beteiligten Vereine usw. zu haben, notgedrungen vollständig abgesperrt werden, und es ist daher denjenigen, welche dieser Feier beiwohnen wollen, dringend zu raten sich rechtzeitig Plätze au« der Tribüne zu sichern Die Tribüne kann wegen Raummangels nicht sehr groß gebaut wer. den und wird deshalb nu- einer geringen Anzahl von Zuschauern Platz gewähren Gleichzeitig werden die jungen Damen der Stadt Pulsnitz ausgeiordert, sich als Festjungsrauen bei der Feier zu beteiligen. Der Denkmals-Ausschuß hofft, daß recht viele Damen sich melden werden. Die Damen haben natürlich als Festjungsrauen die beste Gelegenheit, die ganze EnthüllungS- feier bequem sehen zu können. — Wie wird daS Wetter am Sonntag sein? Auch die letzte Hoffnung der Ferienreisenden, daß ihnen die letzte Woche c »dauernd schönes und warmes Wetter bringen möge, hat sich nicht erfüllt; vielmehr ist eine tiefe Depression vom Ozean nach Europa getommen und hat in Deutschland nach einem wirk lich warmen Tage (teilweise bis zu 29 o 6) viel Gewitter und teilweise sehr starke Regeniä^e veranlaßt. Wohl ist jetzt im Westen über dem Ozean ein sehr ausgedehntes „Hoch" erschienen, wohl dürfte uns dasselbe schönes Wetter bringen, aber etwas spät für die Feiienreisenden; denn zunächst bringen Winde auS Norvwesien uns Norden kühleres und viel wolkiges Wetter, und ernstlich wird sich erst die Besserung am Freitag bemerkbar machen. Dagegen wird der kommende Sonn tag unter Einfluß der „Hoch" ein schönjer, trockener und warmer Tag sein — Der August hat seinen Anfang genommen. Ec ist der achte Monat der Jahres und hat seinen Namen vom römischen Kaffer Augustus, der zur Zeit der Geburt Christi herrschte. Im materiellen Sinne bedeutet für uni der August den Höhepunkt des Jahres. Er ist der Monat der Ernte und derhalb bedeutet sein günstiger und erträgnisreicher Verlauf so unendlich viel Guter für die gesamte Volkswirtschaft, während sein gegenteiliger Verlauf unendliche und unberechenbare Schäden im Gefolge haben kann. Deshalb führt auch dieser Monat im Volksmund den Namen Aehrenmonat, Erntemonat, Schnittmonat. Seiner hohen Temperatur halber führt er auch noch den Namen Hitzemonat. Allmählich geht cs nun doch schon dem Herbst ent gegen. Die Abende nehmen an Länge zu. Während die Tag- dauer zu Beginn des Monat« noch 15'/, Stunden beträgt, ist sie am Schluffe desselben schon auf kaum mehr 13«/, Stunden zusammengeschrumpst. Wie reife- Korn sind deme Lock n, In denen Rosen glüqn und Mohn, Wenn du beim Klang der Feierglocken Besteigest deinen Erntelhron. Reif steht da« Feld, im Garten reifen Die Früchte, die berührt dein Hauch, Wohin die Augen suchend schweifen Hin bis zum fernsten Höhenrauch: Eln Hoffen, Hangen voller Lust . . . August! — Der Entwurf der neuen Gebührenord nung für Arzte im Königreich Sachsen, der soeben ver öffentlicht worden ist, bringt eine ganze Reihe erheblicher Erhöh ungen der Mindestsätze. Es sei folgendes daraus hervorgehoben: Für „Extrabesuche" kann das Doppelte eines regelmäßigen Be sucheS angesetzt werden. Neu sind die Entsernungtgebühren ge regelt. Für jede angesangene Stunde der auf der Reise ver wandten Zeit können 3 bis 10 Mark als ZeitversäumniSgebühr berechnet werden, wenn der Kranke mehr als zwei Kilometer von der Wohnung des Arztes entfernt wohnt. Bei Eisenbahn- oder Dampfschiffahrten ist für Zu- oder Abgang je eine Mark zu be zahlen. Die Gebühr für Hilfeleistung bei einer Operation ist auf 5 bis 10 Mark erhöht worden. Für .besonders eingehende Untersuchungen" nicht bloß daS erste Mal, sondern überhaupt, kann eine Erhöhung eintreten. — Am vorgestrigen 30. Juli vor 10 Jahren wurde Sachsen von der großen Waffernot heimgesucht. — Die Schweinepreise sind wieder in die Höhe ge gangen, und zwar ganz plötzlich. Während vor acht Tagen noch 61 Mark für den Zentner Lebendgewicht am Schlachiviehmarkte in Berlin bezahlt wurden, wird heule der Preis dafür mit 67 Mark angegeben. Da« ist der Preis für feinere Raffe. Im Mai betrug der Preis der Schweine nur 48 Mark. Die Preise für Kälber sind dagegen seit dem 1. Mai von 100 auf 80 Mk. zurückgegangen. Zum Steigen ver Schweinepreise liegt die Er klärung eines angesehenen Landwirts vor. Die Erhöhung hängt nach ihm im wesentlichen mit der Kartoffelernte zusammen. Durch das naßkalte Wetter ist die Hoffnung auf eine frühe Kartoffelernte vereitelt worden. Die Landwirte haben deshalb ihre verfügbaren Kartoffeln lieber zu einem guten Preise ver kauft, statt an die Schweine verfüttert. Inzwischen sind die alten Kartoffeln zur Neige gegangen, die neuen in Mengen zu verfüttern, lohnt sich nicht, da sie noch zu klein sind. Ein wei terer Steigen der Schweinepreise wird wohl in nächster Zeit nicht auSbleiben, zumal die Aussichten für vie Kartoffelernte keine günstigen sind; aber daß die Steigerung sehr bedeutend sein wird, ist kaum anzunehmen, dazu sind die Preise für Ferkel zu gering Voraussichtlich werden wir im November oder De zember wieder auf der heutigen Höhe angelangt sein. Die Ent scheidung hierüber wird der Ausfall der Kartoffelernte bringen, aber auch die Preise der Futtermittel werden ihren Einfluß gel tend machen und nicht zum wenigsten die Leutenot auf dem Lande, Dresden. Ueber die Seehundjagd des König» teilt daS .Dresdner Journal" Folgender mit: Der König verließ am Donnerstag 9 Uhr abend» Norderney aus dem Dampfer „Nord deich", der für die Jagd gechartert worden war. Nach 10 Uhr traf der Damp'er nach angenehmer Fahrt bei gutem Wetter in Juist ein. Von der Dampferanlegestelle führt eine sehr primi tive Kleinbahn »ach dem Kurhause Juist. Hier war Quartier für die Nacht bestellt, und de- Monarch begab sich nach dem Eintreffen sofort zur Ruhe. Am nächsten Morgen wurde bereits um 4 Uhr vom Hotel «»'gebrochen Der Hotelwagen brachte den König über den bei Ebbe passierbaren Strand bis zum Boot, da« ihn dann zu dem bereitlie'genden Dampfer führte. Au- dem Dampfer wurde der Monarch vom Kapitän und den Seehund jägern Gebrüder Altmann» empfanden. Die Familie Altmann» ist in der Nordsee allgemein bekannt als tüchtig in der Seehund- jagd. Der Vater Altmann», der ein Alter von 80 Jahren er reichte, hatte einen eigenen Kutter, und führte den König, als dieser im Jahre 1897 als Prinz bei Juist einen Seehund er legte. Seine beiden Söhne, Peter und. Wilhelm, sind ebenso wie der Vater, mächtige, breitschultrige Gestalten. Sie verstehen, wie sich im Laufe der Tages herausstellte, ihr Gewerbe ausge- zeicbnet, besonder« dann, wenn eS gilt, einen weitgerechren Jäger zum Schuß zu bringen. Kurz vor 5 Uhr lichtete der Dampfer den Anker und steuerte von Juist auS in südlicher Richtung nach der Mündung der EmS Nach etwa anderthalostünviger Fahrt wurden aui dem Manslagter Nacken, das ist eine der ost risischen Küste vorgelagerten Sandbank, etwa 15 Seehunde, dabei einige alte Bullen, festgestellt. Die Seehunde nutzten die Zeit der Ebbe auS, um sich aut den dann wasserfreien Sandbänken zu sonnen. Der Damp er fuhr unter günstigem Winde etwa bis auf 300 Meter an die Sandbank heran. Der König bestieg unter allge meiner Spannung mit den beiden Seehundjägern und zwei Matrosen das Boot und wurden nach der Sandbank gerudert. Neugierig betrachteten die Seehunde alles, um dann, als daS Boot etwa aus 150 Meter herangekommen war, im Wasser zu verschwinden Der König erreichte die Sandbank, die letzte Strecke auf den Schultern des Peter Altmanns zurücklsgend, und legte sich zum Schuß bereit auf den Sand, neben ihm die Seehundjäger. Die begannen nun die Hunde damit zu locken, daß sie die höchst spaßhaften Bewegungen der Seehundes mit Kopf und Füßen täuschend nachahmten. Nach wenigen Minuten steckte auch wirk lich ein neugieriger Seehund den Kopf aus dem Wasser, zunächst weit ab, bald näher, bald folgten dem Beispiele des Neugierigen andere Der Schuß krachte. Peter Altmanns sprang wie der Blitz auf und holte den getroffenen Bullen mit einer Harpune auS dem Wasser. Bald machte die eintretende Flut ein längeres Verbleiben auf der Sandbank unmöglich, und der König kehrte zum Dampfer zurück. Auf dem Dampfer, der nun vor Anker