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amtes zu Kamenz so» 92. Jahrgang Dienstag, den 16. Januar 1940 Der Pulsnitzer Anzeiger ist Las zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen des Landrates zu Kamenz, der Bürgermeister zu Pulsnitz und Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Pulsnitz, sowie des Finanz- Nr 13 bestimlnten Plätzen keine Gewähr. Anzeigen sind an den Erscheinungstagen bis norm 10 Uhr aufzugeben. - Verlag: Mohr 5 Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann u. Gebrüd«' Mohr. Hauptschriftleiter: Walter Mohr, Pulsnitz; Stellv.: Walter Hoffmann, Pulsnitz. Verantwortlich für den Heimatteil, Sport u. Anzeigen Walter Hoffmann, Pulsnitz; süi Politik, Bilderdienst und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. Geschäftsstelle: Nur A d o l f . S t t l e r - S tr a k e 2 — Fernruf nur -- Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn D,e„ Leitung erscheint täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Neiertaae ^ezngspreis: Bei Abholung 14 tägig 1.—NM., frei Haus 1.10 RM. einschl. 12 bez. 15 Pf. Tragerlohn. Postbezug monatl. 2.50 RM. Die Behinderung der Lieferung rechtfertigt > miim Rückzahlung Les Bezugspreises. Zeitungsausgabe iür Abhol» nachmittags. Preise und NachlaMtze bei Wiederholungen nach reisliste Nr. 5 — ,sür das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern und an Vie Tschechen sollen süi kroßbrilannien sterben Neutrale find England nur Werkzeuge Gestern so heute so Britische Politiker sind wandelbar — Lord Lothian einst und jetzt von osteuropäischen fragen, oie uns ranachnch nimis angegen. Europa verlangt von uns die Teilnahme an einem bewaffnete kollektiven Sicherheitssystem, das keinen anderen Zweck hat, als eine gerechte Lösung dieser osteuropäischen Fragen zu verhindern und den Status quo gewaltsam aufrechtzuerhälten." Lothian stellte in seiner Rede von 1936 eine Reihe von Punkten auf, die einen wirklichen Frieden sichern könnten: (DNB) Prag, 16. Januar. Line Reihe tschechischer Blät ter veröffentlicht einen Artikel der tschechischen Korrespondenz „Lentro-Preß"Zn dem es u. a. heißt: „Vor einigen Tagen mel deten slowakische Blätter, daß die Slowaken in Frankreich im Widersprich zu den Bestimmungen des internationalen Rechtes zum Militärdienst in die französische Armee gezwungen wurden. Nun brachte die halbamtliche Agence Havas eine Meldung, der- zufolge auch die Tschechen in Großbritannien und seinen Domi nions zum Militärdienst eingezogen werden. Es handelt sich in diesem Fall nicht nm einen freiwilligen Eintritt in die Armee, wie airs einem Bericht der „Sunday Times" hervorgeht. Dieser besagt nämlich, daß tschechische Volksangehörige derselben Ver pflichtung unterworfen werden wie britische Staatsangehörige. Zu diesem Zweck werden, wie „Sunday Times" ausführt, beson dere Assentierungskommissionen gebildet werden, und jeder, der sich der Mobilisierungsorder entzieht, wird derselben Strafver folgung ausgesetzt sein wie ein britischer Staatsangehöriger. Aus diesen Beispielen, dem slowaktschrn und dem tsche chischen, ist die Tatsache erstchtlich, daß die Briten sich Sen Begriff der „Freiheit" auf ihre Art und Weise zu erklären wissen. Diesen Leutra genügt es nicht, daß Eingeborene aus dey Kolonien für sie gezwungen kämpfen müssen, sie wollen jetzt auch noch andere Völker vergewaltigen. Der bekannte schwedische Kenner des internationalen Rechtes, Baren Lage Stael von Holstein, sagt darüber in seinem Buch „Unsere Neu tralität": „Für England gibt es keine Neutralen, sie sind ihm nur Werkzeuge". Bei dieser Gelegenheit kann man auf einen Regirsehler verweisen, der der Agence Havas unlängst dadurch passierte, daß sie über Brüssel die Meldung über die Befreiung der Tschechen vom Militärdienst in der deutschen Armee ver öffentlichte. Die Veröffentlichung dieser Tatsache hat in den westlichen Propagandazeniralen sehr verstimmt; denn sie ver führte natürlich zur Anstellung von Vergleichen. Die Meldung stellt wirklich zwei Welten gegeneinander: England mit feinen durch Gewal. zusammengetrommelten Söld nerheeren auf der einen Seite, Deutschland auf der anderen, das die Tschechen, die Bürger seines Protektorats sind, von der MiU- tärdienstpslicht befreit. Diese beiden Welten stehen einander auf der Erde, in der Lust und auf dem Wasser gegenüber uno die Zukunft wird erweisen, was besser ist: Söldner zu pressen oder vom Geist der Pflicht erfüllte Soldaten ihr Vaterland vertei digen zu lassen. 1. In Oesterreich soll ein Plebiszit stattfindcn. Als aber dieses Plebiszit stattfand, da war es England, das sich über das Ergebnis empörte. Lord Lothian verlangte 2. eine Regelung über die Zukunft Memel. Als aber Memel im März 193!) aus Grund einer friedlichen Vereinbarung mit Litauen und ohne Blutvergießen zum deutschen Mutterlande zurückkehrte, da war es England, das sich darüber empörte. 3. Lord Lothian verlangte wörtlich folgendes: „Die pol nische und die deutsche Regierung sollen sobald wie möglich zu einer Aussprache über die Zukunft von Danzig und die Schaf fung einer Verbindung zwischen dem Deutschen Reich und Ost preußen eingeladen werden." In Wirklichkeit aber war es ge rade die britische Regierung, die eine solche Aussprache über die Zukunft Danzigs und des Korridors dadurch verhindert hat, daß sie Polen, das jedes Entgegenkommen ablehnte, in seinem ungerechten Status quo garantierte und damit den Krieg un ausweichlich machte. . Im Gegensatz zu dieser britischen Politik hat Lothian noch im Mai 1937 in einem Aussatz erklärt: „Wenn Deutschland und seine östlichen Nachbarn einen Bund nach britischem oder ame rikanischem Vorbild begründen könnten, würde das größte wirt schaftliche Problem des Tages seiner Lösung ganz ganz bedeu tend nähergekommen sein." Die gegenwärtige britische Begierung wird also heute in Amerika von einem Mann vertreten, dessen Erund- ansichten noch vor kurzer Zeit sich im diametralen Ge gensatz zu der Politik dieser Regierung befanden. Dies ergibt sich auch insbesondere aus einem Vortrag, den Lord Lothian am 24. März 1938, also kurz nach der Wieder vereinigung Oesterreichs mit dem Deutschen Reich, ebenfalls vor dem Royal Institute of International Affairs gehalten hat. Eine Blütenlese seiner damaligen Aeußerumgen ist ein interes santer Kommentar und eine wirksame Widerlegung seiner kürzlichen Ausführungen in Chicago. Ein Satz in jener Rede, es gebe für einen Mann zwei sehr schlechte Ratgeber: Furcht und Haß, ist vielleicht die Erklärung für seine eigenartige Schwenkung: offenbar haben nunmehr Furcht und Haß ihm den einst so klaren Blick getrübt. Wenn er heute die Demokratien als eia Allheilmittel bezeichnet, so war er 1938 vernünftiger: „Glauben Sie mir: Demotranen können ebemo ver rückt in der Außenpolitik werden wie irgend jemand sonst, besonders wenn sie vier Jahre lang durch Kriegspropa ganda beeinslußt worden sind." Lothian bezeichnet in dieser Rede die aanre Lösche seit Ausbruch und seit Ende des Welt Die Deutsche diplomatische Jnkormation ichreibl: LordLothian.der jetzige Botschafter Groß- Britanniens in Washington und frühere Privatsekre tär Lloyd Georges — damals trug er noch ben Namen Phi lipp Kerr — hat vor wenigen lagen in Chicago eine Rede «ehalten. in der er unter offensichtlichem Mißbrauch »ei nes East rechts in einem neutralen Lande britische Propaganda machte und den Amerikanern Ratschläge für ihre politische Haltung gab. Das logische Ergebnis dieses Krie ges, daß nämlich auf alle Fälle England nicht mehr die rührende Seemacht sein wird, sondern Amerika, verbarg er hinter einer Schmeichelei an die Adresse Amerikas: „Die Seemacht sollte in den Händen der Demokratien und nicht in den Händen einer Macht liegen". Die Ideale des Völkerbundes könnten nur dann zum Erfolg geführt werden wenn alle Mitglieder Demokra tien seien. England kämpfe für den Grundsatz, Wohlstand und Frieden nicht durch brutale Gewalt unterdrücken zu lassen. Tie Engländer glaubten nicht, daß sie ein Monopol auf die Tugend besitzen, aber sie seien sicher, daß sie fetzt im Recht seien. Diese Rede befindet sich in einem interessanten Gegensatz zu Einsichten, denen Lord Lothian, ein im nationalsozialistischen Deutschland nicht Unbekannter, in den letzten Jahren Ausdruck gegeben hatte. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf schlußreich eine Rede- die Lothian am 2. April 1936. also kurz nach der Besetzung des Nheinlandes durch die deutschen Trup pen. vor dem Royal Institute os International Astaires gehal ten hat. Er erklärte damals wörtlich: „Man kann nicht militärische Bündnissysteme derart, wie sie Frankreich ausgerichtet hat. zu Trögern des kollektiven Sy- kcms in Europa ausbauen, wenn der Hauptzweck aller Vieser Systeme, der militärischen wie der kollektiven, die Verhinderung der Revisionen ist. Großbritannien jedenfalls würde an einein solchen System nicht tcilnehmen." Die englische Politik, die zum Krieg führte, bestand aber gerade darin, zurV erhinderung einer vernünftigen Revision der deutsch-polnischen Beziehungen in ganz Europa <in Einkreisungssystem z« errichten und schließlich zum Krieg für die Verhinderung einer gerechten Revision zu schreite». Lord Lothian war also ein schlechter Prophet, als »er in seiner Rede erklärte: „Die britische öffentliche Meinung will nichts von einem, Krieg wegen der Dinge wissen, von denen Frankreich denkt, fiel seien so wesentlich, daß man zum Kriege schreiten müsse, zu eiuem Krieg, der tatsächlich keinen anderen Zweck hätte, als die deutsche Ausdehnung zu verhindern oder gar die eigene Uebermacht zu behaupten." England ist gerade zur Verhinderung jener Revision in den Krieg getreten, die von allen einsichtigen Engländern längst als selbstverständlich und unausweichlich bezeichnet worden war. Hören wir, was Lort Lothian darüber im Jahre 1936 zu sagen hatte: „Wir würden nicht in den Krieg ziehen wegen jener krieges als ein Ergebnis des Konfliktes zwilchen denen, die man die rechtzeitig Arrivierten nenne und den Zuipätgekom- mencn, zwischen den Besitzenden und den Habenichtsen. Deutsch land sei damals wie jetzt ein Zujpätgekommener gewesen. „Die ganze Nachtriegshaltung der Alliierten, der kleinen Nationen. Frankreichs, der großen Mächte, war ein Versuch, eine der vitalen Kräfte der Geschichte aufzuhalten", nämlich den Natio nalsozialismus. Der deutsche Ruf: „Ein Volt, ein Reich" ist „Nationalsozialismus, der gegen einen ungenügenden Status quo protestiert". „Italien ist ein einiges Volk und Frankreich ein einiges Volk, und jede andere Rasse in Europa ist ein eini ges Volk mit Ausnahme der Deutschen". Und schließlich äußerte sich Lord Lothian in verbindlicher Weise zur Kriegsfchulofraqe des kommenden Krieges: „Wenn ein neuer Krieg kommt und seine Geschichte einst geschrieben wird, so wird der objektive Historiker in hun dert Jahren nicht jagen, daß Deutschland allein für ihr verant wortlich war, selbst, wenn es den ersten Schlag führt, sondern daß diejenigen, die die Welt zwischen 1918 und 1937 in Unord nung brachten, einen großen Teil der Verantwortung für ihn tragen." Derselbe Lord Lothian, der noch vor kurzem jo vernünftig und einsichtig war, scheint den Kopf völlig verloren zu haben. Angesichts eines Krieges, der durch die englische Weigerung, eine notwendige und gerechte, überdies sehr begrenzte Revision zuzu lassen. entstand» ist. ein Krieg, in oem nicht Deutschland den ersten Schlag gegen England, sondern England den ersten Schlag gegen Deutschland geführt hat, müßte Herr Lothian in Erin nerung an seine bessere Einsicht entweder dieser Einsicht Aus druck geben, dann aber freilich wahrscheinlich seinen Poften i» Washington aufgeben, oder doch zum mindesten schweigen. Wenn er aber Reden hält, wie die obengenannte in Chicago so sind es propagandistische Konzessionen än jein Amt, nicht Ausdruck dessen, was Philipp Kerr alias Lord Lothian in seinen guten und unabhängigen Jahren einen Namen in der Welt gemacht hat: Die Unbestechlichkeit des Blickes und die Objektivität des Urteils. Gerade aber darum wird niemand sich von diesem neuen in das offizielle Gewand des Propagandisten gekleideten Lord Lothian überzeuge» lasten, da seine heutigen Aeüßerungen ange sichts seiner früheren Haltung einfach unglaubwürdig sind. Gerade in Amerika hat man ein gutes Gedächtnis für solche Dinge und die Stimmen mehren sich, die sich dagegen weh ren, daß englische Propagandisten ihre offizielle Mission miß brauchen, um Amerika an ihre Seite zu locken und zur Ve»- lctzung amerikanischer Interessen zu verführen. Warrm die argeMnW-nordamenlanWen tzandelsverlragsverhandlungen scheiterten Das argentinische Außenministerium veröffentlicht ein ergänzendes Kommunique über die näheren Zusammenhänge des Scheiterns der argentinifch-nordamerika- nischen Handelsvertraqsbesprechungen, die nicht nur in Wirtschastskreisen starfe Verstimmung ausgelöst har Wenn auch in konzilianter Form, so wird doch die Schuld daran der einseitigen Protektiv ns Politik der USA. zugeschrieben. Seit Weltkriegsende sei es für Argenti nien immer schwieriger geworden, den Güteraustausch mit den Vereinigten Staaten als dem größten Verbrauchsmarkt befrie digend zu regulieren. Die Diskrepanz ergebe sich klar aus der Zahlungsbilanz des letzten Jahres. Der argentinische Export nach USA. betrage 183 Millionen Pesos, wogegen Nordamerika für 250 Millionen nach Argentinien exportiert habe. Dazu kämen noch zu Lasten Argentiniens 63 Millionen für Schulden dienst und andere Leistungen. Der Pasfivsaldo betrage somit 130 Pesomillionen. Nachdem Washington zu verstehen gegeben habe, daß es an einer Neuregelung des Wirtschaftsverkehrs interessiert sei, sei Argentinien entgegengekommen. soweit möglich, unter Aus schaltung aller doktrinären Gesichtspunkte, Co habe, angesichts des Widerstandes nordamerikanijcher Agrarpreise Argentinien freiwillig verzichtet auf de» Export v»n Frischfleisch. Ferner sei es bereit gewesen zu Zollerleichterungen für USA-Provukte, ob gleich seine Zolleinnahme» dadurch um siebe» Pesomillionen ver ringert würden. Trotz dieser Konzestionen hätten sich die Ver. Handlungen zerschlagen, weil Nordamerika seinerseits völlig un nachgiebig gegenüber den berechtigten Wünschen hinsichtlich der Behandlung spezieller argentinischer Produkte geworden sei. Damit sei die Absicht Argentiniens vereitelt worden, durch Mehr export nach den Vereinigten Staaten einen freieren laufenden Handelsaustausch einzuleiten.