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Wochenblatt für für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden für die Königl. Amtshanptmannschaft zn Meißen, das Königl. Gcrichtsamt und den Stadtrnth zu Wilsdruff. Erscheint »ichentlich 2 Mal ^imstag und Freitag). Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Ane einzelne Nummer kostet 10 Ps. Znseratcnannalime Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag) Abonnementsprcis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Ps. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. NeununSLreiHigster Kahrgang. Nr. 59. Dienstag, den 29. Juli 1879. Bekanntmachung. Geschehener Anzeige zufolge sind die bei hiesiger Sparkasse auf die Namen Kohann Eraugott Haßvacher und Ernst Haß- »acher in Braunsdorf ausgestellten Einlegebücher Nr. 14907 und 14909 den Einlegern abhanden gekommen. Mit Hinweis auf 8 18 des für hiesige Sparkasse geltenden Regulatives wird der etwaige Inhaber dieser Eiulegebücher andurch auf- gcfordert, seine Ansprüche an dieselben, wenn er solche zu haben vermeint, bei Verlust derselben binnen drei Monaten, voni Tage dieser Bekannt machung an gerechnet, bei der hiesigen Sparcassenverwaltung anzuzeigen. Wilsdruff, am 26. Juli 1879. Die Sparkaffenverwultung. Kieker» Brgmstr. Bckalmtmachmrg. Der II. Termin Grundsteuer nach Höhe von zwei Pfennigen pro Steuereinheit, der III. Termin städtische Anlage und der U. Termin Hundesteuer sind vom 2. bis spätestens den 16. August ds. I. «N die Ktalltüiimmeiwi zu bezahlen. Wilsdruff, am 28. Juli 1879. Der Sladtgemeindmtth. Ficker, Brgmstr. Worum regnet cs in diesem Jahre so viel? Dies ist eine Frage, welche die Astronomen seit etwa sechs Monaten überaus pschäftigt. Der französische Astronom Camille Flammarion saßt unter dieser Ueber- Anst die Erscheinungen des letzten Jahres bezüglich des Negenwetters in einem priese an „NlNustration" noch einmal zusammen und entwickelt dann eine neue Aeorie der möglichen Ursachen größerer Regenmengen in periodisch wiederkehrcnden Mhrcn, die jedenfalls mit dem Reiz der interessanten Neuheit eine mindestens ebenso ?'°ße Wahrscheinlichkeit verbindet, wie die allgemein angenommene Abhängigkeit des Leiters von dem Monde. Begreiflicherweise geht er zunächst von Frankreich aus, wsen Klima als so veränderlich bezeichnet wird, daß die Unbeständigkeit desselben feinahe sprüchwörtlich geworden sei. Dennoch hätte es selten ein volles Jahr unter Glichen Regengüssen gelitten: „Der vergangene Sommer war reichlich mit Regen getränkt, und lange Aus- Mge nach der Schweiz eigentlich zur Unmöglichkeit geworden. Man hoffte auf '^en sonnigen Herbst, aber der Regen setzte sich sort. Ter Winter trat früh ein, lang und zog sich noch über das ihm zukvmmcnde Mas; hinaus; ganz Europa ^ürde mit Schnee heimgesucht. Alle getäuschten Erwartungen warsen sich auf das Mhjahr und ersehnte» den 21. März mit Ungeduld. Die Tag- und Nachtgleiche tn, allein ohne den Frühling; Kälte, Nässe und Regen behaupteten ihre Herrschaft Mer. März, April, Mai gingen ohne Sonnenschein dahin, und auch der Juni ließ ^ü» Manches zu wünschen übrig. Thatsache ist, eine» Frühling gab es in diesem Sahre nicht. Die Vegetation und die Entwickelung der Blüthcn blieb um einen ganzen Mo> zurück. Mit Sorgfalt beobachtete ich jedes Jahr Maronen, Weiden, Pappeln Flieder, die unter meinen Augen rings um das Observatorium zerstreut stehen notire das Vorrückcn ihres Wachsthums. Dieselbe Kastanie, die gewöhnlich am März schon im Blätterschmuck prangt, trug diesen erst am 14. April, eine andere, R regelmäßig am 20. April blüht , brachte dies erst am 19. Mai fertig. Noch am z?- Juni gab es blühende Kastanien. Mit den anderen Pflanzen war es ebenso, ^»nisten zähltcu mit Sicherheit auf den Juni, der Alles nachholen und endlich die Mnc» Tage bringen würde. Jetzt haben wir das Sommcrsolstitium erreicht und entschritten, wir sind in den längsten Tagen, in welchem die Sonne vom Aufgange zum Untergange während sechszehn Stunden an "unserem Himmel thront, aber ^tnäckig verbirgt sie sich saft immer hinter mehreren Wvlkenlagen. Glänzt das "de Gestirn an einem Tage, so ist es nur, um am anderen desto mehr zu ver binden, und der Regen hat sich so an uns attachirt', daß es scheint, als wollte '' uns nie wieder verlassen. Es sährt sort, zu regnen, und mit Recht hat man, Metereologischen Sinne, gesagt: „Das Jahr 1879 ist ein Jahr der Fäulnis;." , Zur Erklärung dieser mehr oder minder unangenehmen Anomalien, die jedcn- lM den Ernten wie der Gesundheit gleich nachtheilig sind, wendet sich das Publi- regelmäßig an die Astronomen, weil man sich im Allgemeinen einbildet, Astro- '°"üe Meteorologie sei ein und dieselbe Wissenschaft. Es ist dies eine grund- 'Rche Anschauung. , Die Astronomie ist die sicherste, absoluteste und am tiefsten begründetste Wisscn- Mt. Die Meteorologie dagegen cxistirt überhaupt kaum als positive Wissenschaft, „le astronomischen Wissenschaften reichen mindestens vier Jahrtausende zmück, und ,^s dieses vierzig Mal hundert Jahre währende Studium hat die Wissenschaft nach "d nach ihre unerschütterlichen Gesetze ausgebaut. Lie Meteorologie ist eine ganz austretende in unserem Jahrhundert geborene Theorie, deren Beobachtungen solg- U Noch viel zu ungenügend sind, um einen wissenschaftliche» Körper daraus zu "'den. z. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß die atmosphärischen Zustände, ebenso wie z, astronomischen, durch ganz bestimmte Kräfte hcrvorgerufen werden, und daß die Legung einer Wolke, eines Tropfens Wasser, eines vom Winde emporgehobenen ^aubkörnchens durch ebenso feststehende, unwandelbare Gesetze geregelt wird, wie Bewegung der Planeten im Weltraum fund die staunencrregcnde Bahn der be- ^endsten Himmelskörper im Weltall. Nur giebt es hierbei mehr Ursachen sür Ab- ^ühungen von der Regel, die scheinbar keinem Gesetze unterworsen sind, mehr locale Flusse, welche sich vereinigen, miteinander in Widerstreit gerathen oder sich neu- üsiren, mehr anscheinende Verwickelungen, als bei den Bewegungen der Himmels- "kper. r Die Vorherbestimmung des Wetters wird sich demnach kaum in einigen Jahr- L'Sdcrten derjenigen der astronomischen Genauigkeit nähern können. Fragt einen z^wavmen, wie viel Sonnenfinsternisse bis zum Ende dieses Jahrhunderts, in ledert, in fünfhundert, in tausend Jahren staitfinden, an welchen Tagen, in welchen > Süden, in welchen Minuten sie zur Erscheinung kommen; er wird antworten, ^gt einen Meteorologen, welches Wetter morgen bevorsteht, sv wird es ihm un- Fi.,, es zn sagen. Nu» mag man mich mit Recht fragen, weshalb ich solche Ueberschriften, wie die "ge, wähle? j^ muß eben immer ein Anfang gemacht werden, und cs geschieht, um das- beginnen, was unzweifelhaft erst im nächsten Jahrhundert seine Lösung Wenn cs nur in Paris regnete, in Frankreich, in Europa, dann wäre die Frage einfach meteorologisch und man würde vergebens auf Antwort warten. Man würde sich mit der Erklärung der Luftströmungen begnügen und damit wäre Alles gesagt: Es regnet, weil der Wind den Regen beherrscht. Allein es regnet überall. Auf der ganzen Erde ist der Himmel seit beinahe einem Jahre mit Wolken bedeckt. Der Winter war in Asien, in Afrika und in Amerika ebenso lang und streng, wie in Europa. Nirgends war ein Frühling zu bemerken, und in den Vereinigten Staaten regnet cs noch immer wie bei uns. Ein solcher Zustand der Dinge muß eine allgemeine, d. h. eine astronomische Ursache haben. Welches Gestirn regiert uns? — Die Sonne. Was bestimmt dies Temperatur der Erdatmosphäre, der die Erdkugel umgebenden Lustschicht, das Klima und die Jahreszeiten? — Die Sonne. Befindet sich die Sonne feit einem Jahre in einer Verfassung', die von ihrem gewöhnlichen Zustande abweicht? — Ja. Seit einem Jahre zeigt sich die Sonne (wenn man sie überhaupt erblicken kann) in einem Zustande der Ruhe, der Bewegungslosigkeit, wie es außerordentlich selten ist. Gegenwärtig ist nicht ein Fleck, nicht eine Sonnenfackel, nicht eine Eruption da ran zu sehen. Es ist ei» Lichtocean ohne Erregung und ohne Stürme im Verhält- niß zu ihrem gewöhnlichen Zustande. Die Sonnenflekke sind ein Ausdruck der Thätigkeit der Sonne. Sie gehen Hand in Hand mit den Explosionen, Eruptionen, Sonnenprotuberanzen, welche die Ober fläche und Atmosphäre dieses glänzenden Gestirns unaufhörlich in Fluß erhalten und in den Sonnenhimmel Ströme von weißglühenden Hydrogänegas, Magnesiadämpfe, Flammen in Strahlenbündeln, bis hunderttausend, zwei und dreihunderttausend Kilo meter Höhe ergießen. Lie Erde würde bei derartigen furchtbaren Ausbrüchen auS dem Gleichgewicht geworfen werden, schmelzen und sich in Dampf auslösen, wie ein Wassertropsen bei der letzten Aetna-Eruption. Diese gasigen Massen sind so heiß, daß sie nicht verbrennen können; sie fallen als Feuerregcn wieder auf die glühende Oberfläche der Sonne zurück und alle Elemente lösen sich daselbst auf. Die ungeheure Gluth und die furchtbare Energie, mit der der kolossale Sonnenhcerd dieselbe in jeder Secunde im Weltraum um sich schleudert, würde etwa durch eine totale Ver brennung von 11,600 Millionen mal Millionen Tonnen Steinkohlen in jeder Secunde zu erzeugen sein! Zuweilen erscheint das Tagesgestirn wie ein durch Sturm ausge wühltes Meer. Zuweilen erscheint es ruhig, als eine träge Schicht Wolken, wie sie Luflschisser manchmal oberhalb eines flockigen Untergrundes gewahrt. Es versteht sich, daß auch in diesen Perioden relativer Ruhe und Stillstandes noch Verbrennungen und elektrische Strömungen sondergleichen in der Sonne stattfinden: wollten wir uns ihr nähern, so würden wir wie Wachs zerschmelzen, schon lange, ehe wir ihre Atmosphäre erreicht hätten. Nun die Hauptsache. Dieses kalte und regnerische Jahr fällt mit einer Epoche außerordentlicher Sonnenruhe zusammen. Ist diese Gleichzeitigkeit eine zufällige? Vielleicht. Nur die oftmalige Wiederkehr des Zasammenfallens und die weiteren Beobachtungen darüber können in Zukunft entscheiden Noch merkwürdiger ist, daß die Activität der Sonne, die sich in unseren Augen durch Flecke und Protuberanzen kund giebt, eine periodische ist. So zählte man 1870 und 1871 dreihundert Flecke und mehrere Tausend Protuberanzen. Damals maß ich selbst einen solchen Fleck, der dreimal größer war als die Erde. Seitdem hat die Anzahl von Sonnenflecken und Eruptionen der Sonne von Jahr zu Jahr abge nommen. Diese Zahl nimmt seit sieben und einem halben Jahre ab und wächst dann drei und ein halbes Jahr, um wieder das Maximum zu erreichen. Nun wohl, cs ist sehr aussallend, baß die Jahre 1870 und 1871 sehr heiß und sehr trocken waren. Das letzte Mal vor dem diesmalige» Minimum der Sonnenflecke sand 1866 und 1867 statt. Man wird sich erinnern, wie regnerisch jene Jahre, besonders das erste, waren. Das vorhergehende Maximum war 1859 und 1860, vorwiegend trockene Jahre. Das dem vorhergehende Minimum fand 1856 statt, ein Jahr des Regens und d er Ucberschwemmungen. Man kann deshalb seine Aufmerksamkeit auf folgende Thatsachen richten: die Jahre, in welchen sich die meisten Sonnenflecken zeigen, scheinen heiß und trocken, die Jahre, welche am wenigsten aufweisen kalt und regnerisch zu sein. Es liegt darin eine Wahrscheinlichkeit, oder mindestens eine Möglichkeit der Beziehung von Ursache und Wirkung. Vielleicht ist es nur ein Zufall; vielleicht läßt es sich nicht verallgemeinern; darüber läßt sich Bestimmtes noch nicht sagen, aber jedenfalls bildet es ein interessantes Studium. Außer einem Zweifel steht schon jetzt, daß die Pebiodicität der Sonne eine wirkliche und absolute ist, und daß der Erdmagnetismus und die ^Nordlichter damit in Zusammenhang stehe». Die Zahl der sichtbaren Nordlichter hat Beziehung zur Zahl der Sonncnflecke und das Gleiche findet mit den täglichen Schwankungen der Magnetnadel statt. Was wäre also Ucberrnschendcs dabei, wenn die ganze Mete orologie der Erde gleichfalls zu den beobachteten Abweichungen in dem physischen Zustande der Sonne in Beziehung zu bringen wäre? ...... Allein wie kommt es, daß die Herabminderung der SonnenthäUgkeit Regen er- zeugt, d. h. die Zusammenziehung und Ergießung der Wolken begünstigen könne.