Volltext Seite (XML)
)luer Tageblatt 27. Jahrgang 'tnduna solch« Einsetzung einer Echuldenkommisston ist ftdoch »rovlem so stark, doch Hoover erklärte, er habe nicht die Hofft- seien, während andere in Verbindung Mit den Ver handlungen über die AbrüstungSfrage stehen sollen. Der Präsident wiederholte seine Gesichtspunkte gegen eine Annullierung oder Herabsetzung der Schulden ohne gleichwertige Gegenleistung, wobei er hinzusügter Wenn der Kongreß die Einsetzung erner Schuldenkom mission beschließen würde, so würde ich, dem meine herz lich« Zustimmung geben. Vie Opposition gegen ein« Späte Erkenntnisse in Sowjetruhlanä Ts ist nicht da» erste Mal, daß die Regierung Statins, de» „Stählernen", Zugeständnisse an die Wirklichkeit machen muh, di« di« vielgepriesenen Pläne und Rechnungen marxistischer Den kungsart des öfteren ad absurdum führt. Auch die bolschewistische Regierung muhte die schöpferische Kraft des Kapitals anerkennen, auch sie konnte keine kapital-lose Wirtschaft organisieren. Ihr Werk bestand nur darin, an die Stelle de» privatkapitalistischen das staat-kapitalistische System zu setzen. Die vergangenen Jahre haben eine ununterbrochene Kette von Zugeständnissen an die privatkapitalistische Denkungsart gebracht. Die Ziffern, die man im Kreml auftürmte und an denen man sich berauschte, stimmen — auf dem Papier. Die Bilanz der russischen Rechnung für die Jnduftriealtsierung der USSR war restlos aus geglichen — auf dem Papier. E» zeigte sich nur, als man ans Werk ging, daß ein Faktor völlig vergessen worden war: der Mensch. Schildbürger von Moskau! Da» heiht, man hatte wohl an den Menschen gedacht als an einen starren, berechenbaren, mechanischen Wert, aber man hatte ihn vergessen als lebendige, geistige und seelische Gröhel Die roten Machthaber konnten Ma schinen Herbetschaffen und Fabriken errichten lassen. Aber sie konnten den Menschen an den Maschinen und in de Fabriken nicht eine bestimmte Arbeitsleistung abzwingen, zu deren Vollbringung eben Jahrzehnte und Jahrhunderte organischer Entwicklung und Schulung nötig sind. Durch die Nivellierung der Löhne mü» Einkommen hatte man dem russischen Arbeiter einen der stärksten Antriebe genommen, mehr als der andere zu leisten. DI« Folge waren Stockungen in ungeahntem Ausmaße. Die Maschinen find da. Aber es fehlen ihnen di« Meister, die sie beherrschen. Deshalb ging man in den letzten Jahren daran, innerhalb einer gewissen Grenze Kapitalerwerb freizugeben, freien Handel zuzulassen, Prämien auszusetzen usw. Sogar auf dem Gebiete der Kunst, insbesondere der Filmkunst, geht man jetzt dazu über sich vom historisch-dokumentalen Film abzuwenden und den Men schen wieder in den Vordergrund der Betrachtungen zu stellen. Vor kurzem meldete der Draht eine neue Verordnung Stalins, die für Arbeiter, wenn fie auch nur «inen Tag unentschuldigt fehlen, die fristlose Entlassung, und für Arbeiter, die größere Arbeitsleistungen vollbringen, — bevorrechtigt« Lebensmittelver- sorgung versieht, d. h. ihnen größere Rationen der durch Karten (!) zugeteilten Lebensmittel zukommen läßt. Da» bedeutet nicht mehr und nicht weniger als die Anerken nung des Leistungsprinzips — eines der Grundpfeiler privat kapitalistischer Wirtschaft — und die Einführung eine» stärker als bisher nach der Leistung differenzierten Lohnes — eines der Hauptmotoren privatwirtschaftlichen Denkens! Gewiß, die Lohnunterschiede sind noch gering und starr geregelt. Aber wir dürfen nicht vergessen, was in Sowjetruhland, in dem di« Teuerung und damit das Elend gegenwärtig wieder stark zu nimmt, eine bevorrechtigte Lebensmittelversorgung für den Ein zelnen bedeutet. Heute stellt Stalin dem russischen Arbeiter als lockenden Lohn ein halbes Pfund Fleisch oder Fett als Zulage in Aussicht. Wenn sich einmal das furchtbare Elend in Sowjetruh land etwas gemildert hat und andere Bedürfnisse wieder stärker hervortreten, die der russische Arbeiter heute hinter die primitiv sten zurückstellen muh, dann wird Stalin noch ganz andere Ein- kommensdtfferenzierungen konzedieren müssen, um den russischen Produktionsapparat in Gang zu halten! Sicher! Die Bolschewiken stützen sich auf ihren größten Pro- zcheten, auf Lenin selbst, der einmal den Umweg als durchaus er laubten Weg zum bolschewistischen Jdealstaate bezeichnet hat, falls der gerade Weg nicht gangbar sei. Aber zu viele Umwege führen oft In ganz andere Richtung! Uns scheint in der Tat, di- russi schen Revolutionäre geraten immer weiter von dem ursprünglichen Weg« ab, ob st« wollen »der nicht. FritzRedlin Situation im Ältestenrat sich heute vollzieht. In den späten Abendstunden wurden gestern au» der Tatsache, daß der Aeltesten rat noch nicht zur Entscheidung gekommen ist, Schlüsse gezogen, nach denen der Ausgang der heutigen Sitzung al» zweifelhaft angesehen werden könnte. Es ist aber nach Auffassung politischer Kreise doch wohl zu erwarten, daß der Reichstag sich den sachlich«» Argumen ten, die gegen eine Weihnachtstagung sprechen, ebensowenig ent- zieht, wie der bestimmten Haltung d«r Retchsregierung. Keine Keihuachtslrife zu erwarten Berlin, ig. Dezember. In der Berliner Abendpresse wird ein grohe, Rätselraten über di« nächst« parlamentarische Entwicke- lung veranstaltet. E» hat seinen Grund in der Einberufung des Aeltestenrat«» und der für Dienstag bevorstehenden Entscheidung de» Reichsrate» über das Amnestiegesetz. Man beschäftigt sich nun mit der Möglichkeit, dah vom Reich her auch die Preuhenfrage aufgerollt und der Landtag aufgelöst werden könnte, und zwar wird dem Zentrum di« Abficht der Landtagsauflösung zugesprochen. In gut unterrichteten Kreisen nimmt man aber all diese Gerüchte nicht sehr ernst. Natürlich kann auch di« Auflösung de« preuhi- schen Landtage» in absehbarer Zeit akut werden, aber fie wird es nur im Zusammenhang mit d«r Reichstagsauflösung. Die Situ«, tion im Reich wird durchaus ruhig beurteilt. Man neigt heute abend allgemein der Auffassung zu, dah di« Amnestie im Reichsrat glatt über die Bühne gehen wich, da ziemlich sicher nur mit dem Einspruch Bayern» zu rechnen sei und Bayerns Stimmen nicht an da» erforderliche Drittel heranreichen. Nachdem Reichstagspräfi, denk Goering sich heut« eSensall» gegen elNeWethnachtstagung de» Reichstage» erklärt hat, glaubt man auch, dah der Antrag der Lin ken in der morgigen Sitzung de» Aeltestenausschusses abgelehnt werden wird. Die Haltung Goering» entspricht auch nur dem, was von nationalsozialistisch« Seite in den letzt«» Tagen immer wieder verkündet wurde, nämlich, dah die NSDAP im Augenblick kein Interesse an «iner Zuspitzung der politischen Lage habe, son- dern zunächst abwarten will, wie sich die Dinge im Januar ab» wickeln. Angesichts dieser parlamentarischen Situation im Reich bestehen kaum Anzeichen dafür, dah es in den nächsten Tagen in Preuhen zu Ueberraschungen kommt. Namentlich ist auch unglaub haft, dah das Zentrum die Absicht hat, eine Aktion In Preußen einzuleiten. Damit bleibt di« Austragung der innerpolittschen Gegensätze im Reich wie in Preußen Li» in die zweite Januar hälft« hinein aufgeschoben. Die Kille fiir die Emrrbrlole« Die Durchführung der Frischfletsch-Verbilligung Berlin, IS. Dezember. Im Reichsarbeitsministerium fan. den heut« abschließende Beratungen über die Durchführung der Frischfleischverbilltgungsaktion für die Erwerbslosen statt. Al- Ergebnis dieser Beratungen wurde nach den Informationen der „Fleischer-Verbands-Zeitung" folgende» festgestellt: 1. Der Krei» der zum Empfang von Frischfleisch berechtigten Grwerbslosen wird durch di« Hereinnahm« der alleinstehend«» Er- «erbslosen um 2X Millionen Personen erweitert. L Die verbilligte Fleischmenge wird von bisher zwei Wochen karten im Monat auf vier Wochenkarten a ein Pfund Frischfleisch ausgedehnt. 8. Um den besonderen Verhältnissen der alleinstehenden Ar- beltslosen Rechnung zu tragen, kann in Zukunft auch statt de» Frischfleische, für jede «arte ein Pfund Kochwurst (Leber-, Blut- Grützwurst usw.) — jedoch keine Dauerwurst — bezogen werden Die Karten werden auch weiterhin auf Frischfleisch ausgestellt werden, doch können teilweise di« Erwerbslosen sämtliche Gut- schein« auch für die genannten Wurstwaren in Zahlung geben. 4. Um den Erwerbslosen ein billige» «ufftrichmirtel zur Ver fügung zu pellen, ist es «sch gestattet, auf eine Wochenkarte tm Monat wahlweise ein Pfund Schmal, zu kaufen. 5. Di« Frischfleischverbilligung-aktton, die bisher nur bi, in den Monat Februar hineinretcht«, wird vorläufig Li» End, Vorschläge" werden zusätzlich» Mittel tm Betrag, von etwa 80 Millionen Mark erfordern. Unternehmervertreter beim RetchSwirtschastSminister Berlin, IS. Dez. Die Snd« der vortgen Wock« besonnen« Aussprache zwischen ReichSwirtschastSministet Dr. Warmbold und den Vertretern aller Gewerkschafter Wer eine Reih« Mueller Fragen auf allen Gckiietm der Wirtschaft wuvd« heute vormittag mtt den Vertretern der Unternehmerverbände fortgesetzt. «ne Erklärung Gregor «raßer» Berlin, IS. Dez. «ine Anzahl Blätter veröffent licht eine Erklärung von Gregor Straßer, wonach er allen -ttt von seinen yarÄLnttern vevsnL-»» h»an, völlig fern Homrs WWl m der SWMW Schuldemwchlatz «er gegen Vorteile aus de» Auslandsmärkten Washington, IS. Dez. (Reuter.) Hoover hat und den Beratungen über die Welttvirtschastskrise hin Entscheidung ckes Keltestenrates sm heutigen Dienstag . . 2 er l t n, IS. Dez. De» Aeltestenrat de» Reichstage« beschloß, wie das Nachrichtenbureau des BDZ. meldet, nach mehr als einstündiger Debatte, am Dienstag unmittelbar nach der Sitzung des ReichSrat» noch einmal zusammen zutreten, um über die Reichstagseinberufung zu entscheiden. In der heutigen Sitzung konnte eine Einigung über di« An- setzuug einer ReichStagSfitzung noch nicht erzielt werden. Die Regierung war in der Sitzung nicht vertreten und hatte auch dem ReichStagSprLfidenten keine Mitteilung zugehen lasten. Auch die Bayerische BolkSpartei hatte leinen Ber- tret» entsandt, sie hatte aber schriftlich mitgeteilt, daß fie gegen mne vorzeitige Einberufung sei. Präsident Goering erklärte einleitend, es würde sich wohl nicht empfehlen, noch vor Weihnachten eine Tagung des Reichstages abzuhalten, zumal der Reichsrat, falls er gegen die Amnestie Einspruch erhebe, noch eine Begründungsfrist von 14 Tagen habe. Die Sozialdemokraten beantragten trotzdem, den Reichstag so- fort für Donnerstag einzuberufen und neben der eventuellen neuen Abstimmung über die Amnestie auch die Winterhilfe- anträge auf die Tagesordnung zu setzen. Die Kommunisten verlangten außerdem für Donnerstag schon die Behandlung der politische« Fragen und der Mißtrauenöantrüge. Beide Anträge wurden jedoch vorläufig abgelehnt. Sema eiae unmeckmätzige WeMachtstagmw B«r1 in, 20. Dezember. Die Beurteilung ber parlamentari schen Situation wirb, wie wir noch ergänzend erfahren, von dem Gedanken beherrscht, daß e» einfach nicht angeht, daß der Reichs tag, ohne - »er entscheidend«», grundptzlichen Frag« seine» Ver hältnisse» zur Retchsregierung Stellung zu nehmen, immer wieder zu kurzen Tagungen zusammentritt, in denen er Beschlüsse faßt, die doch nur agitatorischen Sinn haben. Die schwierigen Aufgaben, vor denen die Retchsregierung steht, werden auf diese Weise nur erschwert, und -war schon deshalb, weil ihr ja garnicht di« finan ziellen Mittel zur Verfügung stehen, um kostspielig« Agttations- beschlüss« durchzuführen. E» ist auch gar kein Zweifel, dich di« Regierung sich einen etwaigen Affront unter keinen Umständen gefallen lass«» würd«. Man muß natürlich abwarten, «i« di« rtkaS, insbesondere mtt Bezug auf die Frag« der Kriegs schulden, auf die Weltwirtschaftskonferenz und die Ab rüstungsfrage zu sichern. Da ihm die Genehmigung des Kongresses zur Wiedereinsetzung der KriegSschul- denkommission fehlt, erklärt Hoover, er müsse »nab- hängig vom Kongreß Vorgehen, um einen Organismus zu schaffen, der ein« Erörterung -es Problem» mit den Ändern beginne« solle, die nicht in Verzug ge rate« find. Der Präsident weift auf di« Perbindung der Kriegsschuld»nfmv mit dem «brüftungSProvlem Kommunistischer Reichstagsabgeordneter verhaftet Berlin, 20. Dez. Wie die beiden kommunistischen Moroenhlätter „Rote Fahne" und „Berlin am Morgen" berichten, soll gestern nachmittag der kommunistische Reichs- tagSab geordnete Schehr, der Mitglied des Zentralkomitees der KPD. ist, in seiner Wohnung verhaftet worden sein. Gleichzeitig soll eine Haussuchung stattgesunden Haden. Die Verhaftung soll auf Anordnung des Oderreichsanwalts er folgt sein. An zuständiger Stelle im Berliner Volizeipräst- dium war in später Nachtstunde keine Auskunft Wer diese Angelegenheit zu erhalten. „Russische Weihnachten" MoSkau, 19. Dey. Die Gottlosen« erd ände werden in der Nacht vom 24. zum 25. Dezember in der ganzen Sowjetunion Gottlosenversammlungen abhalten. Theater und Kinos find angewiesen, Gottlosenstücke vovzuführen. Der Eintritt zu diesen Veranstaltungen soll frei sein. Die Trusts haben Anweisung echalten, keinerlei Spielzeug und AuSschmückungSmaterial für Weihnachtsbäume anzufertigen. EM Anzeiger fiir -as Erzgebirge MW Mittwoch, cken 2l. Dezember 1SS2