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MnitzerMcbenblaN Geschäftsstelle: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 265. Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz. Druck und Verlag von E. L. Försters Erben (Inh. I. W. Mohr) Amtlicher Teil Der Stadtrat .Pulsnitz, den 24. April 1922. SS—SS- Auf Blatt 352 heg Handelsregisters, die Firma Fr. Ott» Schäfer in Pulsnitz be treffend, ist heute eingetragen worden: In das Handelsgejchüst ist eingetreten der Kaufmann Friedrich Richard Voigt in Pulsnitz. Die Gesellschaft ist am 1 April 1922 errichtet worden. Amtsgericht Pulsnitz, am 13 April 1S22 Oertlrche «nd sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. (Verein für Volksbildung.) Die nächsten vier Freitagabende: Dr. Kaphan, Dresden: Bom Absolu tismus zur Räterepublik, eine Geschichte der Verfassungen vom 16. Jahrhundert bis zur Jetztzeit. Einzelabend 2 SO M, alle vier Abende 9 M. Schule Zimmer 17, 2. Stock, 8—10 Uhr. — D r. Kaphan, der hervorragende Dresdner Historiker und Leiter der Volkshochschule, sprach im Voiksbildungsvercin über den Ständestaat des Mittelalters. Er verstand es, in geradezu meisterhafter Weise den Stoff anschau lich darzustellen. Er bringt keine trockene Wiedergabe der geschicht lichen Tatsachen sondern schildert in interessantester Weise die leben dige Entwicklung der Zustände. Sein Vortrag kann als volks tümlich im besten Sinne bezeichnet werden. Die Vergangenheit wird immer in interessanten Vergleichen mit unserer Zeit verknüpft. Die Darbietung der Geschichte in solcher geistvollen Weise vermittelt keinen toten Wissenskram sondern Lebenserkenntnis nnd Verständnis für unsere Zeit mit ihren politischen Wirren und wirtschaftlichen Nöten. Es ist erfreulich, daß der Volksbildungsverein Gelegenheit gibt, diesen ausgezeichneten Forscher über die Entwicklung der Ver fassungen bis zur Räterepublik zu hören, und es ist wohl zu erwar ten, daß der nächste Vortrag, der über den Absolutismus handelt, noch besser besucht sein wird als der erste. Nach dem Vortrage findet Aussprache statt. Pulsnitz. (Zauber VorsteIIung.) Nächsten Sonnabend, den 29. April veranstaltet der Zauber, künstler und Illusionist Dir. Maurice Kropp eine Vorstellung im Saals des hiesigen Schützenhauses. Ueber das Auftreten in Pirna, schreibt das dortige Tageblatt: »Einige Stunden blim Zauberkünstler Kropp zu ver leben, ist ein wirklicher Genuß. Der gutbesetzte „Volkshaus"-Saal spendete dem Künstler, der das Publikum in bester Weise zu unter halten wußte, am Mittwochabend reichen Beifall. Direktor Kropp brachte neben Karten» und sonstigen Knnststückchcn, die man in ähnlicher Weise schon gesehen hat, auch Sensationen, wie man sie wohl selten zu sehen bekommt. Dazu gehört auf dem Gebiete der Illusionen die schreibende nnd rechnende Schlange und die Verwand lung in eine Dame. Dazu weiß der Künstler die Sache sehr humorvoll zu gestalten. Das von ihm Vorgeführte ist, wie er erklärte, „sehr einfach", wenn man weiß, wie's gemacht wird; aber, so sehr man sich auch Mühe gab, die Rätsel zu lösen, man zerbrach sich den Kops umsonst, je langsamer er es zeigte, um so mehr. Die gestrige Nachmitlagskindervorstellung war sehr gut besucht. Nach dem, was wir gestern sahen, kann der Besuch nur empfohlen werden." Pulsnitz. (K a r t o ffel l a n d b e sch a f s ii n g-) Die Landwirte von Pulsnitz und Pulsnitz M. S. haben zusammen mit der von Verbrauchern gewählten Kommission in einer gemeinsamen Sitzung folgende Richtlinien zur Karlosfellandbeschaffung festgesetzt: Jeder Landwirt gibt ein Drittel der Kartoffelanbaufläche zur Selbst bewirtschaftung an die Verbraucher ab. Der Zeilenpreis für das Meter beträgt 1 Mark. Für jede Familie, die Kartoffelland winscht, werden bis zu 2 Ar abgegeben. Ausgeschlossen sind von der Zuteilung solche Verbraucher, die im Besitze von Pachtland sind oder mit den erbauten Kartoffeln Viehwirtschaft treiben wollen. Des weiteren sind ausgeschlossen finanziell gutgestellte Perssnen. Kür die Kartoffelzeilenpächter, die »ährend der Ernte bei ihrem Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz > sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach. Kauptblatt nnd älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer Bmtsgerichtsbczirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niedcrsteina Weißbach, Ober- und Niedcrlichtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf, Das Wichtigste. In Stettin sind am Freitag mehrere Dampferladungen mit Kart öffn aus Estland eingetroffen. Weitere Transporte folgen. In Oberjchlesten befürchtet man für Anfang Mai polnische Kundgebungen; die Uebersälle auf Deutsche nehmen von Tag zu Tag zu. 29779 Reisepässe sür Europa wurden bis zum 8. April in den Vereinigten Staaten ausgestellt. Die Zahl nimmt fortwäh rend zu. Italien wll mit der Absicht umgehen, Amerika nochmals zur Teilnahme an der Genueser Konferenz einzuladen. Die Verteuerung der Lebenshaltung in Sachsen ist nach Be rechnung des Statistischen Landesamtes vom Februar zum März um 16,2 Prozent gestiegen, d. h insgesamt um das 23sache des Frtedensstandcs. General von Lüttwitz bat, wie Dr. Kapp mitteilt, nicht die Absicht, sich dem Reichsgericht zu stellen. Der Leiter des Hausubundcs, Dr. Endemann, ist gestorben. Eine neue Eijenbahn-Bcamtengewerkschast, der bereits mehr als 80 OM Beamte dcigetreten sind, und die sich politisch und religiös vollkommen neutral .halten will, wurde in Berlin gegründet. Reichskanzler Wirth hat eia Protesischreiben an den Präsidenten der Genueser Konferenz wegen der beleidigenden Ausdrücke in der Note Barthvus gerichtet. Die deutsche Regierung erklärt amtlich, daß alle Berichte über einen Gehcimvertrog mit Rußland auf frechen Fälschungen bestehen. Die Ratifikationsurkunden zu dem deutsch, schweizerischen Schieds- vertrag find nunmehr ausgctauscht worden. Damit ist der Vertrag in Kraft getreten. Die Handelskammer in Leipzig bezeichnet den russisch-deutschen Vertrag als eine langersehnte Tat Die uneheliche Mutterschaft der Beamtinnen war kürzlich Gegen stand langer Debatten im Reichstage, der sich im allgemeinen gegen eine Weiterbcjchästigung unehelicher Mütter als Beam tinnen aussprach. Die Reichsregicrung will sitzt die Sache vermittelnd regeln und jeden Fall besonders prüfen, ob eine Entlassung ausgesprochen wird. Stadt- und landbekannt werden Ihre Anzeigen, wenn sie in dem Pulsnitzer Wochenblatt veröffentlicht werden. werden müssen, denn das Londoner Memorandum habe dem Friedensoertrag von Versailles auch auf den ganzen Osten von Europa anwenden und zumal auch Rußland eine Kessel anlegen wollen, dis es nicht habe ertragen können. Ader auch Deutschland sei dadurch in eine neue Fessel ge raten und in eine dauernde Knechtschaft geführt worden. Deshalb konnte es auf der Konferenz von -Genua nicht die Aufgabe Deutschlands sein, das gehorsame Kind zu spielen, sondern Deutschland mutzte seine Pflicht tun und die Interessen des deutchen Volkes wahrnehmen. In dem Vertrage mit Rußland sei nun der richtige Schritt getan morden und davon werde auch Deutschland nicht abgehrn. Im übrigen sei Deutschland bereit, sich in den großen Rahmen eines wahren Friedenswerkes einzuordnen, und nach den ver- södulichen Erklärungen do? englischer* Msmflerprästdeuten Lloyd George sei es auch möglich, dieses grotze Werk zu erreichen. Alles sei in Deutschland zusammen gebrochen, aber eins habe Deutschland gerettet: seine Einheit, und wir Hütten alles dafür getan, um diese Einheit zu retten, denn diese Einheit müsse bestehen bleiben, sonst würde das deutsche Volk zu Grunde gehen. WWMz We M Ser Ms«l m Smm. An dieser Zeit der großen schwebenden Fragen für die ganze Welt und zumal auch für unser deutsches Vaterland gfll es, iuwm auch festzustellen, welches die Ziele von Deutsch- lands Poi.lik auf der Konferenz von Genua sein müssen. Diese Z>eie muyen nicht nur aus der allgemeinen Lage Dcuschlanbs, Indern auch in dem Lichte der Politik betrach, iet werden, welche soeben zu dem Abschlusse des deutschen Friedensvertrages mit Rußland geführt hoben. Der Abschluß bes Friedensvertrages mit Rußland war eine große politische Tat Deutschlands und eine absolute Notwendigkeit, denn England und Frankreich hatten es fertig gebracht, auf der Konferenz von Genua ohneMitwirkung Deutschlands mit Rußland zu verhandeln, un^oeutsHiond wie Rußland würen offenbar furchtbar über das Ohr von England und Frankreich gehauen worden, wenn nicht Deunckland rasch einen Friedens- Vertrag mit Rußland gejckwffen Nach dieser wichtigen Tat kann Deutschland vorläufig rua g aus die Teilnahme an den Verhandlungen v^Men, welche England und Frankreich nun noch mit Roland abhallen wallen. Wir erfahren aber auch die Ziele der deutschen Pvlst k aus dem Munde des Reichskanzlers Dr !?kte einer Gesellschaft der deutschen Kolonie in Genua bet dem deutschen Botschafter, daß das Haup-ziel Deutschlands auf der Konferenz die Wiedergewinnung der ^'onaten Freiheit Uno Wohlfahrt sei. Ueber dieses Ziel lAn wohl auch E Deutschen einig und der Weg nach diesem Ziele habe Deutschland nach Genua geführt. Man habe vielleicht auch die Meinung, daß die Konferenz Deutschland von vielen Lasten befreien könne. Darauf dürfe man aber keine zu p "gen Hoffnungen setzen, fonvern man müsse damit zusrieoen lein, wenn die Konferenz von Genua einen ersten vwrm «ur wirtschaftlichen Gesundung dec Welt bringe. Sehr wichtig sei, daß auch Amerika zu diesen Bestrebungen bei- ikage. In dem Vertrage mit Rußland Hütte zumal den Wirkungen des Londoner Memorandums entgcgengetreten Verpächter helfen, wird der Preis zwischen beiden Kontrahenten ausgemacht. Um eine Gewähr dafür zu haben, daß nicht einzelne nun bei jedem Landwirt 2 Ar bestellen, ist eine Kommission »»« Verbrauchern und Erzeugern eingesetzt, die die gesammelten An meldungen vor der endgültigen Zuteilung kontrolliert. Die Pächter von Kaitoffelland wollen sich nun bei de» Verpächtern »ormcrkn lassen. Die Anmeldungszeit für »as hiesige Rittergut wird in« „Pulsnitzer Wochenblatt" bekanntgemacht. Die Kartoffeln, die sich jeder selbst erbauen kann, sollen zur menschlichen Ernährung dienen. — (Z uckermangel.) Obwohl bereits von Seite« der Reichsregicrung aus Grund vorgenommencr Untersuchungex auf die Haltlosigkeit der gegen die zuckerverarbeitende Industrie gerichteten Vorwürfe hingewiesen worden ist, hören die Klagen nicht auf, die die Schuld für die deutsche Zuckerknappheit de« zuckerverarbeitenden Gewerben in die Schuhe schieben. Wie falsch die Behauptung ist, daß die zuckerverarbeitende Industrie durch übermäßigen Ankaus die Zuckerknappkeit herbeigeführt habe, kann man am besten daraus ersehen, daß eine ganze Reihe von Betrieben der Schokoladen-Jndustrie infolge Zucker mangels in kürzester Zeit, zum Teil bereits schon in wenige* Tagen, gezwungen sein wird, die Betriebe zu schließen, falls nicht umgehend neuer Zucker greifbar wird. Hieraus ist ersicht lich, daß die Schokoladen-Jndustrie und das ganze zuckerverar beitende Gewerbe mindestens ebenso unter der Zuckerknappheit leidet, wie die Mundzuckcr verbrauchende Bevölkerung. Wenn man weiterhin berücksichtigt, daß die deutsche Schokoladen- Jndustrie vor Kriegsausbruch nur mit 5 °/, an dem Gesamt zuckerverbrauch beteiligt war, und daß dieser Anteil im Jahre 1920/21 sich um ungefähr die Hälfte vermindert hatte, erscheint es mehr als zweifelhaft, daß die durch diese Industrie getätigte« Käufe den Zuckermarkt ungünstig beeinflußt haben sollen. Da» Bestehen der Zuckerknappheit ist jedoch nicht zu leugnen. Da andererseits Deutschland, wie durch die amtliche Stairstik ein wandfrei nachgewiescn w»rben ist, bereits wieder soviel Zucker produziert, daß der Friedensverbranch gedeckt werden kann, und da außerdem aus dieser Produktion auf ordnungsmäßigem Wege nichts aus-esührt werden kann, muß der Zucker, abge- sehen von den Hamstcrkäusen der Bevölkerung, in bestimmte, früher nicht bestehende Kanäle geleitet werden, in denen er vor- läufig »erschwindet. Das heißt, es wird mit Zucker spekuliert, und zwar wahrscheinlich nicht vom legalen Zuckerhandel, son dern von unlauteren Elementen, die sich dieses günstigen Speku lationsobjektes um jeden Preis bemächtigen, um große Vorräte aufzuspeichern und sie zu gegebener Zeit mit Riesengewinne« abzustoßen. Das eine derartige Spekulation nicht falsch ist, h«t die Preisentwicklung für Zucker seit Aufhebung der Zuckerwirt- fchaft gezeigt. Der Zuckerprcis, der damals noch um ein be trächtliches hinter dem Weltmarktpreis zurückstand. ist seit dieser Zeit beständig gestiegen. Ein Ende wird diese Steigerung erst dann finden, wenn sich der deutsche Zuckerpreis im Weltmarkt preis angcglichen hat. Daß die jüngste gewaltige Verschlechte rung der deutschen Währung diesen Zeitpunkt wieder hinaus geschoben hat, liegt auf der Hand. Es ist selbstverständlich, daß gegen eine solche Spekulativn, deren Machenschaften geeignet find, der Ernährungs- und Volkswirtschaft schweren Schade« beizusügen, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln eingeschritte« werden muß. Der Verband Deutscher Schokolade-Fabrikanten e. V., Dresden, hat bereits eine ganze Reihe Strafanzeigen ge gen Firmen erstattet, die durch Forderung übermäßiger Preise und außergewöhnliche Derkaussbekingunqen Verdacht erregt hoben. Im Sinne der vorstehenden Ausführungen und unter Würdigung der ganzen gegenwärtigen schwierigen Zuckeroersor- gung Deutschlands erscheint jedoch die Frage nicht unberechtigt, ob es seinerzeit nicht ein Fehlgriff war, die Zwangswirtschaft so plötzlich und von heute aus morgen abzubauen, ohne vorher be» stimmte Sicherheiten geschaffen zu haben, die eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung und des zuckerverarbeitenden Ge werbes durch dte Rasfinerien unmittelbar oder durch den legale« Zuckerhanbel gewährleistet hätten. — OK. (UeberdieTütigkeltderGewerde- Kammer Zittau) wird von dieser berichtet, daß in den ersten beiden Monaten des Jahres von der Kammer 3S An- tröge aus Derdtndlicherklärung von Lohn- und Arbeirs'arifex begutachtet wurden. 6 Antröge aus Verleihung der Berech tigung zur Anleitung von Lehrlingen wurden befürwortet. Hinsichtlich der den Lehrlingen zu gewahrenden Entschädigungen sür Kost und Wohnung wurden zahlreiche Auskünfte über die gegenwürtlge Rechtslage erteilt. Für dos Damenschneider- Handwerk leitete die Kammer eine allgemeine Regelung der Lehrlingsrntschüdigung für den ganzen Bezirk in die Wege. Für die am 2. Mai dieses Jahres stattstndende ArbeiterzLhlung find den hiesigen Betrlebsunternehmern die erforderlichen Formulare zugestellt worden. Diese Formulare find am 2. Ma! wahrheitsgetreu auszusüllen uns hierbei die aus der Rückseite vermerkten „Erlüuterungen genau zu beachten. Die Zöhlkarten find bis spätestens Donnerstag, de« 4. Mai d. I. in der Polizeikanzlet abzugeben. Nummer 49. Dienstag, den 23, April 1922. 74. Jahrgang