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Druck und Verlag von S. L. Förster« Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulrnitz BeschäftSstellr: Pulsnitz, Alberlftratze N». li Montag, den 11. Juli 1927 79. Jahrgang Nummer 159 l Gchicksalsmächte ungewisses Unterfangen ist? Sollen wir denn icht wieder hochkommen? Was haben wir getan, a u !au- iett- be- o i tzniWe mit W-W MgeltWiitiltn Pulsnitz. «Unwetter.) Dieser Sommer ist schwer von Unglück und Entsetzen. Es ist, als ob uns Menschen lebe« ist.enorm. Sämtliche Eisenbahnbrücke« sind weggerisse«. überall steht nran Chaos, Ver zweiflung, Hilflosigkeit. Wie die Einwohner berichten, stieg das Wasser in drei, vier Minuten auf zwei, drei Meter und höher. Die Menschen kletterten geängstigt auf die Dächer der Häuser, stürzten, versanken, versuchten es aufs neue und wurden schließlich sortgerissen. Zwischen den Trümmern sich her wirbelt. Wozu säen, wozu schaffen und aufbauen, wenn das alles doch nur i ichs- Be- oig inen ats- iNLN chen d er daß mit >ren iwig eine falls oird gie- ch- den ilte. chte und :n - er- Das Wichtigste Wie die Berliner Morgenblätter melden, ertrank am Sonnabend abend in Niendorf an der Ostsee beim Baden der aus der Skagerack» Schlacht bekannte Admiral Koch Hannover. Die Zollvorlage wurde im Reichstag mit 278 gegen 134 Stimmen angenommen. Die Rcichsrcgierung hat den Gewerkschaften 10 Millionen in Anerken nung ihrer Verdienste im Ruhrkampf überwiesen. Aus Moskau wird gemeldet, daß in Rußland große Unwetter nieder« gegangen seien. Besonders arge Verwüstungen wurden im Kaukasus und im Ural angerichtet. In der Stadt Fedosjia wurden durch Unwetter 18 Personen getötet. Wie weiter gemeldet wird, haben sich auch große Unwetterkatastrophen in Süd-Rußland und im Ge biete der Wolga ereignet. Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt uns älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer AmtSgerichtSbezirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, H-uSw-lde, Ohorn, Oberstetna, Niederstetna, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-DittmannSdorf m. reis eher wa- Be* >ard den ühl- tz— >ße cher Anzeigen-Grundzahlen in RM: Die 42 mm l RM 0.25, in der Amtshauptmannschaft Kamenz RM ... und RM 0.60. Reklame RM 0.60. Tabellarischer Satz 50 . zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebührsn durch Klage o Das ganze Gottleubatal und das daneben- ltegende Müglitztal wurden von einer furchtbaren Unwetterkatastrophe heimgesucht, deren letztes Ausmaß zur Stunde noch nicht festzustellen ist. Die eintresfenden Mel dungen lassen die Katastrophe von Stunde zu Stunde furchtbarer erscheinen. Die betroffenen Gegenden sind von der Außenwelt vollständig abgeschnitten, da alle Draht- keitungen und auch der Eisenbahnverkehr nach den Orten Gottleuba, Berggießhübel, Dohna, Glashütte unterbrochen sind. Zunächst gingen nur spärliche Meldungen ein, ohne daß man aus diesen die Größe der Katastrophe auch nur annähernd übersehen konnte. Die Zahl der Toten erhöht sich von Stunde zu Stunde; man spricht jetzt von 150 Toten. Die Gegend am Bahnhof Glashütte ist ein Ort des Grauens. Die Bahnanlagen sind, meterhoch mit Morast und Schlamm bedeckt, ein Bild unbeschreiblicher Verwüstung. Eisen bahnwagen wurden von einer zwei Meter hohen Wasser welle, die sich mit entsetzlicher Gewalt ins Tal ergoß, bis 800 Meter weit weggeschwemmt und umgeworfen. Aus mehreren umgestürzten Personenwagen konnten einige Reisende erst nach fast 24 Stunden geborgen werden, da in der Nacht niemand in der Lage war, den Bedrängten zu Hilfe zu kommen. Glücklicherweise ist von ihnen keiner ernster verletzt. In den Straßen, Gärten und Häusern liegt meterhoher Schlamm. Sanitätsmannschaften ver suchen, die Leute aus den Häusern herauszubringen, Kinder werden in ihren Wiegen und Wagen durch das meterhohe Wasser getragen, erschöpfte oder verletzte Einwohner auf provi sorischen Tragbahren transportiert. In die Straßen sind von den Fluten mächtige Löcher gerissen, überall stößt man auf verendetes Vieh. In der Nähe der Fabrik Glas hütte liegt die nackte Leiche eines jungen Mädchens. Man sucht zu retten, was zu retten ist. Eine Anzahl Häuser muß wegen Einsturzgefahr geräumt werden. In Gottleuba wurden vier Häuser, unter diesen ein ganzes Brauereigebäude, vollständig weggerissen. Das Wasser erreichte eine Höhe von vier Metern und hat nahezu alle Straßen zerstört. Die Zahl der geforderten Menschen breite Petitzetle (Moffe'SZeilenmeffer 14) menz RM 0.20. Amtliche Zeile RM0.75 "/. Aufschlag. - Bei ... . . „ . „ „ . . oder in Konkursfällen gelangt der ovlle Recknungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. Bis '/,10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme mit denen, in deren Reihen der hat Wir werden Mittel finden müssen, um den Tausenden, die um ihr Hab und Gut gebracht sind, denen das Unwetter mitten in die Ernte gefahren ist, zu helfen. Das ist Ehren- Pflicht eines jeden, mag er im Osten oder im Westen sein Land bestellen. Hier sind wir alle ein Volk, das zusam- menstehen muß, um dennoch dem Schicksal zu trotzen, auch wenn es noch so hart mit uns verfährt. js. der Hauser liegen tote Tiere, Hunde, Schweine, Rinder, Ziegen in Massen. Neundorf liegt in einem großen See. Auf der Bahnstation hat man in kleinen mit grünen Zweigen ausgelegten Wagen 14 Tote angefahren und sie im mit Stroh ausgelegten Warteraum niedergelegt. Wagen mit toten Pferden, Schweinen, Kühen und anderem Getier stehen und können nicht weiter. Phantastische Ge rüchte über die Zahl der Menschenopfer gehen um. über all sind Familien, die Verluste zu beklagen haben. Die Stadt Berggießhübel ist etwa zur Hälfte vollständig zerstört. Ganze Häuserreihen sind zusammengebrochen und in den Fluten versunken. Das Wasser stieg binnen zwei Minuten vier Meter hoch. Die Bewohner ertranken in den Betten oder wurden aus den zusammenbrechenden Häusern gespült. Auch bei dem harmlosen Skatsport wurden die Leute über rascht und von den Fluten weggespült. In den Bäumen hängen, zum Teil mit entsetzlichen Wunden, die Leichen Ertrunkener und von Gesteinsmafsen Erschlagener. Eine der ersten Sorgen war die Unterbringung der namentlich in Berggießhübel in großer Zahl in dieser Nacht z« Watfe« gewordene« Kinder. Sie kamen zuerst ins Rittergut Zehista, wurden aber am Sonntag durch den Jungdeutschen Orten sämtlich in Fa milien untergebracht, sodaß von einem Angebot der Arbeiter nothilfe, auch ihrerseits Kinder unterzubringen, nicht mehr Gebrauch gemacht zu werden brauchte. Bon der Stadt Dresden lag auch ein Angebot vor, bei Bedarf einen Teil der vielen PulsrüherFa-eblatt Kern.precher 18. Tel.-Ndr.: Tageblatt PulSnitz SBank-Konten: Pulsnitzer Bank, Pulsnitz und Sokscheck-konto Dresden 2138. Biro-Sonto 146 Commerz, und Privat-Bank, Zweigstelle PulSnitz Zm Falle höherer Gewalt — Krieg, Streik oder sonstiger irgend welcher Störung d-S Betriebes der Zeitung oder der BeförderungSetnnchtungen — hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferu ig oder Nachlieferung der Zeitung oder aus Rück zahlung der Bezugspreises. — Wöchentlich 0.65 RM bei freier Zustellung; bet Abholung wöchentlich 0.55 RM; durch die Post monatlich 2.60 RM freibleibend wirklich nicht . » . daß uns das Schicksal so hart straft? Der Tod hat doch wcchrlich schon genügend in unseren Reihen gewütet, wozu nun noch Menschen aus der friedlichen Arbeit Herausreißen, wozu heute noch Väter den Kindern entreißen und Kinder den Müttern nehmen, da sie in Frieden leben? Es ist genug des Unglücks, genug der Beweise sind gegeben, die uns unsere Ohnmacht zeigen. Und doch wäre es falsch, zu verzagen, es gibt nur immer wieder das harte Muß! Wir müssen auch diese Schäden wieder gutmachen, wir dürfen nicht mit dem Schicksal hadern; denn unser Lebenswerk ist es nun einmal, zu schaffen auch ohne den sicheren Ausblick, daß wir einmal in Freude unser Werk genießen können. Für Stunden wenig- stens wird wieder einmal der Hader im Land ruhen, und tiefe Trauer in alle Herzen einkehren und tiefes Mitgefühl - . -- os.-L— Tod seine Opfer gesucht müssen, um den Tausenden, Noch sind nicht die letzten Einzelheiten über das furcht bare Eisenbahnunglück auf der Harzquerbahn bei Wernige- rode verklungen, da schlägt das Schicksal mit noch gewal tigeren Schlägen zu. Der Tod schreitet neben der Freude. Sind wir auch nach dem Kriege mit Freude nicht übermäßig gesegnet, so sind doch jetzt gerade diese Wochen des Hoch sommers für so viele Menschen Wochen der Erholung und des Frohsinns. Es ist, als greife gerade dann immer das Schicksal noch unerbittlicher ein, um uns Menschen von einer Macht Kunde zu geben, gegen die wir nichts vermögen. Als wenn eine riesige schwarze Hand über unserem Vater- lmrd läge, die dann und wann irgendwo zupackt, um uns, die nur ohnehin genug der Not und Mühsal im Alltag fin- den, noch mehr zu peinigen und zu demütigen. Ohnmächtig steht der Mensch den Naturgewalten gegen- über, und wenn sie rasen, so stürmen sie über ihn hinweg, zerstören und zermalmen, was auf ihrem Wege liegt und geben dem Tod reichliche Ernte. Kürzlich mar es der Harz, -essen Bäche zu furchtbaren Strömen anschwollen, die ihre Ufer verließen, und, Tod und Verderben bringend, von den Höhen ins fruchtbare Tal hinabstürzten. Jetzt ist es Las Erzgebirge, über dem die Unwetter rasten. Es ist, als hätte sich die Natur aller Fesseln entledigt und stürmte nun dahin, wahllos alles unter sich zertretend, Menschen und Vieh und die reife Frucht. In wenigen Augenblicken wurden die friedlichen Landschaften dieser lieblichen deutschen Mittel gebirgsgegenden in ein großes Trümmerfeld verwandelt. Bäume brechen wie Schilfrohr, die stürzenden Gebirgsbäche nagen sich durch alle Hindernisse und reißen mächtige Baum- stämmen mit sich. Hier Hilst keine menschliche Hand. Die Natur hat den Menschen besiegt, und ohnemächtig sieht er zu, was ihm das Schicksal zugedacht. Sein Schaffen und seine Werke sind in Sekunden vernichtet. Das, worauf er monatelang mühevolle Arbeit und so manchen Tropfen Schweiß verwendet hat, das wird hinweggefegt von der Na- turgewalt, als sei es ein Körnchen Staub, das der Wind vor Obdachlosgeworde«e« aufzunehmen; diese wurden jedoch an Ort und Stelle unter gebracht, da man sie lieber in der Nähe ihrer Häuser und ihres doch zum Teil wenigstens wieder auffindbaren Haus rates belassen wollte. Außerordentlich erschwert wird die Zuführung von Hilfs kräften namentlich für das Müglitztal, da dort zwar die Straße im ganzen heil ist, die Bahn aber vollständig zer stört und die vielen Brücken, die Bahn und Straße bald herüber, bald hinüber über den Fluß führen, nicht nur zer stört, sondern einfach vollständig verschwunden sind. Die Hälfte der Bewohner ist obdachlos. Es gibt weder Trinkwasser, noch Gas, noch elektrisches Licht, noch ausreichende Lebensmittel. Von der kleinen OrtschaftZwiesel ist nahezu nichtsmehrvor handen. Ministerpräsident Heldt hat sich mit den Ministern Dr. Apelt, Elsner und Weber in das Notstandsgebiet begeben, um sich an Ort und Stelle vom Umfang der Katastrophe zu überzeugen, den beklagens- werten Opfern die Teilnahme der Regierung zu über mitteln und aus seinem Dispositionsfonds zur Linderung der ersten Not Spenden zu verteilen. Aus den dem Ar- beits- und Wohlfahrtsministerium und dem Ministerium des Innern zur Verfügung stehenden Mitteln sind dem Bezirksverband der vom Unglück betroffenen Amtshaupt mannschaften je 125 000 Mark überwiesen worden. Der Reichspräsident, der Reichskanzler und der Reichswehr minister haben der sächsischen Regierung ihr Beileid aus gesprochen und tatkräftige Hilfe zugesagt. Man kann auch schon für die nächsten Tage mit privaten Spenden rechnen; ist es doch schwierig, den Gesamtschaden von mindestens 12 Millionen Mark auch nur annähernd zu ersetzen. Polizei, Reichswehr und Jungmannschaften rechts- und linksgerichteter Verbände helfen bei den Bergungsarbeiten im Notstandsgebiet. Sonntag im verwüsteten Gebiet (Vou unserem ins Katastrophengebiet gesandten Korrespondenten) War schon am Sonnabend abend der Zustrom der Neugierigen nach dem Unwettergebiet im Gottleuba- und Müglitztal groß, so hatte es am Sonntag geradezu einen Maffenansturm auszuhalten. Be'eitS mit Tagesanbruch setzte von Dresden aus eine wahre Völkerwanderung ein, und der Strom derer, die zu Fuß, mit Rad, Wagen und Auto dahin strebten, steigerte sich im Lause des Vormittags zu Hundert» tausenden. Der Zugang zu den heimgesuchten Ortschaften war voll- IIWM ««MMM Im U ElMW Berggießhübel z«r Hälfte zerstört — Bis jetzt gegen 200 Tote Die Zerstörungen der Ostfestunaen anerkannt