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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Z«itu«« erschein, tügltch mit »«»nahm« der gesetzliche« Los«. »» Feiertage D« ^ugSprei» beträgt bet Abholung wbchentltch 4ö Sipt-, bet Liefern»« frei HauS >0 Rpi- VostbeMg monatlich 220 NM. Iw Falle höherer Grwalt ober sonstige, vmrtebostäning«, hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung der Heilung ober «LN'ahlmtg de» Bezugspreise«. — Anzeigenpreise und Nachlaßsätze bet Wieder- hangen «ach Preisliste Nr. » (in unseren Geschäftsstelle« erhältlich). Bet Konkurs und ZwangSoergleich wirb der für Aufträge etwa schon bewilligte Nachlatz hinfällig. Anzeigen sind an den ErscheinungStagen bis vormittag» 10 Uhr aufzugeben. Verlag: Mohr 0- Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann und Gebrüder Mohr. Verantwortlich für den Heimatteil. Sport und Anzeigen Walter Hoffmann, Pulsnitz, für Politik und den übrigen Teil Walter Mohr, PulSnttz. D. A. V.: 22S0. Geschäftsstellen. Alberssttaße 2 und Adolf-Hitler-Sttaße 4. Fernruf 518 und SSO Der Pulsnitzer Anzeiger ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast zu Kamenz, des Dtadtrates zu Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amts gerichts Pulsnitz, sowie des Finanzamtes zu Kamenz Dienstag, den 30. Juni 1936 88. Jahrgangs Völkerbundsreform im Vordergrund „Bündige" Vorschläge erst im Herbst Die Hauptarbeit der Völkerbundsratsmitglicdcr er streckt sich auch diesmal wieder auf die Einzelbesprechun gen. Der Genfer Sonderberichterstatter der „Times" be richtet von einer Unterredung zwischen dem englischen Außenminister Eden, dem französischen Außenminister Delbos und dem Unterstaatssckretär im Londoner Außcnamt, Lord Stanhope, bei der u. a. besprochen worden sein soll, daß sich die gegenwärtige Tagung nur mit der Erörterung der Völkcrbundsreform befassen solle. Mit bündigen Vorschlägen sei es wohl günstiger, bis zum Herbst zu warten. Ebenso sei man übereingekommen, gegenwärtig keine formelle Tagung der Locarno-Mächte abzuhalten. Schließlich spricht der „Timcs"-Berichtcrstattcr noch von solchen Vorschlägen zur Völkerbundsresorm, die am aussichtsreichsten erschienen, weil sie eine Erklärung der Staaten vorsehen, wieweit sie bereit seien, eine mili tärische Aktion auf Grund der Völkerbundssatzung gegen einen „Angreifer" durchzuführen. Wenn sie dazu bereit wären, so würde ihnen wirtschaftliche Unterstützung durch die anderen Völkerbundsstaaten zuteil werden. Im Wei gerungsfall hätten sie keinen Anspruch auf diesen kollek tiven wirtschaftlichen Beistand. Der Sonderkorrespondent des „Daily Herald" be stätigt, daß das abessinische Problem dort nur die zweite Rolle spiele. Die Völkerbundsreform beherrsche vielmehr die Situation. Allem Anschein nach würden die Sank tionen dem Achtzehnerausschuß zur weiteren Behandlung überlassen. Eine Formel der Entscheidung, sie aufzuhcben, sei nicht zn erwarten. Voraussichtlich werde eine Entschlie ßung gefaßt, wonach sich die Umstände seit den früheren Vorschlägen geändert hätten. Verschiebung der Septembersitzung des Völkerbundsvrtes? London, 30. Juni. Nach einer Reutermeldung aus Genf wird in Völkerbundskreisen ein Plan besprochen, die Septembersitzung, auf der voraussichtlich die Frage der Völ kerbundsreform zur Sprache kommen soll, aufzuschieben. In französischen und britischen Kreisen werde ein Aufschub von etwa 10 Tagen aus Zweckmäßigkeitsgründen erwägt, während in anderen Kreisen davon gesprochen werde, daß die Sitzung bis November oder gar Januar aufgeschoben werden solle. Oer Negus ergreift das Wort Wie in Völkcrbundskreiscn verlautet, steht nunmehr fest, daß der Negus es durchgesetzt hat, als Führer der abessinischen Abordnung vor der Völkerbundsversamm lung das Wort zu ergreifen. Man erwartet, daß er auch das ost gestellte Verlangen nach Finanzhilfe für Abessinien erneuern wird, da auch sein eigenes Vermögen so gut wie erschöpft sein soll. Eine italienische Denkschrift Eine italienische Denkschrift, die eine eingehende Stellungnahme der italienischen Regierung zur Eroberung Abessiniens und zur Frage des Verhältnisses zwischen Italien und dem Völkerbund enthält, ist in Gens ein- qetroffen. Sie enthält noch einmal ausführlich die Gründe, die Italien schon im Oktober 1935 für den Einmarsch in Abessinien angegeben hatte. Inwieweit noch andere For derungen als die Aufhebung der Sanktionen in der Denkschrift gestellt werden, ist noch nicht bekannt. Rücktransport aus Abessinien Vor der Entlassung der Reservisten. Nachdem die Rücktransporte der Truppen aus Jtalienisch-Ostafrika in den letzten Tagen bereits zu- geuommen hatten, soll jetzt die Heimschaffung größerer Truppeneinheiten folgen. Bei dem Rücktransport sollen zunächst möglichst die Truppeneinheiten berücksichtigt wer den, die im Frühjahr 1935 als erste nach Ostafrika aus gereist sind. Nach einer Information des „Giornale d'Jtalia" werden nach und nach alle italienischen Trup pen, die an dem ostafrikanischen Feldzug teilgenommen haben, in die Heimat zurückbefördert werden. Die Re servejahrgänge sollen sofort entlassen werden. Bei ihrem Abschied erhalten die Offiziere und Mannschaften ein be sonderes Erinnerungsabzeichen. Die Uniform und der Tropenhelm bleiben in ihrem Besitz. Außerdem bekommen sie je nack dem Dienstgrad gestaffelte Geldsummen zwischen 200 und 400 Lire. Die Reserveoffiziere erhalten ün Monatsgetzalr. Sondersitzung im Unterhaus Scharfe Kritik an den Aeußerungen Buff Coopers London, 30. Juni. Auf zahlreich« Anfragen, die wegen der Rede des Kriegsimnisters Duff Cooper in Paris an den Ministerpräsidenten gerichtet worden Waren, erteilte am Montag in dessen Vertretung der Innenminister Sir John Simon die Antwort. Er erklärte, daß der Kriegsminister vor einer Gesellschaft gesprochen habe, deren Zweck in der FS» derung frenndschlaftlicher Beziehungen zwischen Frankreich und Großbritannien bestehe. Seine Bemerkungen seien natürlich keime Politisch« Erklärung gewesen, sondern «ineRede, die dazu bestimmt sei, die Element« zu unterstreichen, di« den Völkern beider Länder gemeinsam seien. Die Bemerkungen Dnff Coopers hätten nicht di« Absicht verfolgt, sich in irgend einen Gegensatz zu den Ansichten der Regierung zv stellen. Der Führer der Arbeiteroppofition Attlee, erhob sich hierauf und fragte, ob die Aufmerksamkeit des Ministerpräsi denten auf die Kommentare der französischen Presse gelenkt worden sei, in der die Rede nicht als die eines Privat mannes, sondern als die Wiedergabe der Politik der Re gierung bezeichnet worden sei. Simon erwiderte, «r hoffe, daß seine Antwort klar zeige, »ab dies nicht der Fall sei. Die Rede sei nicht «ine Bekannt gab« der Politik d«r Regierung gewesen. Attlee stellte hieraus den Antrag auf Vertagung des Hauses, um eine Aussprache über die Erklärung eines Mi nisters zur Außenpolitik herbeizuführen — ein Antrag, dem der Sprecher nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung Folge geben muß, da dieser Antrag gleichzeitig den Charakter einer Mißtrauensbekundung hat. Nach kurzer Geschästsordnungsaussprache wurde beschlossen, dgß diese Aussprache noch am gleichen Abend- stattfinden soll.' Das Unterhaus war am Montag abend dicht besetzt, als — Simon verteidigt den Kriegsminister die auf Antrag der Arbeiterpartei in aller Eile anberauml« Aussprache über verschiedene Ministerreden und besonders über die außenpolitischen Aeußerungen Les Kriegsministers Duff Cooper in Paris eröffnet wurde. Mit dem Rufe mehrerer Arbeitervertreter „Wv ist Baldwin?" wurde die Aussprache eingeleitet. Der Oppo sitionsführer Attlee erklärte, es sei bedauerlich, daß dsr Ministerpräsident nicht anwesend sei. Die Aeußerungen des Kriegsministers seien der bisherigen erklärten Politik Ler englischen Regierung zuwidergelaufen. Es gehe nicht na, daß di« Minister im Lande herum reifen und in dieser unverantwortlichen Weise ver schiedene politische Ansichten vertrete«. Dadurch entstehe im In -und Auslande der Eindruck, als ob sich das britische Kabinett in der Auflösung befinde. Der Führer der Oppofitionsliberalen, Sir Archibald Sin clair, sagte daß seine Partei mit einem großen Teil der Rede Duff Coopers übereinstimme, während sie Lie Befür wortung eines Militärbündnisses mit Frankreich ablehne. Die Regierung solle im Unterhaus eine eindeutige Erklärung über ihre Politik abgeben und an dieser Politik festhalten. Winston Churchill verteidigte die Rede Duff Coopers und erklärte, daß er keinen Unterschied zwischen den Aeußerungen des Kriegsministers, des Außenministers und des Ministerpräsidenten sehen könne. ^ Arthur Henderson (Arbeiterpartei) forderte unter dem Dmfall der Opposition di« Regierung auf, si« möge erklären, daß sie nicht dem Wunsch habe, mit Frankreich oder einem anderen Land in irgendeine Vereinbarung einzutvetea, Lie einem friedlich grfinnien Deutschland die Tür« ver schließen würde. Eine solche Erklärung würde diel dazu bei tragen, um die öffentliche Meinung in England und den an deren Ländern, besonders aber in Deutschland zu be ruhigen. (Beifall.) Lloyd George griff hieraus kurz in die Aussprache ein und forderte eine bestimmte Mitteilung, ob die Rode Duff Coopers die erklärte Politik der Regierung darstelle oder nicht. Im Ramen Ler Regierung wiederholte der Innen minister Simon zunächst die während Ler Fragezeit ge machte Mitteilung, bah die Rede Duff Coopers in ihrer end gültigen Form vom Außenminister Eden, der nur Len Entwurf gesehen habe, nicht geprüft worden sei. Ende letztem Woche sei der weitverbreitete aber völlig unbegründet« Eindruck vorhanden gewesen, daß der Kriegsminister sich in Paris für ein Militärbündnis zwischen England und Frankreich eingesetzt habe. Tatsächlich habe er nichts derartiges gesagt: Wenn Duff Cooper davon gesprochen habe, daß England seine freundschaftlichen Beziehungen mit Frankreich pflegen solle, so bedeute das nicht im geringsten, Laß England nicht auch seine freundschaftlichen Beziehungen mit anderen Staaten pflegen solle. Zum Schluß zitierte Simon die Worte Baldwins in der letzten -Unterhaus-Aussprache: „Das Ziel unserer Politik ist die Befriedung Ler Lage in Europa!" Die Awsspvache wurde mit einer Abstimmung abge schlossen, durch die der arbeiterparteiliche Antrag, der den Charakter eines Mißtrauensantrages hatte, ab gelehnt wurde. Gegen den Antrag stimmten 284, dafür 136 Ab geordnete. ! k Hillers Angebot—eine Chance Lord Rothermere für Zusammenarbeit mit Deutschland und Italien. Nach Lord Londonderry und Lord Lothian nimmt nun auch der bekannte englische Politiker Lord Rothermere zur gegenwärtigen europäischen Lage das Wort. In einem „Daily-Mail"-Artikel, der „Großbritanniens einzige Poli tik" überschrieben ist, betont er, daß sich der Kräftestand der einzelne« Staaten beträchtlich verändert habe. Indem der Verfasser auf die Gefährlichkeit des französisch-russi schen Bündnisses hinweist, fordert er von der britischen Politik, daß sie positiv sei und sich frei mache von den Staaten, die unter den tödlichen sowjetrussifchen Einfluß gelangt feien. Werde Frankreich bolschcwisiert, so würde Groß britanniens Lage noch ernster. Deutschland und Italien hätten ihre bitteren Erfahrungen mit dem Kommunismus gemacht und wollten, wenn not wendig, zu ihrer Verteidigung ein Vorwärtsdringen des Bolschewismus an ihren Grenzen verhindern. Unter keinem Vorwande dürfe Großbritannien mit dem Bolschewismus gemeinsame Sache machen. „Ueber- eilt und dumm" sei es, die Unabwendbarkeit einer britisch französischen Alliance zu proklamieren, während rote Flaggen über französischen Fabriken und Häfen flatterten. Lord Rothermere zweifelt daran, daß die britische Politik den tiefen Wechsel verstünde, den Hitler und Mussolini für Europa gebracht haben. Der Weg zur engen Zusam menarbeit mit den beiden mächtigsten und bestorganisier ten Mächten des Kontinents stünde zur Zeit offen. Hitler habe sein Anerbieten am 31. März gemacht, und Mussolini habe ähnliches durch den italienischen Botschaf, ter bei Monatsanfang wissen lassen. Beiden sei eine skep tische und ungünstige Antwort erteilt worden. Hier sei eine Chance, die Führung in der Ncuorganisierung Europas zu übernehmen, gegeben gewesen. Frankreich sei nicht mehr die Macht von 1914, und Großbritannien sollte sich nach Bündnissen mit Deutschland und Italien Um sehen. Das erste für Großbritanniens Sicherheit sei seine gute Bewaffnung, das zweite, starke Freunde zu haben. Einer solchen Freundschaft würde auch Frankreich beitre ten, wenn es seine politische Seuche abgeschüttelt habe. Rothermere tritt dann für einen Zusammenschluß zwischen den vier westeuropäischen Hauptmächten ein und meint, dieser wäre eine bessere Garantie als das schiffbrüchige Genf.