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Blatt Amts und des Stadtrathes des Königs. Amtsgerichts MchtuudvisVjigtzsV Jahrgang 9. Dezember 1896 Mittwoch Abonnements - Preis Vierteljahr!. 1 M. 28 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. Druck und Verlag von E. L. Für st er's Erben in Pulsnitz. Als Beiblätter: I. Jllustrirtes Sonntagsblati (wöchentlich); 2 ^andwirthschaftliche Beilage (monatlich). Verantwortlicher Redakteur Gustav Häberlein in Pulsnitz. Erscheint: Ml twoch und Sonnabend. zu Wutsnitz puSzeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. KescHästssteiren: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-BureauS von Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mosse und. G. L. Daube L Comp K Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Rmgegend. Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- Nutzholz - Massenauktion. Von den Revieren des Forstbestrks Moritzburg sollen "in Dresdeu-Neustadt, Hotel „Stadt Metz" (Kaiserstraße) Ivertag, den 18. Dezember 1896, von Vormittags '/2I2 Uhr an circa 5700 Festmeter weicher Nutzhölzer, zum Theil in bereits aufbereitetem Zustande, zum Theil noch anstehend, meist als Stammholz unter den in der Auction bekannt zu machenden Bedingungen versteigert werden. Näheres über die zu verlausenden Holzposten p. p. besagen die bei der unterzeichneten Oberforstmeisterei und dem Königl. Forstrentamte Moritzburg in Empfang zu nehmenden speziellen Auctionsbekanntmachungen, sowie die von den Herren Forstrevierverwaltern zu beziehenden speziellen Auctionsverzeichnisse. Königl. O b e r f o r st m e i st e r e i Moritzburg, am 2. Dezember 1896. Schere! Montag, den Dezbr. 1896: Viehmarkt in Bischosswerda am Orte. der der am Pulsnitz. Ihre Kgl. Hoheit Prinzeß Mathilde s beehrte wiederum die Firma Oswald Köhler, Honigkuchen- fabrik, mit einem größeren Auftrag auf diverse Sorten^ Pfefferkuchen. — Beim Nahen der Weihnachtszeit dürfte eS ange bracht sein, besonders wenig bemittelte Leute vor einer Klasse von Hausirern zu warnen, die auch unsere Gegend unsicher machen. Es wird von Görlitz aus ein schwung hafter Handel mit Uhren, Gold- und Silberwaaren ge trieben, dem namentlich die sogenannten kleinen Leute zum Opfer fallen und gefallen sind. Ganz abgesehen davon, gefährlichste aller Kinderkrankheiten in ganz ungewöhn lichem Maaße auftritt und bereits eine Menge Opfer ge fordert und viel Kummer in eine Reihe von Familien getragen hat. — Eine warme Stube zu machen ist leichter, als sie warm zu erhalten. Da sei denn darauf hingew'esen, was eigentlich Jeder wissen sollte, daß reine Luft sechs Mal so schnell, und ebenso viel Mal billiger zu erwärmen ist, als verdorbene und daß reine Lust auch viel länger warm hält. Also fort mit der Angst, daß ein erwärmtes Zimmer ge schlossen sein müsse, wenn auch Tabaksqualni und sonstige Verderbniß kaum noch das Athmen gestatten. Darum die Fenster auf! Fünf bis zehn Minuten frischen Luftzug hindurch, der alle schlechte Luft hinwegfegt, und dann wird man sehen, wie angenehm sich wieder die Lust im Zimmer erwärmt. Dresden. Der Hauptgewinn der II. sächsischen Pferdezuchtausstellungs - Lotterie, deren Ziehung am 7. Dezember stattfand, ist nach Riesa gefallen. — Se. Königl. Hoheit Prinz Albert ist in Leipzig eines fieberhaften Katarrhs wegen genöthigt, das Zimmer zu hüten. — Mit nächster Woche, und zwar am 9. und 10. d. M., findet die europäische Fahrplan - Conferenz zur Feststellung des nächsten Sommerfahrplans in Wien statt. Von Seiten der die Hauptverhandlung leitenden k. k. Staatsbahndirektion Wien sind vor einigen Wochen schon die Einladungen zur Theilnahme an alle österreichisch-un garischen, deutschen, russischen, serbischen, rumänischen, bul- garischen, orientalischen, schweizerischen, »französischen, bel- gischen, spanischen, niederländischen, schwedischen und englischen rc. Bahnen ergangen. Die Tagesordnung ist wieder eine sehr umfängliche. Die gleiche Conferenz fand im Vorjahre bekanntlich in der sächf. Residenz statt. — Bei den im Laufe der vergangenen Woche statt gefundenen Hofjagden in M o r i tz b u r g sind am 1. Jagd tage bei der eingestellten Jagd im ^Thiergarten in Summa 115 Stück Wild zur Strecke gebracht worden, und zwar: 1 Rothhirsch, 1 Roththier, 16 Damschaufler, 7 Damspießer, Oertliche uud sächsische Angelegenheiten. Beiträge für diesen Theil werden gegen Vergütung dankend angenommen. Pulsnitz. Am Sonnabend Abend fanden Arbeiter in dem sogenannten Feuergraben, der sich längs des Loh gerber Huhle'schen Gartengrundstückes hinzieht, einen Mann in anscheinend bewußtlosem Zustande auf. Sie schafften ihn auf einem Handwagen nach dem Krankenhause, wo- selbst der hinzugerufene Arzt den inzwischen eingetretenen Tod des Verunglückten feststellte. Man schaffte den Todten nach der Leichenhalle. Des andern Tags erkannte man in demselben den Zimmermann Haase aus Friedersdorf. Man nimmt an, daß Haase in angetrunckenem Zustande von der Straße abgekommen, in den Graben gefallen und darin erstickt ist, bez. bei diesem Sturze von einem Schlag anfalle getroffen wurde. Eine kleine äußerliche Verletzung fand man nur unter dem Kinn, v elleicht durch Ausschlagen auf einen Stein. vertrat der Angeklagte. Herr v. Tausch hat sich noch dar aus berufen, daß er eine ganze Reihe von Journalisten an der Hand habe, durch die er Redacktionsgeheimnisse, die auf aeradem Wege nicht zu erlangen waren, auf dem Wege des Verraths, selbstverständlich gegen Bezahlung, erlangt habe. Die erste Folge des Protestes wird eine Reorganisation der politischen Polizei au Haupt und Gliedern sein müssen. Ob er noch weitere Folgen haben, ob er namentlich zur Entdeckung des „großen Unbekannten" führen wird, aus den sich der jugendliche Leckert als seinen Gewährsmann beruft, läßt sich heute immer noch nicht mit Bestimmtheit sagen. Der Proceß Leckert-Lützow ist nämlich, nachdem der letztere Angeklagte sein den Criminalcommissar v. Tausch schwer compromütirendes Geständniß abgelegt hat, auf Antrag des Oberstaatsanwalts vertagt worden, um Herrn v. Tausch Zeit zu geben, seine Verthetdigung vorzubereiten, zumal der Oberstaatsanwalt gleichzeitig eine Anklage gegen ihn in Aussicht stellt. Thatsächlich hat doch schon die bisherige Verhandlung eine Fülle von Gesichtspunkten ergeben, daß sowohl der Gerichtshof als die Anklagebank Zeit brauchen, sich das lawinenartig anwachsende Material zurecht zu legen. Die Hereinziehung des Botschafters in Wien, Grasen Philipp Eulenburg, in die Operationen deS Herrn v. Tausch dürfte gleichfalls Erwägung nöthig machen, die, wie der Oberstaatsanwalt andeutet, weit über den Rahmen des jetzigen Protestes hinausgehen, und man greift wohl nicht fehl in der Annahme, daß an diesem Punkte Halt gemackt wird, um die Rückkehr des Kaisers aus Han nover abzuwarten. Die Thatsache, daß das Auswärtige Amt der politischen Polizei seit vier Jahren nicht mehr traut und daß ketzere in dieser ganzen Zeit einen Preßfeld zug gegen den Staatssekretär Frhrn. v. Marschall führen konnte, ist so eigenartiger Natur, daß man sich vergeblich fragt, wie dieser Zustand des Mißtrauens volle vier Jahre undauern konnte. Die Staatsinteressen haben, wie schon heute erkennbar, dabei nicht gewonnen. Die Aufmerkamkeit richtet sich nun zunächst in gesteigertem Maaße auf den Artikel der „Köln. Zeitung" über „Flügeladjutanten-Polltik" und auf den immer noch nicht ermittelten Urheber des viel erwähnten Berliner Artikels in den „Münchener Neuesten Nachrichten". Zweifellos sind hinter Herrn v. Tausch auch noch andere Kräfte wirksam gewesen, deren Enthüllung jedenfalls im öffentlichen Jnterresse liegt — Bekanntlich sind das zeitige Frühjahr und Spätherbst diejenigen Jahreszeiten, in welchen infolge rauhen Witterung Krankheiten unter den Kindern häufigsten vorkommen. Besonders ist es die schreckliche Diphtheritis, die alljährlich eine große Zahl junger, blüh ender Menschenleben vernichtet. So wird ausLöbaui. S. geschrieben, daß dort in der Umgegend gegenwärtig diese daß derartige Waaren durch die Gewerbeordnung vom Hausirhandel ausdrücklich ausgeschlossen sind, erhalten die Käufer für ihr gutes Geld in häufigen Fällen nur gering- werthige Waaren, sie werden auf's Aergste betrogen. — Man kaufe in Iguten, als reell bekannten Geschäften Procetz gegen Leckert Lützow und Genossen der m Berlin geführt wirb und in ganz Deutschland, ja darüber hinaus Aufsehen macht ist ein hochpolitischer Proceß, und auf der Anklagebank sitzt ein ganzes System, das System der politischen Polizei Preußens bez. Berlins. Die geyeimnißvollen Kräfte, die bisher nur lm Dunkeln thätig waren, sind durch eure starke Faust schonungslos an bas Tageslicht gezogen und dem staunenden Blicke der Öffentlichkeit preisgegeben. Welcher Leute hat sich die politische Polizei bedient?! Ein Ehrenmann allerdunkelster Sorte, der unter dem AuShängeichild eines großen Namens sein Wesen treibt, im Proceß aber schwerer Urkundenfälschung dringend ver dächtig ward, ist als Vertrauensmann des Chefs der politi schen Polizei entlarvt worden. In seiner Doppelrolle als Polizeispitzel und Journalist hat dieser Mann ein politisches Jntriguenspiel inscenirt, das als ein politischer Skandal ersten Ranges bezeichnet werden muß. Schon seil vier Jahren Hal dieser Dunkelmann, der Freiherr Karl von Lützow, jein unsauber eS Handwerk betrieben, indem er als Journalist verhetzende Artikel unter falschen Vorspiegelungen „auf Ehrenwort" in schmählich betrogene Bläüer lancute, und dann als Polizeiagent, inst der Recherche betraut, als die Quelle der Artikel höchste Staatsbehörden seinem Ches denuncirte. So sind Minister an einander gehetzt worden, und die ganze Unsicherheit unserer inneren polnischen Zu stände, seit dem Rücktritt des Fürsten Bismarck, das vul kanische Schwanken des Erdbodens in gewissen Kreisen ist mit das Werk dieses Maunes, der allerdings seinerseits wieder die Drathpuppe in den Händen Höherer gewesen zu sein scheint. Der Conflikt zwischen, dem preußischen Kriegsminister von Bronsart und dem Minister des Innern von Köller, der im vorigen Jahre zu der so plötzlich hereingebrochenen Köllerkrise geführt hat, ist das Werk von Organen der politischen Polizei gewesen, Und nun sollte einen Conflikt zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Hofmarschallamt provocirt werden. Aber diesmal ist das schlaue Manöver mißlungen und die Spinne in ihrem eigenen Netz gefangen. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Freiherr von Marschall, hatte schon seit geraumer Zeit Verdacht ge schöpft. „Das Auswärtige Amt", so erklärte Staatssekretär v. Marschall, „hat aus ganz besonderen Gründen seit mehre ren Jahren bei der Ermittelung der Urheberschaft von Artikeln nicht mehr die Hilfe der politischen Polizei m An spruch genommen." Der Ring schloß sich, als der Redacteur Or. Plötz dem Auswärtigen Amt als seinen Gewährsmann den dem Auswärtigen Amt als Polizeiagent bekannten Frhr. v. Lützow nannte. Noch eine Unterredung mit dem Polizei präsidenten und das ganze Jntriguenspiel war blvßgelegt. Aber es sollte auch in der breitesten Oeffentlichkeit dargelegt werden, welches die geheimen Kräfte gewesen sind, wrlche die Beunruhigung in unser öffentliches Leben hm- eingetragen und das Gespenst der „Nebenregierung" her- ausbejchworen haben. Und darum mußte auch der Chef der politischen Polizei, Herr von Tausch, in eigener Person vor Gericht erscheinen und, von der Amtsverschwiegenheit auf höheren Befehl entbunden, rückhaltlos Rede und Ant- Wo t stehen. Das geschah denn auch in solcher Weise, daß der Polizeichef, im richtigen Gefühl seiner Situation mit erhobener Stimme in die Worte ausbrach: „Ich bm doch hier nicht als Angeklagter, sondern als Zeuge." Formell, ja, der Sache nach aber war er und das System, das er