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Anz«igev.Grundz«hlen in RM: Die 42 mm breite Bank»Honten: Pulsnitzer Bank, Pulsnitz und Commerz» und Privat-Bank, Zweigstelle PulSni» — — — «richalwl a» f«»«m M«r»ta, — — — Im Falle höherer Gewalt — Krieg, Streik oder sonstiger irgend welcher Störung de« Betriebe« der Zeitung oder der BeförderungSeinrichtungen — hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rück zahlung de« Bezugspreise«, — Wöchentlich O.üb «M bei f.rter Zustellung; Lei Abholung wöchentlich 0.55 RM; durch die Post monatlich 2.60 RM freibleibend 6»'«.ALM» UNA ' pulsutzerTa-eblatt Bezirksanzeiger Petttzeile (Mofse'SZeilenmefser 14) , m.. - »M 0.20. Amtliche Zeile RM 0.75 und RM 0.60. Reklame RM 0.60. Tabellarischer Satz 50»/, Ausschlag. — Bei zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebührc.1 dnrch Klage oder in SonkurSfSllen gelangt der ovlle Recknungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. Bis ft,10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtcates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt duptblatt unt älteste Zeitung in den Ortschaften de« Pul.nttzer Umlsgecichtsbezlrt»: Pulsnitz, Pulrnitz M. E., Großröhrsdorf, Bretnig, HauSwalde, Ohorn, Oberftetn», Niederstetn», Weißbach, Ober- und Riederlichtenau, griederSdorf, Thiemendors, Mittelbach, Großnaundorf, Stenberg, Slein-oitttnannSdors GeschSftSstelle: Pulsnitz, «lbertstraßr Nr. I Druck und Berlag von S. L. Försters Erben (Inh. I. W. Moor) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Nummer 197 j! Mittwoch, den 24. August 1927 !! 79. Jahrgang Das Wichtigste Polizeiches von Chicago hat die Aufbahrung Sa«o« und Banzetti» den Verteidigern nicht gestattet. Ebenso stellte sich - Boston« Polizeiches rin. Entgegen allen falschen Gerüchten erfährt di« Telegraphen Union von zuständiger Seite, daß Koenneck« wegen der ungünstigen - Wettermeldungen auch morgen früh noch nicht starten kann. Regierungspräsident von Merseburg hat, wir die Berliner Mor genblätter melden, für den Bezirk Halle gegen die Kommunisti sche Partei und verwandte Organisationen «in drrimonatig«« - Verbot von Umzügen erlassen. "tichrernährungsminister Schiele sprach sich sür Hebung der deut- - scheu Mtlchwtrtschast au». «owe» hat die Kandidatur sür die amerikanische Präsidentschaft -abgelehnt. «m BeldbrlestrSger eine» Berliner Postamt« hat einen Deldbri«s «it 60000 Mark entwendet. Großbritannien und wir. Im Verlause unserer Rundfrage über die der zeitigen Beziehungen de, Ausland«, zu uns wurde unser Ur. D.-Mitarbeiter von dem Königlich Briti schen Botschafter in Berlin, Sir Ronald Lind say, empfangen, der sich wie fclgt aussprach: Die Einfüllung Großbritanniens und s^ner Regierung U, Deutschland kann ich in wenige Worte zusammenfassen: Mr wünschen die baldige Rückkehr normaler Verhältnisse M die ganz« Welt, also auch für Deutschland. Mein Zu- Minenarbeiten mit den deutschen Behörden gebt reibungs- svs vor sich. In den zwölf Monaten meines Aufenthalts § Berlin hab« ich nur ein- oder zweimal bei geringfügigen Mässen beim Auswärtigen Amt zur Vertretung britischer ^Kressen vorsprechen müssen. Das britische Volk hat Einerlei Vorurteile gegen die deutsche Na. ^v n, und die Stimmung ist eine wesentlich andere als in 7^ ersten Nachkriegszeit. Ich sehe dies am besten aus den streichen Besuchen und Anfragen meiner Landsleute bei A hiesigen Botschaft, die Ratschläge und Winke für den ^such Deutschlands und seiner Sehenswürdigkeiten Haden Allen. Der Engländer erkennt durchaus die Bedeutung /^utschlands auf künstlerischem, wissenschaftlichem und kul- Hellem Gebiete an und ist damit in jeder Weise einver- Mden, daß wieder ein lebhafterer Verkehr beider Nationen ? Bang gekommen ist. Wir freuen uns, daß die neuere eng- ^ dramatische Literatur in Deutschland günstige Auf- AstNe findet, und können feststellen, daß auch in England tz.^der den Neuerscheinungen in Deutschlands Kunst und ^ratur große Aufmerksamkeit zugewandt wird. . Der Touristenverkehr der Engländer nach Deutschland sich in der Hauptsache im Rheinland, in Bayern und AWgen durch Naturerscheinungen oder Kunstdenkmäler «Amten Gebieten. Neuerdings findet auch wieder ein grö- Zustrom nach Berlin statt, Lessen großartig« Anlagen M dem Gebiete des Städtebaues, der Elektrotechnik und der Mustrie bei den Engländern Interesse und Anerkennung iAn. Auch der Besuch der Deutschen in England hat sich -Aer gehoben. Die Mehrzahl der deutschen Besucher in Aoßbriümnien bereist unser Laird allerdings weniger als ^rist als zu geschäftlichen Zwecken. Wir konnten auch die ^ durchaus genehme Beobachtung machen, daß deutsche L^Rilien wieder damit beginnen, ihre Kinder nach England UIension zu geben, und deutsche Studenten beziehen eng- Universitäten, wie Cambridge, zu Sommerkursen. hat ein Austausch von Arbeitern, E-senbahnbeamten ^ dergleichen eingesetzt, und gegenseitige Studienbesuche ^»en unternommen. Auch die Iugendverbände, wie die . Mchen Boy-Soouts und ihnen entsprechende deutsche Or- s/^ationen ähnlicher Art, statten sich Besuche ab. Die Er- s^rung deutscher Einreise nach Großbritannien für Arbeit- ^Mnde muß lewer noch beibehalten werden, da wir in Eng- selbst noch eine starke Arbeitslosigkeit zu beklagen haben, dtzrA gilt diese Vorschrift für sämtliche Ausländer; es hnn- also etwa keineswegs um ein Ausnahmegesetz für ^.stch« Reichsangehörige in besonderen Fällen. Z. B. wenn harschende englische Arbeitskräfte nicht vorhanden sind, "auch arbeitsuchenden Ausländern die Einreise gestattet. wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Ver- ^ir Königreichen und Deutschland übergehend betonte Donald Lindsay, daß die Gesamteinfuhr Deutschlands 47 «Ajgland im Jahre 1925 nach den deutschen Zählungen H Aullionen Pfund betragen hab«, im Jahre 1926 rund ly^Illionen Pfund, jedoch könne dieses Jahr wegen des V^odauernden Kohlenstreiks nicht als normal bezeichnet Die Gesamtusfuhr Deutschlands nach Großbritan- im Jahre 1925 rund 46,7 Millionen Pfund aus, ch^T^re igZg dagegen schon 58 Millionen Pfund, die Ver- Königreiche sind demnach ein guter Kunde Deutsch. Amerika im Zeichen -er Hinrichtungen Schutzmaßnahmen während der Hinrichtung Saccos und Vanzettis — Reichsernährungsminister Schiele für Hebung der Milchwirtschaft — Massenverhaftungen in Amerika — Demonstrationen wegen der Hinrichtung Saccos und Vanzettis Nationalitätenkämpfe im fernen Osten Bereits in der letzten Nummer gemeldet! New Pork. Saeeo und Banzetti sind am 23. August, kurz «ach Mitternacht (amerikanischer Zeit), durch den elek trischen Stuhl hingeriAet worden. Mit ihnen wurde der «ege« Raubmordes zum Tode verurteilte Portugiese Ma- deiros hingerichtet. Saeco verlangte noch einmal nach seiner Frau und seinen Kinder«. Vanzetti starb, indem er seine Unschuld beteuerte. Während der Hinrichtung waren umfangreiche Schutz, maßnahmen für das Gefängnisgebäude getroffen. Der Ver- kehr war im ganzen Stadtteil gesperrt und Polizeipatrouillen schritten vor dem Gesängnisviertel auf und ab. Noch enger um das Gefängnisgebäude war ein« Postenkette gezogen, hinter der Polizeitruppen in Automobilen und zu Pferde auf- gestellt waren. Bon den Dächern des Gefängnisgebäudes wurde die Umgebung mit Scheinwerfern nach Versamm- lungen, die etwa bedrohlich werden konnten, abgesucht. Die Polizeimannschaften waren mit Maschinengewehren, Tränen- bomben und anderen Nähkampfmitteln ausgerüstet. Hinter der Postenkette hatten sich eine nach Tausenden zählende Men- schenmenge versammelt, die mehrere Stunden in Ruhe aus- harrte. Erst lange Zeit, nachdem die Hinrichtungen voll zogen waren, ging die Menge auseinander. In einer in der Nähe gelegenen Kirche hielten etwa tausend Freunde der Ver» urteilten eine fülle Gedächtnisfeier ab. Wie erst jetzt nachträglich bekannt wird, soll Da«zetti bereits am Donnerstag einen Selbstmordversuch unternommen haben. Er versuchte, sich in seiner Zelle zu erhängen. Dies wurde jedoch durch die Gefängniswärter vereitelt, die recht- zeitig die Schnur abschnitten. Sowohl Sacco wie auch Vanzetti lehnten es ab, sich vor ihrer Hinrichtung mit der Kirche auszusöhnen. Sie erhielten noch kurz vor ihrer Hinrichtung den Besuch ihrer Ange- hörigen, d. h. der Gattin Saccos und der noch in letzter Stunde aus Italien herbeigeeilten Schwester Vanzettis. Schwere Zusammenstöße bei Protestkundgebungen. -- New Dork. Schon am Nachmittag des Hinrichtungs tages waren vor dem Staatsgefängnis in Lharlestown, in dem die Hinrichtung von Saeco und Vanzetti erfolgte, starke Truppenaufgebote und Tausende von Polizisten stationiert. Der ganze Stadtteil glich einem Heerlager. Ueberall waren Maschinengewehre und Panzerwagen aufgebaut. Vor dem Gefängnis selbst waren Barrikaden errichtet. Als dann am Abend Demonstranten vor dem Gefängnis erschienen, ging die Polizei sofort scharf vor und trieb die Demonstranten auseinander. Zwanzig Personen wurden verhaftet. Nach dieser Demonstration wurden sämtliche zum Gefängnis führende Straßen abgeriegelt. Smch in anderen Städten der Vereinigten Staaten, vor allem in Lhikago, Washington und in New Jork sanden große Demonstrationen statt. In New York ver- sammelten sich am späten Nachmittag aus dem Union Square, einem an der Oftseits New Ports liegenden Hauptplatz, etwa 7000 Demonstranten, die hauptsächlich aus Kommunisten be standen. Die Redner protestierten gegen die angebliche Lynch justiz der Regierung. Einer rief laut: „Nero geigte, wäh rend Rom brannte.* Als dann aus allen Richtungen starke berittene Polizeiaufgebote mit Panzerwagen erschiene« und zunächst vergeblich die Menge auseinanderzutreiben ver- suchten, kam es zu einem schweren Zusammenstoß. Starke Polizeiabteilunge» ritten in die Demonstranten hinein. Als schließlich auch Panzerwagen erschienen, stoben die Demo»- stranten in wilder Flucht auseinander. Auch Massenansamm lungen im benachbarten Italiener- und Iudenviertel, vor allem vor dem Verlagsgebäude des „Vorwärts*, wurden von der Polizei auseinandergetrieben. Demonstrationen wegen der Hinrichtung SaeeoS und Vanzettis. Buenos Aires. Eine Menschenmenge veranstaltete vor den Büros einer Zeitung eine Demonstration für Sacco und Vanzetti. Sobald die Nachricht von der Hinrichtung bekannt wurde, zog die Menge vor die Gebäude amerikanischer Firmen und warf dort die Fensterscheiben ein. Die Polizei war nicht in der Lage, die Ruhestörungen zu verhindern. Paris. Das Innenministerium hat im Einvernehmen mit der Polizeipräfektur beschlossen, sämtliche auf offener Straße anberaumten Protestkundgebungen gegen die Hin richtung Saccos und Vanzettis streng zu untersagen. Mit Messern und Pflastersteinen Leipzig, 23. August. Das Polizeipräsidium teilt mit: Die Kommunisttsche Partei, der Rote Fronlkämpferbund und einig« kleinere linksgerichtete Organisationen veranstalteten heute abend in der 6. Stunde auf dem Reichsgerichtsplatz eine politische Kundgebung gegen die Hin richtung von Sacco und Banzetti. Im Anschluß daran zog der größt» Teil der Demonstranten nach dem Mcßplatz. Hierbei kam eS zu schwe ren Ausschreitungen. Bei dem Versuch der Polizeibeamten, der Straßen bahn Durchfahrt zu verschaffen, gingen die Teilnehmer des Umzuges sofort gegen die Beamten in der rohesten Weise vor. Sie entrissen einem Beamten das Seitengewehr und schlugen auf ihn ein. Ein an derer Beamter wurde abgedrängt, von hinten umfaßt und zu Boden geworfen, getreten, g schlagen und durch Messerstiche im Gesicht verletzt. Diesem Beamten gelang eS nur mit Hilfe von Straßenpass mten, sich auf einen Straßenbahnwagen in Sicherheit zu bringen. Ein dritter Beamter wurde durch Messerstiche in den Bauch schwer verletzt, so daß er ins Krankenhaus übergeführt werden mußte. Weiter trug eine An zahl Beamter leichtere Verletzungen davon. Während die Beamten die Ordnung wiederherzustellen versuchten, stürmte ein Teil der Demon stranten unter dem Rufe: „Rache für Banzetti! Jetzt stürmen wir die Wache! Schlagt die Hunde nieder!" nach der in der Nähe gelegenen 7. Polizeiwache und »ersuchten in diese eiazudringen. Hierbei bewar fen sie die die Wache verteidigenden Beamten mit schweren Pflaster steinen und Eisenstücken, welche sie offenbar von vornherein bet sich führten, da in der Nähe der Wache eine Straßenbauftelle nicht liegt. In ihrer Bedrängnis gaben die Beamten einige Schüsse ab, durch die, soweit biS jetzt festgestellt werden konnte, zwei Angreifer verletzt wur den. Beide wurde in das Krankenhaus gebracht, wo einer von ihnen gestorben ist. Der herbeigerufenen Verstärkung gelang es, die Ordnung wiederherzustellen. Es wurden einige Verhaftungen vorgenommen. Ei« Todesopfer bei de« Leipziger Demon stratio«»« Leipzig, 84. August. Die Leipziger Demonstrationen gegen die Hinrichtung SaccoS und Vanzettis haben doch noch ernste Folgen gezeitigt. Bei dem Zusammenstoß mit der Polizei wurde ein Demon« strationsteilnehmer getötet und ein anderer verletzt. Auch ein Beamter erlitt erhebliche Verletzungen. Die Demonstranten hatten unterwegs versucht, eine Polizeiwache zu stürmen, worauf der Polizei der Waffen gebrauch empfohlen wurde. Die Sacco-Vanzetti»Ku«dgebungeu i« Pari» Pari«, 24 August. Nach den um 23.02 Uhr vorliegenden Berichten sind die Kundgebungen anläßlich der H nrichtung SaccoS und Vanzetti» in Paris ohne größere Zwischenfälle verlaufen. An einigen Stellen kam eS zu Tätlichkeiten. Zahlreiche Verhaftungen wurden vor genommen. _ Auch ia Genf kam es zu blutigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizeitruppen. Hierbei wür be» einePersougetötet und 35Persouenver- letzt. Amerika im Zeichen der Hinrichtungen Neuyork, 24. August. In den Vereinigten Staaten herrscht im allgemeinen Ruhe. Polizei und ein Teil des Militärs befinden sich jedoch in Alarmbereitschaft. Nichts destoweniger gibt selbst die Ruhe Anlässe zu ängstlichen Ge rüchten. Als in der unteren Stadt von Reuyork vor einem Postgebäude der Benzinbehälter eines Autos platzte, bemächtigte sich der Bevölkerung ein ungeheurer Schrecken, da man wieder eine Explosion seitens Anhänger von Sacco und Vanzetti vermutete. Dazu kam noch, daß in einem Hausflur eine Bombe entdeckt wurde. Man hat den Eindruck, daß sich niemand von der Opposition gegen die Hinrichtung der beiden italienischen Anarchisten gegen die Staatsautorität aufzulehnen wagt. — Gouverneur Fuller verließ gestern Boston, begleitet von mehreren Polizeiautos, um sich auf seinen Landsitz zu begeben. — Die Hinterbliebenen Saccos und Vanzettis wurden gestern morgen von Schreikrämpfen befallen, als sie von dem Tode der Ihren hörten. Die beiden Leichen wurden den Verwandten ausgehändigt. Sacco soll in Massachusett begraben werden, Vanzetti soll nach Italien überführt werden. Die Unterredung, die noch vorgestern Saccos Frau und Vanzettis Schwester mit Gouverneur Fuller gehabt haben, soll sehr dramatisch verlaufen sein. Frau Sacco versuchte,