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Fernsprecher: Nr. 18. Bezirks-Anzeiger uns Zeitung Telegr.-Adr.: Wochenblatt Pulsnitz. Erscheint: Dienstag, Donnerstag». Sonnabend. Mit „Jllustr. Sonntagsblan", „Landwirtschaft- icher Beilage" und „Für Haus und Herd". Abonnement: Monatlich 45 j>s., vierteljährlich 1.25 bei freier Zustellung ins Haus, durch die Post bezogen 1.26. des König!. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz. Inserate für denselben Tag sind bis vormittags 10 Uhr aufzugeben. Die fünf mal gespaltene Zeile oder deren Naum 12 Pf. Lokalprcis 10 Ps. Reklame 25 <f. Bei Wiederholungen Rabatt. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Erfüllungs-Ort ist Pulsnitz. Amtsdlsstl'N'iu sipn umsaisend dis Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Nieder- vrttt-t s 1 c.lt 4eA/lrlOOste stsina, Weißbach, Ober-u. Niederlichtenau, Friedersdors-Thiemsndors, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf. Druck und Verlag von L L. Förster'- Lrben Inh.: Z. w. Mobr.) Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 265. Verantwortlicher Redakteur H. w. Mohr in Pulsnitz. Nr. 34. Donnerstag, den 19. März 1908. 60. Jahrgang. Für Rinder und SchwejjX'^ftnd Ursprungszeugnisse mitzubringen. Donnerstag, dM-M. Mär;: Neawmarkt daselbst. Stavtrat zu Radeburg. Das MchLigüe vom Hage. Die Dresdner Maurer beschlossen, den Mustertaris des Deutschen Arbeitgeberbundes nicht anzunehmen. Das Zustandekommen des Vereinsgesetzes ist durch ein Kompromiß über den Sprachenparagraphen gesichert. Die Vereinsgesetzkommission des Reichstages begann gestern die zweite Lesung der Vereinsgesetzvorlage und erledigte sie bis auf den Sprachenparagra phen, über den heute erst beraten werden soll, cs steht indes fest, daß es zu einer Einigung unter den Blockparteien und mit der Regierung kom men wird. Nach einer telegraphischen Meldung des Gouverneurs von Deutsch - Südwestafrika ist die Abnahme der Eisenbahnlinie Otavi—Grootfontein und die Er öffnung des Verkehrs am 13. März erfolgt. Die Feier des 18. März ist in Berlin im allgemeinen ruhig verlaufen. Nur nachmittags ereigneten sich drei unbedeutende Zusammenstöße. Ois ^olonialvebatte. Der parlamentarische Himmel ist nicht mehr so bewölkt wie in den letzten Tagen und die Sonne der friedlichen Stimmung leuchtete auch über der Kolonial debatte. Man weiß, zu welch hitzigen Debatten es bei der Beratung des Kolonialetats in der Kommission ge kommen ist und welch scharfe Angriffe Staatssekretär Dernburg über sich ergehen lassen mußte und zwar gerade von Persönlichkeiten, welche bisher aus das Entschiedenste sür die Stärkung des kolonialen Gedankens eingetreten waren Diese Stimmung stand in einem merkwürdigen Gegensätze zu dem Jubel, mit welchem die Berufung Dernburgs seinerzeit ausgenommen worden war^ Aber es handelte sich hierbei nrcht um die Person des Staats sekretärs, sondern um die prinzipielle Auffassung bedeut samer Fragen der kolonialen Betätigung, wie Ansiedlung, Behandlung der Eingeborenen rc. Von der Konflikts stimmung, wie sie in der Budgetkommission herrschte, ist aber im Plenum kaum etwas wahrzunehmen, man be fleißigt sich allseitig größter Ruhe und Objektivität und läßt auch den Staatssekretär trotz manchen entgegenge setzten Standpunktes volle Gerechtigkeit widerfahren. Man hat eben das Gefühl, es mit einer Persönlichkeit zu tun zu haben, die genau weiß, was sie will und ein bestimmtes Ziel verfolgt, während man bisher mehr oder minder hin und her lavierte. Der Kolonialetat hat Hand und Fuß und der konservative Wortführer von Richthofen gab wohl nicht bloß der Ueberzeugung seiner Partei Ausdruck, als er erklärte, daß noch niemals der Etat mit einer so gründlichen Verteilung behandelt worden sei wie diesmal. In der Dienstagsitzung entwickelte Herr Dernburg noch mals fein Programm in großen Zügen und man muß es im allgemeinen sympathisch aufnehmen, wenn man vielleicht auch teilweife gelinde Zweifel hegt, ob sich alles so, wie es der Staatssekretär wünscht, durchführen lassen wird. Jedenfalls ist sein Standpunkt, daß die Neger zur Arbeit erzogen werden müssen, von nicht geringerer Be deutung sür die Entwickelung unserer Kolonien wie das vom Staatssekretär ausgestellte Bahnprogramm, welches hoffentlich die Billigung des Parlaments finden wird. Auch wäre es zu wünschen, daß die Erwartungen des Staatssekretärs, daß die Kolonien die für sie notwendigen Ausgaben selber amortisieren werden, in Erfüllung gehen. Alles in allem aber ist zu erkennen, daß in unsere Ko- lontalpolitik eine gewisse Stabilität kommen wird, welche für das Gedeihen unserer Schutzgebiete nur von Vorteil Osrtttcdss unS Säcdstscbss. Pulsnitz. Von Sonnabend bis Dienstag fand im Schützenhause das Musterungsgeschäft statt. Schon in den frühen Morgenstunden kamen die militärpflichtigen Mannschaften der benachbarten Dörfer in die Stadt herein, um ihrer Gestellungspflicht zu genügen. Diesen Gang zur Musterung wird manch einer mit gemischten Gefühlen angetreten haben; bedeutet er doch einen hoch wichtigen Abschnitt in dem Leben aller jungen Männer. Aber nicht allein der Soldatenkandidat sieht dem Ergebnis der Musterung mit gespannter Erwartung entgegen, son dern auch seine Familienangehörigen haben hohes Inte resse daran und alle fragen bei der Zurückkunft des Ge stellungspflichtigen aus der Stadt: „Bist Du Soldat geworden?" Auch das heimliche Liebchen des Jünglings möchte so schnell als möglich wissen, ob der Geliebte zur Armee gezogen wurde, und verstohlen blickt so manches Augenpaar von verborgener Stelle aus die lange Dorf straße entlang, um das gegebene Abzeichen, ein „rotes" oder „grünes" Sträußchen, am Hute des Herzliebsten er blicken zu können, das ihm altem Brauch gemäß alles andere kundtut. Ehe aber die Stadt verlassen wird, huloigt man noch ausgelassen Ler tollsten Freude und so manches muntere Liedchen erschallt. So mancher aber, der in diesem Jahre noch nicht als „tauglich" befunden wurde, hofft, daß im nächsten Jahre die Musterungs kommission ihn zum Soldaten erwählen wird, während wieder andere auf da? „dauernd untauglich' ihre Hoff nung setzen. — Von 42 Gestellungspflichtigen der Stadt Pulsnitz sind 16 Mann als tauglich befunden worden. — Wie wird das Wetter am Sonntag sein? Es sieht noch recht winterlich über Europa aus. Die letzte Zeit brachte im Norden Europas noch Kälte bis zu 28 Grad Celsius, auch heute herrschte im größten Teile Europas am Morgen Frost, es hatte Karlstadt 15, Wilna 12, Helsingfors 8, Haparanda 7, Stockholm, Riga, Pinsk 6 Grad Kälte. Es dringt jetzt aber von Westen bezw. Nordwesten her ein Depressionsgebiet ostwärts vor, das mildere Luft herbeiführen und damit die Kälte (es hatte fast ganz Deutschland am Morgen noch Frost) zurück drängen wird. Wenn auch ernstlich der Frühling noch nicht seinen Einzug halten wird, so erwarten wir doch für Sonntag leidlich milde Temperatur, aber fonst bei wechselnder Bewölkung etwas Mederschläge, da der jetzt vorrückenden Störung weitere vom Ozean folgen werden. — Und du, Herr Winter, tue uns einen Gefallen, drücke dich, es ist wirklich Zeit, komm zu gelegener Zeit wieder, da sollst du uns willkommen sein, jetzr aber mach dem holden Knaben Frühling die Herrschaft nicht streitig, y/. — Das neue 25-Pf g.-Stück wird nicht durch locht sein und aus einer ganz dünnen Platte aus reinem Nickel mit einem Durchmesser von etwa 23 mm bestehen. Die Größe der neuen Münze steht danach zwischen dem 20-Mark- und dem Einmarkstück. Gro stna undorf. Am nächsten Sonntag sollen im hiesigen Lunzeschen Gasthofe die Kinderauffüh rungen zum Besten der Schuluhr auf vielseitigen Wunsch hin wiederholt werden. Ein neues Stück ist zu den früheren hinzugefügt worden. Möchte die viele Mühe, die Herr Lehrer Blasius auf die Einübung derselben ver wendet hat, durch reichlichen Besuch von hier und der Umgegend gelohnt werden. Der Beginn ist auch diesmal auf 4 Uhr nachmittag festgesetzt. Namen;. Der vorige Woche vom Landwirtschaft lichen Institut der Universität zu Leipzig abgehaltene Weidekursus war von einer ansehnlichen Anzahl Land wirten aus ganz Sachsen besucht, aus der Amrshaupt- mannschaft Kamenz beteiligten sich daran die Herren Rittergutspachter Hauffe-Brauna, Gutsbesitzer B. Hantsche- Prietitz und Nicke jun.-Bischheim. Möge dieser Kursus der seine Fortsetzung voraussichtlich im lausenden Sommer, und nächsten Winter haben wird, in der eingeschlagenen Weidehaltung, insbesondere aber für die ganze heimische Viehzucht von Nutzen, dem Vaterlande aber zum natio nalen Wohlstände gereichen. Dresden. DemHospredigerKeßler in Potsdam hat der Kaiser nunmehr gestattet, einem Rufe nach Dresden an die Lukasgemeinde Folge zu leisten. Hofprediger Keßler wird voraussichtlich Ende Juni sein neues Amt antreten. Keßler war viele Jahre Erzieher der kaiserlichen Prinzen und wurde nach dieser Wirksamkeit vom Kaiser als Garnissionspfarrer an die große Garde-Garnission Pots dam berufen. — Die Wahlrechtsdeputation der sächsischen Zweiten Kammer beschloß in ihrer gestrigen Sitzung, das Schweige gebot über ihre Verhandlungen auszuheben und über den bisherigen Verlaus der Verhandlungen der Deputation einen offiziellen Bericht herauszugeben. In derselben Sitzung gab die Regierung ihren Willen kund, weiter für die Wahlrechtsreform zu arbeiten, und zwar in dem Sinn, daß ein Werk zustande komme, das die Unzufrie denheit über die Wahlrechtsverhältnisse beseitigt. — In Königsbrück ist am Montag Abend in der Wohnung des Schuhmachers Hofmann in der Poststraße die aus Lehm und Weller bestehende Decke des Wohnzim mers herabgestürzt. Ein 5 jähriges Kind wurde getötet, ein 4 jähriges erlitt einen Beinbruch. Bischofswerda. Sonntag abend Uhr ist nach langem, schwerem Leiden im Alter von 59 Jahren Herr Kommerzienrat Ernst Großmann-Herrmann, Ritter des Königlich Sächsischen Albrechtsordens 1. Klasse rc., Seniorchef des Hauses F. G. Herrmann 8: Sohn in Bischofswerda, gestorben. — In einem Schadenprozeß unterlegen ist in zwei Instanzen die Stadtgemeinde Radeberg. Sie hatte eine von einem Dresdner Kaufmann hinterlegte Straßenbau kaution in Höhe von 1100 M der Rechts,.achsolgerin des selben ausgezahlt, trotzdem die Rückzahlung nur gegen Rückgabe des Hinterlegungsscheins erfolgen durfte. Später verlangte der Dresdner Kaufmann auf Grund feines Scheines fein Geld zurück und wurde, als er es nicht er hielt klagbar. Die Stadt unterlag und hat außer etwa 600 M Kosten an Kapital und Zinsen 1332 M zu zahlen. Die Rechtsnachfolgerin des Dresdner Kaufmanns, eine Dresdner Grundstücksbank, an die sich die Stadtgemeinde nun zu hallen hätte, ist unterdessen fallit geworden. Meisten. In Spaar sprach ein noch junger „armer Reisender" bei einem Bäcker an und erhielt als Geschenk ein Hörnchen. Kaum war er aus der Straße, als er das Gebäck auf die Straße in den Schmutz warf und mit den Füßen zertrat. Hier hilft nur die Peitsche! Burgstädt. Der Verlust der Automobil-Omni bus-Gesellschaft Limbach-Burgstädt-Mittweida betrug für die Zeit vom 1. September 1906 bis 31. Dezember 1907 insgesamt 22 643 Mark. Annaberg. Der Vorstand des Sächsischen Ge meindetages hat beschlossen, im Jahre 1909 die Versamm lung des Sächsischen Gemeindetages hier abzuhalten. — Der finanzielle Effekt des im Juli 1906 hier abgehaltenen Heimatfestes ist, wie in der letzten Sta^toerordneten- sitzung bekannt gegeben wurde, ein Defizit von rund 4030 Mark. Säckfifcker Lanütag. cvb. Dresden, 17. März. Die Zweite Kammer nahm in ihrer heutigen Sitzung mehrere Petitionen lokaler und persönlicher Natur in Schlußberalung. Nach kurzer Debatte wurden dieselben teils der Regierung zur Kenntnisnahme überwiesen, teils für erledigt erklärt oder auf sich beruhen gelassen. Eine längere Beratung ent spann sich nur bei Beratung der Petition der Stadtgcmeinde Lengen feld, Mylau und Genossen, um Wetterführung der GöltzschtcUbahn von Mylau bis Greiz. An der Debatte beteiligten sich die Abgg. Merkel mall.), Neidhardt matl.), Opitz (konf.), Dr. Zöphel Mail.), Ehret lnatl.), Klötzer (kons.l, Langhammer (natl.), Gunther (freis.) und Ministerialdirektor Geheimrat v. Seydewitz. Die Petition wurde der Regierung zur Kenntnisnahme überwiesen, nachdem ein Antrag Merkel-Mylau auf Uebcrweisung zur Erwägung abgelehnt worden war. Nächste Sitzung Donnerstag Vormittag 11 Uhr. Auf der Tagesordnung steht u. a. die Interpellation Günther, Bär und Roch über den gegenwärtigen Stand der Wahlrechtsfrage.