Volltext Seite (XML)
RdpNU<M«A! strrtelj. 1 M. 50 Pf. «inschließl. de« .Illustr. NnterhaltungSbl/ u. der Humor. Beilage »Seifen- ölalen' in der Expedtüon, bei unseren Boten sowie bei allen Reich-vostcm freien. Lriegr.-Htrcsse . Ämtsdiatt. für den KM des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Beranlwortlicher Redakteur. Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. H r f ch e i ir t täglich abends mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage für den fol- gendenTag Jnsertionsp»eis: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 3t) Pf. Fernsprecher Nr. 2IV ^5 2» -------- 57. AaZrga « g. « Sonnabend, den 29. Januar Rußland und Oesterreich. Unsere Zeit ist eine überaus schnellebige und sie lernt auch schnell vergessen. Etwas mehr als ein Jahr ist es her, daß wegen des Balkans ein blutiger Welt krieg zu entbrennen drohte, dessen Folgen unüberseh bar gewesen wären. Damals standen sich Rußland rmd Oesterreich als die schroffsten Feinde gegenüber, und im Rußland tat man alles, um die Serben in die Verwick lungen hineinzustoßen, um eine Handhabe zu erhalten, eventuell selber zu intervenieren. An der Newa hatte man aber nicht an die tatkräftige Unterstützung Oester reichs durch das verbündete Deutschland gedacht und Hatte wohl geglaubt, daß Deutschland, welches an den Balkandingen kein Interesse hat, den Dingen freien Weg lassen würde. Wie eine Bombe platzte daher das offiziöse Eommuniquö in der „Norddeutschen Allgem. Zeitung'" dazwischen, in welchem klipp und klar gesagt wurdq, daß Deutschland den Bündnisfall für gekom men erachtet und Oesterreich entschieden auch in der Stunde der Not unterstützen würde. Von diesem Au- aenblick zuckte man im Petersburg zurück und gab die Serben preis. Es lag auf der Hand, daß eine schwere Verstimmung Zurückbleiben mußte, die sich in einer we nig freundlichen Gesinnung der Russen gegenüber Deutschland und Oesterreich äußern mußte Freilich kann man nicht immer seinen Gefühlen nachgeben, die grausame Staatsnotwendigkeit erfordert es oft genug, daß man Mißstimmungen zurücksetzt und dem bisherigen Gegner die Hand «reicht. So ist es auch anscheinend Rußland ergangen, nachdem man dort wohl erkennen mußte, daß bittere Revanchegedanken bei den übrigen Mächten wenig Anklang finden würden, man hätte wohl Rußland seiner Sympathien versichert, an tatkräfti ger Unterstützung würde es aber sicher gefehlt haben, denn heutzutage scheut jede Macht einen bewaffneten Konflikt, noch dazu, wenn es sich um einen Gegner wie Deutschland handelt. Unter diesen Umständen ist den Russen nichts anderes übrig geblieben, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Im erster Linie suchte man wieder Anschluß an Deutschland, da Rußland, namentlich in wirtschaftlicher Hinsicht, auf Deutschland angewiesen ist. Zu diesem Zwecke wurden die Kaiserbe- «aegnungen entriert, die zweifellos für die weitere Au ßenpolitik Rußlands maßgebend gewesen sein dürften. Nachhaltiger war jedoch die Verstimmung Rußlands gegen Oesterreich und dies führte sogar zu einem auf fälligen Schneiden der Donaumonarchie, namentlich bei der Reise des Zaren nach Italien, bei welcher man einen großen Bogen um Oesterreich herummgchte, wie denn überhaupt die Reise unternommen zu sein schien, um gegenüber Oesterreich einen Trumpf auszuspielen. In Racconigi hatte man in der Hauptsache die Bal kanfrage erörtert, hinterher scheinen aber doch an der Newa Gedanken aufgetaucht zu seim, Oesterreich nicht ganz bei Seite zu schieben«, indem man befürchtete, daß sich dann die Vorgänge bei der serbischen Krisis wie derholen könnten. Anders läßt es sich kaum erklären, daß nun mit einem Mal Nachrichten über Annäherungs versuche zwischen beiden Ländern kommen. Offiziöse Blätter wissen zu berichten^ daß nach Ansicht der Staats männer die von der jüngstem Balkankrisis zurückgeblie bene Verstimmung leicht zu neueü Reibungen führen könnte, und daß es aus diesem Grunde besser sei, das Vorgefallene zu vergessen«. Ueber diese Wepdung, wenn sie ehrlich gemeint ist, kann man sich nur aufrichtig freuen, weil hierdurch wieder ein Konfliktstoff aus der Welt geschafft würde. Der Balkan bietet eben große Fährnisse und es kann dort leicht auch zu Zusammen stößen zwischen den Mächten kommen, wenn eine ge reizte Stimmung vorhanden ist und man sich über ge wisse Punkte nicht rechtzeitig verständigt hat. Welcher Umstand in Wirklichkeit zu der Schwenkung in der jüng sten Richtung der russischen Außenpolitik geführt hat, ist bis jetzt noch nicht zu erkennen, aber welches auch die Motive sein mögen, so muß man doch zugeben, daß eine friedliche Uebereinkunft und Festlegung der bei derseitigen Ziele sich als einen erfreulichen Schritt dar stellt und für die Erhaltung des Weltfriedens ein ge wichtiges Moment in« die Wagschale wirft. Wir in Deutschland können uns über diesen Gang der Dinge nur von Herzen freuen, denn jede Belästigung unse res Bundesgenossen kann, wie der serbische Konflikt gezeigt hat, uns leicht mit in den Strudel hineinziehen. Daß Aehrenthal bei einem so wichtigen Schritte Deutsch land rechtzeitig in Kenntnis gesetzt hat, versteht sich von selbst und ein Wiener offiziöses Blatt versichert vbendrein, daß die deutsche Reichsregierung zu diesem jüngsten Schritte ihre freudige Zustimmung erteilt habe. Tagesgeschichte. Dentschlaxd. — Der Geburtstag des Kaisers. „Hohen- zollernwetter" lachte diesmal nicht über Berlin, das zur Feier des 27. Januars das gewohnte Festkleid an gelegt hatte. Doch herrschte ein angenehmes Winter wetter, und die fröhlichen Scharen, die von morgens an die Hauptstraßen bevölkerten, kehrten sich wenig an das leichte Schneetreiben. „Unter den Linden" prome nierten dichtgedrängte Mengen, dem großen Wecken, das morgens 8 Uhr begann, «beizuwohnen. Es nahm seinen Ausgang vom königlichen Schloß, langsamen Schrittes ging es am Denkmal des alten Fritz vorüber, dann in flottem Tempo bis zum Brandenburger Tor und wieder zurück zum «Schloß. Vor dem Schloß war das Niederländische Dankgebet gespielt worden; der Kaiser war ans Fenster getreten und hatte den Klängen des alten Liedes gelauscht. Nachdem der Kaiser die Glückwünsche der Familienmitglieder entgegengenom men hatte, begann die «Gratulationscour der Fürst lichkeiten, Hofstaaten und fremden Botschafter, woran sich dann die Paroleausgabe «im Zeughaus schloß. Die alljährlich zum Geburtstag des Kaisers veranstalte te Geweihausstellung, es ist diesmal die 16., hatte der Kaiser tags zuvor eröffnet. Nachmittags fand Gala diner im Schloß statt, eine Festaufführung im Opern haus beschloß den Tag. Die Hauptstraßen Berlins erstrahlten abends in reicher Illumination, in der die großen Geschäftshäuser wieder hervorragendes gelei stet hatten. Lebhaftes Treiben herrschte in den Straßen und in den Lokalen, wo sich genug der Feiernden zusam menfanden. Auch im Auslande ist überall da, wo Deut sche wohnen, der Geburtstag des Kaisers in gewohn ter Weise begangen worden Der Kaiser verlieh aus Anlaß seines Ge burtstages dem Reichskanzler von, Bethmann- Hollweg den hohen Orden vom Schwarzen Adler. Neue Aufgaben für den Reichstag. Nach einer Berliner Korrespondenz werden drei Ge setzentwürfe, nämlich das Stellenvermittelungsgesetz, das Arbeitskammergesetz und die Vorlage zur Regelung der Hausarbeit, schon in den nächsten Tagen dem Bun desrat zugehen. Man kann daher annehmen, daß die Vorlagen noch in der ersten Hälfte des Februar dem Reichstage zur Beratung überwiesen werden. Meiningen für die S ch i f f a h r t s a b g a - den. Der meiningische Staatsminister von Ziller er klärte im Landtag, die Staatsregierung werde dem Anträge Preußens zur Einführung von Schiffahrtsab gaben zustimmen. Diedeutsch-amcrika. nische »Handels beziehungen. Die Hoffnung auf Verhinderung ei nes deutsch-amerikanischen Zollkrieges gewinnt an Bo den, wenn auch die Meldungen über eine bereits erzielte Verständigung im Augenblicke noch den Tatsachen oor- auseilen. Alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß Deutschland nach dem 7. Februar zu denjenigen Staa ten gehören wstrd, die von der am 31. März in Kraft tretenden 25prozentigen amerikanischen Zollechöhung ausgeschlossen sind. Nach Newyorker Telegrammen des „B. T." wird Amerika die Frage der Bieheinfuhr nach Deutschland bei den Verhandlungen aus dem Spiele lassen, in der Ueberzeugung, daß von Deutschland Zu geständnisse in anderer Richtung gemacht werden. Ein amerikanischer Zollkrieg mit Frankreich gilt im Augen blicke für wahrscheinlicher als ein solcher mit Deutsch land. Der wirtschaftliche Ausschuß hat sich laut „Nat. Ztg." in der Fleischeinfuhrfrage aus Amerika unbe dingt auf den Standpunkt der deutschen Regierung gestellt, die jede Vermischung von Tariffragen mit vc terinär-polizeilichen Maßnahmen ablehnt. Der Handelsvertrag mit Portugal soll bereits am kommenden Montag den Reichstag be schäftigen; die Regierung wünscht die Entscheidung je doch hinausgeschoben zu sehen. Wie nachträglich be kannt wird, erklärte der Direktor des Reichsamts des Innern in der Kommissionssitzung, daß die portugiesi sche Regierung die Forderung der Deutschen erfüllt habe, wonach die Erhöhung der in der Tabelle vor gesehenen Tarife nur auf gesetzlichem Wege vorgenom men werden kann. Deutschtum und fremde Presse macht. Jrredenta-Stimmung erfüllt immer heißer die Presse unserer italienischen Bundesgenossen und wird zu ei ner Gefahr, der man ins Auge sehen muß. Freunde Italiens haben in jüngster Zeit wiederholt den Der such gemacht, durch deutsche Artikel dagegen anzukäm- psen und einerseits auf die Dornen der Jrredenta- Politik, andererseits auf die segensreichsten Kultur aufgaben des Apenninenvolkes zu verweisen. Es hat sich aber gezeigt, daß aus solchen Ausführungen, z. B. aus dem Essay «„Trient" im Dezemberheft der „Deutschen Rundschau", in der lsüdalpinen Presse nach Möglichkeit Stricke gedreht werden, um den, Dreibund zu erwürgen. Deutsch lesen, in Italien nur wenige, und wie soll man gegen, schiefe Berichterstattung aufkom men? Aehnlich waren wir vor einigen Jahren mit den Bereinigten Staaten auf «den toten Punkt gekom men, weil wir den, englischen Hctzartikeln nur deutsch geschriebene entgegenzustellen vermochten, die von den Amerikanern entweder garnicht gesehen oder verstüm melt und verdreht übernommen wurden, bis der deut sche Kaiser eingriff und uns durch den Professoren austausch anglo-amerikanische Freunde schuf, die jetzt in der Landessprache unsere friedlichen Absichten mit Erfolg klarstellen. Sind die „Dreadnoughts" de »„Nas saus" überlegen? Zu dieser Frage wird aus Marinekreisen geschrieben: Es ist in der Presse die Aeußerung gefallen, unsere neuen fertigen Linienschiffs der „Nassau"-Klasse seien langsamer als der Englän der „Dreadnought", «weil sie Kolbenmaschinen besäßen, außerdem seien sie schwächer armiert, da sie 28 Zenti meter-Geschütze gegen 30,5 Zentimeter des Engländers führten, ferner seien sie kleiner und kosteten mehr als die „Dreadnoughts". Was zunächst Größe und Ko sten anbelangt, so sei folgendes angeführt: Dread nought verdrängt 17 900 bis 18187 Tonnen Wasser. Die Schiffe der deutschen Nassau-Klasse verdrängen über 18500 Tonnen; sie sind also größer. „Dread nought" kostet nach Angaben des ersten Lords der Ad miralität im Parlament 40,149 Millionen Mark, die „Nassau" Klasse 36,8 Millionen. Die deutschen Schiffe simd also tatsächlich billiger. Daß sich ihre Herstel lungskosten auf 42 Millionen erhöhen sollen, ist «Sine Annahme, dir nicht begründet werden kann. Was diie Schnelligkeit anbelangt, so sind die erstem Schiffe der „Nassau"-Klasse über 20 Meilen «gelaufen, während „Dreadnought" es allerdings auf 21,4 Meilen gebracht hat. Allein einmal sind die Bedingungen der Probe führten in England leichter, als bei uns, und dann werden nach den Fahrten die Turbinen auseinanderg.e nommen und wieder zusammengesetzt. Es wird darüber geklagt, daß später die Schiffe bedeutend an Fahrt ver lieren. Jedenfalls ist es «allbekannt, daß in England die Kriegsschiffe niemals die Höchstergebnisse der Pro befahrten wieder erreichen. Der Ueberschuß an Schnei ligkeit ist darnach, falls er vorhanden sein sollte, sehr gering. Was nun die Artillerie beider Schiffe anbelangt, so trägt „Dreadnought" zehn 30,5 Zentimeter starke und 45 Kaliber lange Drahtrohre, wogegen die „Nassaus"' zwölf 50 Kaliber lange 28 Zentimeter und zwölf 50 Kali der lange 15 Zentimeter Krupps haben. Es dürfte viele Fachleute geben, welche die Armierung der deut schen Schiffe für überlegen halten, denn schon die 14 Geschütze mehr siiid wohl zu beachten, und was das ver Heerende Feuer der Mittelartillerie bedeutet, hat die Tschuschimaschlacht gelehrt. Mit der Ueberlegenheit des Engländers ist «es also, wie man sieht, nicht weit her. In Braunschweig fanden am Mittwoch an läßlich der Landtagseröffnung sozialdemokratische Wahlrechtskundgebungen statt, gegen die die Polizei mit blanker Waffe cinschritt. Nach amtlichen Darstellungen haben die sozialdemokratischen Kundge bungen stellenweise einen ernsten Charakter angenom men. Da die Menge der mehrmaligen Aufforderung der Polizeiorgane zum Auseinander- bezw. Weitergehen zum Trotz immer provozierender vorging, die Polizei Mannschaft mit Eisenstücken beworfen und da weiter aus der Menge ein Schuß abgegeben wurde, mußte die Polizei mit der blanken Waffe vorgehe-r, wobei meh rere Verletzungen, darunter auch einige schwere, vor kamen. Ein Mann, der einen zu ^Boden gestürzten Polizeibeamten am Boden festhielt und zu würgen ver suchte, erhielt einen schweren Säbelhieb über den Kopf und hat vermutlich eine Gehirnerschütterung erlitten. Mehrere Verhaftungen sind vorgenommen worden. Ein von der Menge besonders heftig attackierter Polizei wachtmeister ist ebenfalls, werpr auch nicht schwer, »er-