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Pulsnitzer Wckenblatt leiegr.-Hdr.: XVochenblatt Pulsnitz ttmls Les l^Önigl. Amtsgerichts und Les StaLtrates zu Pulsnitz Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem larik. Lrtüllungsort ist Pulsnitz. Inserate kür denselben lag sind bis vormittags 10 Uhr aufzugeben. Oie künk mal gespaltene Zeile oder deren Naum t 2 Pf., Lokalpreis 10 pk. Neklams 25 Pf. Sei Wiederholungen Nabatt. ssernsprecher: Nr. 18. SszirKs-Nnzeiger und Zeitung blatt Erscheint: Dienstag, Donnerstag u.Sonnabend. Mit „Illustr. Sonntagsblatt", ^Landwirtschaft licher Beilage" und „§ür Saus und Serd". Abonnement: Monatlich 45 pk., vierteljährlich Mk. 1.25 bei kreier Zustellung ins Saus, durch die Post bezogen Mk. 1.41. NiilLnil? umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, Sauswalds, Ohorn, Obersteina, Diedsr- ^llllVttlUll I Ur Ot-!i fl11l lDgV l lU^lOUV^ll u s-/UlSIUg, steina, Weißbach, Ober-u-Niederlichtenau^risdersdorf-lhiemenLork, Mittelbach, Orotznaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf. Druck und Verlag von L. L. Sörftsr's Erben (Inh.: I. W. Mohr). Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr.265. Verantwortlicher Bedaktsur: I. VV. Mohr in Pulsnitz. Ur. 77. Dienstag, den 29. Juni 1909. 6I. Jahrgang. Das Wichtigste. Aus einer offiziösen Berliner Meldung der „Franks. Ztg." geht hervor, daß der Kaiser einer Auflösung des Reichstages keinen Widerstand entgegensetzen wird. Das deutsche Derby (100000 Mark), das gestern in Hamburg zur Entscheidung kam, gewann der Gra- ditzer „Arnfried" vor „Kahlenberg". — Im Grand Brix de Paris (300000 Franken) siegte Baron M. Rothschilds „Verdun" unter Barat in einem Felde von 11 Pferden. Die streikenden Seeleute in Marsaille haben infolge des Schiedsspruchs gestern die Arbeit wieder aus genommen. Der Kaiser hat das Gesuch des Reichskanzlers um so fortige Entlassung abgelehnt. Das russische Kaiserpaar hat dem schwedischen Hofe in Stockholm einen Besuch abgestattet. Bei dem Galadiner am Sonnabend wechselten der Zar und der König von Schweden herzlich gehaltene Trink sprüche. Die „Nordd. Allg. Ztg." bestätigt, daß der Kanzler nur noch so lange im Amte zu bleiben gedenkt, bis die Reichsfinanzreform zustande gebracht wor den sei. Wegen versuchten und vollendeten Verrats militärischer Geheimnisse wurde der 20 Jahre alte Arbeiter Franz Georg Adam Werum aus Mainz vom ver einigten zweiten und dritten Strafsenat des Reichs gerichts zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. König Eduard trifft am 15. August in Marienbad ein. Reine MW. — Schneller wie man erwartet, ist Fürst Bülow aus Kiel zurückgekehrt, und sofort hat man offiziös bekannt gegeben, daß der Kaiser das Rücktrittsgesuch des Reichs kanzlers abgelehnt habe, mit dem Bemerken, daß das baldige Zustandekommen der Finanzreform für das Reich eine Lebensfrage sei und daß dem Ersuchen nicht eher näher getreten werden könne, als bis die Arbeiten für die Finanzreform ein für die verbündeten Regierungen annehmbares Ergebnis gezeitigt haben würden. Eine de- finitive Lösung hat also die Kieler R.ise des Fürsten Bülow nicht gebracht, vor allem aber keine Auflösung. Nach den letzten Ausführungen in den der Regierung nahe stehenden Blättern ließ sich dieser Ausgang ziemlich sicher voraussehen, es wurde immer wieder betont, daß defini tive Maßnahmen des Reichskanzlers und der verbündeten Regierungen nicht eher zu erwarten seien, als bis die Finanzreform in dritter Lesung erledigt sei. Das eine ist klar, die Erbschaftssteuer ist unter dem Zwange der Verhältnisse von der Rsichsregierung fallen gelassen wor den so entschieden man auch in der letzten Zeit sich da für ins Zeug gelegt hat. Eine in dem Wochenrückblick der Nordd. Ällg. Ztg." enthaltene Auslassung, zweifsellos offiziösen Ursprunges, weist darauf hin, daß die neue Mehrheit nach Ablehnung der Erbschaftssteuer Ersatzvor lagen bieten müsse, welche mit den Grundsätzen der Ge rechtigkeit vereinbart sind und nicht an die Que^n des Wohlstandes des Reiches rühren. Man will sich also eventuell mit anderen Steuern begnügen, wenn man auch offiziöserseits sich mit aller Entschiedenheit gegen eine Ko- tierungssteuer und die etwa geplante Aufzwmgung eines Mantelgesetzes wendet. Es scheint, daß man von Regie rungsseite neben Verzicht aus Mühlenumsatzsteuer und Kohlenausfuhrzoll von den Konservativen Beseitigung oder zum mindesten Milderung der Kotierungssteuer for dert. Man darf annehmen, daß es die Rechte nicht wird zum äußersten kommen lassen, da die alsdann unfehlbar eintretende Reichstagsauflösung schwerlich etwas gutes bringen könnte; aller Voraussicht nach wird man auch mit einem Einlenken von dieser Sette rechnen dürfen, denn die parteioffiziöse konservative Korrespondenz ver öffentlichte am Sonnabend eine Erklärung in welcher es hieß, daß nach dem Falle der Erbschaftssteuer eine schnelle Erledigung der Ftnanzreform unbedingt gefördert werden müffe und daß es unter Umständen notwendig sei, auch ein Opfer der eigenen Ansichten zu bringen. Dieser Fall ist wohl jetzt eingetreten, und in den nächsten Tagen wird sicherlich auf das allereifrigste gearbeitet werden, um eine Einigung anzubahnen. Aus eine Mitarbeit der Linken wird man unter den obwaltenden Umständen freilich ver zichten müssen, denn der Ausgang der Krisis kann die linksstehenden Parteien, die gleichfalls ihre Zustimmung am Reformwerk von der Annahme der Erbanfallsteuer abhängig gemacht hatten, kaum befriedigen. Von dieser Seite hätte man im Hinblick auf die Stimmung weiter Kreise des Volkes einen frischen fröhlichen Wahlkampf ge wünscht, von dem man ja nur Vorteile gehabt hätte. Aber in Regierungskreisen möchte man eben eine Auf lösung vermeiden, weil man wohl eine Mehrheit für die Erbschaftssteuer und die übrigen der Regierung genehmen Steuerprojekte erhalten würde, im übrigen aber mit einem vielleicht mehr nach links neigenden Parlamente nicht gern arbeiten möchte. Welche Ereignisse also wirklich eintreten werden, ist auch heute noch recht ungewiß; lenkt die neue Mehrheit em, dann wird die Finanzreform viel leicht ohne die Erbanfallsteuer gemacht werden und Fürst Bülow zieht sich alsdann in das Privatleben zurück. Werden aber die von der Regierung abgelehnten Steuer projekte aufrecht erhalten, dann kommt unbedingt eine Auflösung des Reichstages, indessen ist dieser Ausgang der unwahrscheinlichere. Weit eher hat man mit dem Rücktritt des Fürsten Bülow zu rechnen; wer jedoch sein Nachfolger sein würde ist trotz aller Namen, die bereits jetzt genannt werden, völlig ungewiß. Vorläufig heißt es abwarten, um den 10. Juli herum wird man vielleicht wissen, was die Glocke geschlagen hat. * * * . Die Mitteilung von dem vorläufigen Verbleiben des Fürsten Bülow im Amte ist den Blättern erst so spät abends zugestellt worden, daß ein großer Teil sich ledig lich auf die Wiedergabe der Meldung beschränken mußte. Soweit man bereits Kommentare bringt, herrscht die Ueberzeugung vor, daß noch immerhin keine volle Klar heit erziehlt sei, was eigentlich kommen werde, wenngleich man an ein dauerndes Verbleiben des Reichskanzlers nicht zu glauben vermag. Die „Kreuzzeitung" be merkt kurz: Wir freuen uns der Entscheidung des Kaisers, da wir unter den gegenwärtigen Verhältnissen und be sonders auch mit Rücksicht auf das notwendige Zustande kommen der Reichsfinanzreform ein Verbleiben des Für sten Bülow in seinen Aemtern für erforderlich halten und keinen Anlaß zu seinem Rücktritt zu erkennen ver mögen. — Auch die „Deutsche Tag es ztg." erklärt: Ein Verbleiben des Fürsten Bülow könne der Erledigung der Finanzreform nur förderlich sein, und die Entschließung des Kaisers sei mit aufrichtiger Genugtuung zu begrüßen. Das Blatt glaubt nicht ohne weiteres annehmen zu sol len, daß in der kaiserlichen Willensmeinung bereits die Zustimmung zu einem Abschiedsgesuch des Reichskanzlers nach dem Gelingen der Reform ausgedrückt sein soll. Weiterhin wendet sich das Organ gegen die vorgestrigen Ausführungen der „Nordd. Allg. Ztg ", und meint, die Regierung hätte die Pflicht neue Ersatzsteuern vorzuschla gen, da sie auf keinen Fall die Negationstaktik der Lin ken adoptieren dürfe. — Auf der anderen Seite ist die „Tägl. Rund sch." über diesen Ausgang verstimmt, und meint, damit wäre auch der zweite Sieg des Zentrums durch die Konservativen errungen. Der Sturz des Kanz lers sei vom Standpunkte des Zentrums aus eine ge lungene Rache, vom Standpunkte der Konservativen aus eine sinnlose und treulose Tat, vom vaterländischen Standpunkte aus ein schwer zu ersetzender Verlust. Wie das Blatt erfahren haben will, habe Bülow in seiner Unterredung mit dem Kaiser ausdrücklich betont, daß er sein Abschiedsgesuch einreichen müsse, weil die Konserva tiven ihn im Stich gelassen hätten. Wenn die Konser vativen hofften, daß ein Nachfolger Bülows kommen werde, der sich zum Geschäftsführer der Konservativen degradieren lasse, so würden sie sich schwer irren. — Das „Berl. Tagebl." meint: Die offiziöse Note zeige deut lich, daß der Rücktritt Bülows beschlossene Sache sei. Da er den Reichstag nicht aufzulösen wage und auf Wunsch des Kaisers noch irgend welche Finanzreform zu stande bringen will, so bleibt ihm nichts übrig als mit seinen Besiegern zu verhandeln, obwohl er genau wisse, einen wie üblen Eindruck diese neue Abhandlung mit der konservativ - klerikalen Koalition auf die öffentliche Meinung machen müffe. Es sei zu bedauern, daß Fürst Bülow der neuen Koalition unterliege, er habe ihr aber durch seine Nachgibigkeit den Steg leicht gemacht. Osrtttckss und Säcksisckss. Pulsnitz. Am Sonntag früh »/«1 Uhr verschied nach nur kurzer Krankheit der Oberförster und Gutsvorsteher Herr Friedrich Ulbricht im 70. Lebensjahre. Der Verstor bene, welcher seit dem 1. Mai 1882 der früher von Posernschen und jetzigen von Helldorffschen Ritterguts herrschaft treu und gewissenhaft gedient hat, nahm als Soldat beim ehemaligen Leipziger Jäger-Bataillon an dem Feldzug im Jahre 1866 teil. Alle, die mit dem Verstor benen während der langjährigen Berufstätigkeit in Ver kehr standen, werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Pulsnitz. Der letzte Sonntag verregnet! DaS ist nach der Meinung der aufmerksamen Landleute ein gar schlim mes Zeichen, da es ja am „Siebenschläsertag" nicht reg nen darf. Nun, zur Beruhigung der ländlichen Gemüter diene hier die Erklärung, daß dem Siebenschläfertag nach dem neuen Kalender eine Bedeutung nicht zukommt, son dern unter Hinzurechnung von 13 Tagen erst am 9. Juli die Entscheidung des Wetters zu erwarten steht. Hoffent lich wird uns jetzt noch andauernd gutes Wetter zur Heu ernte beschert! — St. Peter- und Panlstag ist heute, am 29. Juni. Mit frommem Schauer vermag der Gläubige die Namen der beiden hohen Apostel St. Petrus und St. Paulus zu nennen, denn sie sind die Säulen unserer Kirche, deren fester Grundstein Jesus Christus ist. So darf es uns nicht Wunder nehmen, daß schon in der alten Kirche das Bedürfnis sich geltend machte, den beiden Aposteln einen besonderen Festtag zu weihen. Der St. Peter-und Pauls tag ist aber auch ein wichtiger Wettertag, er ist der ge fürchtete Tag der heftigen Sommerstürme, die namentlich in der Nähe der Küsten der Schiffahrt sehr gefährlich werden können. Diese Stürme treten dann besonders stark auf, wenn der Juni in seinem ganzen Verlaufe sonnig und schön gewesen und erst der Siebenschläfer nasse Witterung gebracht hat. Der plötzliche Wechsel in der Ausstrahlung der Erdwärme führt eine ebenso plötz liche Luftabkühlung mit sich, sodaß hierin der eigentliche Grund der Peter-PaulSstÜrme zu suchen ist. Jedenfalls ist ein stürmischer Peter-PaulStag die beite Prognose für einen regnerischen Mariä Heimsuchungstag. — Die Ziehung der 2. Klasse der 156. Königl. Sachs. Landeslotterie findet am 14. und 15. Juli statt. — Eine größere militärische Ucbuug hält gegenwärtig das Königlich Preußische Tclegraphen-Bataillon ab. Auf der Strecke Wittenberg—Röderau—Kamenz—Uckro werden diese Uebungen abgehalten; e§ werden Telegraphen- und Fernsprechleitungen wie in Kriegszeiten hergestellt und zwar errichteten solche vom 14.-24. Juni aus der Strecke Wittenberg—Röderau die 1. Kompagnie, vom 24. Juni bis 5. Juli auf der Strecke Röderau über Großenhain nach Kamenz die 3. (sächsische) Kompagnie und vom 5. bis 15. Juli auf der Strecke Kamenz—Uckro die 2. Kom pagnie. In Großenhain, Wildenham, Skassa, Folbern und Weßnitz waren am Freitag von der 3. (sächsischen) Kompagnie 5 Offiziere und 119 Mannschaften zu ver- quartieren. Das Kommando und die Mehrzahl der Mann- fchaften lag in Großenhain. Am Freitag wurden drei Zweigleitungen hergestellt und zwar die Linie Wilden hain-Großenhain, Großenhain—Folbern und Großen hain—Weßnitz. Das Stationszimmer befindet sich im Großenhainer Ratskeller. Am Donnerstag wurden die Linien Glaubitz—Radewitz—Colmnitz und Glaubitz- Skassa errichtet. Sonnabend und Sonntag war das Kommando in Lauterbach. Es wurden da die Ortschaften Beiersdorf, Großdobritz, Naunhof, Steinbach und Ebers bach belegt. Von gestern Montag an wird sich die Kom pagnie drei Tage lang in und um Radeburg befinden. Freitag gegen Mittag wird die 3. Kompagnie des Tele graphenbataillons (4 Offiziere, 80 Mannschaften) in Pu.s- nitz Quartier beziehen. Großnaundorf. Für das erledigte Pfarramt hierselbst sind vom L^ndeskonsistorium als Gastprediger vorgeschla gen worden die Herren Pastor Frotscher in Leuben bei Riesa, Hilfsgeistlicher Kaiser in Thalheim im Erzgebirge und Pastor Worm in Gröba bei Riesa. Die Gastpredig ten sollen an den nächsten drei Sonntagen stattfis^>en. — Die Abschiedspredigt des Herrn Pastor Kunze ist auf