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Wochenblatt Telegramm- Messe: wocliendla.l pulsM. Pennspeeebep »0. >8. 1- L1. Erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Beiblätter: Illustr. Sonntags- ! blatt und landw. Beilage. Abonnement: Monatl. soH., vierteljährlich z.25 bei freier Zustellung ms Haus, ! durch die Post bezogen unter ! Nr. sso2 z.-^o. für Pulsnitz und Umgegend Amts Blatt des könlgl. rimtsgeplckts und des Stadtratkes Lu pulsnits. Inserate für denselben Tag sind bis vormittags zo Uhr aufzugeben. Preis für die einspalt. Zeile oder deren Raum zo H. Reklame 20 H. Bei Wiederholungen Rabatt. Alle Annoncen Expeditionen nehmen Inserate entgegen. rt - ' Amtsblatt für den Bezirk des Uönigl. Amtsgerichts Pulsnitz, umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz rn. s., Böhmisch-Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig Hauswalde, Ohorn, Oberstem«, Niedersteina, Weißbach, Oberlichtenau, Niederlichtenau, Friedersdorf-Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Rlein-Dittmannsdokf. Druck und Verlag von L. L Förster'» Erben. Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. ^ss'. . Verantwortlicher Redakteur Otto vorn in Pulsnitz. Ar. 143. Donnerstag, den 3. Dezember 1903 55. Jahrgang. Die beiden Pulsnitzer Sparkaffenbücher Nr. 13348 und „ 21039 werden hiermit gemäß 8 11 des Regulativ« für ungültig erklärt. PulSnitz, den 1. Dezember 1903, Der Stadtrat. vr. Michael, Bürgermeister. R. Neueste Ereignisse. Am Montag wurde in Dresden-Plauen die Kauf mannswitwe Danneberg in ihrer Wohnung er mordet aufgefunden. In Leipzig wurde gestern Nachmittag der 57 Jahre alte Trödler Joseph Cohn ermordet. Dem Bildhauer Professor Reinhold Begas sind vom Kaiser die Brillanten zum Kreuz der Komture des Hausordens von Hohenzollern ver liehen worden. Der Kaiser wird am 19. Dezember in Hannover der Feier der Jubiläumsregimenter beiwohnen. Von Seiten der deutschen Botschaft in Washington wird erklärt, daß Deutschland die Republik Panama anerkannt hat. Die Strafkammer in Berlin verurteilte den sozial demokratischen Reichstagsabgeordneten vr. Herz feld zu 14 Tagen Gefängnis, weil er bei der letzten Reichstagswahl zweimal gewählt hat. In Wien fand in der Universität eine Gedenkfeier für Theodor Mommsen statt. Bei Station Friemerheim (Rheinprovinz) stießen zwei Güterzüge zusammen. Zwei Bremser wurden getötet, der Materialschaden ist groß. Das ungarische Dorf Babomir wurde von einer- großen Feuersbrunst heimgesucht, mehrere Men schen kamen umS Leben. Die Rede des sächsischen Finanzmiuisters ve. Rüger über die Finanzlage Sachsens «ud die Notwendigkeit einer Reform der Reichsfiuauzen. Die große Rede, welche am Montag der Finanzmi nister vr. Rüger in der Zweiten sächsischen Kammer ge halten, hat nicht nur für die Finanzlage Sachsen«, sondern auch für die aller deutschen Bundesstaaten eine große Be deutung, denn vr. Rüger bewies in seinen Ausführungen, daß er den Ursachen der heutigen Finanzkalamitäten in den Bundesstaaten und im Reiche mit großem Scharfblick auf den Grund gegangen ist, und wenn er allen Staats männern, Politikern und Steuerzahlern SachsenS und auch des Reiches viele bittere und ernste Wahrheiten in seiner Rede gesagt hat, so sind diese Wahrheiten aber keineswegs alle unerfreulich und hoffnungslos. Am lehrreichsten hal ten wir die Erklärung des vr. Rüger über das Finanz- wesen Sachsen», worüber er sagte, daß die früheren Jahre scheinbarer Ueberschüsse eigentlich Jahre verhüllten Defizits und sorglosen Schuldenmachens waren. Diese Wahrheit trifft nämlich nicht nur für das Königreich Sachsen, wel che» durch sorglose Borgwirtschast leider über eine Milliarde Schulden gemacht hat, voll und ganz zu, sondern sie paßt auch ganz und gar für die Finanzen und Schulden des Deutschen Reiche». Zur Beseitigung dieser finanziellen Ka lamitäten kennt vr. Rüger nur da» eine Mittel, eiserne Sparsamkeit und strenge Anwendung der mit neuen Be stimmungen versehenen Staatshaushaltskontrolle. Hatte daher in Sachsen die Finanzperiode 1900/1901 noch mit eineui Defizit von 7 Millionen Mark abgeschlossen, so wird die Finanzpertode 1902/1903 kein Defizit, sondern schon einen erheblichen Ueberschuß enthalten. Natürlich war die» nicht nur durch Ersparnisse auf allen Wirtschaftsge bieten de» StaateS, sondern auch durch die Inanspruchnahme der vollen Steuerkraft de» Landes zu erreichen. Die be- deutenden Ersparnisse auf dem die StaatSfinanzen am meisten belastenden Gebiete des sächsischen StaatSeisenbahn« wesen- konnten auch durchgeführt werden, ohne die Sicher, heit und Leistungsfähigkeit der StaatSeisenbahnen zu be einträchtigen. Die ungünstige Finanzlage SachsenS hat übrigens ihren Grund nicht nur in dem lange Jahre au»- geübten sorglosen Schuldenmachen, sordern sie ist mit her- vorgerufen worden durch notwendige Mehrausgaben des modernen Staatswesen». Auffallend und in gewisser Hin sicht erfreulich ist die große Steigerung der Ausgaben, die in Sachsen für da» BildungSwesen in allen Schulen seit 23 Jahren gemacht wurden. Im Jahre 1880 zahlte der sächsische Staat für die Volksschulen nur 3'/, Millionen jährlichen Zuschuß, jetzt zahlt er aber 17 Millionen. Die große sächsische Landesuniversität zu Leipzig kostete dem Staate im Jahre 1880 nur 1'/« Millionen Mark Zuschuß, jetzt über 6 Millionen jährlich. Ebenso sind die allgemein nen StaatSbedürsnisse in Sachsen von 68 auf 90 Milli- onen Mark jährlich gestiegen. Dazu kommt, daß die Ma- trikularbeiträge der Bundesstaaten für das Reich zu einer unerträglichen Höhe angeschwollen sind, und wie der säch sische Finanzminifter vr. Rüger betonte, auch leicht noch eine Erhöhung erfahren können. Deshalb fordert die säch sische Regierung dringend eine ReichSfinanzresorm, als eine der Hauptbedingungen für die sächsische Finanzreform selbst, denn die immermehr gestiegenen Matrikularbeiträge in die ReichSkasse können die Bundesstaaten auf die Dauer nicht leisten. Die Notwendigkeit der Reichsfinanzreform festhal tend, hält die sächsische Regierung dieselbe aber nur gedeih lich, wenn dem Reiche neue Einnahmequellen durch Zölle und indirekte Steuern erschlossen werden, und lehnt die sächsische Regierung die Einführung direkter Reichssteuern, zumal auch die Einführung einer ReichserbschastSsteuer entschieden ab. Au» diesen Ausführungen des sächsischen Finanzministers erkennt man klar und deutlich die Ziele, um welche im sächsischen Landtage, noch mehr aber im neuen deutschen Reichstage über das schwerwiegende Thema „Finanzreform" beraten und gekämpft werden wird und diese Ziele müssen zur finanziellen Gesundung der Finan zen der Bundesstaaten und des Reiches unbedingt erreicht werden. vertttche mü» sächsische Augelegeuhette«. — Die Weihnachtszeit ist angebrochen. Die Vorfreude auf das schönste Fest im Jahre beherrscht die Stimmung. Alle heimlichen Vorbereitungen für den Christabend spin nen im traulichen Heim ihre bindenden Fäden und lassen den Gedanken an des Tages Last und Arbeit weniger Raum. Sich begnügen, heißt eS im kalten Winter für Tausende und Abertausende von Familien, aber die Helle WeihnachtSlust, die unS aus den Augen der Jugend ent gegenstrahlt, ist eine Sonne, vor welcher daS EiS der täglichen Verdrießlichkeiten nicht Stand hält. Wie die Kleinen sich die nahe Zukunft auSmalen, wie sie um ein nichts in Helle Freude geraten, wie sie nicht genug von den Wundern deS Weihnachtsmannes plaudern können, die sie in einem Schaufenster erblickt, wie sie lachen und singen: da- ist die Jugendpoesie, die sich nur bet unS in Deutschland so rein findet, die wir darum hegen und pflegen wollen in unseren anspruchsvollen Tagen, wie un sere Väter und Großväter es einst in bescheideneren Zeiten getan haben. Kamenz, 2, Dezember. Gestern Vormittag hielt Herr Oberkirchenrat Meier-Bautzen die diesjährige Diözesan Ver sammlung de» Kamenzer Bezirk» im Bürgersaal« de« hiesi gen Rathauses ab. Zu derselben waren einige sechzig Diöze sane« «schienen. Nach gemeinsamem Gesang de« Verse» „Wie soll ich dich empfangen?" eröffnete Herr Oberkirchen rat Meier die Versammlung mit Gebet. Seiner die gegen wärtige Zeit beleuchtenden, die Herzen ermutigenden und stär kenden Ansprache hatte derselbe.Luc. 1, 68 zugrunde gelegt. (Gelobt sei der Herr, der Gott Israel'«, denn er hat be suchet und erlöset sein Volk I) Den Hauptvortrag hielt Herr Anstaltspfarrer Saxe-Großschweidnitz über das Thema: Die Stellung der Kirche zu den Geisteskranken einst und jetzt. Auf Vorschlag de« Herrn Oberkirchenrat« wurde sodann von der Diözesanversammlung einstimmig beschlossen, den Kirchen, vorständen deS Bezirk« zu empfehlen: 1) in den Hilfsverein für Geisteskranke einzutreten, 2) die Teilnahme der Gemeinde an der Liturgie zu fördern und 3) die Gebühren für Kon. firmandenunterricht, Konfirmation und Krankenkommunionen abzuschaffen. Ferner wurde ein au» 8 Herren zusammenge setzter Ausschuß damit betraut, den Verein zur Fürsorge für Strafentlassene wieder ins Leben zu rufen. Nachdem noch Herr Kammerherr von Bünau um freundliche Unterstützung de« neubrgründeten Bezirksverein« für innere Mission ge beten hatte, wurde die Versammlung mit Gesang und Gebet de« heiligen Vaterunsers beschlossen. Dresden, 1. Dezember. Eine blutige Mordtat ist gestern Abend in der Zeit von 5 bi» 8 Uhr in der Villa Camilla, Bienertstraße 29, in Vorstadt Plauen verübt worden. Als gegen 9 Uhr die 28jährtge Tochter der Kauf- mannSwiiwe Emilie Danneberg nach Hause kam, und die Korridortür öffnete, fand sie ihre 66 Jahre alte Mutter mit schweren Kopfwunden bedeckt tot im Blute vor. Der hinzugezogene Arzt stellte fest, daß die Tat durch Schläge mit einem vierkantigen Instrumente, vermutlich einer Rüst- klammer, einem Schieferdeckerhammer ober dergleichen aus- geführt worden ist. Mit dem anscheinend gleichen Werk zeuge hat der Täter einen im Wohnzimmer stehenden Schreibsekretär an'verschiedenen Stellen angehackt und zu öffnen gesucht. Die im Besitze der Verstorbenen gewesenen Wertpapiere und ein Sparkassenbuch hat er nicht gefunden, dagegen sind ihm mehrere in einem Kästchen aufbewahrte Schmuckstücke, als: eine goldene Brosche in Hufeisenform, eine Mosaikbrosche, die Einlage eine Ruine darstellend, ein goldener Ohrring mit WachSperle, ein Paar goldene Ohr ringe, runde Platte mit eingraviertem Stern, ein goldener Damenring mit einem eingelegten Rubin in die Hände ge fallen, vielleicht auch einige» Kleingeld. Der Täter hat sich vermutlich stark mit Blut besudelt und sich hiervon anderswo gereinigt. Gegen 10 Uhr erschienen 12 Kriminalbeamte und durchsuchten die Villa und den Garten nach dem Atten täter. In dem mit Schnee bedeckten Garten fand man nun Fußtapsen vor, in welch letzteren Schuhspuren abgedrückt waren. Dieses Merkmal führte zu der Verhastung eines im Souterrain der Villa wohnenden jungen Menschen. Da die ser jedoch sein Alibi nachweisen konnte, wurde seine Wieder- freilassung verfügt. Verschiedene Wahrnehmungen lassen daraus schließen, daß der Mörder in der Wohnung der alten Dame, welche kürzlich 2000 Mk. in der Lotterie gewonnen hatte, nach Geld gesucht hat. ES besteht der dringende Verdacht, daß der eigene Sohn, ein in Berlin lebender miß ratener junger Mensch, die Mordtat an der eigenen Mutter vollführt hat. Letztere hat wiederholt geäußert, daß eS ihr unerwünscht sei, wenn jener Kenntnis von ihrer Wohnung erlange. Heute Vormittag erschien die Staatsanwaltschaft an der Mordstelle, von wo dann die Leiche nach dem Fried- Hofe überführt wurde. Recherchen nach dem Sohne sind sofort eingeleitet worden. Dresden, 2. Dezember. AIS Mörder der am 30. vor. Monat- in DreSden-Plauen tot aufgesundenen Kauf- mannSwitwe Danneberg war u. a. ein in Berlin aufhält, licher Sohn der Ermordeten in Frage gezogen worden. Die in Berlin sofort seitens hiesiger Kriminalbeamten an gegebenen Recherchen haben aber ergeben, daß der Erwähnte al- Täter nicht in Betracht kommt. In der Mordangelegen-