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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementsprcis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pf. prsenumeranäo. Anzeiger für Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehende« Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit io Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- nnd Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. SS. Sonnabend, den 8. Mai 1880.5. Jahrg. Bekanntmachung. Die am 30. April d. I. fällig gewesene Einkommensteuer pr. 1. Termin ist spätestens bis zum 2«. Mai u. o. bei Vermeidttng executivischer Beitreibung an hiesige Stadtsteuereinnahme pünktlich zu entrichten. Zwönitz, am 1. Mai 1880. Der Bürgermeister. Schönherr. Tagesgeschichte. Deutschland. Der Neichscommifsar für die australischen Welt-Ausstellungen macht durch Circular die Vorschriften der Ver sendung derjenigen Güter bekannt, welche von Hamburg aus zur Verschiffung nach Melbourne kommen. Dieselben müssen spätestens am 30. Mai in Hamburg eintreffen. — Die provisorische Verlänger ung des deutsch-schweizerischen Handelsvertrages bis zum 30. Juni 1881 ist am Sonnabend durch den Geheimrath Philippsborn und den Minister Noth vollzogen worden. — Die wieder zunehmende Auswanderung soll bei dem Reichskanzler Erwägung über die na tionale Fürsorge für dieselbe, sowie die Erwerbung überseeischer Handelskolonien hervorgerufen haben. Es dürfte demnach die Ver- muthung nicht unbegründet sein, daß trotz der Ablehnung der Samoa- Vorlage das Vorgehen des Reichskanzlers in der bezeichneten Rich tung voraussichtlich beschleunigt und verstärkt werden dürfte. Braunschweig, 2. Mai. Heute wurde hier Wilhelm Bracke, einer der Führer der deutschen Socialdemokratie, zur ewigen Ruhe bestattet. Obgleich derselbe schon am Dienstag, den 27. April, ge storben, so wurde das Leichenbegänguiß doch vis zum Sonntag ver schoben, um, wie man annimmt, den hiesigen und den von außerhalb angemeldeten Arbeitern, welche ihrem verehrten Führer das letzte Geleit geben wollten, hierzu Gelegenheit zu bieten. Und so gestaltete sich das Leichengefolge in der That zu einem derartig imposanten, daß wohl mit Recht behauptet werden kann, Braunschweig habe ein solches Leichenbegänguiß noch nie gesehen. — Auch ein großer Theil der hiesigen Bürgerschaft nahm daran direct oder indirect Theil, so daß die zu passirenden Straßen und Plätze nicht Naum boten für alle Herbeieilenden. Das Leichenbegänguiß an sich war durchaus ein fach und jeder Prunk, außer dem reichen Blumenschmuck, war ver mieden; auch Reden und Gesang am Grabe fielen fort. Von aus wärtigen Führern der Partei sollen Bebel, Liebknecht, Fritzsche und Hasselmann hier gewesen sein. Oesterreich. Der volksmirthschaftliche Ausschuß des Abgeord netenhauses hat die Ueberkuuft zwischen Oesterreich und Deutschland über die Verlängerung des Handelsprovisoriums bis zum 30. Juni 1881 unverändert angenommen. Bezüglich des Veredelungsverkehrs wurde mit 13 gegen 10 Stimmen eine beantragte Resolution an genommen, in welcher die Negierung aufgefordert wird, unbeschadet des Grenzverkehrs dafür Sorge zu tragen, daß mit dem 30. Juni 1881 der bisherige Veredelungsverkehr ausgehoben werde. Frankreich. Obgleich der Prinz Napoleon die Sache des demokratischen Imperialismus noch nicht verloren giebt und in einem seiner Organe die Erklärung veröffentlichen läßt, er wolle kein Kaiser- thum, welches die Zuchthäuser und Bagnos füllt und das Straßen pflaster mit Blut roth särbt; obgleich er sich mit der Hoffnung trägt, das Volk werde ihm den in der Republik für ihn freien Ehrenplatz gern cinräumen, so sind seine kühnen Hoffnungen in der letzten Zeit doch geknickt worden. Nouher, der ehemalige „Vicekaiser", verhält sich auffallend kühl, mehrere ehemals bonapartistische Abgeordnete sind abgefallen und nun hat auch die Regierung dem Prinzen die Landesverweisung androhen lassen, wenn er in seinen Agitationen fortfahre. Italien. Ein geradezu abschreckendes Bild des Parlamen- > tarismus bietet jetzt Italien. Die Deputirtenkammer ist aufgelöst; ! Der Wahlkampf hat begonnen. Die verschiedenen Gruppen der Linken liegen in heftiger Fehde miteinander, obwohl ihre Programme von einander wenig abweichend, aber weil sie gerade in einem Punkte übereinstimmen: nämlich, daß der Führer der Fraction in's Ministe rium müsse. Die Prototypen dieses egoistischen Streberthums sind der ehrgeizige Depretis und der durch seinen Bygamiescandal be rüchtigte Crispi, der sich wieder keck in den Vordergrund drängt, als sei nichts vorgefallen. Die Wahlcollegien zur Vornahme der Neu wahlen sind auf den 16. und 23. Mai einberusen, der Zusammen tritt der neuen Kammer soll am 26. Mai stattfinden. Man geht sonach sehr schnell zu Werke. England. Das neue Ministerium ist jetzt vollständig gebildet und man muß sagen, daß seine Zusammensetzung sehr genau die ver schiedenen Fractionen der liberalen Partei vertritt, nachdem man sich entschlossen hat, dem radicalen Elemente einen seiner Bedeutung im Lande entsprechenden Platz einzuräumen. Chamberlain und Charles Dilke sind in der That die Führer einer jungen, fortschrittlichen Partei, welche nach den Versicherungen der unbefangendsten Beobach ter täglich am Boden gewinnt. — Die Homeruler haben sich ge spalten. Der eine Theil unter der Führung Parnells wird mit den Conservativen gehen, während der andere unter Shaw's Führung das liberale Cabinet unterstützen wird. — Die englische Regierung wird den afghanistischen Thronprätendanten Abdurhainen unterstützen. Es ist ihm eine englisch-indische Gesandtschaft geschickt worden. Rußland. Die neue russische Reform-Regierung, denn fo darf man das Regiment Loris Melikoffs wohl nennen, hat sich in neuerer Zeit mehrfach unglücklich im offiziellen Widerrufen gezeigt. Der erste Fall betraf die Verhaftung des Litthauers Tschewitz, von dem be hauptet wurde, daß er der Anstifter der Explosion im Winterpalais sei. Das hat die Regierung formell widerrufen, indessen häufen sich die Beweise gegen ihn derart, daß kein Zweifel mehr bezüglich des Grundes seiner Verhaftung bestehen kann. — Sodann Und in vori ger Woche eine Anzahl nichtrussischer Juden aus Petersburg ver wiesen worden, was gleichfalls dementirt wurde, nichts destoweniger aber doch wahr ist. Der Grund dafür ist die Annahme, daß der Nihilismus von Juden wesentlich unterstützt werde wie es die Wiener und Berliner Nihilistenprocesse zum Theil erwiesen haben, um die Emancipation der Juden in Rußland durchzusetzen. Eigenthümlicher Weise haben sich die Vertreter der fremden Nationen der Ausge wiesenen nur wenig angenommen. — Saschka, jene fast räthselhafte Person, die den Millionendiebstahl in Cherson ausgeführt hat, soll verhaftet worden sein. Rumänien. Der Fürst und die Fürstin werden am 13. Mai eine Reise nach Deutschland antreten und auch die Höfe von Wien und Berlin besuchen. Lokales und Sächsisches. — Bei der namentlichen Abstimmung über die Frage des Tabaksmonopels in der Sitzung des Reichstages am 28. April herrschte unter den anwesenden sächsischen Abgeordneten vollkommene Uebereinstimmung. Es stimmten gegen die Einführung des Tabaks monopels die Abgg. Ackermann, Dietze, Cysoldt, Dr. Frege, Günther, Kayser, von König, Landmann, Reich, Or. Rentzsch, Richter, Schmie del, Dr. Stephani, Wiemer. Die übrigen sächsischen Abgeordneten