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Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswald«, Ohorn, Oberttetna, Mederstein», Weißbach, Ober- und Mederlichtenau, AriedrrSdorf, Thiemendorf, Diittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-DittmannSdorf GeschSftSstelle: PuIS ritz, Albertstr-He «8,. , Druck und Verlag von E. L. Försters Erben (Ind. F. W. Movri Schriftleiter: A-W. Mohr in PulSnitz Nummer 24S Mittwoch, den 1». Oktober 1S27 7S. Jahrgang Reichstagsdebatte über das Reichsfchulgefetz Ende der Woche voraussichtlich Aussprache über den Bergarbeiterstreik Die Berliner Presse zur Einbringung des Reichsschulgesctzes — Das sächsische Ministerium hat den Einsatz der Technischen Nothilfe angeordnet — Das Zentrum für Wahlreform — Ein englischer Parlamentarier über seine Eindrücke in Deutschland Das Wichtigste Im Reichstage wurden Anträge der Sozialdemokraten, Demokraten und Kommunisten auf Aussetzung der ersten Lesung des Reichs schulgesetzes gegen die Antragsteller abgelehnt. Zur Fortsetzung des Einigung»- und Schlichtungsverfahrens im Lohnstreik im Mitteldeutschen Braunkohlenbergbau hat der Schlichter die Parteien aus Donnerstag, den 20. Oktober nach Berlin geladen. Die sranzöstschen Flieger Thalle und Rapin trafen gestern morgen um 11.M Uhr lokaler Zett in Kalkutta ein. Zu den über Anleiheprofekte der Reichsbahn in Amerika verbrei- teten Meldungen verlautet aus zuverlässiger Quelle, daß zurzeit keine Deihandlungen der Reichsbahn über eine Anleihe in Amerika stattfinden. In sranzöstschen maßgebenden Ftnanzkreisen ist man der Anschau ung, daß die französisch amerikanschen Handelsvertragsverhand lungen langwierig und schwierig sein werden und daß es daher wünschenswert wäre, für die Einfuhr der französischen Waren nach Amerika eine provisorische Regelung zu suchen. Präsident Coolidge empfing General Heye in einer Spezialaudienz und erkundigte sich eingehend über Deutschland. General Heye hatte vorher den Kclegssekretär David ausgesucht. Nach Besuchen bei Wilbur und Kellogg wird General Heye seine Reise über den amerikanischen Kontinent antreten. Das Flugzeug ,D. 1220" ist in Lissabon eingetroffen. Das Reichsarbettsministerium wird in den Mitteldeutschen Berg arbeiterstreik vermittelnd eingreifen. Das schweizerische Finanzdepartement hat den für die Kartoffelein- suhr vor einiger Zett erlassenen Zusatzzoll von 1,50 Franken für Doppelzentner wieder aufgehoben, sodaß jetzt nur drr normale Einsuhrzoll von zwei Franken pro Doppelzentner in Kraft tritt. Wie die Berliner Morgenblätter aus Madrid berichten, ist auf den Kohlengruben von Assurtrn nach vergeblichen Einigung»»erhand- lungen der Generalstreik ausgebrochen. Das kommende Mielrecht. » In der bevorstehenden Sitzungsperiode des Reichstags werden auch die Beratungen über das neue Mietrecht von größter Be deutung sein, da gerade auf diesem Gebiet viele Einzelfragen zu klären sind und manche Bestimmung den veränderten Zeitvcrhält- nissen anzupassen sein wird. Im folgenden soll ein Ueberblick über die Grundgedanken der neuen Gesetzesnovclle gegeben werden. Das einzige Wirtschaftsgebiet, auf dem sich die Zwangswirtschaft bis heute gehalten hat, ist das Woh- nungs- und Mietswesen. Erst mit der fortschreitenden Besserung auf dem Bau- und Wohnungsmarkt kann ein Teil der Zwangswirtschaft nach dem andern abgebaut wer den. Es liegt daher in der Natur der Sache, daß die Mieterschutz-, Reichsmieten, und Wohnungsmangelgesetze fortwährenden Aenderungen unterworfen sind. Die GA- tigkeit der ersteren beiden Gesetze war schon am 1. Juli d. I. abgelaufen. Die Verabschiedung einer Novelle war damals nicht möglich. So verlangte man die Gültigkeits dauer der beiden Gesetze bis zum Ende des Jahres. Die neuen Gesetzentwürfe sind in Arbeit. Sie haben den Reichsrat bereits passiert und sind dem Reichstag zuge- gangen. Die Grundgedanken des Mieterschutzgesetzes sind in den Entwurf übernommen. Neu geregelt wird be sonders das Mietaufhebungsverfahren. Es wurde in der letzten Zeit als hemmend empfunden, daß zu jeder Aushebung eines Mietverhältnisses eine Klage nötig war, also auch dann z. B., wenn der Mieter mit der Auf hebung einverstanden ist (weil er nicht widersprechen kann oder will) und lediglich eine Frist bis zur Räumung be gehrt, um Ausschau nach einer anderen Wohnung zu halten. In einem solchen Falle ist eine Klage wegen des Zeitauf wandes und der notwendigerweise entstehenden Kosten für beide Teile äußerst belastend. Der Entwurf sieht daher vor, daß der Vermieter das Vertragsverhältnis durch einfache Erklärung, wie es in normalen Zeiten ausreichend und üblich war, beenden kann, und zwar in einigen näher erläuterten Fällen. Das weitere Verfahren ist ähnlich dem „Mahnverfahren" geregelt. Der Mieter kann inner- halb einer Woche Widerspruch gegen die Kündigung er- heben. Durch diese Erklärung, die vor dem Gericht ab zugeben ist, verliert die Kündigung ihre Kraft, und der Vermieter muß seine Rechte nun in einem Mietauf hebungsverfahren weiterverfolgen. Das weitere Verfahren weist keine Besondorhsiten auf. Anders bei fehlendem Das Reichsschulgesetz vor dem Reichstag. 339 Sitzung vom Dienstag, den 18. Oktober Nachdem der Aeltestenrat des Reichstages den Dienstag und Mittwoch zur Aussprache über das Reichsschulgesetz bestimmt hatte, an die sich am Donnerstag die Beratung der Besoldungs- Vorlage anschließen soll, begann am Dienstagnachmittag die Plenarsitzung. Von der Opposition setzte eine Geschäftsordnung-;, debatto ein, da man beabsichtigte, eine Debatte über den Kohlen- streik in Mitteldeutschland zustande zu bringen. Die Sozial- demokraten verlangten Absetzung der ersten Lesung des Reichs schulgesetzes von der Tagesordnung und forderten statt besten, in die sozialdemokratische Interpellation über die Wirtschaftslage und den Streik im mitteldeutschen Braunkohlenrevier einzutreten. Reichsarbeitsminister vr. Brauns erklärte, daß das Reichsarbeitsministerium selbstverständlich mit beiden Parteien im Bergarbeiterstreik Fühlung halte; es sei auch begründete Hoff nung vorhanden, daß die Arbeit in den nächsten Tagen ausge nommen würde und Lie Verhandlungen zur Beilegung des Streiks führen würden. In eine Debatte einzutreten, sei im Augenblick nicht ratsam, doch solle die Debatte noch vor Ablauf der Woche stattfinden. Nachdem Graf Westarp gegen Len sozialdemokratischen An trag gesprochen hat, glaubt der Abgeordnete Haas im Namen der Demokraten eine Verschiebung der Debatte damit begründen zu können, daß er die Regierung auffordert, endlich zu erklären, ob sie den Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit unterstützen oder ob sie den Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit unterstützt oder seien. Den Höhepunkt bekommt die Geschäftsortmnngsdebatte, als der kommunistische Abgeordnete Iaddasch mit der Verlesung der kommunistischen Anträge den Versuch macht, über den Berg arbeiterstreik direkt zu sprechen, Iaddasch hielt eine Brandrede gegen den Reichsarbeitsminister, die in den Satz ausklang: „Wenn Sie, Herr Arbeitsminister, es wollen, wirü Blut fließen/ Dann spricht der Zentrumsabgeordnete v. Gusrard und erklärt, daß das Reichsschulgesetz nicht versas s u ngsändernd sei. Schließlich wurde die Absetzung des Reichsschul- gesetzes mit de« Stimmen der Regierungsparteien gegen die Opposition abgelehnt. Die Demokraten stimmten auch gegen die Beratung der sozialdemokratischen Inter- pellation über de« Streik. Bei der nunmehr beginnenden ersten Beratung des Reichs- schulgestetzentwurfs erhob sich Reichsinnenminister vr. vonKeudell, um zu erklären, daß für die Einbringung des Reichsschulgesetzes die Wünsche der christlichen Elternschaft nach einem christlichen Reichsschulgesetz in erster Linie maßgebend ge wesen wären. Man habe auch die von verschiedenen Ländern, namentlich von Preußen, betonte Notwendigkeit, den weit- lichen Schulen Entwicklungsmöglichkeiten zu geben, berück- stchtigt. Keudell bezog sich dann auf seine im Reichsrat gege bene Darstellung der Einzelheiten des vorliegenden Gesetzentwur fes. Im Gegensatz zum Entwurf von 1010 seien heute alle drei Schulformen behandelt worden. Das laste die Verfassung zu. Auch die Staats- gesetzgebung habe es nicht vermocht, einen einheitlichen Typ für die deutsche Volksschule durchzusetzen. Auch müsse man Grund sätze aufstellen über die Handhabung der Beaufsichtigung des Religionsunterricht» an den Schulen, um Richt linien zu finden, die ein Mindestmaß von Beunruhigung der Be völkerung in dieser Frage schaffen. Der Vorwurf, bah die Volks schule durch den vorliegenden Entwurf zerschlagen werde, sei nicht stichhaltig. Die Vorlage der Regierung sei nicht verfaffnngsändernd. Jede Benachteiligung der Gemeinschafts schule werde peinlichst vermieden. Die Gemeinschaftsschule werde bester fahren, wenn sie in friedlichem Wettbewerb neben de» Be kenntnisschulen wirke. Wenn man die Reihe von Kundgebungen aus dem Eüd- westen Deutschlands an seinem geistigen Auge vorüberziehen laste, könne man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Unter zeichner dir Ding« nicht klar erkannt hätten. Die Derfastungs- bestimmung sei nicht eindeutig, sie sei verschiedenster Auslegung fähig. Der Minister führt« «ine Reihe solcher Auslegungen an. Er kam zu dem Ergebnis, daß die Vorlage der Regierung nicht verfaffungsändrrnd sei. Jede Benachteiligung der Gemeinschafts schule werd« peinlichst vermieden. Entspricht es wirklich der frei- beitlicke» Entwicklung unserer Tage, so erklärt der Minister, ollen Ländern von Reichs wegen eine bestimmte Schulreform als Regel schule aufzuzwingen? Würde ein solches undemokratisches Verfahren nicht Unruhe und Kampf bis in die entlegensten Teile unseres Vaterlandes tragen? Wird nicht auf lange Sicht die Gemeinschaftsschule bester fahren, wenn sie in friedlichem Wettbewerb neben den Bekenntnisschulen wirkt? (Zustimmung rechts und beim Zentrum.) Der Minister erklärte, er möchte nicht besonders auf die Kostenfrage eingehen. Einerlei, ob nun Länder oder Gemeinden die Mittel aufbringen, die Kosten trage doch die deutsche Wirtschaft. Wenn die bekenntnisfreie Schule durch den vorliegenden Entwurf legalisiert werden soll, entspreche dies dem demokrati schen Prinzip und dem Text der Reichsverfassuyg. Es sei ein Gebot der Toleranz, wenn auch dieser Schulart freie Entwick lungsmöglichkeit gegeben wird. Das Recht des Elternwillens für di« Bestimmung der Schulart sei keine Erfindung der Neuzeit. Es sei in der Reichsverfastung festgelegt, und es entspreche der Verfassung, wenn dieses Recht auch im Schulgesetz Anwendung findet. Der Minister betonte, daß das alleinige Aufsichtsrecht des Staates im Entwurf selbstverständlich festgelegt sei. Un beschadet dessen sei aber den Religionsgesellschaften eine gewisse Mitwirkung ermöglicht. Es wäre widerspruchsvoll, wenn der Staat den Inhalt des bekenntnismäßigen Religionsunterrichts von sich aus bestimmen würde. Es entspreche der Reichsver fassung und der Gerechtigkeit, wenn man dies den Religions- gesellschaften überlasse. Der Minister ging dann auf die Reichsratsverhandlungen ein und erklärte, in der Kostenfrage stehe die Reichsregierung zurzeit auf dem Standpunkt, daß Erklärungen erst dann möglich sind, wenn die Gestaltung des Entwurfs die entstehenden Kosten genauer übersehen lasse. Der Entwurf sei besonders geeignet, der Erneuerung des inneren Lebens unseres Volkes zu dienen. Fu erinnern sei auch an des Kanzlers Erklärung, daß sich ein Schul gesetz nur auf christlicher Grundlage aufbauen könne. Man müsse ein Geschlecht heranbilden, das auch in sturmbcwegten Zeiten feststehe. Für materiellen käme die innere Not unserer Jugend, Enttäuschung und Verzweiflung über falsche Ziele, die ihr gewiesen wurden. Nur die christliche Erziehung führe zur wahren Volksgemeinschaft. Abg. Schreck (Soz.) erklärte, die Regierungsmehrheit habe Lie schulpolitischen Fragen über die Not des Volkes gestellt. Bis zur Stunde habe seine Partei gegenüber dem Minister immer ein Gefühl der Achtung besessen. In dieses mische sich jetzt das Mitleid, denn offenbar sei er der Gefangene dieser Reichsregierung. Der Redner fragte, wie es der Minister noch mit seiner Ehre vereinbaren könne, daß er nicht sein erstes Auftreten dazu benutzt habe, das Unrecht an v. Tresckow gvtzumachen. Die jetzige Regierung sei eine Regierung der Hilflosigkeit; das sei nicht erst durch das heutige Auftreten des Znnenministers bewiesen. Die ganzen Vorgänge um diese Schulvorlage böten ein trostloses Bild der sonst so betonten deutschen Einheit. Die Regierungsparteien stellten di« Konfessionsintereflen über die von ihnen immer geforderte Volkseinheit. Don einer Einigkeit in dieser Rechtskoalition könne nicht di« Rede sein. Ls müsse sich beim Schulgesetz um eine Sache des ganzen Volke» handeln. Man sollte dafür Sorge tragen, daß eine reinliche Trennung von Kirche und Staat stattfinde. Die Sozialdemo kratie trete für die weltliche Schule ein, weil nur diese eine Erziehung in wirklicher Duldsamkeit gewährleiste. Durch die Einführung der geistlichen Schulaufsicht werde eine Bevor mundung, ja eine Bedrückung der Lehrer in schlimmster Art herbeigeführt. Der deutschnationale Abgeordnete Mumm meinte, di« Sozialdemokratie trete für die Gemeinschaftsschule nur deshalb «in, weil sie diese Schule als ein« Etappe auf dem Weg« zur weltlich«, Schule ansehc. Das deutsche christliche Volk wolle Freiheit für die christliche Schule. Für di« Schwierigkeiten in Südwest-Deutschland habe seine Partei volles Verständnis. Ts sei aber nicht tragbar, daß jeden Tag ein neues Land behaupte, i« s«i geschichtlich Simultanschulland. Der gentrumsabgeordnete Rheinländer empfahl die baldige Ueberweisung der Dor- lage an den Bildungsausschuß. Das Zentrum wolle dem deut schen Volk »in« öffentliche Volksschule für die Zukunft sichern. Dann wurde di« Beratung des Schulgesetzes vertagt. Lin kommunistisch» Antrag über di« Saargängerunterstützungen .»mb» dem Ausschuß überwiese».