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WochcMM für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, GLBenlehn und die Umgegenden. Mmtsökatt für das Königliche GerichtsamL Wilsdruff und den Gtadtrath daselbst. 8. Freitag den 27. Januar 1871. Neueste Nachrichten. Berlin, 24. Januar. Offizielle militärische Nachrichten melden: Versailles, 23. Jan. Am 21. besetzten Abtheilungen der deutschen Süd-Armee nach leichtem Gefechte Dole und nahmen 230 mit Lebensmitteln, Fourage und Bekleidung beladene Eisenbahnwagen. Am 22. wurde die Eisenbahn-Mosel-Brücke zwischen Nancy u. Toul durch eine Frantireurbande gesprengt. Im Norden hat die erste Ar mee das Terrain bis zu den Festungen vom Feinde gesäubert. Lille, 22. Januar. Die Beschießung Cambrais hat heute seit Nachmittag 1 Nhr begonnen. Brüssel, 24. Jan. Das hier eingetroffene „Journal Absents". meldet aus Paris vom 20. Jan.: General Leflo ist zum interimistischen Gouverneur von Paris während der Abwesenheit Trochus er nannt. Derselbe übernimmt gleichzeitig den Oberbefehl der gcsamm- ten Streitkräfte, einschließlich der in den Forts und den vorgescho benen Werkelt. Ein Negierungsdecret ist veröffentlicht worden, wo nach alle Personen, die noch Getreide in den Häusern aufbewahren, ungesäumt es der Regierung melden, widrigenfalls das Getreide confiscirt wird und die bezüglichen Personen mit Geldstrafen und Gc- fängniß belegt werden. Versailles, 24. Januar. Offiziell. In dem Ausfallgefechte vom 10. d. M. vor Paris betrug der diesseitige Verlust an Todtcn, Ver wundeten und Vermißten 39 Offiziere und 616 Mann; der Verlust des Feindes wird auf 6000 geschätzt, da allein über 1000 vor der diesseitigen Front liegen gebliebene Tvdte desselben constatirt wurden. Gegen die Nordfront von Paris sind neue Batterien auf nähere Distanzen in Thätigkeit getreten. Abtheilungen der Südarmce haben südlich Besangen im Rücken der Bourbaki'schen Armee den Doubs überschritten, 33 Eisenbahnwagen, zum Theil mit Proviant, sind im Bahnhofe St. Vit genommen worden. Grandville, 25. Jan., 3 Uhr 25 Min. Morgens. Longwy, seit 9 Tagen beschossen, hat soeben capitulirt; 4000 Gefangene, 200 Geschütze genommen. Ich besetze heute Mittag die Festung. v. Krenski. Aus Versailles vom 24. Jan. meldet die „Times": Jules Favre ist mit Capitulationsvorschlägen hier eingetroffen; er verlangt Abzug der Garnison mit Kriegsehren. General Tröchu ist krank. Favre hat den Grafen Bismarck bereits gesprochen. General Vinoy commandirt. Die französische Forderung ist unzulässig. Die Fest stellung der Bedingungen erfordert Zeit. London, 24. Januar. Sicherem Vernehmen nach theiltcJules Favre an Odo Russel in Versailles mit, daß er Paris nicht ver lassen werde. London, 25. Jan. Die „Times" knüpft an die Behauptung, daß Graf Bismarck seit gestern dfe vollständige Annahme der deul- > scheu Friedensbcdingungen Seitens der Kaiserin Eugenie unter Zu- stimmung Napoleons besitze, Raisonnemcnts, welche Bedenken gegen die Unterstützung des Kaiserreichs durch Deutschland Ausdruck geben. Anderweitige Nachrichten als die der „Times" liegen hierüber nicht vor. — Die Eonferenz hat sich gestern bis zum 31. Januar vertagt. Bern, 24. Januar. Die Ortschaften Glay und Roche wurden heute von den Deutschen gestürmt und genommen. Die Franzosen wurden auf Villars zurückgeworfcn. (Glay und Villars liegen süd lich von Belfort Stunde von der Schweizer Grenze. Roches liegt ebenfalls südlich von Belfort 1'/^ Stunde von der Schweizer Grenze.) Tagesgeschichte. Ueber die Kriegslage sagt der Preuß. „St.-Anz.": Der ar tilleristische Angriff auf Paris gewinnt immer mehr an Ausdehnung wie an Wirkung, während die von Seiten des Feindes gemachten Ausfallsvcrsuche an thatsächlicher Bedeutung mehr und mehr ver lieren. Die Resultate der sechsmonatlichen Kriegführung sind über raschend und groß; die ursprünglich feindlicher Seite in das Feld gestellten Armeen befinden sich fast ganz in deutscher Kriegsgefangen schaft; von den seit Anfang September nach und nach organisirten republikanischen Truppcnkörpern ist auch nicht ein bedeutender mili tärischer Erfolg erzielt, vielmehr auch ein großer Theil dieser zuletzt genannten Heere bereits kriegsgefangen worden. In diesem Augen blicke aber sind sämmtliche feindliche Armeen weiter wie zu irgend einem Zeitpunkte seit Beginn des Winterfeldzuges von Paris a'bgc- drängt und entfernt, während die Hauptstadt mehr denn je seit dem ersten Tage ihrer Einschließung die Folgen des inneren Mangels wie des äußeren Angriffs zu fühlen beginnt. Mehr wie ein Drittel des feindlichen Landes ist von den deutschen Heeren besetzt: 27 Departe ments sind ganz oder größtentheils in ihrem Besitz. Ein Gebiet von etwa 2860 Quadrat-Meilen mit 11V2 Million Einwohnern fühlt (von den 9860 Quadrat-Meilen mit 38 Millionen des Landes) unmittelbar die Wirkung des Krieges. Die Festungen Metz, Straßburg, Schlett- stadt, Breisach, Marsal, Pfalzburg, Toul, Verdun, Soipons, Laon, Diedenhofen, Montmedy, Mezicres, Pcronne, Nocroy, die festen Punkte von Lützelburg und Mümpelgard, sowie die Citadelle von Amiens, sümmtlich mit ungeheurem Kriegsmaterial sind genommen. Bitsch, Belfort, Langres, Longwy, Givet-Charlemont, Paris sind belagert und eingeschlossen. Die große Dcfcnsivkraft Frankreichs ist durch die sen Krieg wiederum erwiesen worden und erscheint es im Hinblick hierauf ganz besonders geboten, einer so starken nnd kriegerischen Ration gegenüber für Deutschland eine strategisch gesicherte feste Grenze zu gewinnen. Der Rücktritt des Generals Trvchu von seinem BefchlShaber- posten hat sich den heutigen Telegrammen zufolge nun doch als der Vorläufer der bevorstehenden Capitulation von Paris herausgestellt. Die allgemeine Lage in der belagerten Hauptstadt machte die Ein leitung von Unterhandlungen nothwcndig und an diesen konnte sich, seinem früher abgegebenen Versprechen gemäß, Trochu nicht be- lheiligcn, deshalb resignirte der General,' der, anfangs vergöttert, jetzt den ganzen Haß der Pariser auf sich geladen hat nnd schon am 24. Januar sandle man Jules Favre nach Versailles, um den Abzug der Garnison zu erwirken, das heißt mit anderen Worten die Unter werfung von Paris anzukündigen. Offiziell ist dies Alles freilich noch nicht bestätigt worden, indessen kann man immerhin die betreffenden Angaben als richtig annehmen und zwar umsomehr, weil die vor hergegangenen Mitlheilnngen mit dem ganzen Gange der Ereignisse bis zum 24. Januar übereiustimmcn. Es werden vermuthlich noch einige Tage vergehen, ehe man sich im Hauptquartiere über die Bedingungen einigt. Von deutscher.Seite wird z. B. der in echt französischer Uebcrhebung geforderte Abzug der Garnison nimmermehr zugestanden werden zu einem Zeitpunkte, wo Paris seine Ohnmacht anerkannt hat. Die regulären Truppen dürsten unter denselben Be dingungen in die Kriegsgefangenschaft wandern, wie sic bei der Ca- pitulativn von Metz maßgebend waren. Etwas Anderes kann Jules Favre nicht erreichen. Der Hunger und die furchtbaren Wirkungen der Beschießung haben eben den hartnäckigen Sinn der Pariser ge brochen und nach den ungeheuren Anstrengungen, die unseren Truppen dieser Erfolg gekostet hat, ist die deutsche Heeresleitung darauf hin- gcwiesen, der Pariser Garnison kein besonderes Vorrecht vor Straß burg, Metz und den anderen capitulirten Festungen einzuräumen. Zur Niederwerfung des sonst noch in Frankreich vorhandenen Wider standes sind nach den heutigen Depeschen ganz außerordentliche An strengungen gemacht worden, die sich wie 'die „Prov. Corr." meldet, zunächst auf die Säuberung des ganzen Nordens richten dürften. Die Armee des General von Gocben und des Großhcrzogs von Mecklen burg sind hierzu bestimmt und bei der Scbnelligkeit unserer Kriegs führung dürften sehr bald die noch in Havre stehende französische Armee, sowie die Trümmer des Faidhcrbe'schen Heeres unschädlich gemacht sein. Im Nord osten Frankreichs hat die vorletzte Festung, die noch die Franzosen besetzt hielten, capitulirt. Longwy mußtc 9 Tage beschossen werden, ehe es sich unterwarf, was durch starke Ar tilleriebewehrung des Platzes erklärlich erscheint. Nach Longwy wa ren nämlich zur Zeit der Luxemburger Frage sehr viele schwere Gc-