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Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Pu lsnitzer Anzeiger 92. Jahrgang Dienstag, den 23. Januar 1940 Der Pulsnitzer Anzeiger ist das zur Veröffentlichung der amHicher^elrannimachungen des Landrates zu Kamenz, der Bürgermeister zu Pulsnitz und Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Pulsnitz, sowie des Finanz- -MI Nr 19 besttlnmten Plätzen keine Gewähr. Anzeigen sind an den ErscheinungStagen bis vor» 10 Uhr aufzugeben. — Verlag: Mohr L Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann u. Gebrüder Mohr. Hauptschristleiter: Walter Mohr, Pulsnitz; Stellv.: Walter Hoffmann, PulSottz. Verantwortlich für den Heimatteil, Sport u. Anzeigen Walter Hoffmann, Pulsnitz; fttr Politik, Bilderdienst und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. Geschäftsstelle: Nur Adolf-Hitler-Straße 2 — ,Fernruf nur SSI Diel» Leitung erscheint täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Feiertage. 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Garvin fürchtet für die englischen Häfen, Werften und Industriezentren und erklärt daß auch Chamberlain schwere Sorgen Habben müsse denn sonst hätte er nicht in seiner letzten Ned« sich so, ernster Worte bedient. Der Premier müsse schon einen besonderen Grund gehabt haben. Garvin unterzieht dann die Lage in England einer Kritik und ruft die Regierung auf, die gesamten Hilfsquellen des Empire schleunigst und ohne Zeitverlust einer drastischen Neuord- uung zu unterwerfen. Das Land werde noch immer von „un erfreulichen Kontrasten" beherrscht. So komme Eng land von seinen 1,3 Millionen Arbeitslosen trotz zahlreicher Ein berufungen zum Heere nicht los, was — wie Garvin bemerkens werterweise ganz besonders betont — in Deutschland un vorstellbar sei. Dort arbeite die deutsche Pro duktion dank Görings Energie mit allen ihrex Kräften. Der Verfasser des Aufsatzes weist noch einmal mit Berufung auf Chamberlain auf die düstere Lage Englands hin, in dem er hervorhebt, daß der Premierminister offenbar mit Mög lichkeiten rechne, .mit denen England seit der Zeit der höchster Macht Napoleons nicht mehr gerechnet habe. Jeder Arbeits lose müsse jetzt sofort in den Arbeitsprozeß eingegliedert werden Das Beispiel Friedrichs des Großen, eine überlegene Organi zation gegen überlegene Hilfsquellen anderer Mächte einzusetzen, habe Deutschland stark beeindruckt. Chamberlain aber habe bis in die letzten Wochen hinein die deutsche Lehre von der Zeit Gegen die snmWe In London muß man am Montagvormittag kleinlaut »«geben, daß die Churchill-Rede, die im großen und ganzen «m Ausland eine „lebhafte Reaktion" ausgelöst habe, beson ders in den skandinavischen Ländern mit großer U n zufriedenheit ausgenommen worden sei. Auch die italie nische Presse bespricht, wie man in London weiter zugeben muß, die Rede sehr unsreundlich. Ebenso werde in der amerikanischen Presse hervorqehoben, man könne sich jetzt vorstellen, weshalb Churchill in Deutschland so „verhaßt" sei. Die neue Rede Churchills, in der mit einer bisher noch nicht dagewesenen Deutlichkeit der brutale Willen Englands zum Ausdruck kommt, die neutralen Staaten mit allen Mitteln in den Krieg hineinzuzerren, hat in Dänemark größte Bestür zung hervorgerufen. Die Blätter find allerdings zu sehr einge- schuchtert, uin gegen die nunmehr non autorisierter englischer Seite zum Ausdruck gebrachten Absichten offen Stellung zu neh men. Sie versuchen jedoch allgemein, wenigstens ihre Besorgnis und Mißstimmung über diese für alle neutrale Lander so ge fährliche Entwicklung anzudeuten., - Die Churchill-Rede hat in j u g o s l a w l s che n politischen Kreisen äußerstes Befremden ausgelöst, da ne eine direkte Einmischung in die Politik der Neutralen bedeute, ^n neutralen diplomatischen Kreisen der jugoslawischen Hauptstadt bemerkt man. daß Churchill sich damit offen sür eine Verbreiterung des Kriegsschauplatzes in ganz Europa einsetze. Die Schweizer Zeitung „Suisse" macht in einem Artikel einige Fragezeichen hinter den Appell Churchills an die Neu tralen. Das Blatt erinnert namentlich daran, baß die Schweiz fich von gewißen Eenser Verpflichtungen befreit habe, und nimmt an, daß Churchill sich nicht direkt an die Schweiz wende. Ein Volk werde stark durch die Wahrheit, und deshalb müsse die Schweiz beim Anhören des Appells des englischen Ministers kür ihren Teil ganz klar sagen, daß sie nicht daran denke, sich in einen Krieg hincinziehen zu lasten und daß kein moralischer oder materieller Druck, den die Kriegführenden vielleicht aus- Wben möchten, ihren Willen, auf ihre Unabhängigkeit zu achten, schwächen könnte. l * Nach einer Meldung der schwedischen Zeitung „Dagens Ryheter" aus London hat der letzte Hujarenritt Churchills gegen und Arbeit völlig unterschätzt. Jetzt dürfe England keinen ein zigen Tag mehr verlieren, u m sich für den höchsten Ernst- fall fertig; u machen. Trotz dieser alarmierenden Forderungen scheint Garvin der Ansicht zu sein, daß Chamberlain bei allen Anstren gungen doch den kürzeren ziehen werde, wenn ihm die neutralen Staaten nicht hilfreich zur Seite springen Er beruft sich daher auf Genf und malt angebliche Ge fahren für Belgien, Holland, die jkaudiuavi- scheu Staaten, den Balkan und selbst Vorderasien als sicher an die Wand, nur um möglichst viele Neutrale zu veranlassen^ gemeinsame Sache mit England zu machen. Er wagt in diesem Zusammenhang ungeschminkt zu erklären, daß die Existenz von Holland und Belgien, ebenso für Schweden und Norwegen nur davon abhäng«, ob sic den gemeinsamen Entschluß fassen könn ten, an der Seite Englands zu kämpfen (!). Aehu- lich sei die Lage für die südosteuropäischen Staaten. „England hat sicher damit zu rechnen, daß der Krieg, wenn er sich einmal! ausdehnt, nicht nur von einem.Ende Europas bis zum anderen ausgebreitet wird, sondern zuminde^ auch auf Vorderasien über- grcisen wird". (!) In dieser sHamloseu Me hode liegt di: Ab sicht, alle Hebel in Bewegung zu fegen, um die Neutralen in den Strudel des englischen Krieges zur Rettung des englischen Empire hineinzureißen. Daß muh der „Observer" selbst die Lage Englands für mehr als düster ansieht, geht aus dessen Leitartikel hervor, in 'dem vielsagend darauf hingewiesen wird, daß es nicht das erstemal wäre, wenn ein armer Lazarus mit diszi pliniertem Geschick einem Reiche mit mächtigen Hilfsquellen sich als überlegen zeig«. FMrm CWWs me meurrmen in wngtano lelvn eryevuazes Auneyen erregt, das. wie es in der Meldung heißt, „eine derartige scharfe Aeußerung eines verantwortlichen Kabinettsministers ganz na türlich als eine politische Neuorientierung gegenüber den neu tralen Staaten gedeutet werden muß". In London scheint man sehr unangenehm davon berührt zu sein, daß Chur chill das Ziel der englischen Politik so bedenkenlos enthüllt hat, obgleich Londoner Blätter sich das Ansinnen Churchills an die Neutralen offenbar ohne weiteres zu eigen machen. Jeder blamiert sich, so gut er Kaun Aufregende Menschenjagd in Frankreich Genf. 22. Januar. In der Gegend von Belloy°en°Santerre (Departement Somme) wurde vor kurzem eine aufregende Men schenjagd veranstaltet. Die gesamte Gendarmerie dieses franzö.- sischcn Bezirkes und 20 Polizisten der Lustarmee waren auf geboten worden, um zwei auf Urlaub gekommene Poilus, die sich mit Kaninchenjagd vergnügten, zu Hetzen und schließlich fest- zunchmen. Die ganze Aufregung rührte von der in Frankreich grassi- renden Krankheit „Spionitis" her. Man hatte die beiden Poilus für deutsche Fallschirmjäger gehalten, die angeblich in französischer Uniform auf freiem Felde hinter den französischer Linien von deutschen Flugzeugen aus gelandet sein sollten. Atttal m Vee EeldsMvemoleMe 284 französische Kinder ohne Pflege sich selbst überlassen. Der Pariser „Matin" weist in einer von der Zensur stark zusammengestrichcnen Meldung aus die skandalöse» Zustände hin, die in einem Flüchtlingslager in Lisieux herrschen, wo 284 Kinder im Alter von sechs bis Zwölf Jahren untergebracht sind. Diese Kinder, so schreibt das Blatt, seien ohne jede Pstege und sich selbst überlassen gewesen. Ein Beweis sür die Schwere des Falles liegt bereits darin, daß nicht nur der Unterrichts- .nspektor des Seine-Departements an Orr und Stelle eingerrof- fen ist, um eine Untersuchung einzuleiten, sondern auch der Generalstaatsanwalt im Flüchtlingslager erschien und nach Prüfung der Lage ein gerichtliches Verfahren angeordnet har Russische Luftangriffe Der sowjetrussische Herresbericht vom 21. Jan. meldet von der russisch-finnischen Front keine besonderen Ereignisse Auf zahlreichen Gebieten habe die sowjetrussische Lustwaffe erfolgreiche Angriffe durchgeführt. In den Lustkämpfcn sollen 15 finnische Flugzeuge abgefchossen worden sein. > Nach dem finnischen Heeresbericht vom 21. Januar stei gerte sich zum Vergleich zu den vorhergegangenen Tagen die Aktivität aus der Karelischen Landenge. Be- sonders lebhast war die Artillerictätigkeit aus beiden Seilen. Nach kräftiger Artillervorbereitung griffen die Russen die fin nischen Stellungen bei Taipale an. sollen aber zum Stehen ge bracht worden sein. Während vom Nordosten Ladogas erfolg reiche finnische Patrouillentätigleit gemeldet wird, verlies der Tag an den anderen Fronten verhältnismäßig ruhig, lieber dem gesamten finnischen Gebiet wurden mehrere hundert rus sische Flugzeuge gesichtet, die besonders auf Pori (Björnborgj, Raum«, Mariehamn (Aland), Turku (Abosors) Lustau- griffe unternahmen. Das Kvmene-Tal und zahlreiche wer tere Orte in Süd- und Südwestsinnland waren ebenfalls den Luftangriffen ausgesetzt. Auch in Nordfinnlaub war die russi sche Flugtätigkeil sehr rege, die sich besonders auf Jvalo «Lapp land) und Nurmes richtete. Die finnische Luftwaffe unternahm Erkundungs- und Abwehrflüge und griff russische Flugbasen an. Laut Heeresbericht sollen die Finnen einen Fesselballon und elf russische Bomber im Lause des Tages abgeschofsen haben. Scharfer japanischer Bratest gegen England Der japanische Dampser „Asama-Maru" wurde Soun- tagnachnnttag nur ZS Seemeilen südlich der japanischen Küste, kurz vor der Einfahrt nach Nolohama, von einem englischen Kreuzer angehalten. 21 deutsche Heimkehrer, Zivil personen, die bisher Angestellte einer Tochtergejcllschast der amerikanischen „Standard Oil" waren und von Amerika nach Japan sichren, wurden von den Engländern völkerrechtswidrig von Bord des japanischen Schiffes geholt und gcjangengejetzt. Die tapanifchc Regierung hat durch den Vizeaußenminister beim britifchen Botschafter in Tokio wegen des Slichattens der „Afama-Maru" in nächster Nähe der japanischen Küste und gegen die völkerrechtswidrige Verhaftung deutscher Zivilper sonen sormellen Protest eingelegt. In dem Protest werden die Einzelheiten der Untersuchung und Eesangennahme der 21 deutschen Passagiere durch das bri tische Kriegsschiff noch einmal dargelegt, wobei daraus hiuge- wiesen wird, daß der Kapitän der „Mama-Maru" nicht hindern konnte, daß die Eesangennahme durch Zwangsmaßnahmen durch geführt wurde. Es muffe der britischen Regierung, heißt es «n dem Protest weiter, hinreichend bekannt sein, daß die japanische Regierung sich nach dem allgemein üblichen Grundsatz richtet, wonach die Auslieserung von Angehörigen einer kriegführenden Nation, die sich aus einem neutralen Schiff befinden, sich auf aktive Soldaten beschränkt. Trotzdem habe das britische Kriegs schiff in Widerspruch zu den allgemein anerkannten Gepflogen heiten eine derartige Zwangsmaßnahme gegen das japanische Schiff in Gewässern unweit Japans ergriffen. Die zapanische Regierung könne diese Maßnahme nicht anerkennen und sordere von der britischen Regierung unverzüglich eine umfassende und triftige Erklärung. Die japanische Regierung behalte sich gleich zeitig ausdrücklich das Recht vor. die Wiederaus! iese- rungder gefangen gen o m me-nen Deutschen zu ver langen. Abschließend heißt es in dem Protest: In Anbetracht der Tatsache, daß die britische Maßnahme bereits aus großes Mißfallen in der öffentlichen Meinung Ja pans gestoßen ist, würde die Wiederholung einer solchen Hand lung in der Zukunft die Haltung der japanischen Nation gegen Großbritannien weiter verschlechtern. Mit Rücksicht aus die zu künftigen Beziehungen zwischen Japan und Großbritannien ersucht die japanische Regierung deshalb die britische Regie rung, dieser Angelegenheit ihre größte Beachtung zu zollen. Der Kapitän der „Alama-Maru" bestätigte, daß die heraus fordernde britische Aktion wohlvorbereitet gewesen sein müsse. Der britische Kreuzer sei um 12,30 Uhr ausgemacht worden und habe den japanischen Pastagierdampfer um 12.45 Uhr durch einen Schuß vor den Bug angehalten. Pastagiere des Schiffes