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Blatt Amts und des Stadtrathes Mullsnitz Als Beiblätter: 1 Jllustrirtes Sonntagsblatt (wöchentlich); 2. Landwirthichaftliche Beilage (monatlich). Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Inserate sind bis Dienstag und Freitag Vorm. 9 Uhr auszugeben. Preis für die einspaltige Cor. puszeile (oder deren Raum) 10 Pennige. KefcHästsstetken: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureaus von Haasen- stcin L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mosse und G. L. Daube L Comp. Abonnements-Preis dSS AOMgl. UmtSgeNchtS Vierteljährl. I Mk. 28 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu- tsendung. """ GwriundMntzigstev Jahr-gang. Mittwoch. 3. Januar 1900 Konkursverfahren. Ueber das Vermögen des Bahnhofsrestaurateurs Clemens Theodor Böhme in Pulsnitz wird heute am 29. Dezember 1899 Nachmittags 5 Uhr das Konkursverfahren eröffnet. Der Rechtsanwalt Dietrich in Pulsnitz wird zum Konkursverwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum 1. Februar 1900 bei dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Beibehaltung des ernannten oder die Wahl eines anderen Verwalters sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschußes und ein tretenden Falles über die in Z 120 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände — auf Dienstag, den 23. Januar 1900, vormittags 10 Uhr — und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf Donnerstag, den 22. Februar 1900, vormittags 10 Uhr — vor dem unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, die eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für die sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 23. Januar 1900 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Pulsnitz. Bekannt gemacht durch den Gerichtsschreiber. Aktuar Hofman». Europa im 19. Jahrhundert. Wenn daS nun abgeschlossen? 19. Jahrhundert gewiß mit vollem Recht als das Jahrhundert der Erfindungen und Entdeckungen bezeichnet wird, in Hinblick auf die unter seiner Herrschaft gemachten mannichfaltigen großen wissenschaftlichen und technischen Fortschritte, so ist es doch vielleicht noch be- merkenSwerther durch die verschiedenen tiefgreifenden politischen Veränderungen und Umwälzungen, die es in seinem Laufe zeitigte. Sehen wir hierbei von der außereuropäischen Welt ab, so können wir für Europa zwei Perioden besonders schwerer politischer Erschütterungen verzeichnen, die beide Male von Frankreich ausgingen, von dem Frankreich des ersten Napoleon und von jenem des dritten Napoleon. Schon im letzten Viertel des 17. und im ersten Jahrzehnt des 18 Jahr hunderts war von französischer Seite aus das im Westfäli schen Frieden mühsam genug hergestellte politische Gleichge wicht Europas bedenklich ins Schwanken gebracht, worden durch die Eroberungssucht Ludwigs XIV-, im Beginne des 19. Jahrhunderts wurde dann diese französische Ausdehnungs politik in noch weit rücksichtsloserer Weise durch Napoleon Bonaparte fortgesetzt. Halb Europa machte sich dieser ge waltige Kriegsmann unterthänig, und von den classischen Gefilden Italiens bis zu den Gestaden der Nord- und Ost see, von den Hochebenen Spaniens bis in das Herz Ruß lands hinein, führte sein Eroberungszug, stürzte und gründete er hierbei Reiche und Dynastien. Aber auf den rauchenden Trümmerstätten von Moskau kam der fast beispielslose Sieges lauf des corsischen Titanen zum Stillstand, die Schlachten von Leipzig und dann von Waterloo besi gelten das Geschick deS bluttriefenden Schlachtenkaisers und zugleich der von ihm hervorgerufenen Staatengebilde. Der Wiener Congreß brachte hierauf das gestörte Staatensystem Europas wieder einiger maßen in Ordnung, bis nach etwa vier Jahrzehnten das intriguante und ehrgeizige Wirken Napoleons III. eine aber malige Epoche einschneidender Erschütterungen für unseren Welttheil hervorrief, deren Vorspiel die französische Februar revolution von 1848 mit ihren fast in ganz Europa ver nehmlichen Zuckungen bildete. Der Krrmkrieg von 1854/55, der italienische Krieg von 1859 und der Krieg von 1870 bezeichnen die sich in ihrer Bedeutung steigernden Haupt- 'momente dieser zweiten großen Phase politischer und kriege rischer Erschütterungen für Europa, sie schloß mit der glor reichen Gründung des neuen deutschen Kaiserreiches ab. Zweifellos stellt die Schöpfung des deutschen National- und Einheitsstaates, sünfundsechzig Jahre nach der Auflösung des alten deutschen Reiches, das größte politische Ereigniß des verflossenen Jahrhunderts dar. Nicht mit einem Schlage konnte allerdings dies stolze Staatengebäude errichtet werden, der Feldzug Preußens und Oesterreichs gegen Dänemark, welcher Schleswig-Holstein endgiltig wieder deutsch machte, und der deutsche Bruderkrieg des Jahres 1866 mit den durch ihn hervorgerufenen mannichfachen politischen Neuge staltungen bereiteten erst die einzig geeignete Grundlage vor, auf welcher dann am 18. Januar 1871 das neue glanzvolle Kaiserreich unter Führung der Hohenzollern errichtet werden konnte, Dank vor Allem dem Wirken König Wilhelms I. und seiner beiden hervorragendsten Paladine, des gewaltigen Staatsmannes Otto von Bismarck und des großen Schlachten denkers Moltke, Dank jedoch auch dem Patriotismus der deutschen Fürsten und der opferwilligen Hingabe des deutschen Volkes. Blühend und gedeihend im Innern, hoch angesehen und geachtet nach außen, steht das geeinigte Deutschland seit nun fast drei Dezennien da, ein unerschütterlicher Hort deS Völkerfriedens in Europa, und zuversichtlich dürfen wir Deutsche hoffen, daß unser geliebtes gemeinsames Vaterland auch im neuen Jahrhundert seinen hervorragenden Platz im Nathe der Nationen behaupten werde. Neben Deutschland errang im Laufe des 19. Jahrhun° derts noch ein anderes bislang vielfach zersplittertes euro päisches Staatenwesen seine politische und nationale Einheit, Italien, welches sich durch die kluge und zugleich rücksichts lose Initiative deS Hauses Sowoyen zu dem heutigen Ein- heitsstaale des Königreiches Italien ausschwang, allerdings ungemein durch die Verhältnisse begünstigt. Oesterreich mußte die Schöpfung der italienischen Einheit durch den Verlust seiner italienischen Besitzungen bezahlen, wofür es aber durch den Gewinn Bosniens und der Herzegowina bis zu einem gewissen Grade entschädigt wurde, auch gewann es durch seinen Ausgleich mit Ungarn und dann durch den nachfol genden Eintritt des österreich-ungarischen Doppelstaates in das Bündniß mit Deutschland, dem sich später Italien an schloß, sichtlich wieder an äußerem Einfluß und Ansehen. Frankreich wandelte sich während des nun beendigten Jahr hunderts aus einer Republik zweimal in ein Kaiserreich um, ob die seit dem 4. September 1870 bestehende dritte fran zösische Republik auch im 20. Jahrhundert noch lange weiter- existiren wird, das vermag bei der Unberechenbarkeit der französischen Verhältnisse Niemand sicher vorauszusagen. Von Holland splitterte sich das Königreich Belgien ab, Dänemark schrumpfte durch den definitiven Verlust Norwegens an Schwe den und der Elbherzogthümer an Preußen zu einem ganz unbedeutenden Staatswesen zusammen, Spanien aber fand seinen Untergang als Colonialmacht. Im Süvosten Europas entstanden auf Kosten der morschen Türkei nacheinander die Königreiche Griechenland, Rumänien und Serbien, sowie das Fürstenthum Bulgarien. England und Rußland aber, die leiden größten Welt- und Colonialmächte, werden vielleicht im neu heraufgezogenen Jahrhundert endlich zu dem zwischen ihnen längst drohenden Entscheidungskampfe um die Vorherr schaft in Asien schreiten müssen, welcher sich zu einer der schwersten Erschütterungen gestalten dürfte, welche Europa, ja die ganze übrige Welt bis jetzt je geschaut hat'— sollte da etwa der für England bislang so unglücklich verlaufene Boernkrieg in Südafrika ein böses Omen für das stolze Albion sein? Dertliche und sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. Dem althergebrachten schönen Brauche, in der Sylvesternacht auf dem hiesigen Marklplatze den Uebergang vom alten ins neue Jahr zu feiern, wurde auch dieses Jahr zahlreich nachgekommen. Bereits »/«12 Uhr hatte sich eine große Menschenmenge daselbst eingesunden, um dem feierlichen Geläut, welches nach dem letzten Glocken schlag des vergangenen Jahrhunderts begann, zu lauschen, unter Musikbegleitung das „Nun danket alle Gott" mit zusingen und alsdann die gegenseitigen Glückwünsche aus zutauschen. Möge eS Allen ein segensreiches Jahr werden! Pulsnitz. Am Neujahrstag abends war der Saal des Hotels „Grauer Wolf", in welchem die Tyroler -sänger- gesellschaft Hans von Hoff concertirte, dicht besetzt. Die Vorträge wurden von den Besuchern des Concertes mit großem Beifall ausgenommen. Nach einzelnen Nummern war der Applaus so stark, daß sich die Gesellschaft zu Einlagen veranlaßt fühlte. Einer dem Concert sich an schließenden Verloosung folgte Ball. Pulsnitz. Bei der Sparkasse zu Pulsnitz wurden im Monate December 1899 544 Einzahlungen im Betrage von 45 351 72 geleistet, dagegen erfolgten 231 Rückzahlungen im Betrage von 23862 48 Der Gesammtumsatz betrug 156156 „L 19 — Die Tage haben bereits zugenommen seit dem 26. Dezember, am Neujohrestage 6 Minuten, am 6 Januar 13 Minuten und am Ende des Januars sind sie 1 Stunde 16 Minuten länger geworden. Eine alte Bauernregel sagt aber: „Am Neujahrstag ist der Tag um einen Hahnen schrei, am Dreikönigstag um einen Hirschsprung, am Se bastian (20. Januar) um eine ganze Stunde länger, allein Lichtmeß (2. Februar) merkt man erst etwa- davon. DieS hat seinen Grund darin, daß trübe schneeige Wintertage überhaupt an sich den Tag verkürzen. Dann stimmen auch unsere Uhren nicht genau mit dem Sonnengang. Die Uhr zeigt die Stunde mathematisch genau, der astronomische Tag ist oder ein anderer. Nur an 4 Tagen im Jahre, am 14. April, 14. Juni, 31. August und 23. Dezember stimmt unsre Uhr genau mit der Sonnenuhr überein. Am 11. Januar erreicht z. B. die Sonne erst um 12 Uhr ihren höchsten Stand und wir halten den Vormittag für kürzer. — Vielfach ist die irrige Ansicht verbreitet, daß mit dem 1. Januar die silbernen Zwanzigpfennigstücke außer Cours gesetzt würden. Diese Münzen werden auch ferner noch von den amtlichen Kassenstellen angenommen, von diesen allerdings einbehalten. — Am 1. Januar 1900 werden im Reichspostgebiete neue Postwerthzeichen eingeführt, die in Ansehung der niederen Werthe, bis 80 Pf. einschließlich, an Stelle des bisherigen Markenbildes eine gekrönte, Schwert und Ocl- zweig haltende Germania und die Ziffer des Psenuig-Nenn- werthes ausweisen. Die Zahl der Markenwerthe wird gleichzeitig vermehrt; sie wird nach Fertigstellung sämmt- licher Werthzeichen Freimarken zu 3, 5, 10, 20, 25, 30, 40, 50 und 80 Pf., zu 1, 2, 3 und 5 Mk. umfassen; daneben werden neue gestempelte Formulare zu Postkarten, Kartenbriefen und Postanweisungen, sowie in Berlin neue Werthzeichen für Rohrpostfendungen ausgegeben. Zunächst werden zum Verkauf gestellt: Freimarken zu 10 dis 80 Pf., Postkarten zu 5 Pf., Weltpostkarten zu 10 Pf. und 10-i-10 Pf.. Formulare zu Kartenbriefen und Postanwei sungen, sowie für die Rohrpost. Mit der Ausgabe dieser neuen Werthzeichen dez. einer Gattung derselben dürfen die Verkehrsanstalten nicht vor dem 1. Januar 1900 und erst dann beginnen, wenn die vorhandenen Bestände an alten — bis zu späterer Bestimmung Giltigkeit behaltenden — Werthzeichen derselben Gattung verkauft sein werden. — Die Ziehung der 1. Klasse 137. königl. Sächf. Landes-Lotterie erfolgt den 8. und 9. Januar. — Einführung neuer Versicherungsmarken. In einigen Tagen werden neben den bisherigen Einwochen-Beitrags- marken der Lohnklassen I bis IV eine Marke der Lohnklasse V zu 36 Pf. und außerdem von jeder der fünf Lohn klaffen Marken für zwei und für dreizehn Wochen — im ganzen also elf neue Gattungen von Versicherungsmarßen