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Adsrter Wochenblatt. .. — Mittheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post IS Gr. Sachs., bei Beziehung des Blattes durch Botengclegenheit 12 Gr. Sächs. 5« 12. Dcccmbcr 1839. Erscheint jeden Donnerstag. Die europäische Pentarchie. So wenig es auch sonst die Aufgabe unseres Blattes ist, neue Erscheinungen der Literatur zu besprechen, so müssen wir doch hier eine Ausnahme und unsere Leser mit dem unter obigem Titel") erschienenen Werke etwas bekannt machen, in welchem uns Wunderdinge erzählt wer den. Der Verfasser versichert uns zuerst, daß er durchaus unparteiisch und keiner Regierung verkauft sey; und da er^das selbst sagt, so muß es wohl wahr seyn: „denn ^MutMist ein ehrenwerther Mann" sagt Shakespeare. Jedenfalls hat er sich um Rußland sehr verdient gemacht und wir wünschen ihm von Herzen den auch um Deutsch land verdienten Lohn. Doch wenden wir uns zu dem Inhalte des Buches selbst: Zuerst belehrt uns der Pentarchist, daß die Diktatur Napoleons nur durch Rußland beendet worden und daß es damals Rußland frei gestanden, die Welt in zwei große Halsten zu theilen. Doch ist der Mann so gnä dig, wenigstens die Mitwirkung der andern Fürsten und Völker anzuerkennen, ohne die Europa vielleicht nicht so schnell befreit worden wäre (x-^. 4). Daß wir hier von einer Erhebung des russischen Volkes nichts gehört haben, sondern nur von dem Gehorsam sklavisch disciplinirter Armeen; daß sich dagegen in Deutschland vielfache Symptome einer wirklichen Volks- *) Zum bestem Verständniß hätten wir das Buch: die euro päische Pentarchie, oder Europas Zukunft durch die Brille russischer Wünsche und Anforderungen -eschen-^ betitelt. erhebung im Tugendbunde, in Schills Heldenthaten u. m. a. Ereignisse zeigten, die auch ohne Rußlands Beihülfe dem auswärtigen Unterdrücker den Untergang > droheten; daß überhaupt Rußland, sobald der Kampf außerhalb seiner Gränzen geführt wurde, nur Statisten rollen gespielt (wie es einer rohen Masse angemessen ist) und nicht eine einzige Entscheidung selbst ständig herbeigeführt hat, — das Alles sind Lappalien, die der Pentarchist nicht der Rede werth findet; ja, er verneint die V lkserhebung p»K. 13 sogar ausdrücklich, indem er behauptet, daß eS vor vem Rückzüge von Moskau keine Hoffnung, keinen Trost und keinen Muth gegeben habe. Es wird uns nun gezeigt, daß alle srühern Staatsverfaffungen nicht einen schlechten Dreier werth waren, daß aber auf dem Wiener Kongreß das non plus nltm aller Staatsweisheit zu Stande gekommen sey, welche die europäische Pentarchie (Fünfherr schaft) genannt wird, in die sich Rußland und mit dessen allergnädigster Erlaubniß England, Frankreich, Preußen und Oestreich theilen und als höchster Gerichts hof alle europäischen Angelegenheiten ausmachen. Was sonst von kleinern Staaten besteht, vereinigt sich zu verschiedenen Staatenassociationen, deren jede eine der Hauptmächte als Schutzmacht erhält; und bei dieser Gelegenheit nun werden wir russisch, sollen und müssen wir russisch werden. Die Sache ist auch ganz natürlich, denn der Pentarchist hat alles sogleich abge macht und Europa höchst zweckmäßig vertheilt: Preußen wird die Schutzmacht einer nördlichen Staatenvereini gung, die Dänemark, Schweden und Norwegen um faßt. Daß Preußen zum Schutze dieser Vereinigung