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I für Pulsnitz und Umgegend 7 Inserate für denselben Tag sind bis vormittags -o Uhr aufzugeben. Preis für die einspalt. Zeile oder deren Raum zo H. Reklame 20 Bei Wiederholungen Rabatt. Alle Annoncen Expeditionen nehmen Inserate entgegen. Amts-Blatt ! -es König!. Kmtsgepickts und -es Sta-tratkes 2» pulsnlkrr. Erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Beiblätter: Illustr. Sonntags blatt und landw. Beilage. Abonnement: Monatl. so H., vierteljährlich z.25 bei freier Zustellung ins Haus, durch die Post bezogen unter Nr. sso2 z.-zo. kennspnechei' W WWW M I Kelegramm-Mezse: —I.H. H, Aurtsblatt für den vesirk des Aönigl. Anttsgerichts Pulsnits, umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Böhmisch-Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig Hauswalde, Ohorn, Oberstem«, Biedersteina, Weißbach, Oberlichtenau, Niederlichtenau, Zriedersdorf-Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Rlein-Dittmannsdorf. Druck und Verlag von L. L Försters Erben. Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 2ss. ' Verantwortlicher Redakteur Gtto Dorn in Pulsnitz. Ar. 129. Kreitag, den 30. Oktober 1903 SS. Jahrgang. Bekanntmachung. Mit Rücksicht daraus, daß erfahrungsgemäß im letzten Vierteljahre die Ergiebigkeit der Quellen der städtischen Wasserleitung nachläßt und zur Zeit auch eine geringe Ergiebigkeit vorliegt, wird hiermit der unnötige Verbrauch von Wasser strengstens untersagt und angeordnet, bei der Entnahme von Wasser möglichst sparsam zu verfahren. Unter allen Umständen ist das fortwährende Laufenlassen eines auch nur schwachen Wasserstrahles zu unterlassen. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 150 oder mit entsprechender Haft bestraft werden, eventuell würde sich der Stadtrat bei Nichtbeachtung dieser Bekannt machung auch genötigt sehen, während der Nachtzeit das Wasser vollständig abzusperren. Pulsnitz, am 30 Oktober 1903. DerStadtrat. vr. Michael, Bürgermeister. Die amMGe Jahresversammlung der Lehrerschaft des SchuliuspektionSbezirks Kamenz soll diesmal in der Turnhalle der neuen Schule zu Pulsnitz Dienstag, öen 3. Wovember, vormittags 9'/, Uhr abgehalten werden. Zu dieser Versammlung, welche gleichzeitig Gelegenheit bieten will, das neue Pulsnitzer Bürgerschulgebäude zu besichtigen, werden hierdurch außer der Lehrerschaft insbesondere noch die Herren Geistlichen, Ortsschulinspektoren, Schulvorsteher und Gemeindevorstände, wie Freunde der Volksschule überhaupt, eingeladen. Kamenz, den 28 Oktober 1903. Der Königliche Bezirksschulinspektor. . Schulrat vr. Hartmauu. Dienstag, den 3 November sollen in FriederSdorf 4 Ausftallschwriue, 1 Bücherschrank und 1 Fahrrad mit Laterne meistbietend gegen Barzahlung versteigert werden. Versammlungsort: Guhr'S Schaulwirtschast in FriederSdorf, am 3. Nov nachm. Vi3 Uhr. Pulsnitz, am 28. Oktober 1903 Der Gerichts Vollzieher des Köni glichen Amtsgerichts. Mittwoch, den 11. November: Viehmarkt in Pulsnitz. Neueste Ereignisse. Die 5. Kommission der preußischen Generalsynode wird dieser Tage zur Duellfrage Stellung nehmen. Der russische Minister des Auswärtigen Graf Lambs dorff ist am Mittwoch früh in Paris eingetroffen. Näheres zu dem Attentat auf den Generalgouverneur von Kaukasien, Fürsten Galizyn. Am Mittwoch trat in Berlin die zweite National- Konferenz zur Bekämpfung des Mädchenhandels zusammen. Resormationssest. „Luther der größte deutsche Mann, und die Reforma tion daS größte weltgeschichtliche Ereignis!" so hat unser Kaiser am 4. September zu festlicher Stunde in Merseburg bekannt. Dieses Bekenntnis ist mit Windeseile durch die deutschen Gaue getragen worden, und wo immer evangelische Herzen schlagen, da haben sie mit Dankbarkeit und Freude den Klang vernommen, den der edle Hohenzollernsproß an geschlagen. Wie ein dumpfer Druck lag'« zentnerschwer seit lange auf der deutschen Volksseele, wenn sie daS Jauchzen der Römlinge vernahm: Zentrum ist Trumpf I" Und wie viele auch gleichgültig« und irregeleitete Evangelische, die in den nationalen Wirren unserec Züt, wie sie die jüngste ReichS- tagSwahl so grell bekundet, die Hilfe allein von Rom und seinen ultramontanen Scharen erwarteten. Man braucht gar nicht in die Vergangenheit zu greifen, um die Zeichen der Zeit zu begreifen, um einzusehen, daß alle die Völker, in denen der UltramontaniSmuS die Oberhand hat, mehr oder minder im nationalen Rückgang beg-iffen sind. Und da sollen wir Heil und Rettung von einem System erwarten, daS die Seelen knechtet, die Gewissen bindet, die Freiheit in Fesseln schlägt! Die Reformation die größte weltgeschichtliche Tat I Möchten sich alle Evangelischen dieses Kaiserwort, an dem man nicht deuteln und rütteln soll, tief inS Herz schreiben! Wir leben und zehren von den Segnungen dieser Tat in Haus und Familie, in Staat und Kirche. Und wenn sich der 31. Oktober wieder jährt, da der größte deutsche Mann den echten Nibelungenhort, das lautere Wort Gottes, aus den Tiefen der Nacht geholt, in die ihn päpstliche Menschen herrschaft versenkt, da gilt eS nicht bloS dankbar rückwärts zu schauen auf das, wa« geschehen, sondern in kämpfender Gegenwart sich selbst prüfen, ob wir alle noch auf dem Bo den der Reformation stehen, im Glauben ein Herr aller Dinge, in der Liebe ein Knecht aller Menschen. Gedenke, daß du ein Evangelischer bist! DaS ist Mahnung, daß ist heilige Verpflichtung! Sozialdemokratische Moral. Der bekannte sozialdemokratische Schriftsteller Mehring hat sich bekanntlich auf dem Dresdner Sozialistenkongrcsse zahlreiche erbitterte und vorwiegend persönliche Angriffe seitens einer ganzen Reihe von Genossen zugezogen Herr Mehring hat nun zu seiner Rechtfertigung eine ziemlich umfangreiche Broschüre erscheinen lassen, die für die N:cht» genossen hauptsächlich durch die schonungslose Art und Weise bemerkenswert ist, mit der er Kritik an der Moral innerhalb der eigenen Partei übt. So schließt die Meh- ringsche Broschüre, um nur eine der charakteristischsten Stellen ders lbsn hervorzuheben, mit den überaus scharfen Worten: Ihr (der sozialdemokratischen Partei) kann eS sehr gleichgültig sein, ob der moralische Meuchelmord in Dresden an einem beliebigen X oder I versucht wurde, aber nicht gleichgültig darf ihr die Frage sein, ob sich aus ihren Parteitagen hinterlistige Ueberfälle abspielen dür fen, von denen ich wiederhole, daß sie an feiger und schmutzi ger Peifidie in der Geschichte dec verfaultesten Gesellschaft-- klassen ihresgleichen suchen. Darüber muß sich die Partei entscheiden, nicht um meinet- sondern um ihretwillen. — Wenn man erwägt, daß sich die Sozialdemokratie bei allen möglichen Gelegenheiten immer wieder mit ihrer Tugendhaftig- kcit gegenüber den Sündern der angeblich so verrotteten bür gerlichen Gesellschaft brüstet, so beleuchten diese Auslassun gen Mehring- um so greller die wahren Zustände in dessen Partei; hat doch gerade erst die jüngste Zeit und zahlreiche Vorkommnisse wie namentlich durch die vielen Beispiele brutalster Terroristcung der Elemente der sozialdemokrati- sehen Partei, welche sich erlaubten, gegen die geheiligten starren Parteiprinzipten Front zu machen, wiederum ge- zeigt, welch eine eigentümliche Moral in der „Partei der Zukunft" im Grunde herrscht. Eine besondere Blüte der sozialdemokratischen Moral aber enthält zweifellos der Ausspruch, weichen der angesehene Genosse KauiSky in der «Neuen Zett" in einer Betrachtung über den Dresdner Parteitag getan und welcher lautet: „Einer der wichtig, sten Grundsätze darunter, (nämlich unter den für jede Gesellschaftsform geltenden sittlichen Grundsätzen) ist die Pflicht der Wahrhaftigkeit den Genossen gegenüber, dem Feinde gegenüber hat man diese Pflicht nie anerkannt." Herr KautSky hat hiermit also in aller Offenherzigkeit den Satz ausgestellt, daß Wahrhaftigkeit den Nichtsozialdemo- kraten gegenüber niemals die Pflicht der Genossen sein könne, in der Tat eine nette Moral! Da hat die Partei deS Herrn Bebel und Singer nicht im entferntesten daS Recht, wie eS in ihrer Presse fortwährend geschieht, mit ostentativ zur Schau getragenen Pharisäismus auf dte sittliche Ver derbnis der bürgerlichen Welt htnzuweisen und im Segen- satz dazu die Anschauungen und Verhältnisse im „roten La ger" als ideale hinzustellen. Herr KautSly aber darf mit Genugtuung daraus Hinweisen, daß lein jesuitisches Axion von der Unverbindlichkeit für einen überzeugten Sozialde mokraten gegenüber einem Ntchtsozialdemokraten ebenso wahrhaft zu sein al- gegenüber einem Genossen, in den Rethen der sozialdemokratischen Parteigänger rasch Schule macht. In einer sozialdemokratischen Versammlung im dritten Hamburger Wahlkreise war der Antrag gestellt worden, der Parteivorstand möge so schnell wie möglich den erwähnten KautSkyschen Satz durch eine Erklärung im „Vorwärts" desavouriren, der Antrag wurde indessen von der Versammlung mit großer Mehrheit abgelehnt. ES findet sich demnach in den Reihen der Sozialdemokratie volle- Geständnis für dte Moral mit dem doppelten Bo- den, wie sie Herr Kautsky unter offenbarer Billigung der Häupter der deutschen Sozialdemokratie so ungeniert auf gestellt hat. Wohlan, möge der Herr sehen, wie weit sie mit solchen merkwürdigen Grundsätzen kommen! vertliche »ad sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. Bei dem am Dienstag von Herrn Kapellmeister EilerS in Böhmisch-Vollung gegebenen Konzert war der Barthel'sche Saal bis auf den letzten Platz gefüllt, wie man eS seit Jahren bei Konzerten hier nicht gesehen. DaS Gute, ja Vorzügliche, was ge nannter Orchesterkörper an Haupt und Gliedern leistet, bricht sich eben auch hier immer mehr Bahn. ES zeigt sich auch immer mehr, daß wir nicht falsch urteiltcn, als wir nach dem ersten hiesigen Auftreten, ganz ähnlich wie eS einige Monate später Dresdens bedeutendster Musikschriftsteller Lud wig Hartmann tat, Herrn Eilers bezeichneten als einen Dirigenten voll künstlerischem Geschmack und Temperament, voll Mut den vielen Anfeindungen gegenüber, die bei seinem kühnen Streben, in Dresden ein neues Künstlerorchester zu schaffen, nicht auSbleiben konnten, voll Begeisterung sür die Musik, so daß er vor großen finanziellen Opfern nicht zu rückscheute. Die Künstlerschar, zu der viele gereifte Männer gehören, ist musikalisch noch besser durchgebildet als früher. Wenn wir bei den ersten Konzerte» auSzusetzen hatten, daß das Piano und Pianissimo nicht zart genug erklang, waS sür eine so starke Kapelle, die große Dresdner Säle gewöhnt ist, gewiß nichts Leichtes im verhältnismäßig kleinen Raume — so ist jetzt auch die Ueberwindung dieser Schwierigkeit herrlich gelungen. Dies zeigte sich besonder« in der feinen Begleitung zu Bachs Air und dem wundervollen