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-ÄgLeMM für für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden siir die König!. Amtshanptmannschnft zn Meißen, das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. NeununddreiHigster Jahrgang. 187». DikuSIag, dc» U. Scplimbrr Erscheint Wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitags. Abonnementspreis dierteljührlich I Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Ps. Jnscratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag) Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Znseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Bekanntmachung, die Volksbibl iotheken betreffend. Die Stadt- und Landgemeinden des hiesigen Bezirks werden unter Hinweis auf Seite 18 der ihnen seiner Zeit zngefertigten Druck schrift „über Bedeutung und Einrichtung der Volksbibliotheken" darauf aufmerksam gemacht, daß etwaige näher zu begründende Unterstützungs gesuche für Volksbibliotheken spätestens bis Ende dieses Monats anher einzureichen sind. Meißen, am 2. September 1879. Königliche Amtshauptmaunschaft. von Bosse. Tagesgeschichte. Nossen. Im Laufe des 4. Sept, siud von den am Bau der Nossen-Lommatzscher Eisenbahn beschäftigten Arbeitern nicht weniger als 59 erkrankt. Leibschmerz und Erbrechen sind die Krankheitserscheinungen. Sämmtliche Kranke haben am Abende vorher und Mittags in der Bodenbacher Bahnrestauration Wurst genossen, die entweder verdorben lvar oder Fleisch von einem kranken Schwein enthielt. Die angestellte Untersuchung wird jedenfalls Klarheit darüber verschaffen, ob irgend Jemand eine Schuld trifft. Mit dem Inkrafttreten der neuen Reichsjustizgesetze am 1. Oct. d. I. kommt das Verbot des Spielens in ausländischen Lotterien für Sachsen, Braunschweig und Hamburg in Wegfall. In Chemnitz wurde in der Nacht vom 5. zum 6. dss. Mts. in einer Restauration eine Sozialistenversammlung durch die Polizei auf gehoben und die Theilnehmer daran, 20 an der Zahl, unter ungeheu rem Zulauf von Menschen nach dem Polizeiamte abgeführt. Die ägyptische Augenkrankheit breitet sich in Dresden unter der Schuljugend leider immer mehr aus und dringt in alle Stadttheile. Die nöthigen Untersuchungen sind von der Behörde angeordnet worden und hat man konstatirt,' daß Kinder sowohl der Bezirks-, als auch Bürger- und Realschulen davon betroffen worden und vorläufig vom Schulbesuch dispensirt werden mußten. Den Frieden zu erhalten, dahin gehen augenscheinlich die Bestre bungen in allen jenen Kreisen auch, welche an erster Stelle berufen sind, über den Gang cher großen Politik ein entscheidendes Wort mitzusprechen. Auch nicht ein Schimmer von Zweifel ist darüber anfgetaucht, daß der deutsche Reichskanzler Fürst Bismarck und der österreichische Minister des Auswärtigen Graf Andrassy während ihres Beisammenseins in Gastein in dieser Richtung thätig waren, und selbst der mit Grund dermuthete engere Zusammenschluß Deutschlands und Oesterreichs ver folgt andere Ziele nicht, sagt heute'alle Welt, und diese Meinung wird recht behalten. In wenig Tagen stattet Bismarck dem Collegen in Wien einen Gegenbesuch ab, das ist neben jenem, daß der Leiter der auswärtigen Angelegenheiten Oesterreichs bis dahin das Heft in den Händen behält, während sein Rücktritt feststeht und sein Nachfolger in der Person des Barons Haimerle, bisherigen Botschafters in Rom und dritten österreichischen Vertreters am Berliner Congreß, definitiv ge funden erscheint, ein Factum, welches allen entgegengesetzten Combina- üonen den Boden raubt. Dazu kommt, das heute schon die Mission des preußischen Feldmarschalls Freiherrn v. Manteuffel an den in Warschau weilenden Kaiser Alexander von Rußland als eine erfolg reiche bezeichnet werden darf. Die russische Presse hat ihr Feuer gegen Deutschland eingestellt, obschon nicht, ohne auf dem Rückzüge noch einige Schüsse abzugeben. Schwerer wiegt jedoch die Reise Kaiser Wilhelm's »ach dem russischen Grenzstädtchen Alexandrowo, wo am 3. September eine Begegnung mit dem durch so enge Bande der Verwandtschaft und Freundschaft verknüpften russischen Kaiser ftattfand, die sich bis zum Tage darauf ausdehnte, und deren Veranlassung sicher nicht die För derung, sondern die Beseitigung vorhanden gewesener Verstimmungen ht. So augenfällig ist diese Zusammenkunft das unmittelbare Werk der Mission des Marschalls von Manteuffel, daß die nächste Umgebung unseres Kaisers vierundzwanzig Stunden vor der Abreise noch keine Ahnung von dcrselber hatte. Die Völker vernehmen die Kunde von fvlch friedlichem Streben gern und freudig, vertrauend, daß Segen aus 'hm für sie sprießen werde. Sind es doch liebliche Klänge, die an unser Ohr dringen, wenn man uns Hoffnung darauf macht, daß iu Neuerer Zeit der Weg geebnet worden sei, oder doch werde, um bald öu einem Handels- und Zollvertrage zwischen Deutschland und Oesterreich zu gelangen, der uns vor einem zerstörenden Zollkriege be wahrt und den materiellen Interessen beider Staaten in gerecht ab- ^ägender Weise Rechnung trägt; daß Einleitungen zu Verhandlungen u»ch mit Rußland getroffen seien oder beabsichtigt werden, um einen ^leichterten Waarenverkehr herzustellen, nnd den lästigen Zollplackereien On Ende zu machen sowie hemmende Schranken zu beseitigen. Auf mesem Gebiete ist reicher Lorbeer zu erwerben. Und doch wäre es leichtfertig, nach dieser Seite hin weitgehende Wünsche anzuregen, zu bloßen Erwartungen Nahrung zuzuführen. Der Egoismus tritt wie Einzelleben so im Leben der Staaten zu einander nur zn oft der Ausführung der besten Absichten und wohlgedachtesten Pläne hemmend entgegen. Girre Räubersamilie. Erzählung der Neuzeit nach wahren Thatsachen von Emilie Heinrichs. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Zwölftes Kapitel. Der Ueberfall. Kehren wir noch einmal in den Palast Cantonelli zurück, wo zur Mitternacht das Nothwendigste gepackt war, um die Reise nach Avel- lmo anzutreten. Marco war zwei Mal nach dem Hotel gewesen, um sich nach der Rückkehr des Barons zu erkundigen, der um diese Zeit ja erst eben bei Pompeji angeiangt war. Da die Marchesa Arabella erklärte, nicht ohne Fidelio reisen zu wollen, so mußte Pasquale Rapv seine ganze Ueberredungskunst aus bieten, um den jungen, ihm bereits verhaßten Deutschen zum Milreisen zu bewegen, und wenn es zuletzt nicht anders ginge, Gewalt anzuwenden. Das war nun freilich das letzte und auch das gefährlichste Mittel und durfte nur nn alleräußersten Falle angewandt werden. ' „Sie reisen mit, mein Herr?" hatte Fidelio ihn kalt gefragt. „Sicherlich, mein Freund!" „Und Sie glauben, ich würde mit dem Mörder meines Binders reisen?" fragte Fidelio mit flammenden Augen, „nimmermehr, sparen Sie Ihre Üeberredungskünste, selbst das Leben dieses unglücklichen Greises könnte mich nicht dazu bewegen." Rapo stampfte leicht mit dem Fuße und schien nicht übel Lust zu haben, den verwegenen widerspenstigen Knaben zu züchtigen. Doch bezwang er sich und sagte mit etwas spöttischer Miene: „Auch nicht das Leben Ihres Bruders, Signor?" Agnes-Fidelio erbebte, was wollte der Entsetzliche damit sagen? „Wenn ich Ihnen jetzt sage, daß von dieser Reise Leben und Freiheit Ihres Bruders abhängen könnte, was dann? Werden Sie auch dann sich nicht dazu bewegen lassen, Signor?" „Ihre List nützt nichts," versetzte Agnes-Fidelio, „ich weiß, daß von meiner Mitreise für meinen unglücklichen Bruder uichts ab hängen kann." „Sie irren sich, Signor!" sagte Rapo, „es ist so, wie ich sage, Ihr Bruder befindet sich augenblicklich in Bisaccia unter der Pflege meiner Familie." Agnes-Fidelio trat einen Schritt zurück und blickte ihn mit durch bohrendem Ausdruck an. „Mein Bruder," sagte sie ihm hierauf langsam, „wurde von Ihnen, Signor Rapo, vielleicht tödtlich verwundet und fiel sogleich in Räuberhände, welche bereits daraus gewartet zu haben schienen. Und jetzt sagen Sie mir, mein Bruder befinde sich in Bisaccia, unter der Pflege Ihrer Familie — soll ich es aussprechen, Signor, wofür ich diese Familie darnach halten muß?" „Ah, sprechen Sie cs immerhin aus, Signor Tedesco!" rief Rapo mit funkelnden Augen, indem er einen Schritt näher trat. „Für eine Räuberfamilie!" antwortete Agnes-Fidelio mit fester Stimme. Rapo erblaßte und seine Lippen zitterten vor innerer Wnth. Er war allein mit dem Knaben, drinnen wachte der Kammer diener bei dem schlummernden Marchese, während die Signora Ara bella sich iu ihre Gemächer zurückgezogen hatte. Was hinderte ihn, den lecken Fremdling mit einem Stoße zu machen? Aber dann — dieser Gedanke brachte ihn fast zur Raserei — durfte er au die Reise, welche dem Crocco bereits fignalisirt war, nicht mehr denken. Allein wagte sich die Marchesa mit dem wahn sinnigen Greis nicht hinaus, und ohne Arabella, welche die Kostbar keiten mit sich führte, hatte die Reise keinen Zweck. Er mußte sie auf dieser Reise unauflöslich au sich ketteu, das war sein Plan, der nicht mißlingen durste. Und nun wollte es dieser Knabe wagen, seinen Plan zu zer stören? Das heischte Rache, nur der Tod konnte solche Kühnheit sühnen. Aber noch war die Stunde nicht gekommen, noch mußte dieser Verhaßte ihm nützen, seinen finstere» Plänen dienen, es kam also darauf an, sich zu beherrschen.