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Blatt Amts und des Stadtrathes des Aönigl. Amtsgerichts Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Geschäftsstellen: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, CarlMaberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureaus von Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mosse und G. L. Daube L,Comp. I Inserate sind bis Dienstag und Freitag Vormast Uhr aufzugeben. Preis für-die einspaltige Cor- puszeileftoder deren Raum) 10 Pennige. zu . Wulsnitz Als Beiblätter: 1. Jllustrirtes Sonntagsblatt (wöchentlich); 2. Landwirtschaftliche Beilage (monatlich). Abonnements-Preis Vierteljährl. 1 Mk. 28 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. Dru« und S'b-N KimlndMns)igstsv Hahrgaug. Verantwortlicher Redakteur Otto Dorn in PulSnitz. Sonnabend. Nc. 80. 7. Oktober 18NS Deutschland und Transvaal 1 In dein gegenwärtigen Conflict zwischen England und Transvaal, der anscheinend unmittelbar vor seinem kriegeri schen Austrage steht, erfreuen sich die Transvaalboern, wie fast überall in der gebildeten Welt, so auch namentlich bei uns in Deutschland lebhafter und warmer Sympathien. Dies erklärt sich vor Allein wohl daraus, daß es deutschem Wesen und deutschem Sinne von jeher entsprochen hat, in Streitigkeiten zwischen einem stärkeren und einem schwächeren Theil für den letzteren Partei zu ergreifen, und daß die Boern gegenüber einer Weltmacht, wie England, den bei weitem schwächeren Theil darstellen, dies bedarf gewiß keiner besonderen Beweisführung. Dazu kommt, daß den Boern der jetzige Streithandel von ihrem englischen Gegner gewalt sam aufgedrungen worden ist, die englische Politik hat, wie unanfechtbar feststeht, auf den bei ihr so beliebten Schleich wegen die sogenannten Uitlanders in Transvaal erst zur Unzufriedenheit und zur Aufstellung ihrer Forderungen ge reizt, um dann durch die Vertretung derselben eine bequemere Handhabe zur Ausführung der englischerseits längst geplanten Unterdrückung der staatlichen Selbstständigkeit der Boern zu gewinnen. Dieselben befinden sich demnach nur in ihrem guten Recht, wenn sie jetzt im Begriff sind, ihr Land und ihre Freiheit gegen die britischen Gelüste mit den Waffen in der Hand zu vertheidigen, und nicht zum wenigsten auch aus diesem Grunde sind die Sympathien des deutschen Volkes den Boern zugewendet. Weiter gesellt sich bei uns die Achtung vor der schon wiederholt bewiesenen hervorragenden kriegerischen Tüchtigkeit der Boern hinzu, und endlich trägt zweifel los auch die Zugehörigkeit dieses kernigen Volksstammes in Süd afrika zur großen germanischen Rasse das ihrige mit zu dec Hinneigung der Deutschen auf die Seite der Boern bei. Bei solcher Sachlage ist es nun am Ende begreiflich, wenn hie und da bei uns der Gedanke angeregt worden ist, Deutschland möge bei der weiteren Zuspitzung der Trans- vaalcrisis nicht länger mehr den müßigen Zuschauer spielen, sondern mindestens seinen diplomatischen Einfluß bei England zur Verhinderung des Ausbruches des Krieges in Südafrika geltend machen. Aber schon bei einem solchen Schritt würde Deutschland aus seiner ihm durch die gesammten Verhältnisse gebotenen Reserve in dem schwebenden südafrikanischen Streit handel heraustreten und vurch eine derartige divlomatische Einmischung sicherlich tiefe Verstimmung englifcherseits gegen Deutschland Hervorrufen. Gerade zum jetzigen Zeitpunkte jedoch, da sich das deutsch-englische Verhältniß nach langer Zeit wieder derartig freundlich gestaltet hat, daß endlich im kommenden November wieder einmal ein Besuch Kaiser Wil helms in England erfolgen kann, wären diplomatische Vor stellungen der deutschen Regierung zu Gunsten der Boern durchaus unangebracht, sie würden unter den obwaltenden Umständen überall in England als ein unfreundlicher Act seitens Deutschlands betrachtet werden. Indessen ist auch, ganz abgesehen von der offenbaren Erfolglosigkeit eines sol chen Auftretens Deutschlands, schwerlich daran zu denken, daß die deutsche Regierung sich jetzt wirklich zu einer solchen Intervention im englifch-transvaalischen Conflict entschließen könnte, dies um so weniger, als ja der geheimnißvolle Ver trag zwischen Deutschland und England über Südafrika existirt, der höchst wahrscheinlich der deutschen Regierung ge rade im Hinblick auf die Boern die Hände bindet. Außer dem darf nicht übersehen werden, daß sich an den maßgebenden Berliner Stellen der Wind gegen die Boern seit jenem Zeitpunkte, da Kaiser Wilhelm den Präsidenten Krüger zu der Besiegung der Jameson'schen Flibustierbande telegraphisch beglückwünschte, augenscheinlich einigermaßen gedreht hat, man betrachtet eben dort die Boern und ihr Ringen um die Er haltung ihrer staatlichen Existenz nicht mehr vom Standpunkte einer bloßen Gefühlspolitik, sondern von demjenigen nüchter ner realpolitischer Erwägungen aus. Selbstverständlich kann alsdann von einer bewaffneten Theilnahme Deutschlands für die Boern im Falle eines südafrikanischen Krieges, welche bei uns einige Hitzköpfe wünschen, vollends nicht die Rede sein. Wir Deutschen haben entschieden keinerlei zwingenden Grund, uns mit den Eng ländern in einen Kampf auf Leben und Tod einzulaffen, lediglich, um den kleinen Boernstaat fern in Südafrika vor dem Schicksal, in dem britischen Reiche aufzugehen, zu be wahren; Und wenn von besagten Hitzköpfen darauf hingewiesen wird, daß eines Tages auch die deutschen Besitzungen in Südafrika den Engländern zur Beute fallen könnten, wenn sie erst einmal Transvaal und weiter den Oranjefreistaat, sowie Portugiesisch-Südafrika in die Tasche gesteckt haben würden, so ist auf eine solche Be sorgniß zu erwidern, daß es sich die Engländer wohl zwei mal überlegen würden, mit Deutschland anzubinden. Im Uebrigen bleibt es noch sehr abzuwarten, wie der bevorstehende englische Feldzug gegen die Boern verlaufen wird, möglicher weise pflücken hierbei die englischen Truppen nur sehr dürftige Lorbeeren, und nachher wäre es für das neutrale Ausland noch immer Zeit, vermittelnd in die kriegerischen Ereignisse auf südafrikanischem Boden einzugreisen. Oertliche «ud sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. Am 4 d. M. beehrten Herr Kreis- Hauptmann von Schlieben aus Bautzen und Herr Amts- Hauptmann von Erdmannsdorff aus Kamenz unsere Stadt mit ihrem Besuch, um daselbst mehrere industrielle Etab lissements zu besichtigen. Die genannten Herren wurden Vormittags 11 Uhr bei ihrer Ankunft auf hiesigem Bahn hof vom Herrn Bürgermeister Schubert empfangen und von demselben nach folgenden Fabrikbetrieben geleitet: Hempels Fabrik, Löhnigs Wagenbauerei, Feilgenhauers Schürzenfabrik, Budnicks Pfefferküchlerei, Böttners Woll fabrik, Sperlings Töpferei, Müllers Färberei und C. G. Hübners (Schmolligs) Fabrik. In sämmtlichen von den genannten Herren besuchten Etablissements waren die Herren Chefs persönlich anwesend und gaben die gewünschte Auskunft. Die in Aussicht genommene Besichtigung wei terer Etablissements mußte wegen der Kürze der Zeit unterbleiben. Herr Kreishauptmann von Schlieben und Herr Amtshauptmann von ErdmannSdorff sprachen über die Vielseitigkeit der hiesigen Industrie ihre Anerkennung und Befriedigung aus. Pulsnitz. Mit Interesse verfolgte vor nahezu einem Jahre ganz Deutschland die Reise des Kai sers in das gelobte Land. Alle den Christen heilige Stätten würden von dem mächtigen Hohenzollern- fürsten besucht; von seiner erlauchten Gemahlin aber den Krankenhäusern und Hospitälern die liebevolle Aufmerksam keit geschenkt und werkthätige Hilfe gespendet. Die Errun genschaften dieses letzten Kreuzzuges, der Empfang und der Aufenthalt des Kaiserpaares in Palästina sind dem deut schen Volke durch Schrift und Bild bekannt geworden. Aber die lebensvolle Schilderung der Reise durch einen Theilnehmer und Augenzeugen wird jede Beschreibung in den Schatten stellen und uns viel anschaulicher in jene, uns von frühester Kindheit an interessirende Gegend ver- setzen, als dies durch einen Zeitungsartikel möglich ist. Herr Oberpfarrer Or. Wetzel aus Bischofswerda, de rin vielen Städten unseres Vaterlandes mit großem Beifall über seine Reise gesprochen hat, wird den 8. Oktober auch hier in liebenswürdigster Weise einen Vortrag halten, auf den auch an dieser Stelle ganz besonders aufmerksam ge macht wird. Die geistvolle und fesselnde Art des Redners, der keine langatmige Reisebeschreibung in dem gewöhnlichen Stile giebt, sondern charakteristische Momente über Land und Leute heraushebt und die thatsächliche Bedeutung der Kaiserreise zur rechten Klarheit bringt, wird auch hier nicht verfehlen «in volles Haus zu schaffen. — Kirmeßfreude herrscht bald überall. Die Kirmeß ist das Hauptfest der Landbevölkerung. Mit Recht heißt es: „ES ist kein Kirchlein so klein, des Jahres muß einmal Kirmeß sein." Neben allen anderen Freuden, welche die Kirmeß bietet, ist sie das Haupteßfest und liegt nicht zufällig in der Zeit, da alle Früchte geerntet, die Borsten- und Federthiere von dem Reichthume des Sommers gemästet sind und auch daS Wild wieder schmackhaft ge- worden ist. Der Kirmeßbraten und Kirmeßkuchen hat auch für den Städter seine bekannte Anziehungskraft, der sich dazu gern einladen läßt oder wohl gar selbst einladet. Vergnügen muß es zur Kirmeß geben. Und außer dem obligatorischen Tanz, wo auch einmal die Honorationen nach altem Brauch den Dorftanzsaal besuchen, ist kein Fest mit so verschiedenen Volksgebräuchen verbunden wie die Kirchweih. Im Thüringischen werden an manchen Orten die Mädchen Wochen vorher versteigert an ihre Kirmeßburschen und der Ertrag gemeinsam verbraucht. Im Schwarzwalde wird das Gesinde reichlich bewrrthet, in manchen Gegenden auch vom Gutsherrn und der Frau bedient. Außerdem ist vielerorts mit der Kirchweih ein Vogelschießen, ein Jahrmarkt, ein Umzug feierlicher und heiterer Art usw. verbunden. Ueberall aber ist die Kirmes hauptsächliche ein Besuchs- und Eßfest, wobei ost unglaub liche Mengen von Kuchen und Braten vertilgt werden. — Auf die verschiedenen persönlichen und schriftlichen Vorstellungen des Vertreters des 7. ländlichen Wahlkreises, Herrn Lanvtagsabgeordneten Rentsch, um die in allen Schich te der Bevölkerung erwünschte Vermehrung der Züge auf der Linie Arnsdorf-Kamenz und um Erreichung einiger wichtiger Anschlüsse hat die Königliche Generaldirektion sich unterm 30. September geäußert, daß es unter den gegen wärtigen Verhältnissen zu ihrem Bedauern nicht möglich sei, die gewünschte Erweiterung im Fahrplane der Linie Arnsdorf-Kamenz durch die Aufnahme eines siebenten Personenzuges in jeder Richtung eintreten zu lassen. Eben sowenig ließe sich auch der Personenzug 703 — Dresden- Allstadt—Arnsdorf (ab Altstadt 3,46, ab Neustadt 4,00) und zwar angesichts des ihm dicht nachfolgenden Dresden- Görlitz-Breslauer Schnellzuges 125 um so viel später le gen, daß er den Anschluß vom Leipziger Personenzuge 439 (in Dresden-Neustadt 4,04) gewinnen könnte. Im Uebrigen werde der Dresden-Arnsdorfer Personenzug 717 der Sonntags und Dienstags den Nachtanschluß nach Ka menz vermittele, vom 1. Oktober ab DreSden-Neustadt erst 10,50 Nachm. verlassen. — Der weitere an Generaldirek tionsstelle angebrachte Wunsch auf Anhalten des Schnell zuges 83 in Oberneukirch habe leider ebenfalls nicht be rücksichtigt werden können, weil die Bedienung Oberneu- kirchs eine gleiche Maßnahme anderer, noch bedeutenderer Verkehrsstellen im Gefolge haben müßte. Alsdann würde aber der Zug seinen Charakter als Schnellzng mehr und mehr verlieren. (K. W.) — Es ist ein eigenes Gefühl, wenn wir auf dem Ab reißkalender den Namen des Oktober lesen. Uns sind ja wohl noch eine ganze Anzahl von erfreulichen Herbsttagen bescheert, denn auch der vielgeschmähte November ist oft ebensowenig schlimm wie der gleichfalls arg verrufene April, wir werden noch manche Stunde auf einem Spaziergang im Freien verbringen können, aber eS ist nun mal Oktober, es kann auch mit schnellen Schritten die minder behagliche Jahreszeit herankommen. Und damit kommt die Noth- Wendigkeit zu allen möglichen Veranstaltungen und oft nicht geringen Geldausgaben von selbst. Ist im Sep tember die große Ofenfrage als Nebensache betrachtet, jetzt muß sie zur Lösung gebracht werden. War im September der leichte sommerrock noch passabel, nun kommt sein Nachfolger für den Winter. Sind die Kinder bisher noch mit dünnem Schuhwerk umhergelaufen, jetzt müssen festere Hüllen für die Füße herbei, und vor allem kann mit dem Auflegen einer neuen Sohle oder son stigen Reparaturen nicht mehr gewartet werden, bis die Sache auch lohnt. Die Tage sind noch leidlich lang, da muß der Kelch des vorwinterlichen Groß - Reinemachens getrunken werden, und hat der Töpfer die Oefen noch nicht nachgesehen, jetzt heißt es: Eilig, eilig! Und so ist wer weiß noch was zu erledigen, was man wohl aufschieben konnte, was man aber nicht ausgeben darf. — Zur der am 1. Oktober ausgegangenen Hasenjagd verlautet, daß die diesjährige Ausbeute in dieser viel be gehrten Wildbretsorte bei uns in Sachsen ähnliche gute Erträgnisse liefern wird, wie in den Jagdgebieten der Nach- barländer. Da nämlich der erste Satz der Hasen, die sogen. Märzhäschen, welche in der Regel schon im Sommer wieder Nachwuchs zu haben Pflegen, diesmal fast durchweg gut gediehen sind, so werden die Erträgnisse der heurigen Hasenjagd recht ansehnlich sein. — Den zum Militär einberufenen jungen Leuten, Welche Mitte Oktober bei ihrem Truppentheil eintreffen müssen, ist zu empfehlen, die Bezahlung des am 30. Sep tember d. I. fälligen zweiten Termins der StaatSein- kommensteuer nicht zu unterlassen, da die jungen Leute nach Z 10 des Einkommensteuergesetzes vom 2. Juli 1878 noch zur Zahlung dieses Termins verpflichtet sind, sobald sie bis zu diesem Tage Einkommen bezogen haben. Eine Unterlassung der Zahlung würde zunächst die Mahnung und weiterhin die äußerst unliebsame Einziehung des Steu errestes durch das betr. Regiment zur Folge haben. Un bemittelte können durch Einreichung eines Erlaßgesuches an