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Blatt Amts Mld des Stadtrathes des Königl. Amtsgerichts Ur. 65 13. August 18W Mittwoch Als Beiblätter: l. JllustrirteS Sonntagsblatt (wöchentlich); 2. landwirthschaftliche Beilage (monatlich). Abonnements - Preis «ierteljährl. 1 M. 25 Ps. Auf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. Verantwortlicher Redakteur Gustav Häberlei n in Pulsnitz. Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. 10 Pfennige. Geschäftsstellen: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annonccn-Bureaus von Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mosse und. G. L. Daube L Comp Z" Wutsnih Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend. sns-rat- V >r sind bis Dienstag und Freitag i Vorm. 9 Uhr auszugeben. Preis für die einspaltige Cor- PuSzeile (oder deren Raum) Druck und VerlagMchtnndvisVzigstsV Uahygaug Allgemeine Lage von Handel und Gewerbe. Dem jetzt erschienenen Bericht der Handels- und Gewerbekammer zu Dresden auf das Jahr 1895 entnehmen wir nachstehende allgemeine Betrachtung: „Wie wir im Berichte über das Vorjahr an dieser Stelle erwähnten, hatten sich einige Anzeichen und Besserung in den Ver hältnissen der Industrie bemerkbar gemacht; wir sprachen die Hoffnung aus, daß sie sich entwickeln und eine Be- . lebung der Geschäststhätigkeit Hervorrufen möchten. Diese Hoffnung ist im dem Berichtsjahre, wenn auch nicht für alle Industriezweige, so doch für einen großen Theil erfüllt worden. Die friedliche Lage aller Culturstaaten, die Geld flüssigkeit, die während des ganzen Jahres herrschte, stärk ten das allgemeine Vertrauen; dazu kam die Einsicht, daß in vielen Industriezweigen in der That der tiefste Stand punkt erreicht sei, und so wendete sich das Kapital nicht mehr von allen industriellen Unternehmen ängstlich und mißtrauisch ab. Es hat ein erfreulicher Aufschwung der Industrie und des Handels stattgefunden. In der Statistik ' der Ein- und Ausfuhr des Deutschen Reiches für das , Jahr 1895 kommt diese Thatsacbe am beredtesten zum Ausdrucke. Von der Gesammt-Ein- und Ausfuhr im Be trage von 4128,7 bez. 3313,1 Millionen, welche Zahlen die des Vorjahres um 190,2 bez. 366 Millionen über treffen, kommen auf Rohstoff für die Industrie und auf Fabrikate in der Einfuhr 1805 und 925,5 Millionen, in der Ausfuhr 722,5 bez. 2179,7 Millionen, also betrug der Ueberschuß der Einfuhr von Rohstoffen für die Industrie 1082,5 Millionen, wogegen sich der Ueberschuß der Aus fuhr von Fabrikaten auf 1254,2 Millionen stellte, die höchste Ziffer seit dem Jahre 1889. Namentlich entfaltete , sich rege Thätigkeit in der zweiten Jahreshälfte, die Be stellungen häuften sich, sodaß die Lieferungsfristen nicht ' eingehalten werden konnten und die Aufträge zum Theil in das neue Jahr hinübergenommen werden mußten, dem zufolge wurde die Arbeiterzahl vermehrt, neue Hilfsmaschinen aufgestellt, El Weiterungsbauten errichtli; so, um nur einige Geschäftszweige namhaft zu machen, in den Fabrikationen von Specialmaschinen, von Nähmaschinen und Fahrrädern- in Blech- und Emaillirwaaren, in Blechformen, in der Pianofortefabrikation, in den Kammgarnspinnereien, in der Fabrikation von Phantasiewaaren, in der Strohindustrie, in der Fabrikation künstlicher Blumen und von photographi schen Apparaten usw. Die Belebung der geschäftlichen k Thätigkeit war aber leider nicht von einer entsprechenden Hebung der Fabrikatpreise begleitet, eine ganze Reihe von Geschäften klagen über weiteren Rückgang der schon vorher gedrückten Preise. Blickt man auf das Berichtsjahr zurück, so kann man mit Genugthuung in der überwiegenden Mehr heit der zahlreichen Jndustiezweigen eine allmählich fort schreitende Belebung der Thätigkeit erkennen ; das Ergebniß ist, wenn auch dieser Belebung nicht entsprechend, doch in vielen Fällen ein befriedigendes, in einigen ein gutes und nur in wenigen ein ungünstiges gewesen. Ob dieser Auf schwung ein dauerhafter sein, und eine Reihe von Jahren fortschreitender Entwickelung eröffnen wird, ist schwer zu sagen; einige Stimmen wollen gerade in der Allmählichkeit der Belebung, die ohne gewaltsame Sprünge stattgefunden habe, ein günstiges Anzeichen erblicken, es genügt aber, da wir mit unserer Industrie mitten in deni allgemeinen Welt- verkehre stehen und von seinen Schwankungen abhäncen, schon jetzt zu Tage getretene Abnahme unseres Exportes nach den vereinigten Staaten, um allzu großen Hoffnungen einen Dämpfer auszusetzen. Der Colonialwaarenhandel und das Kleingeschäst hat im Berichljahre im allgemeinen eine Wendung zum Bes seren nicht erfahren, in ersterem bedurfte es der größten Anstrengungen, um den Umsatz zu vermehren und auf diese Weise noch einen Gewinn zu schaffen; die von drin Landtage in Aussicht genommene Besteuerung der Consum- vereine und die Umsatzsteuer von Filialen sowie das vom Reichstage verabschiedete Gesetz zur Bekämpfung des un lauteren Wettbewerbes werden hoffentlich die von ihnen erwartete Wirkung nicht verfehlen. Das Handwerk ist nach den im Berichte wiedergegebenen Aeußerungen verschiedener Innungen noch in derselben Lage wie im Vorjahre ge blieben, eine ernste Sorge macht der immer mehr zu Tage tretende Mangel an tüchtigen Gesellen und auch an Lehr lingen, die — dem Zuge der Zeit folgend — in der Mehr- zahl nicht aus den Handwerker«, sondern aus anderen, einem tieferen Bildungsgrade angehörigen Classen sich rekruti- ren. Ob in dieser Hinsicht, in Bezug auf Lehrlingsaus bildung, das Gesetz über die Organisation des Handwerks endlich Abhilfe schaffen wird, bleibt abzuwarten. Der vor gelegte Gesetzentwurf über die Bildung von Haudwerker- kammern konnte sich wenigstens der Zustimmung unserer Gewerbekammer nicht erfreuen. Ueber die Arbeiterverhältnisse bietet das Berichtsjahr keine Veranlassung, sich eingehender zu äußern. Fast alle Berichte stimmen darin überein, daß das Verhalten dkl Arbeiter zufriedenstellend gewesen ist, von Streiks wird nichts berichtet. Die Löhne sind in einer großen Anzahl von Fällen aufgebessert worden, von Arbeiterentlassungen, beziehentlich Verkürzung der Arbeitszeit wegen Mangels an Beschäftigung ist nur in ganz wenig Berichten die Rede. Die soziale Gesetzgebung scheint sich je länger je mehr ein- zuleben, nur vereinzelte Klagen über die Sonntagsruhe und die gesetzliche Verkürzung der Arbeitszeit der Frauen werden von einigen Fabriken vorgebracht. Oertttche und sächsische Angelegenheiten. Beiträge für dielen Theil werden gegen Vergütung dankend angenommen. Pulsnitz. Für den Verbandstag der freiwilligen Feuerwehren des Bezirkes Kamenz, der am vergangenen Sonntage in den Mauern unserer Stadt abgehalten wurde, zeigten die Bewohner unserer Stadt und der Umgebung großes Interesse, denn nicht nur der Empfang der auswär tigen Wehren und der Nachmittag stattfindende Umzug, weit mehr noch die auf dem Schießplane stattfindenden Exercitien der hiesigen Feuerwehr und der Angriff auf ein in der inneren Stadt gelegenes Gebäude als angenommenes Brandobjekt hatte Jung und Alt auf die Beine gebracht. Der Festtag, der zugleich als ein Ehrentag der hiesigen freiwilligen Feuer wehr angesehen werden kann, da sie die Prüfung, die mit ihr vorgenommen wurde, glänzend bestand, wurde von einem früh 6 Uhr vom Hornistencorps der Feuerwehr ausgeführten Weckruf eingeleitet. Nach Beendigung des Vormittagsgottes dienstes rückten die benachbarten Wehren in unsere Stadt ein, wurden nach dem Marktplatz geleitet und daselbst vom in Parade aufgestellten hiesigen Corps empfangen. Von Vr2 Uhr an fanden die Verhandlungen des Verbandstages im Schützenhaussaale statt. Bei diesen Berathungen wurden der Jahresbericht und der Kassenbericht vorgetragen, die Wahlen der Bezirksvertreter vorgenommen und zwar wurden wiedergewählt als Vorsitzender: Nicolaus-Kamenz, Stellver treter Hauptmann-Kloster Marienstern, Kassirer: Borsdorf- Pulsnitz, neuhinzugewählt als stellvertretender Kassirer: Bauer sachs Pulsnitz. Der nächstjährige Verbandstag wird in Brauna abgehalten werden. Zum Schluß der Berathungen hielt der Kreisvertreter Branddirektor Stadtrath Reiche-Bautzen einen Vortrag über das Sanitätswesen und die Einführung von Sanitätsabtheilungen in den Feuerwehren. Anwesend bei den Verhandlungen waren Herr Bürgermeister Schubert, Herr Stadtrath Borkhardt und als Vertreter der Amtshaupt mannschaft Herr Regierungsassessor Or. Niethammer-Kamenz. Um 3 Uhr versammelten sich die Feuerwehren auf dem Marktplatze zum Festzuge. An demselben betheiligten sich 372 Mann, die den Feuerwehren von Kamenz, Königsbrück, Elstra, Brauna, Kloster Marienstern, Bretnig, Hauswaldc, Großröhrsdorf, Großmann'sche Fabrikfeuerwehr Großröhrs dorf, Ohorn (zus. 264 Mann) und Pulsnitz (mit 104 Mann) angehörten. Der Festzug, dem das Stadtmusikchor voran ging, bewegte sich durch die obere Langegasse, Bismarckplatz, Albertstraße, Rietschelstraße, Schloßhof, Schloßgaffe, Bismarck platz, Kamenzerstraße, Schießhaus. Nach Ankunft des Zuges auf dem Schießplane stellte sich die hiesige freiwillige Feuer wehr zum Exerciren auf. Die nun folgenden Fußdienstübungen sowie die Uebungen des Steiger-, des Pionier-, des Schlauch wagen- und der beiden Spritzenzüge fielen bis auf einige kleine von den Inspektoren gerügte Vorkommnisse sehr be friedigend aus. Allgemeines Lob verdiente der Angriff auf das als Brandobjekt gedachte Hausgrundstück der Apotheke. Vom Ertönen des Alarmsignals vom Bismarckplatze nach der auf dem Schießplane aufgestellten Feuerwehr bis zur Abgabe des ersten Wasserstrahles waren kaum 7 Minuten vergangen. Noch sei erwähnt, daß der Angriff nicht geprobt war. Rettungsschlauch und Sprungtuch wurden in Anwendung ge bracht, auch trat die Sanitäts - Abtheilung in Thätigkeit, durch Annahme einerVerletzung, wofür sich die anwesenden Ver treter und geladenen Gäste sehr interessirten. Außer den vorgenann ten Herren wohnten den Uebungen Sr. Excellenz Herr General d. C. a. D. von Kirchbach, Herr Bürgermeister Schubert, sowie die städtischen Behörden bei. Die Inspektoren, die Alles mit scharfen Augen als Kritiker verfolgten, sprachen am Schluß aus,dieWehr in einertadellosen Verfassung gefunden und gesehen zu haben, daß das Corps das ernste Bestreben habe, stets das Beste im Feucrwehrdienst zu leisten. — Nach diesem fand Frei-Concert und gemüthliches Beisammensein in den An lagen des Schützenhauses statt. ^Allgemeine Ztg. des Judcntlmms" in Nr. 24 veröffent licht folgendes Sonett: „Wo warm ein Herz für Schönes, Edles schlägt, — Und seinen Brüdern sucht ein Leid zu indern, — Wo Lieb' zu Eltern, Elternlieb' zu Kindern, — Und wo Musik in reine Sphären trägt; — Auch wo man wagt, bevor man sorglich wägt, — Wo man durch Wohlthat strebt die Noth zu mindern, — Verehrung zollt wn Dichtern und Erfindern, — Wo man mit Menschen neuschlich sich verträgt — Da saßl's nur an, modernes chweres Leben, — Wir leben's aus, so wie es Gott ge- eben — In jedem Tiegel bleiben etwas Schlacken! — !»!>>«.. 'i-r — m?enickl- — Beim Herannahen der militärischen Herbstübungen wird darauf aufmerksam gemacht, daß es sich empfiehlt, Postsendungen für die an den Uebungen theilnehmenden Offiziere und Mannschaften nicht nach den in kurzen Zeit räumen wechselnden Marschquartieren, sondern stets nur nach dem Garnisonort« zu richten. Mr die richtige und schleunige Weitersendung dieser Briefe rc. wird dann post seitig gesorgt. Ferner ist eS dringend nothwendig, in den Aufschriften der Sendungen an Unteroffiziere nnd Mann schaften außer dem Familienname», dem nach Umständen auch Vornamen und Ordnungsnummern zuzusetzen sind, den Dienstgrad und Truppentheil (Regiment, Bataillon, Compagnie, Schwadron, Batterie, Kolonne u. s. w.) genau anzugeben. Ebenso bedarf es auch bei Sendungen an Offiziere und Einjährig-Freiwillige der genauen Angabe des Truppentheils, da die Regimenter, Bataillone u. s. w. oft auseinander gezogen und auf verschiedene Quartier orte vertheilt werden. Mangelhafte Aufschriften der Manöver-Postsendungen können leicht eine Verzögerung in der Beförderung und Bestellung derselben zur Folge haben. Für die Nach- oder Rücksendung von Postan weisungen, gewöhnlichen und eingeschriebenen Brief-Sen dungen, sowie der gegen ermäßigtes Porto beförderten Soldatenpackete ohne Werthangabe bis zum Gewichte von drei Kilogramm einschließlich wird kein Porto erhoben. — Sollten dieses Jahr wieder die Kohlweißlinge die Kohlgewächse im Feld und im Garten bedrohen, so würde es sich empfehlen, auf diese Schädlinge rechtzeitig Jagd zu machen, ihre Cierhäufchen am Kraut zu beseitigen und die Raupen durch Viehsalz zu vernichten. Auf kleinen Flächen wird sicherlich der Mensch, wenn er rechtzeitig beginnt, den Kampf erfolgreich durchführen. Er darf nicht erst mit der Vernichtung anfangen, wenn die Raupen das Kraut schon halb zusammengesressen haben. — Die Vogelwelt bereitet sich schon auf die Wanderung nach dem Süden vor, ein Zeichen, daß wir die Höhe der Jahreszeit überschritten haben. Die ersten Vögel, welche uns schon verlassen haben, waren die Mauerschwalben, richtiger Mauersegler; sie legen die Strecke von hier nach dem Innern von Asuka in nur fünf Tagen zurück. Nur drei Monate bleiben diese Thiere hier und zwar vom ersten Mai (nach jahrelangen Beobachtungen eines bekannten Vogelkundigen höchstens einen Tag später) bis zum dritten August, an welchem Tage sie sich zusammenschaaren, um den Flug nach dem Süden zu beginnen. Ihnen schl-eßm sich in Bern die Alpensegler, welch letztere sich stets am Münsterthurme zu Bern versammeln, an. Von den Schwalben folgen nun zunächst die Haus» und Uferschwalben im September und die Stallschwalben im October. — Nach dem bekannten Wetterprophet Falb soll der gegenwärtige Monat August folgendes Wetter aufweisen: In der ersten Hälfte verhältnismäßig trocken, in der zweiten viel Gewitter. In der ersten Hälfte kühl, in der zweiten heiß. Der 9. August sollte ein kritischer Tag erster Ordnung, der 23. ein kritischer Tag zweiter Ordnung sein. Großröhrsdorf. Ein bedauerlicher Unglücks fall ereignete sich am Donnerstag früh in der Aug. Corn. Boden'schen Fabrik dadurch, daß kurz nach Beginn der Arbeit der Werkführer Herr Ad. Röllig beim Auflegen eines Riemens auf eine Riemenscheibe in das Getriebe ge- rieth und er sich dadurch einen Bruch beider Röhren des Armes zuzoq. Am Nachmittag desselben Tages gerieth ebenda die Arbeiterin Kühne in eine Klöppelmaschme, wo-