Volltext Seite (XML)
Amts- un- Anzeigeblatt für den Amtsgerichtsbezirk Eibenstock und dessen Umgebung für Eibenstock, Larlsfeld, Hundshübel, Neuheide, Oberstützengrün, Schönheide, Schonheiderhammer,Sosa,Unterstützengrün,WUdenthalusw. Tel.-Kdr.: Amtsblatt. Fernsprecher Nr. 210. Drucker und Verleger: Emil Hannebohn, oerantwortl. Redakteur: Ernst Lindemann, beide Eibenstock «0. Jahrgang. - --- - —,—.. A? 4L. DieMlijs, de« 25. Februar ISLA Lrjcheint täglich abends mit Ausnahme der Sonn» und Feiertage für den folgenden Tag. Anzeigenpreis: die kleinspaltide Zeile l2 Pfennige. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pfennige. Bezugspreis Vierteljahr!. M. 1.50 einschließl des „ullustr. Unterhaltungsblatts" und der humoristischen Beilage „Seifenblasen" in der Expedition, bei unserenvoten sowie bei allen Beichspostanstalten. Spannung oder Entspannung? Noch immer ist der Stand der Dinge aus dem Balkan selbst sehr schwer zu beurteilen und auch die allge meine europäische Lage hat sich nicht geklärt. Von einer Seite wird zwar berichtet, daß eine Art von Basis für den Friesen gefunden sei, andernteils aber liegen auch Nachrichten vor, die von weiteren neuen Rüstungen der nächstbeteiligten europäischen Mächte zu berichten wissen. Deutet das erstere auf eine Ent spannung der Lage, so zeigen die letzteren Meldun yen mit großer Deutlichkeit, daß man sowohl an der Newa wie auch an der Donau die Situation als recht ernst aufsaßt. Die neuesten Depeschen lauten: Sofia, 23. Februar. Es bestätigt sich, daß Hakki-Pascha die Note der Mächte vom 16. Januar als Friedensunterlage ange nommen hat. Gleichzeitig hat er den Wunsch aus gesprochen, von den letzten Forderungen der Alliier ten betreffend Grenzsestsetzung und Kriegsentschädig ung Kenntnis zu erhalten. Wien, 23. Februar. Der „Reichspost" telegra phiert man aus Belgrad: Alle serbischen Blätter be grüßen mit großer Freude die Nachricht, daß Ruß land forlmobilisiere und sprechen ihre Genugtuung da rüber aus, daß Rußland standhaft ist, daß Skutari an Montenegro abgetreten werden soll. Alle Wege an der österreichischen Grenze werden schleunigst repa riert. Petersburg, 23. Februar. In hiesigen diplo matischen Kreisen hat in Bezug auf den rumänisch- bulgarischen Konflikt eine gewisse Unruhe Platz ge griffen Man sieht die Möglichkeit voraus, daß sei tens Rumäniens Gewaltmaßrcgeln getroffen werden, wenn auch die europäische Diplomatie eine Mediati on angeboten hat. Um für alle Eventualitäten gewapp net zu sein, hat Rußland seine Schwarz meerflotte in Bereitschaft gesetzt. Wien, 23. Februar. Wie die „Militärische Rund schau" meldet, werden die zum Ersatz des Abganges im Präsenzzustande heranzuziehenden Personen aus dem nicht aktiven Stande in diesem Jahre bereits am l. April einbcrufen werden. Auf dem Kriegsschauplätze scheint es wieder et was lebhafter herzugehen, als in den letzten Wochen. Tie Türken sollen aus Gallipoli den Bulgaren eine Niederlage beigebracht haben, wie eine Meldung aus Belgrad besagt. Merkwürdigerweise liegt hierzu aber noch kein Bericht aus Konstantinopel vor, ein Um stand, der bei der sonst sehr eifrig Siegesmeldun gen in die Welt fetzenden Türkei zu denken gibt Ueberdies soll eine weitere große Schlacht bei Bulair im Gange sein und ebenso ist es auf der Tichataldscha- Linie zu Zusammenstößen gekommen: Belgrad, 22. Februar. Hier eingetroffenrn Meldungen zufolge, erlitten die Bulgaren aus der Halb insel Gallipoli eine Niederlage. Der Kampf war un gemein heftig und forderte auf beiden Selten sehr große Verluste. Konstantinopel, 23. Februar. Nach hier ein getroffenen Meldungen ist bei Bulair wieder eine gro ße Schlacht im Gange. Konstantinopel, 23. Februar. Amtlich wird er klärt, daß das Bombardement von Adrianopel am Donnerstag 20 Stunden dauerte, dagegen war das Bom bardement am Freitag nur schwach. Bei der Tschatald- scha-Linie unternahmen die Türken in der Nacht zum Freitag einen Nachtangriff bei Sürginköj. Die Bul garen zogen sich mit schweren Verlusten zurück. Am Freitag fand westlich von Kadiköj ein erbitterter Kampf statt, der von mittags bis 6 Uhr abends dauerte.und mit dem Rückzug der Bulgaren endete. Bei Bulair hat sich kein Zwischenfall ereignet. Tagesgefchichte. Deutschland. - Die Militäroorlage und ihre Dek- kung. Die „Norddeutsche Allgem. Zeitung" schreibt: Anderweitigen Erörterungen in der Presse gegenüber können wir mitteilen, daß an allen maßgebenden Stel len Nebereinstimmung dahin besteht, daß die Militär- Vorlage und die Vorlage über die Deckung der neu en Forderungen gleichzeitig dem Reichstage zugehen sollen - Eine Tartarennachricht. Die „Neuster- litzer Zeitung" erfährt von unterrichteter Stelle zu oer Meldung des „Berliner Tageblattes" über eine even tuelle Aufhebung der Union zwischen ven beiden Groß herzogtümern Mecklenburg, daß diese Meldung selbstver- stänolich jedes tatsächlichen Hintergrundes entbehrt. Italic« — Eine Rede des italienischen Ministers deS Aeußeren. Bei der Beratung des Etats für das Ministerium des Aeußeren hielt der Minister des Aeußeren Marquis di San Giuliano eine Rede über die Krise im Orient und die Lage im Mittelmeer. Ec erklärte mit Nach druck, Italien sei ebenso wie Oesterreich-Ungarn entschlossen, nie zu gestatten, daß irgend eine Macht das Mittelmeer das „war« nostram" nenne. Di San Giuliano sprach diese Worte, die sich natürlich gegen gewisse französische Gelüste richten, mit starker Betonung, und diese Erklärung rief in der Kammer große B geisterung hervor. Man bemerkte auch das besondere Wohlwollen, mit dem der Minister erklärte, alle Mächte, vor allem aber Italien, würden der Türkei be hilflich sein, eine starke astatische Macht zu werden. «»erika. — Eine Gegenrevolution in Mexiko. Aus Mexiko wird gemeldet, daß General Fiquera mit seinen ge samten Truppen sich gegen General Huerta ausgesprochen hat. Er marschiert bereits mit 10 000 Mann gegen die Haupt stadt. General Figuera ist als der beste Soldat von ganz Mexiko bekannt, er wird deshalb von den Diaztruppen ge fürchtet. Die letzten Telegramme besagen, daß von Mexiko- Cuy aus alle verfügbaren Mannschaften nach Veracruz ge sandt werden, um dem aufrührerischen General erfolgreich entgegentreten zu können. — Unter diesen Umständen scheinen die Vereinigten Staaten ein Eingreifen für nötig zu halten, denn aus Washington wird gemeldet, daß die 5. Brigade der zweiten Division der Armee der Vereinigten Staaten, die vier Linienregimenter umfaßt und von General Smith befehligt wird, angewiesen worden ist, sich zur sofortigen Ein schiffung nach Galvestone bereit zu hallen. Gleichfalls soll eine Pionierkompagnie, eine Feldlazaretabteilung, eine Am- bulanzabtcilung und eine Feldbäckerei nach dem genannten Ort abgehen. Das 4. Regiment der Feldartillerie ist bereits dortselbft eingetroffen, wo zur Zeit 3500 Mann versammelt sind. Man erwartet noch zwei Kavalleriedivisionen zur Ver stärkung dec Truppen. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat diese Vorbereitungen offiziell bekannt gegeben, um zu zeigen, daß ihr die nötigen Mittel zur Verfügung stehen, um eventuell in Mexiko eingreifen zu können. Wie man hört, wird die Regierung der Vereinigten Staaten eS als eine Herausforderung ansehen, falls Madero, der noch als kon stitutioneller Präsident von Mexiko gilt, ohne Gerichtsverfahren hingerichtet würde. Diese Herausforderung würde dann auch von den Vereinigten Staaten in entsprechender Weise beant wortet werden. — Ein Deutscher in Mexiko erschossen. Ein Deutscher namens Felix Sommerfeld, der Chef des Ge heimdienstes deS bisherigen Präsidenten Madero, ist in Me xiko erschossen worden. «hina. - Die Kaiserin-Witwe von China ge storben. Die Kaiserin-Witwe von China ist Freitag früh gestorben. Bei der Kaiserin-Witwe würden erst in letzter Stunde Anzeichen einer Krankheit bemerkt Die Regierung telegraphierte an den Vormund des .Kai sers, der Freitag morgen in Peking eintraf. Nach mittags verschlimmerte sich der Zustand. Nach dem Tode der Kaiserin gingen zunächst Gerüchte um, daß sie Selbstmord begangen habe, weil die kaiserliche Fa milie in den westlichen Teil der verbotenen Stadt übersiedeln und den östlichen Stadtteil der Regierung abtreten sollte. Die Kaiserin-Witwe schien mit dem Wechsel einverstanden zu sein, da sie ihn selbst vor- geschlagen hatte. Diese Umstände lassen das Gerücht von einem Selbstmord als ganz unhaltbar erscheinen. Otülichc und sächsische Rachnchtw. Eibenstock, 24. Februar. „Deutschland kn der Geschichte und die politische Lage" lautete das The ma, das Herr D r. jur. Brüß sich zu seinem V or trage gewählt, den er am vergangenen Freitag abend im Saale des „Deutschen Hauses" auf Veran lassung der nationalliberalen Ortsgruppe Eibenstock hielt. Herr Bankvorstand Schenk eröffnete die Ver sammlung und begrüßte die Erschienenen, stellte so dann den Redner vor nnd bat, seinen Ausführungen Aufmerksamkeit zu schenken. Herr Dr. Brüß erwähn te zunächst den noch tobenden Balkankrieg, der immer noch den Ausbruch eines Weltkrieges im Gefolge ha ben könne und knüpfte dann cm die große Zeit vor 100 Jahren an, in welcher der Grundstein gelegt sei zu Deutschlands jetziger Grüße. Freilich nicht so ein fach habe sich dieser Prozeß vollzogen, nicht so leicht hätten sich die deutschen Völker, die deutschen Brüder zusammen gefunden. Erst als bei Leipzig die Kano neu ihr Lied gesungen, hätten sich die deutschen Stäm me von Nord und Süd zusammengetan. Und als dann Napoleon über den Rhein zurückgeworfen wurde und die Verbündeten in Paris einzogen, da seien die Vorbedingungen für ein kräftiges und machtvolles Deutschtum gelegt worden. Im Rückblick auf diese ereignisreiche Zeit und im Hinblick ans die drohen den Gefahren der Gegenwart könne mau es deshalb nicht verstehen, daß im Volke nocb so viele Schichten der nationalen Sache fern stünden. Wie ties beschä mend für das deutsche Volk müsse z. B. der Vorgang in der Berliner Stadtverordnetensitzung am Donners tag wirken, in welcher der Sozialdemokrat Bruns auf deu Antrag des Magistrats, zur Erinnerung an das historische Ereignis des Aufrufs „Au mein Volk" ei nen Kirchgang in die Nikolaikirchs zu veranstalte», er klärte, daß die Sozialdemokraten d!e Magiftcatsvorla-- ge ablehnen würden, weil die übergroße Mehrheit des preußischen Volkes und der Berliner Bürger keine Ver anlassung habe, jener Zeit feierlich zu gedenken. Und als die Stadtverordneten Cassel u. Mommsen gegen diese unerhörte Bemerkung Front gemacht und ein an derer Stadtverordneter beantragt hatte, den stenogra phischen Bericht der Stadtverordneten Cassel und Mommsen dem Gemeindeblatte berzulegen, habe der sozialdemokratische Stadtverordnete Hofmann noch die Stirne gehabt, zu beantragen, auch die beiden Photo graphien der Herren mit Lorbeerkrauz geschmückt, bei zulegen. Für solche Ausschweifungen unsere Arbeiter schaft verantwortlich zu machen, sei mau indessen weit entfernt. Die Führung der Sozialdemokratie wolle sich nicyt auf nationalen Boden stellen und die .wü ste Hetzagitation der sozialdemokratischen Presse schü fe solche Vorkommnisse. Redner gab dann einen Ue- berblick über die politischen Vorgänge von Stein nnd Hardenberg bis zu Bismarcks Amtsantritt, schilderte den Verfassuugskonflikt in den 60er Jahren des vori gen Jahrhunderts und meinte, daß dieser Verfassungs- konflikt vielleicht für Deutschland indirekt ein Segen gewesen sei. Deutschland sei auch damals umdrängt gewesen von Feinden und hätte nicht Bismarck seine Pläne so geschickt im Hintergründe zu halten verstan den, es wäre nicht möglich gewesen, Frankreich und England zu täuschen, denn beide Nationen glaubten, Preußen sei nicht zu fürchten, solange im inneren die Konflikte sich breit machten. Zu Ende gegangen sei schließlich der Konflikt, als die Kanonen von König- grätz gesprochen und vier Jahre nach 1866 seien dann die Dinge der Entscheidung zugetrieben. Nach der Kriegserklärung hätten sich endlich alle Stämme zusam mengefügt und Preußen und Sachsen, Bayern und Han noveraner, Württemberger und Hessen - Nassauer, sie alle hätten gemeinschaftlich daran gearbeitet, den Thron der Napoleoniden zu stürzen und ein deutsches Kaiserreich aufzubauen. Gestützt auf oicses Kaiser tum hätte dann unsere Industrie, unser ganzes Wirt schaftsleben einen ungeahnten Aufschwung genommen und die dadurch von reichswegen nötig gewordenen und geschaffenen sozialpolitischen Gesetze ständen bis jetzt unerreicht da. Welck>es Bedauern müsse es da auslösen, daß die, die in unserer ausblühenden Indu strie tätig mitwirkten uno denen die Sozialpolitik zu gute käme, uichtnational fühlen wollten. Mau hätte gesehen, wie nach den Tagen von Jena alles bemüht gewesen sei, das Interesse am Staate zu wecken und nur einer festen Verankerung dec Selbständigkeit ver dankte man es damals, daß Deutschland nicht ganz zu Grunde ging. Die Taten von 1813 uno 1870 hätten nur geleistet werden können von einem Volke, das ein mütig und gottesfürchtig war. Wenn unser Kaiser neulich in seiner Rede in Königsberg dies besonders betont hätte, so würde dagegen wohl niemand Wider spruch erheben können. In Sachsen hätten wir in letz ter Zeit bei der Beratung des Bolksschulgesetzes einen besonders harten Kampf um die Religion ausfechten sehen Man habe eingesehen, daß der Religionsun terricht nicht mehr den Anforderungen entspreche. Statt Erbauung in den Religionsstunden fände man eine Binoung an den Buchstaben: der Religionsunterricht müsse modernisiert werden. Nun sei der Kampf um diese langersehnten Reformen und um die