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Mir- und Anzeigebialt Mr den Amtsgerichtsbezirk Eibenstock und dessen Umgebung für Eibenstock, Earlsfeld, Hundshübel, Neuheide, DbersMtzengrün, Schönheide, Schönheiderhammer,Sosa,Unterstützengrün,wildenthal usw. Amtsblatt. Fernsprecher Nr 210. Drucker und Verleger: Emil Hannebohn, verantwortl. Redakteur: Ernst Lindemann, beide Eibenstock. Erscheint täglich abends mit Ausnahme der Sonn» und Feiertage für den folgenden Tag Anzeigenpreis: di« kleinspaltig« Seile 12 Pfennige. 2m amtlichen Teile die gespaltene Seile 30 Pfennige. LS» ------ LV. Jahrgang. ----- Freitag, de« 31. Mai LVLS Das diesjährige Obcrersaygeschäst in den Aushebangs- bezirken Schneeberg and Schwarzenberg betr. Nach dem von der Königlichen Oberersatzkommission II im Bezirke der 8. Infanterie- Brigade Nr. 89 aufgestellten Geschäfts- und Reiseplan findet die diesjährige Aushebung der Militärpflichtigen 1. im AuShebunASbezirk Gchneeberg ») am 19. und SV. J««t von vormittag- S Uhr an In der Restanratio« „Zentralhalle" in Eibenstock, l») am 21., 22., 24. «nh 25. Juni von vormittags /,9 Uhr an im Hotel „Stabtpark" in Ane, L. im Aushebungsbezirk Schwarzenberg am 27., 28., 29. I««i «. 1. Juli von vormittags ,9 Uhr an im Bad Ottenstein in Schwarzenberg statt. Ueber die Reklamationen im Aushebungsbezirk Schneeberg wird am 26. Inni vormittags ,9 Uhr im Hotel „Stadtpark" in Aue und über die im Aushebungsbezirke Schwarzenberg am 1. Juli vormittags ',9 Uhr im Bad Ottenstein in Schwarzenberg entschieden werden. Diejenigen Militärpflichtigen, welche sich zur Aushebung zu gestellen haben, werden durch ihre Ortsbehörden noch besondere Gestellungsbefehle erhalten und haben sich zur Ver» Meldung der in 8 33 des Reichsmilitärgefetzes vom 2. Mai 1874 angcdrohten Strafen und Verluste an den auf diese« Gestellungsbefehle» angegebenen Ta ge« und Stunden vor der USnigltchenOberersatzkommiffion in reinlichem und nüchternem Zustande einzufindcn. Das Erscheinen der Rilitärpstichtigen zur Aushebung in unreinlichem Zu stande, Trunkenheit, Ungebührlichkett jeder Art, wie Ungehorsam der Militür- pstichtigen gegen Anordnungen der Ausfichtsorgane bei dem Aushebungsgeschäfre usw., wird, sofern nicht gerichtliche Bestrafung einzutreten hat, mit Geld bis zu 15V Mk. oder Haft bis zu 14 Tagen bestraft. Die beorderten Mannschaften haben znr Vermeidung einer Geldstrafe von 3 Mk. ihre Gestellungsbefehle und Losungsscheinc mitzubringen und auf Erfordern abzngeben. Bei der Aushebung sind nur solche Anträge aus Zurückstellung zulässig, deren Veranlassung erst nach Beendigung des diesjährigen Musterungsgeschäsrs ent standen ist und welche spätestens im Aushebungstermine angebracht und bescheinigt werden. Wenn Zurückstellungsanlräge auf Grund von 8 32, 2» und b der Wehrordnung an gebracht werden, haben sich diejenigen Personen, deren Erwerbs- bez. Arbeitsun fähigkeit behauptet Wird, gemäß H 63, Ziffer 7, Absatz 4 und 8 33, Ziffer 5 der Wehr« ordnung im Aushebungstermine persönlich mit einzufindrn, während etwa vorge legte von beamteten Aerzten ausgestellte Zeugnisse beglaubigt sein müssen 65,3 der Wehrordnuna). Nach tz 72,3 der Wehrordnung ist jeder in den Grundlisten des AushebungsbezirkS geführte Militärpflichtige berechtigt, im Aushebungstermine zu erscheinen und der Königlichen Oberersatzkommission etwaige Anliegen vorzubringen. Bis zum Aushebungstermine haben die der Königlichen Oberersatzkommission vorzustel lenden Mannschaften ihren Aufenthaltsort, wer»« irgend tunlich nicht zu wechseln. An- und Abmeldungen von Militärpflichtigen sind mittels Stammrokenauszugs und bez. unter Beifügung des Lofungsscheines jederzeit sofort anher einzureichen. Schwarzenberg, am 17. Mai 1912. Der Zivilvorsitzende der Königlichen Crsatzlommission der Aushe- 537 ii bungsbezirke Schneeberg nnd Schwarzenberg. Gesperrt wird von heute ab bis auf weiteres der von Nnterstügengrün nach Neidhardlsthal führende sogenannte Wettzbachtalweg. Der Verkehr wird auf den Eommuntkattonsweg von Unterstützengrün nach Neid- hardtsthal verwiesen. Die Königliche Amtshauptmannschaft Schwarzenberg, am 28. Mai 1912. 484 a k. Stockholzabgabe ans Eibenstocker Staatöforstrevier. Sonntag, den 2. Inni d. I., vormittags 7 Uhr, sollen in Abt. 21 <Dönitz grund) und 73 jSchönheiderhammer) eine größere Anzahl Stockplätzc unter den vorher bekannt zu machenden Bedingungen freihändig abgegeben werden. Bewerber wollen sich zu angegebener Zeit an Ort und Stelle einfinden. Eibenstoek, den 29. Mai 1912. Königliche Forstrevierverwaltung Wenstoü. Der Ernst der Lage in Marokko. Im gestrigen Depcschenteil des Amtsblattes ver zeichneten mir eine Pariser Meldung aus Madrid, nach der Liautey sowohl wie Regnault ermordet sein und Fez sich in den Händen der Rebellen befinden sollte. Wir gaben die Meldung mit allem Vorbehalt wieder und von Pariser amtlicher Stelle aus wird das Ge rücht selbstverständlich anch heute dementiert. Trotz dem muß es aber um Fez herum ganz außerordentlich bedenklich aussehen: denn die französischen Dementis und offiziösen Beschwichtigungsversuche sind auf einen Ton gestimmt, der wirklich bedenklich klingt. Es heißt da z. B.: „Man dürfe oie Regierung nicht jeden Augen blick zur Absendung von Verstärkungen drängen. Man habe bereits 47 000 Mann in Marokko stehen. Diese Ziffer dürfe nicht mehr wesentlich überschrit - ten werden, da sonst die nationale Verteidig ung des Mutterlandes gefährdet werden könne." Wie ernst auch die Leistungsfähigkeit der französi schen Gegner in Marokko zu nehmen ist, verrät ein Brief, den ein französischer Korrespondent aus Fez an sein Pariser Blatt gerichtet hat. Es heißt darin: „Die Zeitungen haben ganze Spalten unbeoeuten den Scharmützeln eingeräumt, während kurz vorher die Operationen von Tafudeit, wo wir enormc Berluste an Mannschaften und Offizieren erlitten ha ben, ünd wo die Kolonne Taupin eines Tages sogar den Leichnam eines Offiziers in den Händen der Marokkaner zurücklassen mußte, völlig mit Stillschweigen übergangen wurden. Da die öffentliche Meinung ein beruhigtes Marokko wollte, war es die Aufgabe, zu schweigen. Aber Marokko ist ganz nnd gar nicht fried lich. Wenn man auf einer großen Karte den von uns besetzten Teil rot färbt, ein wie kleiner Fleck ist das auf dem großen weißen Felde! Wir smo allerdings nach Fez geganigen; aber wir waren 10000 Mann, wir fan den ein reiches, wenig hügelitzes Land, m dem wir die 75Msllimeter-Kanonen arovenden und den Feind erwar ten konnten, indem wir seine Ernten nieder brannten. Jetzt sind wir mit unserer Besetzung bis zu den Bergen gelangt: jetzt gelangen wir in Berührung mit den Zaijans, einem Glied des berühmten „Ber berblocks". Dies ist ein kriegerischer, trefflich organisierter Stamm, der sich aus sehr gut be waffneten Männern zusammensetzt und der seine beste Unterstützung in einem äußerst schwierigen Terrain fin det, das sich selbst verteidigt und das die Leute höchst geschickt auszunutzen wissen. Die Gegner, mit d e - n e n wirzutunbekomme n, sindsehr zufürch ten; sie sind nicht mehr bewaffnet mit „Mukhalas", mit krummem und langem Lauf; fast alle haben sie Lebel-Gewehre oder -Karabiner und Schnellfeuerge wehre neuesten Modells. Sie sind ausgezeichnete Schützen, auf 1200, 800 und 400 Meter treffen ihre Kugeln sehr genau, uno in einem Kampf hatte eine Abteilung, die in Linie kämpfte, in anderthalb Minuten fünf Mann am Boden liegen: einer der Verwundeten hatte drei Schüsse erhalten. England in Hungersnotgesahr. Als im vorigen Sommer ein Riesenstreik Großbri tannien bedrohte und niemand mehr aus noch ein wuß te, verhandelte der Premierminister mit den Arbeiter führern und sagte ihnen: „Wir stehen vor einem Krie ge mit Deutschland: macht uns nicht wehrlos!" Wie mit einem Zauberschlage erlosch da der Ausstand, denn den englischen Workmen geht das Vaterland immer noch über alles. Um Pfingsten 1912 kann der Kühnste nicht von einer unmittelbaren Kriegsgefahr reden. Frankreich, das Karnickel, das stets anfangen muß, schickt zurzeit ganze Regimenter nach Marokko, um dort der Rebellion .yerr zu werden, hat also keine Lust zu europäisches Abenteuern: und England allein würde mit nns nicht anbinden, hat außerdem nicht den geringsten Grund da zu, da alle Welt von dem deutschen Entgegenkommen in den Berständigungsverhandlungen überzeugt ist. Um Pfingsten 1912 kann man also den englischen Arbeiter,, nicht „mordspatriotisch" kommen, wie die Berliner Ge Nossen sagen würden, und so legen sie denn los. Der Streik der Transportarbeiter, nicht nur in London, sondern in ganz England, ist erklärt. Auch die Elektriker wollen sich anschließen. „Nacht mnß es sein, wenn Friedlands Sterne strahlen!" Im Londoner Ha fen allein liegen bereits 168 Schiffe, deren Fracht an Lebensmitteln nicht ausgeladen wird und daher ver dirbt. Eine Anzahl von Dampfern hat schleunigst die Themse verlassen, nm in anderen Häfen zu löschen, von denen aus London dann auf dem Bahnwege versorgt werden könnte. Aber jetzt feiern auch dort überall die Steuer- und Schauerleute. Die Transportarbeiter fordern einen einheitlichen Stnndrnlohn von 8 Pence, einc Ucbcrstnndcne„tschädig ung von 1 Schilling 2 Pence. Das ergibt bei der üb lichen Durchschnittsarbeitszeit einen Tagelohn von 8.50 Mart nach deutschem Gelde. Mancher Studierte in Deutschland wäre froh, wenn er das bekäme. Ein Buch- handlungsgehilfe mit Primareife verdient selten mehr als 3.50 Mark täglich. Die Forderung der englischen Transportarbeiter ist also etwas „happig" nach un seren Begriffen. Außerdem verlangen sie die übliche „Anerkennung ihrer Organisation", nämlich den Zwang für alle Arbeitgeber, Nichtorganisierte Leute, und seien sic noch so tüchtig, nicht einzustellen. Durch indirekten Zwang sollen also sämtliche Transportarbeiter dem Ver bände zugeführt werden; das Vielbeklagte „Pressen" zum Marincdienst, diese alte Maßregel einer zewalttätigpn Regierung, wird im Namen der Freiheit von den Ge werkschaften für ihre Zwecke übernommen. I«. xuecre eomme L la guorre, sagen die eisenköp figen Workmen: im Kampfe sei jedes Mittel recht. Auch die Aushungerung des gesamten Volkes. Denn nicht etwa nur die bürgerliche Gesellschaft, sondern gerade die arbeitende Klasse leidet empfindlich unter der Le bensmittelsperre. Die Preise sind natürlich sofort in die Höhe ge- chnellt, und schon an den Pfingsttagen selbst war in Tau enden von Arbeiterhäusern Schmalhans Küchenmei- ter. Wer Zeit und Geld hat, macht jetzt Ferien und genießt sie in Frankreich oder sonstwo Die erste Klasse der zum Kontinent fahrenden Dampfer ist überfüllt. Die Leute mit kargem Einkommen und die in Stellung Befindlichen überhaupt müssen aber bleibe,, uno auf Befehl der Transportarbeiter Not leiden Heute noch Not leiden. Morgen aber bereits hungern. Die schwächste Stelle Großbritanniens 'wird ent hüllt. Befände England sich jetzt mit einer ihm ge wachsenen Mächtekombination im Kriege, so müßte es sehr bald wie eine belagerte Festung kapitulieren Pro viant ist nur noch für zehn Tage vorhanden. Verhin dert ein Schwarm kleiner armierter Motorboote die Zufuhren, während anoerswo die Kriegsflotten sich in einander verbeißen, dann müssen ein paar Tage später die Bewohner des Jnselreiches sich gegenseitig um ain Stück Brot reißen. Nun ist es auch jedermann verständlich, warum England stets alle übrigen Mächte untereinander oer hetzt. Nämlich nicht aus Perfidie, sondern aus Angst. Aus Angst vor dem Hunger.