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Amts- und Änzeigeblatt für den Amtsgerichtsbezirk Eibenstock und dessen Umgebung st" Eibenstock, Larlsfeld, yundshübel, Neuheide, Gberstützengrün, Zchönheide, Zchönheiderhammer,Zosa,Unterstützengrün,WUdenthal usw- Sel^Kdr.: Amtsblatt. Zern sprechen Nr. 210. Drucker und Verleger i E »tl Hannrbohu, vrrantwortl. Redakteur: Ernst Lindemann, beide Eibenstock. — —i. - — - - 80. Jahr-»»-. —-i - LS». Sovnabevd, de« 2. August 1»L» Bezugspreis vicrteljährl. Ul. I.50einschließl des „DUustr. Unterhaltungsblatts" und der humoristischen Beilage „Seifenblasen" in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Lricheint täglich abends mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage für den folgenden Tag. Anzeigenpreis: die lleinspaltige Zeile 12 Pfennige. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pfennige. Das städtische Freibad ist Areitag, den 1. und Sonnabend, den 2. dss. MtS. geschloffen. Gtadtmt Gibenstock, den 1. August 1913. Sonnabend, den 2. August 1S13, nachmittag- 1 Uhr sollen in Eibenstock folgende Sachen, al»: 45 Wach-tnchfchürze» für «Inder, 17 Blu se» «. ». M. an den Meistbietenden gegen sofortige Barzahlung öffentlich versteigert werden. Bieterversammlung: Restauration Zentralhalle. Eibenstock, den 1. August 1913. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts. Ortskrankenkaffe für Textil-Judustrie zu Eibenstock. Zum Besuche der J»ter«atio«ale» va«fach-A«-stellung i« Leipzig hat die Königs. Generaldirektion der Sächsischen Staatseisenbahn für Mitglieder der Krankenkassen den Fahrpreis einer Fahrt 3. Klasse für Hin- und Rückreise auf die Hälfte ermäßigt, sofern sich mindestens 10 Teilnehmer zusammenfinden, die im Besitze einer Bescheinigung der Kassen stelle sein müssen. Die Hinfahrt muß gemeinschaftlich angetreten werden, während die Rückfahrt einzeln erfolgen kann, doch müssen die Zurückfahrenden ihren Schein in der Ausstellung abstempeln lassen. Kassenmitglieder, welche die Fahrt unternehmen wollen, werden ersucht, sich an Kaffen stelle der hiesigen Ortskrankenkasse zu melden und die Bescheinigung entgegenzunehmen. Der Gesamt-Bor st and. Herma»» Müller, Vorsitzender. Die Krupp-Assaire vor dem Kriegsgericht. Eine Kciegsgcrichtsverhandlung mit großen Hin dernissen lann man die Verhandlung neunen, die am Donnerstag vor dem Kriegsgerichte oer Ber liner Kommandantur begann- Schon in früher Mor genstunde flutete eine große Zahl Iournallsten stach dem weitentlsgenen Militür-Arrestgebäude, das sich weit unten in der Lehrterstraße gegenüber einem gro ßen Exerzierplätze erhebt. Tic Verhandlung beginnt mit dem Ausrufe der Angeklagten. Nach Aufruf der Zeugen und Sachverständigen weroc« die richterlichen Offiziere vom Verhandlungsführer, Kriegsgerichtsrat Dr. Eocrrens, vereidigt. Sodann wird in die Verhand lung eingetceten. Nach Feststellung der Personalien der Angeklagten bemerkt der Vertreter der Anklage Kriegs,gerichtsrat Dr. Welt: Tie vorliegende Ange legenheit Hut in der Oeffentlichkeit das größte Aufse hen erregt. Die Oeffentlichkeit hat daher Anspruch darauf, über die Verhandlungen unterrichtet zu werden. Die Sache ist fogar im Reichstage zur Sprache gebracht norden. Es ist der Reichsregierung das Wort „Ein zweites Panama" zugerufen worden. Es liegt daher im Interesse der Reichsregierung, aber auch im Inte resse der Heeresverwaltung, öffentlich zu verhandeln. Ich beantrage daher, die Verhandlung grundsätzlich öf fentlich zu führen. Es kann ja bei Erörterung ein zelner Fälle, deren Geheimhaltung im Inter esse d?r Landesverteidigung geboten ist, die Oeffentlichkeit aus geschlossen werden. Verteidiger Rechtsanwalt Ullrich: Ich kann mich dem Anträge des Vertreters der An klage nur anfchließen. Es sind in der Presse zuviel falsche Nachrichten verbreitet worden, sodaß die An geklagten alles Interesse an einer öffentlichen Ver handlung haben. Die anderen Verteidiger schließen fich diesem Anträge an. — Nach kurzer Beratung des Gerichtshofes verkündet der Verhandlungssührer, daß der Gerichtshof beschlossen habe, die Ver handlung öffentlich zu führen. Der Ge richtshof behält sich bei Erörterung einzelner Fälle den Ausfchluß der Oeffentlichkeit im Lauf? der Ver handlungen vor. Hierauf bringt Kriegsgerichtsrat Welt die An klage ein. Sie wirft den Angeklagten Tilian, Schleu der, Hinst und Schmidt vor, daß sie für Handlung'n, die eine Verletzung der Dienstpflicht enthielten, G,- schenke angenommen bezw. sich Vorteile haben ver sprechen lassen, ferner, daß sie sich Ungehorsam ge gen dienstliche Befehle haben zuschulden kommen las sen, wodurch erhebliche dienstliche Nachteile entstan den senn. Sie sollen als Beamte, die auc Geheim haltung dienstlicher Angelegenheiten verpflichtet wa ren, der Privatindustrie, und zwar dem Bureauchef der Berliner Vertretung der Firma Krupp, Mittei lungen teils schriftlich, teils mündlich über Bestellun gen der Heeresverwaltung und Preisangebote und über den Ausfall von Versuchen u. s. w. gemacht Haven ünd dafür von dem Bureauvorsteher Brandt in Gafikviri- fchaftkn und Theatern freigehalten worden sei-,, sie sollen auch Geldgeschenke angenommen und sich An stellungen bei der Firma Krupp haben versprechen las sen. Den Angeklagten Droese und Hoge wirk' gleich falls zur Last gelegt, daß sie sich ungehorsam gegen den Befehl zur Geheimhaltung dienstlicher Angelegen heiten gezeigt haben. Droese soll sich auch eine An stellung bei der Firma Krupp haben versprechen las sen, die inzwischen auch erfolgt ist. Dem Angeklagten Pfeiffer schließlich wird zur Last gelegt, baß er dem Bureauchef Brandt Mitteilungen über dienstliche An gelegenheiten gemacht hat, er soll ihm zwei speziali sierte Etatsauszüge geliefert haben, wofür er mit sei ner Familie in Restaurants und Theatern vo» Brandt freigehalten wurde, und zu Weihnachten mehrere Ma le Geldgeschenke in Höhe von hundert Mart bekom men haben. Sämtlichen Angeklagten wird zur Last gelegt, daß sie durch diese Handlungen vorsätzlich und rechtswidrig Schriften, deren Geheimhaltung im In teresse der Landesverteidigung lag, sich verschafft und einem Dritten mitgeteilt haben. Tie Vernehmung der Angeklagten ergab folgendes Bild: Ter Angeklagte Tilian hat Herrn Brandt auf ei nem Ausflug kennen gelernt. Er ist dann ..st ihn hcrangetreten mit dem Wunsche, sobald als möglich von den bevorstehenden Lieferungen unterrichtet zu werden. Tie Durchschnittspreise und die Konkurrenz preise hat der Angeklagte dem Brandt vielleicht dann und wann mitgeteilt. Auf Befragen des Verhandlüngslriters erklärt Ti lian. Mein Verhältnis zu Brandt war rein kamerad schaftlich. Ich hatte keine Bedenken, ihm diese Mit teilungen zu machen, da es sich um die Firma Krupp handelte. Von einem großen Zechgelage ist keine Rede. Mindestens in der Hälfte der Fälle habe ich die Zeche bezahlt. Geldgeschenke habe ich nicht erhal ten Wenn ich Brandt gelegentlich angeborgt habe, habe ich ihm das Geld pünktlich ohne Zinsen zurück- gegeben. Verstöße gegen bestehend? Verfügun gen hinsichtlich der Benachrichtigung der Firma sind mir nicht bewußt. Tie betreffenden alten Vorfchrif- ten waren mir nicht bekannt. Nur gelegentliche Mit teilungen sind Brandt von nur zugegangen, nicht, wie behauptet wird, 350 „Kornwalzen" (d. i. die Deck bezeichnung für die geheimen Sendungen) — Ver handlungssührer: Ein beschlagnahmtes Notizbuch Brandts ergibt, daß der Angeklagte doch tu großem Umfang Material gegeben hat. — Angeklagter Ti lian: Ich möchte bestreiten, daß Brandt dieses Ma terial von mir hat. — Verhandlungsführer: Das hat Brandt llar zugegeben. — Verhandlungsführer: Ist Ihnen nicht bewußt geworden, daß Brandt Un fug mit den Nachrichten treiben und sie ans Ausland geben konnte, womit die Interessen der Landesverteidigung verletzt wären? ' — Angeklag ter Tilian: Nein, ein derartiges Gefühl habe uh nie gehabt. Wenn cs nicht Krupp gewesen wäre, so hät te ich überhaupt nichts gesagt. — Verhandlungsfüh rer: Ter Staat hat doch ein Interesse da ran, daß Krupp nicht besondere Borrci- le daraus ziohen konnte, daß ihm die Preise der Konkurrenz bekannt gegeben wurden — An geklagter Tilian: Krupp war ohnehin von der Leistungsfähigkeit der Firma Ehrhardt unterrich tet, da Kiefer Firma größere Aufträge bei der Neu bewaffnung entzogen werden mußten- Damit ist die Vernehmung des Angeklagten Tilian beendet. Angeklagter Schleuder: Eine Entschädigung für meine Nachricht, die ich Brandt unbedenklich gab, ha be ich von ihm nicht erhalten. Er hat sich stets als dcr ältere, besser gestellte und reich verheira tete Kamerad gezeigt und mir meine Unkosten erstatt-t. Tie kleincren Geldgeschenke, die e* mir macht-, mög^n zufammtn zweihundert Mark betragen. V5 Mark auf einmal habe ich nie erhalten. Ich habe Brandt die Mitteilungen lediglich zu eigenem Bedarf gemacht, da mit er seine Stellung bei der Firma befestigen kön ne. Ter Gedanke der Gefährlichkeit meiner Anga ben unter dem Gesichtspunkt der Landesverteidigung ist mir nie gekommen. — Verhandlungssührer: 15 von diesen Kornwakzen sind nach oem Ab geordneten Liebknecht geflattert. Ebenso konn ten sie doch auch ans Ausland gehen. — Angeklag ter Schleuder: Das ist mir nie möglich erschienen. Tie Vernehmung des Angeklagten Hinst war sehr eingehend. Er erklärte, Brandt habe nur seins Auslagen für ihn bezahlt, da er, wenn er den Einladungen Brandts Folge leistete, doch Ausgaben hatte Es seien aber höchstens zweihundert Mark im ganzen gewesen. Er sagt ebenfalls aus, oaß Brandt stets über die Konstruktion des Kriegsmaterials, die Ausschreibungen und Preise eingehend unterrichtet war. Am allerwenigsten konnte er annehmen, ourch Mittei lungen an die Firma Krupp eine Gefährdung der Lan desverteidigung herbeizuführen. Auf Befragen eines Verteidigers bestätigt der Angeklagte, daß cwc Ver fügung ergangen fei, den Vertreter« der ^rma Krupp besonders entgegen zu kommen. Sachverständiger Hauptmann von Gronemann erklärt, im Jahre 1904 sei eine Verfügung ergangen, in der alle« Beamten strengste Geheimhaltung hinsichtlich der Ausschreibung von Kriegsmaterial zur Pflicht gemacht wurpe. Diese Verfügung ist mehrfach wiederholt zur Kenntnis der betreffenden Beamten gebracht worden. — Der Angeklagte Schmidt erklärt: Er habe wohl bei eini gen Mitteilungen Bedenken gehabt, in solchen Füllest auch Stillschweigen beobachtet. Im ganzen habe er von Brandt zwanzig Mark erhalte:,. Es folgt die Vernehmung des Angeklagte« Droe se, ehemals Feuerwerker, jetzt Beamter der Firma Krupp. Er erklärt: Nach einer Bewerbung bei der Firma Krupp habe ich Brandt um freundliche Emp fehlung gebeten, nicht vorher. Mit Brandt habe ich auch dieustlich zu tun gehabt wegen der Abrechnung mit der Firma Krupp. Das Bestellbuch hat Brandt zu diefem Zwecke in meiner Wohnung dura,gesehen- Die Bücher mußte ich zu Hause bearbeiten, da ich er krankt war und die sitzende Lebensweise nicht aus hielt. Daß Brandt sich Auszüge machte, kann ich nicht leugnen. Der Angeklagte Zeugleutnant Hoge gibt an: Meine Unterhandlungen mit Bra«dt waren rein kameradschaft lich. Er zeigte fich besser informiert, als mancher Ar- tillericoffizier in der Truppe. Außer den Kegelaben- oen führten uns musikalische Veranstaltungen zusam men, auf denen ich Brandt unbedenklich cimge Mit teilungen machte, die mir erlaubt erschienen Krirgszerichtsrat Dr. Welt: Brandt härt' als Gegenleistung dieses neue Material seiner,,-its nun doch auch den Vertretern anderer Firmen geven kön nen. War dem Angeklagten die Gefährlichkeit solcher Dinge nicht bewußt? — Angeklagter Hoge: Be denkliche Mitteilungen habe ich nicht gegeben — KriegsaerichtSrat Dr. Welt: Unter den Karnwatzen, die Liebknecht dem Kriegsnnnister zusleckte, stammen mehrere oou Hoge. — Angeklagter Hoge: Ter Firma Krupp gegenüber glaubte ich mchr dic Vorsicht walten lassen zu müssen, als zum Beispiel einer Firma Mül ler gegenüber. Astupp steht anders da, als die übri gen Unternehmungen, das hat man auch bei der Ju belfeier dcr Firma gesehen. Brandt nahm gewis sermaßen eine Direktorstellung ein, die geheim sten Mobilmachungsfachen waren ihm be kannt Er hat auch vielfach direkt mit yohen Mi litärbehörden in Heer und Marine verhandelt. Damit schließt dieser Teil der Vernehmung. Vor Vernehmung des Angeklagten Obenntendaulurfekr?- tärs Pfeiffer tritt eine halbstündige Pause ein. Nach der Pause wird dcr Uhts Angeklagte, Militür- oberintcndantursekretär Pfeiffer vom Kriegsmunsteci- um vernommen. Dieser erzählt, er ,e> Jugend und Schulfreund des Brandt. Er habe mit diesem freund schaftlich verkehrt. Brandt habe auch bisweilen Ze-