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Amts Blatt des Aönigl. Amtsgerichts und des Stadtrathes TWiuudfünfzigstev Aahvgaug Verantwortlicher Redakteur Otto Dorn in PulSnitz. Druck und Verlag von E. L. Förster'S Erden in Pulsnitz. Inserate sind bis Dienstag und Freitag Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Erscheint:! Mittwoch und Sonnabend. zu Wulsnih Ms Beiblätter:) 1 JllustrirteS SonntagSblatt (wöchentlich); Landwirthichaftliche Beilage (monatlich). AbonnementS-Preis Vierteljährl. 1 Mk. 25 Pf. Rus Wunsch unentgeltliche Zu sendung. Preis für die einspaltige Cor- puSzeile (oder deren Raum) 10 Pennige. KefcHLstsstetlen: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-BureauS von Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mosse und G. L. Daube L Comp. »c.IO. 2. Februar 19V1. Sonnabend. Deutschland und England. Es ist nur ganz natürlich, wenn die öffentliche Meinung Englands den gegenwärtigen langen Besuch Kaiser Wilhelms jenseits des Canals trotz seines schmerzlichen familiären An- laffeS, des Todes der Königin Victoria, mit unverholener Gcnugthuung als eine bemerkenLwerthe sympathische Kund gebung des mächtigen deutschen Herrschers für England und da« englische Volk verzeichnet. In der gesammten Presse wie auch in der Bevölkerung dcS Jnselreiches hat man es dem Kaiser ungemein hoch angerechnet, daß er, als kein Zweifel mehr an der hochkritischen Wendung in der Krank heit seiner königlichen Großmutter obwalten konnte, ohne jedes Zögern sofort an das Krankenbett der greisen Monar chin eilte und daß er sich, als dann endlich di« befürchtete Katastrophe cingetreten war, entschloß, noch bis zur Beisetzung aus englischem Boden zu verweilen, um der hohen Verblichenen noch die letzte Ehre zu erweisen. Wenn man in England auch gerade keine bestimmten politischen Schlüffe auS diesem Verhalten des Kaisers ziehen will, so legt man eS doch als eine überaus freundliche Sympathiedemonstration gegenüber England aus, von ihr im Stillen wohl hoffend, daß sie vielleicht doch noch politische Früchte zeitigen werde. Unter solchem Gesichtspunkte betrachtet, wird im englischen Volke auch der Ernennung Kaiser Wilhelms zum englischen Feld marschall und weiter der Theilnahme einer besonderen deut schen Flotille unter dem Commando des Prinzen Heinrich von Preußen an der großen Trauerparade der englischen Flotte auf der Rhede von Spithead erhöhte Bedeutung bei gelegt; mindestens betrachtet man beide Ereignisse als An zeichen einer zunehmenden Intimität in den, offiziellen Ver hältnisse zwischen Deutschland und England. Sicherlich läßt nun die jüngste englische Reise drs deutschen Kaisers die Beziehungen nicht nur zwischen den Höfen, sondern auch zwischen den Cabineten von Berlin und London erneut in freundlichstem Lichte erscheinen, entsprechend dem engen Zusammengehen Deutschlands und Englands in der chinesischen Angelegenheit und der für die Engländer wohlwollenden deutschen Neutralität im Burenkriege. Aber selbst in England wagt man nicht, diese abermalige England- fahrt des Kaisers als die Einleitung zu einem deutsch-englischen Bündnisse oder gar als die Besiegelung eines solchen zu betrachten, wie dies allerdings Petersburger Blätter thun, z. B. der sich von jeher durch gehässige Gesinnung gegen Deutschland auszeichnende „Swjet" und die „Birscheweja Wjedomosti*, letztere Blätter freilich wiederum im Gegensatz zu „Nowosti", welchen eine Allianz zwischen Deutschland und England sogar als ein kaum zu verwirklichende« Projekt erscheint. Nun, ob ein fest umschriebenes Bündniß beider Mächte wirklich so schwer zu verwirklichen sein würde, al« da« letztgenannte Petersburger Preßorgan meint, daS wäre erst noch nachzuweisen, aber jedenfalls sind alle Combinationen, die hie und da in der europäischen Presse austauchen und eine deutsch-englische Allianz aus dem jetzigen Besuche des Kaiser« in England erstehen sehen, nicht« wie Phantastereien. Eine derartige Festlegung Deutschlands würde im deutschen Volke im höchsten Grade unbeliebt sein und eL wäre immer hin eip etwas gewagtes Spiel mit Volksempfindungen, wenn die verantwortlichen Leiter der deutschen Politik ein feste« Bündniß mit dem verhaßten Albion abschließen wollten. Aber hieran denkt anj den maßgebenden Berliner Stellen selber im Ernst wohl niemand, auch Kaiser Wilhelm gewiß nicht; Deutschland besitzt ja bereit« sein alte« und seinen Zweck vollkommen erfüllendes Bündniß mit Oesterreich-Un garn und Italien und hat es schon darum nicht nöthig, noch andere politische VertragSoerpflichtungen einzugehen, ganz abgesehen davon, daß eine deutsch-englische Allianz auf die Beziehungen des Deutschen Reiches zu Rußland nicht ohne die bedenklichsten Rückwirkungen bleiben müßte. Ganz gewiß ist indesi-n anderseits für die deutsche Po litik auch kein Anlaß gegeben, das scegewaltige Albion überflüssiger Weise vor den Kopf zu stoßen, eS ist daher mit Sicherheit anzunehmen, daß man deutscherseits alle« thun wird, das in den letzten Jahren hergestellte gute offizielle Verhältniß zu England zu erhalten, so selbstständig sich auch im Uebrigen die deutsche auswärtige Politik England gegen über verhalten wird. Zweifellos ist die militärische Schwäche de« britischen Reiches durch den wechselvollen Boernkrieg aller Welt wieder dargelegt worden, aber an der Stellung Eng lands als erste Flotten- und Colonialmacht hat sich durch den für die Engländer unbefriedigenden Verlauf de« süd afrikanischen Krieges nichts geändert. Es liegt im eigensten Interesse Deutschlands, in Hinblick auf seinen auSgebreiteten Welthandel und seinen über drei Erdtheile verstreuten Co lonialbesitz mit einer europäischen Diacht, welche noch heute auf allen Meeren vorherrschend ist, auf einem guten Fuße zu leben, ja, mit ihr zur Erreichung von den deutschen In teressen dienenden Zwecken zusammenzugehen, wie eS in China der Fall ist. vertliche «ud sächsische Angelegenheiten. PulSnitz. Allen Landtogswahlberechtigten bietet sich heute Sonnabend Gelegenheit, in einem vom hiesigen conservativen Verein veranstalteten Bortrag unseres Herrn Abgeordneten HusteauS Bischofswerda Näheres über dieThä- tigkeit im Landtage zu hören. Dieser öffentliche Vortrag, dessen Besuch hierdurch empfohlen sei, findet im Saale des SchützenhauseS statt. — Der Februar (FebruariuS mensiS) leitete seinen Namen von dem etruskischen Gott FebruuS her, dem man alljährlich in diesem Monat Reinigungs- und Sühnopfer darzubringen pflegte. Die altrömische Zeiteintheilung kannte den Monat Februar überhaupt nicht und erst Numa Pom- pilius führte ihn ein, reihte ihn aber dem Dezember an. Im Jahre 450 v. Chr. rückte der Februar dann an zweite Stelle. Der deutsche Name für Februar ist Hornung (die Zeit der „horn"harten Kälte und des „HörnenS" beim Wilde), doch findet man hier und da auch die Bezeichnung Horning, Hornig, FastnachtSmonat und Lichtmeßmonat. Ohorn. Prinz Carneval, der lustige Herrscher auS dem Zauberreiche der Phantasie, wird Mittwoch, den 6. Februar, im geräumigen Gasthose und hauptsächlich in dem vortrelflich zu solchen Festlichkeiten Passenden, fein dekorirten Saale sein buntes Scepter schwingen. MaS- kenball! Wie Biele werden nicht von diesem Wort elektrisirt bis in die Fußspitzen. Hoff.ntlich verfehlt auch diese Veranstaltung, zu der bereits die Vorbereitungen im Gange sind, ihre Wirkung nicht und führt eine zahlreiche Theilnehmerschaft herbei. Neben hinreichendem Amüsement werden die Besucher durch die als bestens bekannte Küche und Keller des Herrn Weitzmann, sowie durch aufmerk samste Bedienung in jeder Weise Befriedigung finden. — DaS allgemeine Ehrenzeichen kann, wie Se. Maj. der König soeben bestimmt hat, auch für die im Felde er worbenen Verdienste sowie als militärische Auszeichnung verliehen werden. In diesen Fällen sind dem Ehrenzeichen zwei gekreuzte Schwerter beigefügt, welche hinter dem Mittelschilde befestigt sind. Wird diese Kriegsdekoration an Personen verliehen, die sich bereits im Besitze des Ehrenzeichens befinden, so sind die Schwerter unter dem Ringe befestigt. — Feldmarschall Prinz Georg von Sachsen ist in Dresden an der Influenza erkrankt. Das Befinden deS erlauchten Patienten läßt einstweilen zu wünschen übrig, er fühlt sich sehr matt und vermag nur wenig Nahrung aufzunehmen, doch soll kein Grund zu Besorg, nissen vorhanden sein. An seiner Stelle «st nunmehr sein zweitältester Sohn, Prinz Johann Georg, zur Vertretung des sächsischen Hofes bei der Beisetzungsscier der Königin Victoria nach England abgereist. Dresden, 31. Januar. Wie das „Dresdner Jour- nal" meldet, ist Prinz Georg seit gestern Nachmittag sie- berfrei. Auch die katarrhalischen Erscheinungen haben ab- genommen. — Weiter wird gemeldet: In dem Be finden deS Prinzen Georg ist heute eine Besserung zu ver zeichnen. — Die am Sonnabend, den 26. Januar erfolgte Besichtigung des neuen Personenbahnhofes inDreSden- Neu st a d t durch Herrn Finanzminister v. Watzdorf und die damit verbunden gewesene technische Abnahme der ge sammten Anlagen hat ein solche- Ergebniß gehabt, daß man sicherem Vernehmen nach die Inbetriebnahme deS neuen Bahnhofes schon für den 1. März in Aussicht ge nommen hat. — AuS den sächsischen Landesanstalten für Geistes kranke wurden als geheilt entlassen: 1896 95, 1898 102, 1898 96, 1899 91 Personen. Gebessert verließen die Anstalten 1896 116, 1897 66, 1898 3b und 1899 30 Patienten, während ungeheilt entlassen wurden 1896 38, 1897 47, 1898 2b und 1899 30 Kranke. Der Entlas. jung auS der Anstalt ging vielfach versuchsweise eine Be urlaubung deS Kranken voraus, eine Maßregel, welche sich bewährte. — Die sächsische Staatsbahnverwaltung hat im Jahre 1900 etwa 1'/« Millionen Mark mehr für Kohlen ver ausgabt als im Jahre 1899. Die Mehrausgabe ist in der Hauptsache auf die erhöhten Kohlenpreise zurückzu- führen und würde vielleicht daS Doppelte betragen haben, wenn seitens der königl. Generaldirektion nicht mit allen Mitteln aus Minderung deS Kohlenverbrauchs hingearbeitet worden wäre. — Kinderarbeit in Gastwirthschaften. Nach der vom Statistischen Amt auf Grund der 1898 vorgenommenen Erhebung über gewerbliche Kinderarbeit herauSgegebenen und jetzt erschienenen Schrift waren im genannten Jahre 21,620 Kinder in Gastwirthschaften thäiig. 12,748 dieser Kinder waren Kegelaussetzer. — Ü6L. In Argentinien (Südamerika) ist am 23. November 1900 ein neues Markenschutzgesetz verkündet worden. In diesem Gesetze ist unter Anderem die Be stimmung enthalten, daß ausländische (nicht argentinische) Marken bis zum 23. März 1901 hinsichtlich ihrer Ein tragung in die argentinischen Register gewisse Vergünsti gungen vor den einheimisch?!! (argentinischen) Marken ge nießen sollen. Nähere Auskunst ertheilt hierüber den Interessenten die Handels- und Gewerbekammer. — lld Auf der Kanzlei der Handel-, und Se- Werbekammer liegen die Fahrpläne der Postdampser nach Nord- und Südamerika, Asien, Ost- und Südafrika für Interessenten währen) der üblichen SeschäftSstunden zur Einsichtnahme aus. Dasselbe gilt von der vom ReichS- martne-Amt HerauSgegebenen Denkschrift über die Ent wickelung deS Kiaulschau-GebieteS. — Aus Wildstein kommt die Kunde, daß dort eine Mutter ihr sechs Jahre altes Kind erschlagen habe. Dasselbe verlangte zum zweiten Male Brot. Darüber erboste die zärtliche Mutter so gewaltig, daß sie zweimal nach dem Kinde mit einem Schöpflöffel schlug. DaS Kind brach zusammen und starb an den erlittenen Verletzungen. Leipzig. Am Dienstag Nachmittag '/,6 Uhr ent gleiste der in Plagwitz-Lindenau fällige Personenzug auf freier Strecke zwischen Plagwitz-Lindenau und Lansen. Reisende wurden nicht verletzt. Der Zugführer erlitt eine leichte Armverstauchung. Die Ursache der Entgleisung ist unbekannt. Die Passagiere wurden durch Hilfszüge nach beiden Richtungen befördert. — Die Leipziger Einwohnerschaft ist, wie von dort berichtet wird, höchst unangenehm berührt von der Nachricht, daß in der Nachbarstadt Merseburg Lepra- Kranke vorhanden sind, und zwar sind in der dortigen Familie des Rentiers St. mehrere Familienglieder an der Seuche erkrankt. St. stand längere Jahre auf Java im Dienste der holländischen Colonial-Armee und heirathete eine dor tige Eingeborene. Letztere ist jedenfalls mit der Lepra- Krankheit behaftet gewesen und hat ihre Angehörigen inficirt. — Im Bereiche des sächsischen StaatSeisenbahnnetzeS sind bisher die einzelnen Bahnlinien von Schneeverwehungen verschont geblieben. Dagegen wird heute Freitag von der Anschlußstrecke Hermsdorf —Friedland (Fort setzung der Linie Zittau—Markersdorf gemeldet, daß der Verkehr bis auf Weiteres wegen Schneehindernissen einge stellt werden mußte. — Eine schneidige Pleite machte der Baumeister Preuse in Borna bei Chemnitz. Den Aktiven in Höhe von 800 Mark stehen 12 000 Mark Passiven gegenüber. Die Empörung im Orte ist eine allgemeine. — Die Nachricht von sinkenden Kohlenpreisen klingt zwar fast wie ein Märchen an unser Ohr, und doch ver kündet sie eine Thatsache, die wir gern weiteren Kreisen offenbaren. Verschiedene Kohlenwerke tn der Umgebung von Borna setzten den Preis für den Centner Briketts auf 70 Pf. herab. DaS ist ein Preisabschlag, der Beach tung verdient, zumal da er ziemlich unerwartet kommt. — Der orkanartige Sturm hat auch in Wein böhla furchtbar gewütet und ganz bedeutenden Schaden angerichtet. Es wurden Dächer abgedeckt, große starke Bäume entwurzelt, viele zum Theil ganz neue Sartenein- frirdigungen mit Cementsäulen und unzählige Pfahlhaufen in den Weinbergen umgeworfen. Auf der Niederauer Straße hob der Sturm von einer großen Tischlerwerkstatt den ganzen Dachstuhl ab und schleuderte ihn mehrere Me ter weit durch die Luft auf die Straße.