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Pulsnitzer Wochenblatt Fernsprecher: Nr. 18. Bezirks-Anzeiger unv Zeitung. Telegr.-Adr.: Wochenblatt Pulsnitz. Erscheint: Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Mit „Jllustr. Sonntagsblatt", „Humoristischen Wochenblatt" und „Für Haus und Herd". — Abonnement: Monatlich 45 Pf., vierteljährlich 1.2b bei freier Zustellung.ins Haus, durch die Post bezogen 1.26. Amts- HA Blatt des König!. Amtsgerichts und des Stadtrates zn Pulsnitz. Inserate für denselben Tag sind bis vormittags 10 Uhr aufzugeben. Die fünf mal gespaltene Zeile oder deren Raum 12 Pf. Lolalpreis 10 Pf. Reklame 25 H.. Bei Wiederholungen Rabatt. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Erfüllungs-Ort ist Pulsnitz. Amtsölatl iöl' ^lfsäirrlr umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Böhmisch-Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina t f«p Niedersteina, Weißbach, Ober-u. Niederlichtenau, Friedersdorf-Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf,Lichtenberg, Kl.-Dittmannsdorf Druck und Verlag von L. k. Förster'» Lrben (Inh.: ). w. Mohr.) Expedition: Pulsnits, Bismarckplatz Nr. 265. Verantwortlicher Redakteur (Ntto Oorn in Pulsnitz. Donnerstag, den 15. August 1907. 59. Jahrgang. vrabtberlcdt ves pulsnltzer Wockenblattes. Dresden, 15. August. »/,12 Uhr vormittags. Dömitz, a. Elbe. In der hiesigen Dynamit fabrik erfolgten heute früh mehrere kräftige Explosio nen, wodurch die Fensterscheiben in der Stadt und Umgegend zertrümmert wurden. Nach den bisherigen Feststellungen sind ca. 80 Personen verwundet, ver mutlich auch einige getötet worden. Der Brand dauert fort. Wolff-Bureau. Aas Wichtigste vom Hage. Die deutsche Regierung hat sich entschlosst n, keine Kriegsschiffe nach Marokko zu senden. König Eduard ist gestern. Mittag mit dreistündiger Verspätung in Wilhelmshöhe eingetroffen und wurde mit großen Ehrenbezeigungen empfangen. Heute findet das 20jährige Regierungsjubiläum des Fürsten Ferdinand von Bulgarien statt. Die Feier ist auf den 28. August verschoben worden, weil die Trauerzeit um die Mutter des Fürsten noch nicht beendigt ist. Ein in London zu Besuch weilender französischer Kriegs schüler, der auf dem Uebungsplatz der Batterien des Artillerieregiments Nr. 5 photographische Auf nahmen machte, wurde unter dem Verdacht der Spionage verhaftet. Auf das französische Lager bei Casablanca sind von den Marokkanern wiederholte neue Angriffe gemacht worden. Der nationale Vollzugsausschuß des Telegraphisten verbandes hielt in Chicago eine Versammlung ab. Es wurde bekannt gegeben, der Ausschuß werde dem Verbandsvorsitzenden bei seiner Ankunft in Chicago empfehlen, daß der Generalstreik sofort proklamiert werde. Die amerikanischen Telegraphen-Gesellschasten lehnen jede Vermittlung in dem Streit mit ihren streiken den Angestellten ab. Neue lZrodsdotsckatten aus I^utzlanv. Während Rußland sich in politischer Hinsicht in einer wahren Sackgasse befindet, in welcher das alte, verrottete russische Regierungssystem der brutalen Polizeiherrschaft nicht ersterben und das erstrebte neue parlamentarische Regierungssystem zu keinem wirklichen Leben gelangen kann, befindet sich das gesamte wirtschaftliche und soziale Leben des großen russischen Reiches in einer andauernden Krisis und Fäulnis. Von der Größe der Verrottung aller Zustände in Rußland kann man sich in Deutschland keinen rechten Begriff machen, aber man bekommt doch einige Vorstellungen davon, wenn man erfährt, daß die Unterschleife und Veruntreuungen in allen russischen staatlichen Einrichtungen nach wie vor im größten und schlimmsten Umfange betrieben werden, und daß es nicht zu viel gesagt ist, wenn man behauptet, daß ein großer Teil der russischen Beamten und Offiziere es immer noch für durchaus am Platze finden, betrügerische Manipula tionen zum Nachteile des Staates und zur Schädigung des russischen Volkes zu unternehmen, um ihre Taschen zu füllen. So hat der Hauptinspektor der russischen Staatseisenbahn, Herr Gorakow, neuerdings festgestellt, daß bei der Transbeikalbahn in den letzten vier Jahren riesige Veruntreuungen vorgekommen sind, welche den Staat um viele Millionen schädigten. Das für die Ver untreuungen in Frage kommende Material soll riesig sein und die mit der näheren Untersuchung betraute Kommission soll noch mehrere Wochen brauchen, um den Betrug und Schwindel näher aufzudecken. Hauptsächlich wurde von Seiten der betrügerischen Beamten mit ge fälschten Frachtscheinen operiert. Vielfach wurde auch auf ein und denselben Frachtbrief wiederholt Ware expediert und der Frachtbrief einfach umgestemvelt. Die betrü gerisch erhobenen Zahlungen steckten die Beamten einfach in ihre Taschen. Außerdem ist den Beamten der Trans beikalbahn vielfach nachgewiesen morden, daß sie Fracht güter häufig einfach verkauft haben, statt sie an die Adressaten abzuliefern. Ferner hat die Kommission auf entlegenen Eisenbahnstationen eine ganze Menge Fracht gut aufgestapelt vorgefunden, welche schon vor zweiJahren und vor längerer Zeit der Bahn zur Beförderung über geben, aber nicht ausgeliefert und weiterexpediert worden war. So sagt man nicht zu viel, wenn man behauptet, daß die Beamten der Transbaikalbahn als eine große Gaunerbande organisiert waren. Natürlicherweise stecken eine ganze Menge Lieferanten und Kaufleute mit den be trügerischen Beamten unter einer Decke, und wenn man bedenkt, daß diese schweren Unterschleife bereits während des russisch japanischen Krieges begonnen haben, so kann man sich einen Begriff davon machen, wie der russische Staat, das russische Volk und vor allen Dingen die armen russischen Soldaten von der Gaunerbande betrogen wor den sind. Die sozialen und wirtschaftlichen Zustände Rußlands sind aber nicht nur durch die fortwährenden Unterschleife und Veruntreuungen seitens der Beamten vollständig verrottet, sondern die ganze wirtschaftliche Kraft und vor allen Dingen auch die regelmäßige Zah lungsfähigkeit der russischen Geschäftswelt ist im hohen Grade in Frage gestellt und zweifelhaft. So hat man jetzt in Deutschland durch die Berichte einer Anzahl mit Rußland arbeitender Aktiengesellschaften, zumal von Seiten solcher, die in Rußland Filialen unterhalten, erfahren, daß diese Aktiengesellschaften in Rußland schon seit min destens vier Jahren meistens mit größeren oder kleineren Verlusten arbeiten. Außerdem haben auch viele Export geschäfte mit Rußland sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Auch haben die deutschen Banken in ihren Verbindungen mit Rußland vielfach Verluste zu verzeichnen, und hätten nicht viele Vertreter der deutschen Geschäftswelt Vorsicht im Verkehr mit Rußland geübt und es abgelehnt, große Warenlieferungen auf Kredit auSzusühren, so wären die Verluste der deutschen Geschäftswelt in Rußland noch viel bedeutender. Man denkt in der Beurteilung der russischen Dinge meistens nur an die Revolution und an das politische Elend in Rußland und vergißt dabei, daß hinter diesem Elende noch das viel größere Elend der ganz unsicheren wirtschaftlichen Zustände und der öffent lichen Verrottung steckt. Rußland ist somit ohne Zweifel gegenwärtig eins der traurigsten Länder der Sonne und eine wahre Pestbeule für die europäische Geschäftswelt Und dabei hat man in russischen Regierungskreisen, als auch in den Kreisen der russischen Geschäftswelt fort während die Neigung, im Auslande aufs neue Geld und Waren zu borgen! Da sollte es doch allgemein heißen: Taschen zu gegenüber Rußland, solange dort nicht ernst lich wirkliche Reformen zur Durchführung gelangt sind. OsrtNckss unv SScksisckss. Pulsnitz, 1b. August. Bei dem heute Nachmittag über unserer Stadt sich entladenden Gewitter schlug rin Blitz in eine nahe dem Eißnerschen Grundstücke stehende Weide und zerschmettert» dieselbe. Pulsnitz. Der EchulauSschuß hat am Dienstag beschlos sen, dem Wunsche de» Denkmalr-Autschuffe«, da» auf den 21. d. M. festgesetzte Schulfest zu verlegen, nachzukommen. Ein Tag zur Abhaltung deS Feste» wurde noch nicht bestimmt. — Der Plan für die Reise Sr. Maj. de« König« von Radeberg nach Großröhrtdorf und zur Denkmal«-Enthül- lung« feier in Pul«nitz am 21. d. M. ist wie folgt festgesetzt : Der Krei«hauptmann von Bautzen und der Amt«. Hauptmann von Kamenz melden sich in Radeberg Sr. Majestät beim Austritt au« dem städt. Krankenhaus«. Von da Automobil» fahrt bi« zum Gemeindeamt Großröhrsdorf, woselbst die Ankunft 10 Uhr 18 Min. vormittag« erfolgt. Nach Begrüßung durch Gemeindevertretung und Schulvorstand de« Orte«, Gemeinde», Schul» und Kirchrnvertretung von Bretnig und HauSwalde hält der Gemeindevorstand von Großröhrsdorf eine Ansprache und anschließend erfolgt Vorstellung von Gemeinde« und Staatsbe amten. Zu Fuß begibt sich der König alsbald nach der evangel. Kirche und von dort nach dem Kriegerdenkmal, wo die Militär vereine von Großröhrsdorf, Bretnig und HauSwalde Aufstellung nehmen Von dort fährt Se. Majestät nach dem Fabriketabliffe- ment der Firma F G. Großmann; Besichtigung der Fabrik, de« AgneSheim», de« Fabrikbade« und der Arbeiterwohnungikolonie. Die Weiterfahrt erfolgt 11 Uhr 45 Minuten mit Automobil I nach Pulinitz, woselbst die Ankunft um 12 Uhr mittags erfolgt. Der König wird da» Automobil bei der Einmündung der Schloß straße in den Bitmarckplatz verlassen und sich zu Fuß nach dem auf dem Neumarkte errichteten KöngSpavillon begeben. Nach der Enthüllungiseier de« König Albert-Denkmals begibt sich der König zu Fuß über den Marktplatz und Langestraße nach dem Rittergute; daselbst ist um 1 Uhr FrühstückStafel. Pul» nitz. Der Bezirkrobstbauverein der Amt«hauptmann- schäft Kamenz hat beschlossen, vom 10. bi« 13. Oktober d. I. im großen SchützenhauS-Saale eine Obst-Ausstellung zu veranstalten. Interessenten machen wir schon jetzt auf diese hoffent lich recht reichhaltig sich gestaltende Ausstellung aufmerksam. — Wie wird daS Wetter am Sonntag sein? Da« ist eigentlich seit einiger Zeit zufriedenstellend. Die Tem peratur ist nicht heiß, aber hübsch warm, in den Mittagsstunden so 23 bi« 26 Grad Celsiu«, früh nicht zu kühl, meist trocken und auch ost heiter. Er sind dabei aber immer zu gleicher Zeit mehrere Depressionen vorhanden, sie durchziehen Nordeuropa, meist ziemlich weit südlich, trotzdem erlangen sie nur geringen Einfluß, weil sich nach Zentraleuropa hin von Südwesten arS meist hoher Druck erstreckte und die Witterung in Deutschland beherrscht. Heute hat dar „Hoch" sogar einen Ausläufer bis zur Nordsee vorgeschoben, so daß auch die jetzt wieder bei Schott land erschienene neue Störung uni nicht« Schlimmer bescheeren wird. Da« .Hoch" hatte heute an Intensität zugenommen, e» wird also noch nicht so leicht wanken, wir erwarten deshalb auch für näch st en Sonntag noch schöner und ziemlich warmeSWetter. Nun, schöne Tage muffen noch in größerer Anzahl kommen, um un« den häßlichen Sommer etwas vergessen ,u lassen. Und dann bitten wir un« außerdem im Herbst noch 2 bi» 3 Wochen Altenweibersommer au»! — Die Vordrucke der Jagdkarten auf das Jagdjahr 1907/1908 sind laut ministerieller Bekanntmachung von hell grauer Farbe. — Die Schreibweise „Mark". Zur Bezeichnung von .Mark" wird nach Beschluß de« BundeSratS von neuem m Erinnerung gebracht, daß dar Wort „Mark" in seiner Ab kürzung durch ei.n großes latainische« LI ohne jeden Zusatz, Punkt oder Komma, zu schreiben ist, also weder IAK, LI. oder ander». Diese Vorschrift ist bei der Ausstellung von Wechseln, Scheck« oder Kreditbriefen zu beachten. Großröhrsdorf. Für da« durch den Heimgang deS Herrn Pastor Härting erledigte Diakonat ist vom Kirchenvorstand in der am Dienstag Abend abgehaltenen Sitzung Herr Hilf-geist licher Krause au« OelSnitz im Erzgebirge al« DiakonuS gewählt worden. Bautzen, 9. August, Sitzung der I Ferien-Strafkammer de« Kgl. Landgericht«. Al« Kassierer der Zahlstelle de« Holz- arbeiter-Verbande« und Vorsitzender d>r allgemeinen Kranken- und Slerbekaffe für Arbeiter aller Beruf-arten machte sich der 26jährige Tischlergeselle Heinrich Reinisch in Großröhrsdorf schon seit län gerer Zeit der Unterschlagung von über 600 Mk, de« Betrugs und der schweren Urkundenfälschung schuldig. Er legte ein offene» Geständnis ab und wurde mit 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis und 3 Ihren Ehrenrecht«verlust bestraft. Dresden. Am 1. Juli fand in der Dresdner Heide ein Zweikampf mit tötlichen Waffen zwischen dem Hauptmann im Schützenregiment Nr. 108 Curt v. Einsiedel und seinem Schwa ger, dem Hirschfelder Rittergutsbesitzer und Rescrveleutnant Otto von Posern, statt. Die Bedingungen waren: 25 Schritte Distanz, gezogene Pistolen mit einmaligem Kugelwechsel Der Förderer war von Pose n, der einen Schuß unter die rechte Achselhöhle erhielt. Die Verletzung war nicht schwer und erforderte zu ihrer Heilung 8 Tage. Dauernde gesundheitliche Nachteile sind nicht entstanden. Die Ehe des von Posern ist geschieden. DaS Urteil de« Kriegsgericht« lautete auf 3 Monate und 1 Woche Festungs haft für jeden der Duellanten. Die Beweiraufnahme fand hin ter verschlossenen Türen statt. Dresden. Der Expedient F. bei der hiesigen Kgl. Polizei erhielt vor einigen Monaten au« Amerika amtlich die Mitteilung, daß er von einem verstorbenen reichen Verwandten als Universal erbe eingesetzt sei und den Nachlaß sofort erheben könne. Der Beamte erhielt zu diesem Zwecke von seiner vorgesetzten Behörde 9 Monate Urlaub und begab sich mit seiner Ehefrau jenseits des großen OzeanS. Dort erhielt er die frohe Kunde, daß er der einzige Erbe eines sehr erheblichen Vermögens — 1 Million Mark — geworden sei. Da hat sich die weite Reise schon verlohnt. — Jubiläumr-HundeauSstellung in Dres den. Der Kynologische Verein „Rawyl" (E. V.), Sitz Dresden, feiert im Herbst jein 10-jährigeü Bestehen und veranstaltet aus diesem Grunde am 7. und 8. September c. eine große JubiläumS- AuSstellung von Hunden aller Raffen. Zu derselben sind von sämtlichen 253 Kynologischen Vereinen Deutschlands und Oester reich« Unterstützungen zugesagt und werden namhafte Züchter deS In- und Auslandes mit ihren Zwingerprodukten die Ausstellung