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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich I Mark 20 Pf. pr»n»m«ranäo. für Inserate werden bis spätestens Mittags deS vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Nvönii; und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderach, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 12S Dienstag, den 2. November 1880. 5. Jahrg. Tagesgeschichte. Deutschland. Eine von fachmännischer Feder für den Reichs kanzler aufgemachte Rechnung über die Kosten der Einführung des Tabaksmonopols und dessen wahrscheinliche Erträgnisse innerhalb der ersten 15 Jahre soll nicht geeignet sein, bezüglich des Monopols einen besonder» Optimismus hervorzurufen. Nicht nur, daß die gering angesetzte Entschädigungssumme von einer halben Milliarde und die Zinsenlast von mehr als 30 Millionen bei einer nur mäßigen Amor tisation des Capitals die Erträgnisse des Tabaksmonopols aufzehren würden, sondern das Reich müßte für solche Zukunftsphantasie auch die sichere Einnahme daran geben, die es aus der gegenwärtigen Tabaksteller bezieht und die sich noch um ein Bedeutendes steigern wird, sobald init dem Jahre 1882 der volle Steuerfuß in Kraft tritt. Wenn darum die Officiösen das Thema all nota gelegt haben, so ist es erklärlich. Dagegen verlautet, dem „Berl. Tagbl." zufolge, daß es nicht ausgeschlossen sei, daß dem Bundesrathe noch im Laufe dieses Jahres ein Gesetzentwurf behufs Erhöhung der geltenden Steuersätze vorgelegt werden wird. Eine für die Consumenten immerhin nicht sehr erfreuliche Aussicht! — Die Strafkammer des Berliner Landgerichts verhandelte dieser Tage über die auf Antrag des königl. sächs. Kriegsministeriums wegen eines Artikels über die Nichtaufstellung der Büste des Kaisers Wilhelm in der königlich sächsischen Cadetten-Änstalt rc. erhobene An klage gegen den Redaeteur der „Berliner Börsenztg.", vr Konewka, und gegen den Redaeteur der „Nationalliberalen Correspondenz", Or. Böttcher, und vernrtheilte Dr. Konewka zu 200 Mark und Ur. Böttcher zu 50 Mark Geldstrafe, eventuell Haft. ^Das Verfahren gegen den ebenfalls angeklagten Redaeteur der „Nationalzeitung", I)r. Wackernagel, wurde wegen dessen Erkrankung ausgesetzt. Oefterreich-Ungarn. Das Ereigniß des Tages ist der Em pfang der Volksvertreter bei dein Kaiser in der Hofburg zu Ofen, und als der hervorragendste Moment dieses Empfanges die Antwort des Kaisers auf die Ansprache der Delegationspräsidentcn. In dieser Antwort, deren politische Bedeutsamkeit in die Augen springt, ist vor Allem der sorgenvolle Hinweis auf die Schwierigkeiten, welche sich der Durchführung des Berliner Vertrages in einzelnen Punkten entgegengestellt haben, ferner die nur bedingungsweise ausgesprochene Hoffnung auf Erhaltung des Friedens und die besondere Betonung der Interessen Oesterreich-Ungarns aufgefallen, deren Wahrung die kaiserliche Regierung als ihre erste Aufgabe betrachte. Auch vermißt man in der diesjährigen Thronrede neben der Hervorhebung der freundschaftlichen Beziehungen zu allen europäischen Mächten den in der Thronrede zur Eröffnung der letzten Delegations session in Wien enthaltenen besonderen Hinweis auf die Allianz mit Deutschland, woraus einige Blätter auf eine Lockerung dieser Allianz schließen. — Als Gegensatz hierzu dürfte aber wohl das Handschreiben des Kaisers Franz Joseph an den Grafen Moltke zu betrachten sein, welches dem ohnehin sehr lebhaften Interesse an den Ausführungen des Freiherrn v. Haymerle in Pest, soweit sie das Verhältniß zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn zum Gegenstände hatten, neue Nahrung znsührt. Man erblickt darin allgemein ein willkommenes Symptom für die Solidarität zwischen den beiden mitteleuropäischen Großmächten und in dieser letzteren eine Garantie des Friedens. „Die kaiserliche Gratulation" — sagt die „Vorstadtzeitung" — „ist ein politisches Ereigniß; durch diese Kundgebung der Kröne ist die österreichisch-deutsche Allianz um eine kostbare Bürgschaft reicher ge worden." Frankreich. Am 29. October Vormittag erfolgte die Aus führung der Märzdecrete gegen die Kapuziner in Perpignan und Marseille. In Marseille mußte der Commissar die Thüren der Ordens niederlassung gewaltsam öffnen lassen und wurden dabei mehrere Legi timisten, darunter der Marquis von Coriolis und der Redacteur des Journals „Citoyen", wegen Unterstützung des passiven Widerstandes der Kapuziner verhaftet. Rußland. Ein Petersburger Bericht der „Wien. Allg. Ztg." weiß zu melden: Die für die Mitte dieses Monats in Aussicht ge nommene Schlußverhandlung gegen die der Theilnahme an der ver suchten Sprengung des Winterpalais Beschuldigten wird sich zu einem Monstreproceß sonder Gleichen gestalten. Ueber 280 Ange klagte, bisher in der Peter-Pauls-Festung detinirt, werden zur Ab- urtheilung gelangen. Bisher sind über 400 Zeugen geladen. Mehrere Angeklagte sind gleichzeitig der Theilnahme an andern Verbrechen der Nihilisten beschuldigt, so die Studenten Utin und Shukowski, welche vielfach Pläne für die Minensprengungen ausarbeiteten, der Mediciner Kwiatkowski, welcher ein für hochgestellte Personen bestimmtes Gist bereitete, ferner zwei Mädchen, Fiegner und Semenoff, denen die Exekutirung mehrfacher, von dein leitenden „Komitee" gefällter Todesurtheile an Nihilisten, welche der revolutionären Sache untreu geworden, zur Last gelegt wird. Als Hauptangeklagter figurirt der Mörder des Fürsten Krapotkin, eine Person, welcher das verbrechen so gut wie nachgewiesen sein soll, die aber sonst in ein geheimniß volles Dunkel gehüllt erscheint. Der Angeklagte nennt sich Golten- berg und ist ein Tschernigower Jude. Er behauptet, an dem ihm zur Last gelegten Verbrechen ganz unbetheiligt zu sein und sich wäh rend der kritischen Zeit gar nicht in Charkoff aufgehalten zu haben, erbringt sogar für letztem Umstand einen theilmeisen Beweis. Ver wickelt wird die Asfaire dadurch, daß konstatirt wurde, daß eine eben falls des Mordes an Fürst Krapotkin beschuldigte Person, welche gleichfalls sich Gollenberg nannte und diesem jetzigen Angeklagten im hohen Grade ähnlich sah, sich in einer Zelle der Paulsfestung vor einigen Monaten erhängt hatte. Diesem Letztem widmete die letzterschienenc Nummer der „Narodnaja Wolja" einen Nachruf, in welchem der „Verdienste" des Todten um die Sache der Nihilisten gedacht und derselbe als eine der Hauptstützen der Partei dargestellt wird. Die Erhebungen der Prokuratur, welche diesem Monstreproceß vorangingen, haben vielfach Licht in die nihilistische Sache gebracht und der Regierung Hebel zu weiterem Vorgehen an die Hand ge geben. So wurde festgesteUt, daß für die Ausführung des Mordan schlags gegen den Fürsten Krapotkin von dem Centralkomitee 20,000 Rubel als Avance und 80,000 Francs in Anweisungeil auf Pariser Bankiers bezahlt wurden. Türkei. Die Verhandlungen Montenegros mit den türkischen Delegirten ziehen sich bedeutend in die Länge. Montenegro hat es, wie aus Ragusa gemeldet wird, abgelehnt, die Verhandlungen nach Kunia zu verlegen, Bedri Bey ist abgereist. Griechenland. Die „Politische Correspondenz" meldet aus Athen: Kummunduros gab der Kammer ein Expose des politischen Programms, in der Erklärung gipfelnd, Griechenland werde allein die Beschlüsse der Mächte durchführen und die Rüstungen in erhöhtem Maße betreiben, um die active Armee ohne Reserve auf 80,000 Mann zu bringen. Lokales und Sächsisches. Zwönitz. Die diesjährige Herbstcontrol-Versammlung für die Mannschaften von Zwönitz, Niedcrzwönitz, Kühnhaide, Lenkersdorf, Dorfchemnitz, Thalheim u. s. w. findet am 12. November, Vormit tags Uhr, in Hüßler's Garten in Stollberg statt. — Im Königreiche Sachsen bestehen zur Zeit 249 fiskalische Chaussee» und Brückengelder-Einnahmen, welche in ihren dienstlichen Beziehungen den Hauptsteuerämtern untergeordnet sind. Die Er hebung eines Chausseegeldes ist bekanntlich schon seit langer Zeit im Landtag Gegenstand der Anfechtung gewesen, da dieselbe mit ve» hältnißmäßig sehr hohen Kosten verknüpft ist, welche das Gesammt« erträgniß aus dem Chausseegelde ungemein schmälern, man hat sich