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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pf. prssnumvranäo. Memer für Inserate werde» bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit io Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderaty, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. LOS. Sonnabend, den 4. September 1880. 5. Iahrg. Bekanntmachung Die eommunlichen Abgaben pro IV. Termin sind spätestens bis zum LS. September a. o. an die hiesige Stadtcasse zu entrichten. Nach Verlauf obiger Frist wird gegen Zahlungssäumige das Mahn- resp. Executionsverfahren eingeleitet werden. Zwönitz, am 30. August 1880. Der Stadtgemeinderath. Schönherr, Bürgermeister. Tagesgeschichte. Deutschland. Se. Majestät der Kaiser hat aus Anlaß der zehnjährigen Wiederkehr des Sedantages eine Ansprache an das deutsche Heer gerichtet. Diese kaiserliche Ansprache trifft in ergreifend herzlichen Worten die Stimmung des großen Tages vollkommen, kennzeichnet mit klassischer Einfachheit und Wahrheit den Geist, in dem wir die zehnjährige Feier der weltumformenden Ereignisse der ersten Septembertage von 1870, den Geist, in dem wir den zehnten Geburtstag des deutschen Reiches begehen. Eine recht officielle öffent liche Feier hat nicht stattgefunden, doch aber sieht man überall die Flammen patriotischer Begeisterung wieder auflodern, welche vor 10 Jahren durch die deutschen Lande ging. Die Ansprache des Kaisers an die Armee, welche unser nationales Bewußtsein in hohem Grade befriedigt, schont dabei die Empfindlichkeit-Frankreichs auf das Rück sichtsvollste. — Während der Fürst von Rumänien die Hauptstadt des deutschen Reiches wieder verlassen und seine Reise nach Dresden fortgesetzt hat, steht ein neuer Besuch in Aussicht. Der König von Griechenland wird zur Beiwohnung der großen Herbst-Paraden dem nächst in Berlin eintreffen. Berlin. Nach einem von dem Kronprinzen der Frau Kron prinzessin mitgetheilten Telegramm vom 30. v. M. meldet Prinz Heinrich seine glückliche Ankunft in St. Vicent. (Westküste von Afrika.) Berlin. Eine bemerkenSwerthe Nachricht bespricht das „B. T." in Folgendem: Die Kölner Dombau-Feier wird nun, wie der Kaiser durch Cabinetsordre vom 25. August bestimmt hat, am 15. Octobcr, als dein Geburtstage des verstorbenen Königs Friedrich Wilhelm des Vierten, stattfinden. Wie die „Kölnische Zeitung" meldet, wird der Kaiser selbst soivie die kaiserliche Familie dem Feste beiwohnen und somit wären mit einem Schlage alle die Bedenklichkeiten als behoben zu betrachten, welche man von interessirter Seite dem Kaiser gern untergeschoben hätte. Ans der Wahl des Datums ist ersichtlich, daß Kaiser Wilhelm sich lediglich durch Erwägungen der Pietät bestimmen ließ, als er den Tag ^für die Feier der Vollendung des Kölner Domes festsetzte. König Friedrich Wilhelm der Vierte hatte den Anstoß gegeben zur Wiederaufnahme der Arbeiten an diesem Denk mal deutscher Baukunst und an dem Gedächtnißtage dieses Monarchen soll nun das Fest der Vollendung feierlich begangen werden. Aber wird man sagen, ist denn der Erzbischof da? Wirkt denn die Geist lichkeit in vollem Ornat mit? Wird die ultramontan beinflußte Be völkerung nicht streiken bei einer Feier, die ohne den Eintritt des förmlichen Cultursriedens begangen werden mag? Noch ist der Erz bischof außer Landes und wenn man jüngst seine Anwesenheit in Rom beim Papste gemeldet hat, so könnte dieser Umstand wohl darauf hindeuten, daß die Curie selbst auf Mittel und Wege sinne, wie sie bei einein Feste nicht unvertreten bleiben könne, das nach dem Ent schluß des deutschen Kaisers nun einmal — ob mit oder ohne den Clerus — gefeiert werden soll. Möglich immerhin, daß binnen vier oder sechs Wochen der Erzbischof Melchers sich zu einem Schritt entschließt, der ihm oder einem staatlich anerkannten Vertreter die Theilnahme an dem Kölner Feste im Sinne unseres jüngsten Kirchen gesetzes gestatten möge. Aber wenn man in ultramontanen Kreisen darauf gerechnet haben sollte, durch die verweigerte oder in Aussicht gestellte Theilnahme des hohen Prälaten einen Druck auf die preu ßische Regierung beziehungsweise auf Kaiser Wilhelm ausüben zu können, um Zugeständnisse zu erlangen, so hätte mau sich gründlich verrechnet. Der Bau und die Vollendung des Kölner Doms, den ein protestantischer Fürst und das gesammte deutsche Volk so mächtig gefördert, ist keine ausschließlich katholische Kirchensache, und auch Kaiser Wilhelm ist weit entfernt, die Feier als solche aufzufaffen. Der Dom ist ein Schau- und Ehrenstück edelsten deutschen Kunstsinns und ein Fest der deutschen Kunst ist es, im wahrsten Sinne des Wortes, welches Kaiser Wilhelm mit der gesammten kaiserlichen Fa milie gewillt ist, am 15. October in Köln zu feiern. Oesterreich. Die Kaiserrcise nach Galizien nimmt in hohem Grade das Interesse des Volkes in Anspruch. Während sich die Ungarn bemühen, derselben eine hochpolitische Unterlage zu geben, behaupten die Czechen, diese Reise des Monarchen habe keine andere und keine größere Bedeutung, als diejenige nach Böhmen. In Wien sucht man in dieser Reise keine weittragenden politischen Zwecke; höchstens würde man darin den Gedanken erkennen, die Polen zu bewegen, sie mögen angesichts der Galizien eingeräumten Sonder stellung aufhören, österreichische Polen zu sein, und sich in polnische Oesterreicher ummandeln. — Die Verhandlungen zwischen Deutschland und Oesterreich wegen der Oder-Regulirung sind jetzt soweit vorbe reitet, daß die Konferenzen in der allernächsten Zeit beginnen können. Die Angelegenheit hat dadurch eine kleine Verzögerung erfahren, daß man wünschte, die Negulirung auf den kleinen Nebenfluß Ostro- witza auszudehnen. Auch darüber ist eine Verständigung erfolgt und es ist von beiden Regierungen mit Beschleunigung alles angeordnet worden, um dem drängenden Bedürfniß, wie es jetzt durch die ele mentaren Ereignisse sich herausgestellt hat, so weit wie irgend mög lich schon in nächster Zeit Abhülfe zu verschaffen. Frankreich. Sämmtliche Jesuiten haben Paris verlassen, die Eingänge zu den Jesuitencapellen sind zugemauert, für die Unter richtsinstitute sind Civildirektoren eingesetzt. — Die Polizeikommiffäre fanden sich in den Unterrichtsanstalten der Jesuiten in Paris, Lille, Poitiers, Toulouse, Montpellier und anderwärts ein, fanden daselbst die Vertreter civiler Gesellschaften und constatirten die Abreise der Jesuiten. Nur in Poitiers fand der Commissär sechs Jesuiten, von denen drei sich als Eigenthümer des Hauses erklärten; die andern drei wurden entfernt, wobei es zu unbedeutenden Kundgebungen kam. An anderen Orten verlief die Ausführung der Decrete ohne jeden Zwischenfall. Holland. Die Wünsche der Bevölkerung Hollands sind nicht in Erfüllung gegangen. Statt des ersehnten Prinzen hat eine Prin zessin das Licht der Welt erblickt. Türkei. Es liegen nunmehr bereits detaillirte Berichte über die Vorbereitungen für die Flottendemonstration vor, und sowohl durch die Eröffnungen, welche dem englischen Parlament gemacht worden sind, wie durch anderweitige, beglaubigte Mittheilungen wird bestätigt, daß Ragusa zum Sammelplatz der Schiffe ausersehen wor den. In welcher Weise sich die Demonstration zu manifcstiren haben werde, ist vorläufig ein Geheimniß. Nachdem indessen die Dinge so weit gediehen sind, ist wohl an der Ausführung der Demonstration, wenn sie etwa nicht die Pforte noch in letzter Stunde durch die Nebergabe gegenstandslos machen sollte, kaum noch zu zweifeln.