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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pf. prsönumoranäo. Änreiger für Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stabtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. LIL. Sonnabend, den 25. September 1880. 5. Jahrg. Tagesgesthichte. Deutschland. Unser Reichskanzler, Fürst Bismarck, beschäftigt sich jetzt eingehend mit den Vorarbeiten zu einer Vorlage über die Bildung von zwangsweisen Arbeiterinvaliden- und Alterversorgungs- Cassen. Der Reichskanzler hat zu diesem Zwecke vor wenigen Tagen den Commerzienrath Barre in Bochum empfangen und mit diesem darüber eingehend conferirt. Er hat auch Herrn Barre ermächtigt, zu erklären, daß er die Angelegenheit unter dem Beirathe von Sach verständigen energisch zum Abschluß zu bringen gedenke. Es ist übrigens seit lange bekannt, daß der Reichskanzler mit der Behand lung, welche der ebendahin zielende Antrag „Stumm" seinerzeit seitens der Vertreter der Neichsregierung fand, nicht zufrieden war, und es erscheint deshalb nicht unmöglich, daß die Unentschlossenheit des Herrn Hofmann in dieser Frage sein Ausscheiden aus seiner Stellung init bewirkt hat. Kommt diese Angelegenheit nun in den gehörigen Fluß, so muß sie für die Gestaltung der Lage der Arbeiter und der social politischen Verhältnisse von höchster Bedeutung sein. Die Neichsre gierung ist bis jetzt in dieser Frage über die Berichte der Einzel- Negierungen nicht hinausgekommen und diese Berichte lauten dem Projekte nicht günstig, doch scheinen dieselben nicht frei von Vorur theilen über die schwierige Durchführung dieser Kassen. Wenn auch die Schwierigkeiten, welche einer glücklichen Lösung sich entgegenstellen, nicht zu verkennen sind, so wird sich dennoch dieselbe bewerkstelligen lassen unter dem Beirathe Sachverständiger, wie der Reichskanzler jetzt beabsichtigt. Ebenso soll ein volkswirthschaftlicher Senat errichtet werden, und zwar unter Mitwirkung der berufenen Vertreter der Industrie, derselbe soll jedoch zunächst nur für Preußen, aber so ichnell als möglich errichtet werden, damit die Sache nicht durch weit läufige Verhandlungen mit den übrigen deutschen Regierungen ver schleppt werde. Oesterreich. Der Kaiser hat vor seiner Abreise aus Galazien das nachfolgende von Sambor, 19. September, datirte Handschreiben erlassen: „Lieber Gras Potocki! In wenigen Stunden verlasse Ich dieses Land, wo — Ich kann es wohl sagen — ausnahmslos die ganze Bevölkerung in edelster und nicht selten ergreifend-herzlichster Weise wetteiferte, Mir den Aufenthalt in ihrer Mitte so angenehm als möglich zu machen. Mit innigster Freude sah ich die zahllosen Beweise der Liebe, Hingebung und treuen Anhänglichkeit an Mich und Mein Hans, mit hoher Befriedigung nicht minder das eifrige Streben zur Förderung der geistigen und materiellen Interessen des Landes und den redlichen Willen, die Pflichten gegen den Thron und die Monarchie zu erfüllen. Sagen Sie hierfür der gejammten Be völkerung Meines Königreiches Galizien und Lodomerien mit dem Großherzogthum Krakau Meinem tiefgefühlten herzlichsten Dank, und empfangen Sie zugleich Meine dankbare Anerkennung für Ihr hin gebungsvolles und erfolgreiches Wirken als Mein Statthalter in diesem Lande, dessen Wohl zu fördern Ich auch fernerhin Ihrer be währten Fürsorge wärmstens ans Herz lege. Mögen die während Meiner Anwesenheit so laut und begeistert zum Ausdruck gebrachten Gefühle stets ebenso lebhaft und unwandelbar bleiben wie die freudige Erinnerung, welche ich von diesen Tagen bewahre und wie Meine besten Wünsche und kaiserliche Gewogenheit für dieses dankbare Land und seine treuen Bewohner." — Der glückliche Ausgang des vielbe sprochenen Kaiserbesuches kann demnach mir zur Stärkung des Neichs- bewußtsein im Innern und zur Hebung des Ansehens der Monarchie nach Außen beitragen. — Ain 14. de M. hat eine kleine AudreaS- Hofer-Feier im Paffeyerthale stattgefunden, wo auf der Alpe an jener Hütte, in welcher einst die Gefangennahme Hofer's erfolgte, eine Gedenktafel enthüllt wurde. Spanien. Aus Madrid weiß inan zu melden, daß eine neue spanisch-österreichische Heirath vorbereitet werde, daß angeblich eine Schwester des Königs, die junge Infantin Maria de la Paz, im Be griff stünde, sich mit dem Erzherzog Carl Stephan, dem Brnder der Königin Christine, zu verloben, so daß in solchem Falle Bruder und Schwester mit Schwester und Bruder verheirathet sein würden. Erz herzog Carl Stephan zählt erst wenige Tage mehr als zwanzig Jahre, und auch Maria de la Paz ist erst achtzehn Jahre alt. Lokales und Sächsisches. Zwönitz. Wir verfehlen nicht, zum wiederholten Male auf das Concert aufmerksam zu machen, welches die Mitglieder der Tannen berger Lehrerkonferenz hier geben werden. (Programm hierzu findet sich im heutigen Blatte.) Der Glanzpunkt des Concertes wird fein, wie schon bekannt, eine Sängerfahrt auf dem Rhein von W. Tschirch, wozu auch Textbücher an der Casse für 10 Pf. zu haben sind. Dichtung und Composition ist einfach, aber gerade deshalb sehr an- muthsvoll und hält unter Darbietung von verschiedenen heiteren Momenten das Interesse der Zuhörer durch mannigfache Abwechslung bis zum Schluffe wach. Es ist somit voraussichtlich ein genußreicher Abend zu erwarten und dem Concerte ein guter Besuch zu wünschen. Dresden. Se. Majestät der König wird nächsten Sonntag Abend nach Steyermark abreisen, um einer Einladung des Kaisers von Oesterreich zur Gemsjagd zu entsprechen. Leipzig, 21. September. Die während der Michaelismcsse'ab- zuhaltende Garnbörse wird Montag, den 27. September ihren An fang nehmen und gleichwie früher auch diesmal in den Räumen der Leipziger Börsenhalle abgehalten werden. In Groszwnltersdorf hat sich vor einiger Zeit ein Akt bar barischer Rohheit zugetragen. Ein Mann, Namens Schmidt, war niit seiner Frau in Zank gerathen und drohte er ihr, die mit heißem Kaffee gefüllte Kanne an den Kopf zu werfen. Auf ihre begütigenden Worte: „Du wirst doch nicht gleich so hitzig sein!" that der Wütherich es doch. Dieselbe beugte sich aber und wenn sie auch noch verbrüht wurde, so ergoß sich doch der Hauptinhalt der Kanne über das daneben liegende Kind in der Wiege und verbrannte es so schrecklich, daß es an den Wunden verstorben ist. Der Mann wußte seine Frau durch Drohungen zunächst so einzuschüchtern, daß sie nichts verrieth; die Nnthat kam aber doch heraus. Vor einiger Zeit fand eine Sectio» der Kindesleiche statt und dürfte sich der Wütherich von einem Dianne demnächst wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit tödtlichem Erfolge zu verantworten haben. Vergangenen Donnerstag feierte in Wingendorf ein allgemein hochgeachtetes Ehepaar, Herr und Frau Gutsauszügler Linke, im Kreise zahlreicher Familie das seltene Fest dec goldenen Hochzeit. Tue Einsegnung des Jubelpaares erfolgte durch Pastor Flade in Frankenstein. Die Gemeinde Mülsen St. Michael feierte am 16. d. Di. das Fest der Glockenweihe. Durch den Kirchschullehrer Taubert in Oberlosa wurden der Nedaction des „Voigtl. Anz." einige Pfiaumenbaumzweige, überreich mit Blüthen bedeckt, eingesendet. Sie waren einem im Garten des dortigen Gutsbesitzers Kießling stehenden Baume entnommen, welcher jetzt zum zweiten Male in Vlüthe steht. Bemerkt sei dabei, daß das zweimalige Blühen von Obstbäumen in diesem Jahre überhaupt sehr häufig vorkommt. Bautzen. Von dem hiesigen Schwurgerichte wurde am 20. d. Ak. die 28 Jahre alte Dienstmagd Johanne Nahele Olbrig zum Tode verurtheilt, weil sie ihre 3 unehelichen Kinder, jedes ungefähr ein Vierteljahr nach seiner Geburt, theils erstickt, theils vergiftet, an ihrem vierten Kinde dagegen einen mißglückten Erstickungsversuch be gangen hatte. Wegen der letzten That wurde der Olbrig übrigens noch eine neunjährige Zuchthausstrafe zudictirt. In Haimtz fand am vergangenen Sonntag die feierliche Grund steinlegung zum Ban einer katholischen Kapelle statt. Die Zeichnung