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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pf. prwuttmvraiitil,. Mjcher Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 8«. Donnerstag, den 8. Zuli 1880. 5. Jahrg. Tagcsgeschichte. Deutschland. Die Berliner Konferenz hat mit der Unter zeichnung der Schlußacte am 3. d. ihre Thätigkeit vorläufig beendet und vou Berlin richtet sich jetzt gespannt der Blick nach Konstanti nopel, uni zu erforschen, wie dort der Beschluß der Großmächte aus genommen werden wird. Charakteristisch für die pessimistische Auf fassung sind dabei die Kundgebungen, welche aus Paris, Wien, London und Petersburg vorliegen. Ueberall herrscht dort die Ueber- zeugung vor, daß es mehr als nur papierner Mittel bedürfen wird, um die Pforte, wenn auch nicht zur Annahme, so doch zur Durch führung der Berliner Conferenzbeschlüsse zu zwingen. — Dem Vernehmen nach sollen in mehreren deutschen Provinzen Versuche vorkommen, Colouisten und Arbeiter zur Auswanderung nach Serbien zu verleiten, indem den Colonisten günstige Beding ungen für Ansiedelung, den Arbeitern aber lohnende Beschäftigung beim Bahnbau in Aussicht gestellt werden. Dem gegenüber ist da rauf Hinzumeisen, daß einestheils die Regelung der ackerbaulichen Verhältnisse Serbiens noch weitaussehend ist, und demnächst nach aller Wahrscheinlichkeit nur den Serben selbst zu gute kommen wird, und daß anderentheils anscheinend ein Cisenbahnbau in Serbien noch gar nicht in der Ausführung begriffen ist. Wenn nun außerdem verlautet, daß die nach Serbien verzogenen Deutschen größtentheils dem äußersten Mangel anheim gefallen seien, so kann nicht dringend genug davor gewarnt werden, Serbien schon jetzt, bevor sich die dortigen Zustände mehr consolidirt und günstiger gestaltet haben, znm Zielpunkt einer Auswanderung zu wählen. Ems, 4. Juli. Se. Maj. der Kaiser empfing heute Mittag den Besuch des Fürsten Milan von Serbien und stattete demselben später einen Gegenbesuch ab. Heute Nachmittag wohnten Se. Maj. der Kaiser mit dem Fürsten Milan der Kaiser - Regatta bei, bei welcher die Frankfurter „Germania" den kaiserlichen Preis errang. Oesterreich. Salzburg, 5. Juli. Ueber die Petition der Gemeinden Abtenau und Annaberg um Herabminderung des Hceres- auf wandes sprach der Landtag die Erwartung aus, daß die Regierung die thunlichste Ersparung in allen Zweigen der öffentlichen Ver waltung und durch die ausgedehntesten Beurlaubungen insbesondere die größtmögliche Verminderung der Armeekosten herbeiznführen be strebt sein werde. Frankreich. Wie der „Voltaire" missen will, würden Ende der Woche die Märzdccrete in Bezug auf die Niederlassungen der Franziskaner, Kapuziner, Endisteu und Oblaten zur Ausführung ge bracht werden. England. London, 5. Juli. Der König von Griechenland reist heute von hier nach Kopenhagen; er beabsichtigt, wie verlautet, auf der Heimreise Berlin und Wien zu besuchen. Rußland. Rußland will nicht gern hinter Frankreich zurück bleiben; Frankreich wird, wenn der altehrwürdige Senat nicht schließlich noch Umstände macht, bald seine Amnestie für die politischen Verbrecher decretireu. Rußland will auch seine Amnestie haben, in dem Lande, wo man bisher dafür sorgte, daß der Henker nicht ans der Uebung kam und Sibirien „übervölkert" wurde, in dem strengen, grausamen Rußland herrscht jetzt ein sanfterer, ein milder Geist, ein Geist der Liebe und Versöhnung. Man will vergeben und vergessen all Denen, die sich gegen die Negierung des Czaren empörten, die Krieg gegen die bestehende Ordnung führten und dann außerhalb des Landes Rettung und Zuflucht suchten, man will allen im Ausland lebenden politischen Flüchtlingen die Rückkehr gestatten, mit einem Wort, Rußland erläßt eine Amnestie. So unglaublich es auch klingt, cs hat damit seine Nichtigkeit. Der „Bercg" spricht bereits für Be gnadigung aller im Anslande lebenden politischen Verbrecher, die den LLunsch kundgeben, nach Rußland zurückzukehren. Und wenn das der „Bereg" fordert, dann ist diese Frage auch schon so gut, wie entschieden. „Bereg" meint, es lebten im Auslands eine Menge unglücklicher junger Leute, die oft nur aus unbedeutenden Anlaß zur Flucht über die Grenze gezwungen worden wären, die heute aber draußen im Elend säßen, ihre Jugendthorheiten bitter bereuten und nichts sehnlicher wünschten, als in ihre Heimath zurückzukehren. Der „Golos", ein liberales Blatt, wurde im vorigen Jahre dafür von der Oberpreßverwaltung gemaßregelt, weil er zur Sprache brachte, daß aus dem Odessaer Gymnasium ein elfjähriger Knabe wegen „politischer Unzuverlässigkeit" ausgeschlossen wurde. Die geplante Amnestie soll sich auf alle im Auslande lebenden, russischen politischen Flüchtlinge erstrecken, die eine Bittschrift nach Petersburg einrcichen, in welcher sie Besserung geloben und um die Erlaubniß zur Rückkehr nach Rußland bitten. Besonders anrüchigen Nihilisten dürfte diese Erlaubniß selbstverständlich verweigert werden. Wenn Loris-Melikoff seinen Curs innehält, dann steuert er — trotz des heftigen Wieder willens des Kaisers für dergleichen Pläne — direct auf die schon längst erwartete und ersehnte große Reform los. Türkei. Die „Wiener Allgemeine Zeitung" meldet aus Con- stantinopel: Der Sultan erklärte sich speziell aus das Drängen des Kriegsministers und des Ministers des Auswärtigen für die Zurück weisung der Berliner Conferenzbeschlüsse. Es soll demnächst in dieser Angelegenheit noch ein Kronrath unter Zuziehung von Ulemas, Generalen und Senatoren stattfinden. Die Antwortnote der Pforte an die Mächte wird kaum vor dem 20. Juli erlassen werden. Unter dessen wird in der Türkei auf das Eifrigste gerüstet. Griechenland. Atan sieht hier mit begreiflicher Spannung der Antwort der Pforte auf die in den nächsten Tagen zu über reichende Collectivnote der Conferenzmächte entgegen. Die griechische Regierung acceptirt jedenfalls loyal die Conferenzbeschlüsse und wird durchweg eine Haltung einnehmen, die diesen Beschlüssen adäquat ist. Sollten türkischerseits Schwierigkeiten erhoben werden, so wird Griechenland den Rath der Conferenzmächte in Anspruch nehmen und dementsprechend sein weiteres Verfahren einrichten. Uolrales und Sächsisches. Zwönitz, 2. Juli. Gestern Vormittag 11 Uhr wurde die 1 deutsche WoUeinndustrie-Ausstellung in Leipzig unter hoher. Betheilig ung Sr. Maj. des Königs, Ihrer Maj. der Königin, sowie der kgl. Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Georg feierlichst eröffnet. — Nachdem Herr Tirector vr. Wachsmuth in kräftiger Rede den Zweck der Ausstellung vorgetragen hatte, wurde von den hohen Gästen ein Nundgang durch sümmtliche Ausstellungsräume unter nommen, welche, da die königl. Majestäten sich eingehend mit den Ausstellern in leutseligster Weise über deren Ausstcllungsobjecte unter- bielten, fast 3 Stunden in Anspruch nahm. — Unsere Stadt Zwönitz ist durch die Firma Sendig L Nenßmann's Nachf., welche eine Muster-Collection ihrer rühmlichst bekannten Preßspäne ausgestellt hat, bestens vertreten. Auch hatte der jetzige Mitbesitzer, Herr Julius Wehrde, die Ehre, von Sr. Maj. dem Könige in huldvollster Weise über Fabrikation und Verwendung der Preßspäne befragt zu werden. Zwönitz, 7. Juli. Heute früh in der 3. Stunde brach in dem Gute des Gottlob Bochmann in Dorfchemnitz ein Schadenfeuer aus und brannten die Scheune und das Stallgebäude total nieder. Ent stehungsursache unbekannt. — Im Geschäftsbereiche des evangelisch-lutherischen Landescon- sistoriums sind oder werden demnächst folgende Stellen erledigt: das Pfarramt zu Reichstädt (Dippoldiswalde), Callator: die Gutsherr- schast daselbst; das Diaconat zu Kohren (Borna), Callator: die Gnts- herrschaft zn Sahlis; das Pfarramt zu Sitten (Leisnig), Eallator: die Gutsherrschaft daselbst. — Dagegen wurden angestcllt, bez. ge fördert: Friedrich Wilhelm Carl Melzer, Tiaconus zu Pegau, als Pfarrer zu Altgcrsdorf (Oberlausitz); Akay Resch, Pfarrer zu Brems-