Volltext Seite (XML)
Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreiü beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pf. primmwvranäa. Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit lO Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 46. Sonnabend, den 17. April 1880. 5. Iahrg. Nagesgeschichte. Deutschland. Die Bundesrathssitzung von: Mittwoch beriet über die Mittel, der Wiederkehr solcher Unzuträglichkeitei,, wie in der Sitzung vom vorletzten Sonnabend, vorzubeugen. Genau formulirte Anträge lagen noch nicht vor. Fürst Bismarck legte eine umfassende Denkschrift vor, in welcher er die Mängel der Bundesrathsgeschäfts- ordnung darlegte und vorschlng, alle Anträge einer zweimaligen Le sung zu unterwerfen. Auch soll von Preußen ein Antrag eingebracht worden sein, der sich gegen die jetzige Handhabung der Stellvertretung der Stimmen im Bundesrath richtet. — Das Gerücht, der englische Admiral Fürst von Leiningen wolle in den deutschen Flottendienst übertreten, hat das andere erzeugt, daß der Marineminister v. Stosch seines Amtes enthoben zu sein wünsche. — Bei der Reichstags- Nachwahl im 2. Berliner Wahlkreise wurde Professor Virchow (Fort schritt) bei äußerst geringer Wahlbetheiligung mit großer Majorität gewählt. Virchow tritt zum ersten Male in den Reichstag. Die Socialdemokraten, die in dem betr. Wahlkreise 1878 noch 7600 Stim men hatten, brachten es diesmal nur auf 2900. Oesterreich-Ungarn. Die Negierungsmaschine in Wien ist doch ein schwerfälliges, reparaturbedürftiges Flickwerk und die con- servativen Maschinenmeister haben mit ihrer Handhabung nicht min dere Noth, als die früheren liberalen. Die einzelnen Theils des Organismus passen nicht recht zu einander, es entstehen fortwährend Reibungen und das Ding in Gang zu halten, beansprucht große Auf merksamkeit und Geschicklichkeit. So hat man jetzt eine konservative Majorität und ein conservatives Ministerium, aber beide kommen nicht mit einander aus. Es hat das Abgeordnetenhaus am Dienstag den Dispositionsfond mit einer Majorität von nur zwei Stimmen verweigert, was die Regierung natürlich furchtbar überrascht und in Verlegenheit versetzt hat. Die Nachrichten, daß das Ministerium Taaffe seinen Abschied erbitten wird, klingt deshalb sehr wahrscheinlich; nur bleibt die große offene Frage, wer wohl den Muth haben mag, die Erbschaft anzutreten. Das Vorkommniß beweist wieder einmal die völlige Unhaltbarkeit der österreichischen Parteiverhältnisse. Das einzige Mittel, um Besserung zu schaffen, scheint nur in der Auflösung des Abgeordnetenhauses zu liegen. Frankreich. Seitens der republikanischen Partei betrachtet man den Bonapartismus'seit dem Sendschreiben des rothen Prinzen als eine sich im Zersetzungsprozeß befindliche politische Leiche. „Der alte Bonapartismus ist erblichen, der neue ist ein todtgebornes Kind," so kennzeichnet die „Rep franc" die Situtation. — Die Radikalen agitiren jetzt heftig für die Abschaffung des Senats; mit Gambetta sind sie ganz zerfallen; mit Spott und Hohn weisen sie in ihren Or ganen auf den energielosen „feisten Schlemmer." — Die Negierung hat ihren Vertretern im Auslande ihre an sich schon schwere Stelle noch schwieriger und peinlicher gemacht, indem Freycinet ihnen Ordre zugehen ließ, sich von nun ab officiell nicht mehr „Gesandter von Freich", sondern „Gesandter der französischen Republik" zu nennen. Die Vertreter von Republiken, sofern sie den Rang von Botschaftern haben, leiden an den Höfen unter einer sehr unbequemen Stellung dem Hofceremoniell gegenüber;. —' Spanien. Der Attentäter Otero ist am Mittwoch Morgen um 9 Uhr hingerichtet morden, ohne daß er noch ein Geständnis; ab gelegt hätte. Der Telegraph glaubt hinzufügcn zu müssen, daß, ob gleich eine große Menschenmenge der Erecution beiwohnte, doch die Ruhe nirgends gestört wurde. Rußland. Sowohl der Zustand der Czarin, wie der des Reichskanzlers Fürsten Gortschakoff sind unverändert trostlos. Der Czar wird durch diesen doppelt drohenden Verlust in beständiger Aufregung erhallen, so daß man mit Recht auch für seine, durch die Ereignisse des letzten Jahres stark untergrabene Gesundheit fürchtet. — Loris-Melikoff hat den Generalgouverneuren das Recht entzogen, nach eigenem Ermessen „Ausweisungen" zu verfügen. Seit Jahrzehnten hatte sich nämlich die Praxis eingebürgert, daß jeder Mißliebige oder Verdächtige ohne Urtheil, sondern einfach auf dem Verwaltungswege in die entfernteren Theile des Reiches oder nach Sibirien „verschickt" werden konnte. In der Regel erfuhren dann die Anverwandten niemals wieder etwas über das Schicksal des Betroffenen. Dem letzteren gemährte die Regierung eine Unterstützung von 7 Rubeln monatlich und bekümmerte stch sonst weiter nicht um ihn. Der Dictator hat auch verfügt, daß Niemand länger als 24 Stunden ohne Verhör in Haft behalten werden soll. Man sieht, an gutem Willen fehlt's dem neuen Gewaltgeber nicht; es fragt sich nur ob in Rußland bei einem theilweise arg verkommenden Beam tenpersonal der gute Wille sich als ausreichend erweist, tief eingefreffene Schäden zu heilen. Kostales und Sächsisches. — Die diesjährige Frühjahrs-Kontrolversammlung der Mann schaften der Reserve, der Dispositionsurlauber und der zur Dispo sition der Ersatzbehörde Entlassenen im Amtsgerichtsbezirk Scheiben berg findet Mittwoch, den 21. April, Vormittags 9 Uhr im Gast hofe zum goldenen Bock in L-chlettau statt. — Wie aus Dresden verlautet, wird auch für die Schulen Sachsens in allernächster Zeit und jedenfalls noch in diesem Jahre seitens des Cultusministeriums eine neue Rechtschreibung angeordnet werden. Die erforderlichen Vorarbeiten sind schon längst vollendet und die ermähnte Ministerialverfügung würde vielleicht schon publi- cirt morden sein, hätte man nicht 'erst den Ausgang der im deutschen Reichstag über die Angelegenheit durch den Antrag des I)r. Stephani veranlaßten Besprechung abmarten wollen. In Uebereinstimmung mit den Erklärungen, welche der Cultusminister v. Gerber in der ersten Kammer über den Gegenstand seiner Zeit abgab, wird sich die neue sächsische Rechtschreibung in der Hauptsache nach den Vorschlägen gestalten, welche der Verein deutscher Buchhändler in Leipzig dem Ministerium vorgelegt hat und die sich durchaus nicht der preußischen oder Puttkamer'schen Orthographie anlehnen. — Die 5. Llasse der Königl. Sächs. Lanveslotterie wird vom 3. bis 23. Mai d. I. gezogen. Die Erneuerung der Loose hierzu muß bis zum'25. April geschehe!),, wer sein Loos bis dahin nicht erhalten kann, lM sich bis spätestens 29. April bei der Kgl. Lotterie- direction zu melden. Dresden. Am Dienstag Nachmittag ist oberhalb der Albcrtbrücke in Dresden ein Wassereimer angeschwommen, in welchem ein Lein- mandsack angebunden war, in dem sich der Leichnam eines neuge borenen Kindes befand. Der Sack mar mit einem Ziegelstein beschwert, damit er sinken sollte, der Eimer hat aber das Ganze über Wasser gehalten. Leipzig. Der Portier am hiesigen Dresdner Bahnhofe hat vor etwa 3 Wochen von einem unbekannten Passagier ein Kistchen in einstweilige Verwahrung und zum Aufheben erhalten. Da das Kistchen ausfälliger Weise nach so langer Zeit noch nicht abgeholt worden war, demselben auch ein eigcnthümlicher Geruch entströmte, so öffnete er dasselbe und war nicht wenig erschrocken, darin den Leichnam eines neugeborenen Kindes weiblichen Geschlechts vorzufinden. Es wurde selbstverständlich die nöthige Anzeige 'erstattet. Chemnitz. Die Pferdebahn soll im Juli so weit fertig sein, daß dieselbe auf der ganzen Strecke befahren werden kann. Indessen beabsichtigt inan im Laufe der nächsten Woche auf der bis dahin fertig gewordenen Strecke vom Centralbahnhof ab durch die Caro linen- und Königstraße, über den Johannisplatz und durch die Post straße bis zur Nieolaibrücke, bis zu letztgenannten! Punkte den Be trieb zu eröffnen.