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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwur Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Ps. prssnumucimUv. JiiMr Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit lO Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend Organ für den Stadtgemeinderalh, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Nedacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 2V. Sonnabend, den 14. Februar I88V. 5. Iahrg. Tagcsgeschichte. Deutschland. Berlin, 12. Febr. Der deutsche Reichstag ist heute Nachmittag 2 Uhr im Auftrage Sr. Majestät des Kaisers voil dem Vertreter des Reichkanzlcrs, Graf Stolberg, eröffnet worden. Die Thronrede kündigt die sofortige Budgetvorlage an, wobei Erhöhung der Matricülar-Beiträge, sowie eine Anleihe für un aufschiebbare Aufwendungen erforderlich, ferner die Vorlage über .eine zweijährige Budgetperiode, sodann das Militärgesetz unter Hin weis auf diestn den Nachbarstaaten vorgekommenen umfangreichen Erwei terungen der Heereseinrichtungen, so daß Deutschland unbeschadet der Friedfertigkeit seiner Politik im Interesse der Sicherheit zur Ver vollständigung der militärischen Einrichtungen gezwungen sei. An gekündigt werden ferner Vorlagen über Verlängerung des Socialisten- gesetzes, über Abwehr der Viehseuchen, über Pfandrecht, sowie Vor schläge über Erweiterung der deutschen Handelsbeziehungen mit den Südseeinseln. Deutschlands Beziehungen zum Ausland sind friedliche und freundliche. Die Berliner Friedensbestimmungen fanden Aus führung in nahezu allen Hinsichten. Deutschland ist nach wie vor an allen weiteren Bestrebungen zur dauernden Sicherstellung des Friedens eifrig betheiligt; die Politik des Kaisers bleibt in Uebereinstimmung mit den friedlichen Neigungen des Volkes eine friedliche, erhaltende und wird nicht nur mit voller Uneigennützigkeit für Erhaltung des Friedens eintreten, sondern auch die Bürgschaft gleichgesinnter Mächte zu gewinnen und sicherzustellen suchen. Oesterreich-Nngarn. Aus Innsbruck kommt die sonderbare Nachricht, daß die italienische Regierung unser auswärtiges Amt da raus aufmerksam gemacht habe, daß die Italia irredenta einen Putsch gegen Südtyrol plane. Nun, vor den italienischen Freischülern ist man hier nicht sehr besorgt, mehr aber vor der bekannten Doppel züngigkeit des regierenden Italiens. — Die von vielen Seiten be reits als ein t'aii aeuompli gemeldete Verlobung unseres Kronprinzen mit einer sächsischen Prinzessin wird jetzt, und zwar, wie man jetzt annehmen muß, offiziell auf das Bestimmteste dementirt. — Der bisherige russische Botschafter v. Novikow hat das Botschaftspalais noch nicht geräumt, und Hr. v. Oubril lebt daher noch als fahrender Diplomat. Frankreich. Weit taktvoller als in Rußland, werden zur Zeil die Deutichen Angelegenheiten in den ersten Organen Frankreichs diücutirt. Die Französische Presse wird jetzt freilich auch ganz und gar von den inneren Wirren in Anspruch genommen. Am selben Tage, an dem unser Reichstag zusammentrat, am Donnerstag, be gann in der Französischen Deputirtenkammer die Debatte über den Amnestie-Antrag Lollis Blanc's. Sonnabend hat der Referent Perrier seinen Bericht erstattet, der auf Ablehnung lautet. Jin Ausschuß hatte sich der Justizminister Cazot sehr entschieden gegen die General- Amnestie erklärt: „Die Regierung" — sagte er — „verwirft den Antrag Louis Blanc und hat ihrerseits bisher über die Amuestie- fragen Schweichen beobachtet, weil sie nach den Beschlüssen des Par laments vor einer res juckivata zu stehen glaubt, auf die man zu- rückzukommen keinen Grund habe. Nach der Durchführung des Ge setzes vom März vorigen Jahres gebe es gar keine Amnestiefrage mehr. Nur müsse die Regierung sich vorbehalten, von dem Be gnadigungsrechte auch ferner nach ihrem Gutdünken Gebrauch zu zu machen." Es wird an leidenschaftlich erregten, stürmischen De batten nicht fehlen — schließlich wird aber der Amnestie-Antrag ab gelehnt werden. Italien. Aus Nom kommen allerlei Alarm-Nachrichten, die nichts mehr und nichts weniger besagen, als daß die junge, schölle, anmuthige Königin Marguerita von Italien, der Liebling ihres Volkes, die glückliche Mutter, — geistesgestört sei. Und die Ge rüchte treten nicht einmal völlig bestimmt auf; man weiß nicht, ob es sich um eine momentane Geistesgestörtheit, ob es sich um eine wirkliche ernste Geisteskrankheit handelt. Hoffen wir, das das De menti diesen Gerüchten auf dem Fuße folgen wird; vorläufig aber finden sich dieselben in italienischen Blättern, wie in Telegrammen Römischer Correspondenten einzelner ausländischer Blätter wiederge geben. Ein römisches Blatt hat die Nachricht zwar dementirt, aber in Roni selbst circuliren allerlei dumpfe Gerüchte, welche behaupten, die Königin Marguerita leide ani Verfolgungswahnsinn und trotz aller Versuche, ihren Zustand geheim zu kalten, sei es authentisch, daß sie fortdauernd fürchte, vergiftet oder sonst ermordet zu werden. Angeblich soll die Königin Marguerita'das Opfer der Furcht vor jenen Attentaten sein, die Europa in letzter Zeit leider so häufig in Schrecken zu setzen pflegten, und bei deren einein ste selbst, im Wagen neben ihrem Gatten sitzend, auf den der Mordstrahl gezückt war, eine Rolle spielte. Die Königin hat bereits Momente völliger Geistesstörung und neulich beim Souper hat sie den Hofdamen Suppe ins Gesicht gespritzt mit der Versicherung, es sei Weihwasser. Bei der großen Beliebtheit der Königin ist die Theilnahme eine allgemeine. Rußland. Petersburg, 11. Februar. Der „Regierungs bote" meldet: Nachts vom 7. zum 8. Februar fand die Polizei bei Haussuchung auf Wassilis Ostrow eine Druckpresse, viele Exemplare revolutionairer Zeitungen, mehrere'Pud Druckschriften, Blankets zu Püffen, gefälschte Püffe, drei Revolver, wovon zwei geladen; die in der Wohnung befindlichen Personen wurden verhaftet. Türkei. Die Nothlage in Konstantinopel hat, wie dem „Pest. Lloyd" gemeldet wird, schreckliche Dimensionen erreicht. Unter An- - derin werden folgende Fälle hervorgehoben: Viele Officiere haben sich, da die Negierung mit der Gage im Rückstände ist und erst im December einen Theil der bis Juli 1879 fällig gewordenen Löhne bezahlt hat, veranlaßt gefunden, aus der Armee auszuscheiden und ihr Brod durch andere Beschäftigung zu suchen. Einige dieser Offi ciere sind sogar als Lastträger in den Straßen beschäftigt. Nicht besser ergeht es der Municipalität, welche nicht einmal den Ver pflichtungen der dortigen Gasgesellschaft gegenüber nachkommen konnte, so daß dieselbe der Stadt das Gas entzog und die Straßen einige Abende hindurch mit Petroleum beleuchtet werden mußten. Als Be weis für die Noth, welche in der Bevölkerung herrscht, wird >die Thatsacbe hcrvorgchobcn, daß Mohamedaner sich nicht scheuten, die sonst heilig gehaltenen Tauben, welche die Moschee Bajazid um flatterten lind bisher den Türken unverletzbar waren, herabzuschießen und zur Stillung des Hungers zu verwenden. Neber die letzte That- sacke speciell herrscht in Konstantinopel allgemeine außerordentliche Aufregung. Lokales und Sächsisches. Dresden, 11 Februar. Die zweite Kammer bewilligte einstim mig die norinalspurige Bahn Schivarzenberg-Johanngeorgenstadt und die schmalspurige Bahn Wilkau-Kirchberg-Saupersdorf. Im Dorfe Lockwitz ist nach einer Mittheilung der „Dr. Nachr." in der Nacht vom Dienstag zur Mittwoch eine bejahrte Mehlhändlers- wittwe ermordet und um zwei erbländifche ritterschaftliche Kreditbriefe ä 75 M. nebst Coupons und Talons beraubt worden. Als der That dringend verdächtig wurde der Enkel der Ermordeten, der 22jährige Kellner und Handarbeiter Mathe von Dresden, verfolgt und gestern im nahen Löbtau verhaftet und soll bereits geständig sein, seine Groß mutter durch Drücken in ein Kopfkissen erstickt zu haben. — In demselben Orte ist vor einigen Tagen im Postamt durch Diebe ein- gebrocheu worden. Die Verbrecher haben die Scheibe eines zum Amtslokal führenden Fensters eingedrückt, mittelst eines Centrum bohrers ein Loch in den Fensterladen gebohrt, danach die innere Vorlegstange beseitigt und so Eingang in das Zimmer gefunden. Hier haben die Diebe ein Pult und Schränke erbrochen, Geld aber nicht vorgefunden, da der Postverwalter dasselbe mit in sein Zimmer