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Der Diplom-Gärtnev Der Preußische Minister sür Landwirtschaft, Domänen und Forsten hat durch Erlaß vom 10. Oktober 1930 die Prüfungsbestimmungen sür die Diplomgärtnerprüfung an der Gartenbau-Abteilung der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin bekanntgegeben. Damit ist bis auf weiteres eine Streitfrage durch höchste Stelle entschieden, die noch manche Aussprache auslösen dürste. Es ist bekannt, daß ein wesentlicher Teil des Beruses mit der Prüfungsbezeichnung „Diplom-Gärtner" durchaus nicht einverstanden sein kann. Namentlich die Jünger der Fach richtung Gartengestaltung glauben, daß sich diese Prüsungs- bezeichnung ihrem Fortkommen, ihrem Aufstieg hemmend entgegenstellen wird. Es scheint, als ob die von verschiedenen Seiten, unter anderem auch von unserem Reichsverband erhobenen Einwendungen ungehört verhallt seien. Der Gang der Ereignisse könnte nunmehr jenen Fachleuten recht geben, die bisher besonders sür Gartengestalter in einem anderen Ausbildungsweg und auch in einer anderen Ausbildungsstätte das Heil erblickt haben und wobei eine dem Gartengestalter sicherlich mehr befriedigende Bezeichnung zu erreichen ge wesen wäre. Hier liegt zweifellos die bedauerliche Handhabe dazu, daß ein wesentlicher Teil des Berufes nun erst recht versuchen könnte, seine eigenen Wege zu gehen und durch Aufbau einer dem Berufe genehmeren Einrichtung die mit vielen Mühen erreichte und den ganzen Beruf umfassende Hochschulabteilung unseres Beruses in ihrem Weiterausbau empfindlich zu stören. Die z. Zt. führende Berufsgeneration hat sich gleichfalls verantwortlich zu fragen, ob auch dem Nutzgartcnbauer, sofern er das Gartenbaustudium sür seine Ausbildung erwählt, mit diesem Prüsungstitel gedient ist. Es wird immer anzuerkennen sein, daß versucht wurde, der hohen idealen Auffassung vom Ehrentitel „Gärtner" zum Siege-zu verhelfen. Wir stellen aber wohl mit Recht die Gegenfrage: Was haben Bauer, Maurer, Zimmermann, Brauer, Tierarzt, Schlosser, Zahntechniker im gleichen Falle getan? Wird sich künftig der junge Diplom-Gärtner beider Fachrichtungen gegen seine akademischen Kollegen in der Bauwelt und in der Landwirtschaft mit den wohl besser ge wählten Prüsungstiteln durchsetzen können? Wenn auch der akademische Prüsungstitel nicht in der Lage ist, Mannes werte und berufliches Können zu ersetzen, so wird vor allem der Gartenbaubeamte beider Fachrichtungen nicht das ent behren wollen, was sich andere akademische Kreise mehr oder weniger leicht gesichert haben. Die genaue Kenntnis der Lage im Berufe, soweit es die Gartenbaubeamten be trifft, gibt uns das Recht, auf die sicher zu erwartenden Schwierigkeiten hinzuweisen und darüber die sachliche Aus sprache zu eröffnen. Sofern Mitarbeit an der den ganzen Beruf interessierenden Frage der „Diplomgärtner-Prüsung" not wendig ist, werden nachstehend die Prüfungsbestimmungen veröffentlicht, die wir der Nr. 43/1930 „Die Gartenbau wirtschaft" entnehmen. Es werden zwei Fachrichtungen unterschieden und zwar Gartenbau (Blumen und Pflanzenbau, Obst und Gemüse bau, Baumschulwesen) und Gartengestaltung. Die Zulassungsbedingungen setzen voraus sür die Vor- und Hauptprüfung im allgemeinen: 1. Das Reifezeugnis einer deutschen neunstufigen höheren Lehranstalt oder eine von dem Minister für Landwirt schaft, Domänen und Forsten im Einvernehmen mit dem Minister für Wissenschaft, Kunst und Volks bildung als gleichwertig anerkannte Vorbildung; 2. eine zweijährige Tätigkeit in gärtnerischen Betrieben; 3. die Immatrikulation als Studierender der Landwirt schaftlichen Hochschule in Berlin; 4. den Nachweis, daß sich das Studium auf sämtliche Pflichtfächer erstreckt hat; 5. die Vorlage bestimmter Uebungsergebnisse; 6. die Entrichtung der Prüfungsgebühr; im besonderen sür die Vorprüfung: 7. ein mindestens 1V- jähriges Studium in der gewählten Fachrichtung an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin; 8. den Nachweis einer mindestens zweisemestrigen Teil nahme an Leibesübungen; für die Hauptprüsung: 9. ein Studium von mindestens 6 Halbjahren in der gewählten Fachrichtung an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin; 10. den Nachweis, daß der Bewerber nach Bestehen der Vorprüfung drei weitere Halbjah.e studiert hat. Es sind zwei Jahre praktischer Tätigkeit nachzuweisen, die in anerkannten Lehrbetrieben verbracht sein müssen. Außerdem ist der Nachweis der bestandenen Gehilsenprüsung erforderlich. In besonderen Fällen sind Ausnahmen zu gelassen. Die Aushändigung des Diploms wird jedoch von dem Nachweis 3jähriger praktischer Tätigkeit abhängig ge macht. Es ist also möglich, daß das Studium schon nach Abschluß der Lehrzeit begonnen wird. Nach Vollendung des Studiums muß aber erst ein drittes Jahr praktischer Tätigkeit geleistet werden, bevor das Diplom ausgehändigt wird. Im allgemeinen wird jedoch empfohlen, schon vor Beginn des Studiums drei Jahre praktisch tätig gewesen zu sein und dabei möglichst in verschieden gearteten Be trieben gearbeitet zu haben. Praktische Tätigkeit, die wäh rend der Studienzeit oder während Semesterserien ausgeübt worden ist, wird nicht angerechnet. Von der unter Punkt 10 für die Hauptprüsung genannten besonderen Bestimmung sind Ausnahmen mit Zustimmung des Prüfungsausschusses möglich. Über die Abfassung und Einreichung der Übungs ergebnisse sind besondere Vorschriften ausgearbeitet worden, die im Sekretariat der Landwirtschaftlichen Hochschule ein gesehen werden können. Die Prüsung wird nach dem Ausfall der Übungsergeb nisse, der Diplomarbeit, zweier Klausurarbeiten und der mündlichen Prüsung in Pflicht- und Wahlfächern bewertet und setzt das Bestehen der Vorprüfung voraus. Als Wahl fach kann jedes in der Hochschule vertretene Fach gewählt werden, sosern es nicht Pflichtfach ist.