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Amts Blatt des Königs. Amtsgerichts und des Stadtrathes AbonnementS-PreiS Vierteljährl. 1 Mk. 2ö Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. Als Beiblätter: l JllustrirteS SonntagSblatt (wöchentlich); 2. Landwirtschaftliche Beilage (monatlich). Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Inserat« sind bis Dienstag und Freitag Vorm. S Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor. puSzeile (oder deren Raum) 10 Pennige. KefcHästsstessen: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureaus von Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mosse und G. L. Daube L Comp. Wutsnitz Druck und Verlag von E. L. Für st er's Erben in Pulsnitz. sweiundfün^igstev Jahrgang. Verantwortlicher Redakteur Otto Dorn in PnlSnitz. Mittwoch. Nr. 71. 5 September 1800. ^Konkursverfahren. Ueber bas Vermögen des Schneidermeisters Bruno Anton Löwe in Großröhrsdorf wird heute, am 3. September 1900, nachmittags >/r6 Uhr das Konkurs, verfahren eröffnet. Der Ortsrichter Seidel in Großröhrsdorf wird zum Konkursverwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum 6. Oktober 1900 bei dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Beibehaltung des ernannten oder die Wahl eines anderen Verwalters sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschuffes und ein- tretenden Falles über die in § 132 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände — auf den 24. September 1999, vormittags 10 Uhr, — und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf den 29. Oktober 1909, vormittags 10 Uhr, — vor dem unterzeichneten Gerichte, Termin anberaumt. Allen Personen, die eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird ausgegeben, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auserlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, die für sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in An spruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 23. September 1900 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Pulsnitz. Bekannt gemacht durch den Gerichtsschreiber. Aktuar Hofmann Bekanntmachung. Es wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß der bisherige Rathsassessor Herr Dr. M-. Kaul Johannes Wichael' aus Zittau am 30. August dss. Js. als Bürgermeister für die Stadt Pulsnitz und als Standesbeamter für den Standesamtsbezirk Pulsnitz verpflichtet und in sein Amt eingewiesen wor den ist, sowie daß er sein Amt am 1. September dss. Js. angetreten hat. Pulsnitz, den 4. September 1900. Der Stadtrat h. In Vertretung Richard Borkhardt, Stadtrath. Bekanntmachung, ^ffichtfeuerwehr betv. Sonnabend, den 8. September 1900, nachmittags 6 Uhr, Probe mit den Spritzen 1, 2, 3, 4, 5 und 6. Die Mannschaften werden hiermit beordert, sich mit Binde versehen, an den betreffende» Spritzenhäusern und die Absperrmaunschast und Sanitäter auf dem Bis- marckplatz einzufinden. Uuentschuldigtes Wegbleiben wird mit 1 Mk. bestraft. Als Entschuldigung gilt nur Abwesenheit bom Orte und Krankheit. Pulsnitz, den 3. September 1900. Der Stadtrath. —— vr. Michael, Brgrmstr. - Als Laienftetschbeschauer sind in Pflicht genommen worden: I , der Mühlenbesitzer Aritdrich August Riemer in Ostro für den 4. Schaubezirk (Ostro, Kaschwitz, Säuritz, Neustädtel mit Rittergut und Bocka mit Rittergut), sowie 2., der Masseur Karl Ernst Wilhelm Max Rammer in Ohorn für den 25 Schaubezirk (Ohorn mit Rittergut). Königliche A m t s h a u p t m a u n s ch a f t Kamenz, am 31. August 1900. von Erdmannsdorff. Der „kranke Mann" am Bosporus. Das soeben stattgefuudene 25jährige RegierungSjubläum deS Sultans Abdul Hamid ll. — übrigens das erste Ereig- niß dieser Art im Hause der osmanischen Dynastie — lenkt das Interesse wieder emmal dem verfallenden eigenartigen Staatswesen im Südosten unseres Welttheils zu, vor dessen fanatischen Kriegerschaaren Europa früher mehr als einmal tief erzitterte. Nun, die Zeiten des Türkenschreckens sind längst vorüber, und wenn es heute überhaupt noch einen türkischen Staat giebt, so ist dies im Wesentlichen der gegen- s"tigen Eifersucht zwischen den euroväischen Großmächten, vornehmlich zwischen England und Rußland, zu danken. Und dennoch, trotz allem äußerlichen und innerlichen Verfall, den das einst fast weltgebietende Osmanenreich seit länger als einem Jahrhundert ausweist, und welcher fortschreitende Marasmus ihm den ironisch - verächtlichen Beinamen des „kranken Mannes" in der Völkersamilie Europas eingebracht hat, vermag dieser scheinbar absterbende Staat noch immer eine verhältnißmäßig bedeutende Nolle gegenüber dem Aus lande zu spielen, ja, man kann getrost behaupten, daß sich daS politische Ansehen der Türkei in der letzten Zeit eher wieder gehoben habe. Dies wäre aber bei der thaisächlichen Mißwirthschaft in fast allen Zweigen der türkischen Staats verwaltung, bei der chronisch gewordenen Ebbe im tückischen Finanzsäckel, bei den meist traurigen wirthschastlichen und überhaupt kulturellen Verhältnissen in der Türkei wohl schwer lich möglich, wenn dieselbe nicht selbst im Vergleich zu den eigentlichen Militärmächten Europas eine noch recht beachtens- werthe militärische Größe darstellte. Gerade der letzte große Arie- nach außen, den die Pforte führen mußte, der mit Rußland 1877/78, hat ungeachtet seines unglücklichen Aus ganges für vie türkischen Waffen gezeigt, daß die hervor ragenden kriegerischen Eigenschaften im Osmanenvolke, die cs jahrhundertelang in zahllosen Feldzügen bekundet hat, noch keineswegs erstorben sind, daß wenigstens die militärische Lebensfähigkeit des zerrütteten türkischen Staates noch immer eine überraschende ist. Seitdem jedoch ist daselbst noch eifrig an der Reorganisation, Verstärkung und Vervollkomm nung des Heeres, angespornt durch das Beispiel des übrigen Europas, gearbeitet worden, so daß gegenwärtig das türkische Heer einen immerhin achtunggebietenden Faktor darstellt, und es müßte sich heute jede Gioßmacht einen etwaigen Plan, die Türkei mit Krieg zu überziehen, reiflichst überlegen, selbst ganz abgesehen von den hierbei ins Spiel kommenden poli tischen Erwägungen. Diese militärische Bedeutung der Türkei ist aber auch fast der alleinige Umstand, Dank welchem letztere ihre Stel lung als eine Macht zweiten Ranges im Nathe der Nationen Europas noch einigermaßen zu behaupten vermag und der die Tückei in einem etwaigen künftigen großen europäischen Kriege sogar als recht bündnißfähig erscheinen läßt. Im Uebrigen leidet der Osmanenstaat heute derartig noch immer unter den Folgen einer jahrhundertlangen tieseingefreffenen Mißwirthschaft, daß die Frage, ob cs ihm jemals gelingen wird, sich aus den Standpunkt der meisten übrigen europäischen Länder in geistiger wie wirthschastlicher Beziehung emporzu schwingen, wohl kaum bejaht werden kann. Gewiß haben die von einsichtsvollen türkischen Staatsmännern, wie z. B. von dem bckanntcn Midhat Pascha, begonnenen ernstlichen Neformbestrebungen auf diesem und jenem Gebiete manche nicht zu unterschätzende Frucht gezeitigt, und vor Allem muß anerkannt werden, daß das oSmanische Reich gerade seinem gegenwärtigen Herrscher Abdul Hamid, dem eine nicht ge wöhnliche Begabung, Klugheit, Umsicht und persönliche Energie zu eigen sind, verschiedene Fortschritte und eine beginnende gewisse innere Festigung verdankt. Aber ob man an diese Erscheinung größere Hoffnungen knüpfen darf, daS muß min destens noch sehr dahingestellt bleiben, die Grundübel, an denen die Türkei seit jeher krankte, elende Staatsfinanzen, ein verloddertes Beamtenthum und die Indolenz der Bevöl kerung im Allgemeinen, hat selbst die Regierung eines un zweifelhaft erleuchteten und weisen Monarchen, wie des jetzigen Sultans, nicht zu beseitigen vermocht. Nur wenn auch die nächsten Nachfolger Abdul Hamid's in dessen Geiste auftreten und sich ferner mit entschlossenen und reformfreundlichen Be- rathern zu umgeben vermögen, könnte es vielleicht doch noch geling-», daS türkische Reich auf die Bahn eines wirklichen, beständigen und gedeihlichen culturellen und wirthschastlichen, sittlichen und politischen Fortschrittes zu leiten. Einstweilen muß aber noch wie vor mit der näherliegenden Möglichkeit gerechnet werden, daß der anscheinende weitere Verfall der Türkei durch die Regierung eines klugen und einsichtvollen Herrschers gleich Abdul Hamid wohl für eine Zeit lang auf gehalten und abgeschwächt, indessen nicht sür immer verhin dert werden kann, daß sich vielmehr eines Tages die politische Liquidation dieses Staatswesens endlich nöthig machen wird. Der Zeitpunkt, wann dies mögliche Ereigniß etwa rintreten wud, ist freilich noch ganz unberechenbar, jedenfalls liegt eS aber angesichts der militärischen Widerstandskraft der Türkei noch in unbestimmter Ferne.