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für Pulsnitz, Königsbrück, Nadrßcrg, Radrburg, Moritzburg und Umgegend. Erscheint: Mittwoch« und Sonnabends. Abonnementspreis: ^i»schli«ßlich d-s jeder Sonilabend-Nummer ^beiNeaenden SonntagSblattes) Vierteljährlich I Mk. SS Pfg. Inserate werden mit 10 Pfennigen für den Raum emer gespaltenen CorpuS- -"le berechnet u. sind bis spätestens Dienstags und Freitags Vormittags b Uhr hier aufzugeben. Amtsblatt der Königlichen Gerichtsbehörden und der städtischen Behörden zu Auksnih und Königsbrück. Dreiun-dreitzigster Jahrgang. Buchdruckerei von Ernst Ludwig Förster in Pulsnitz. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Paul Weber in Pulsnitz. Geschäftsstellen Königsbrück: bei Herrn Kaufm. M. Tschersich. Dresden: Annoncen-Bureaus Haasen st ein L Vogler u. Jnvalidendank. Leipzig: Rudolph Mosse. Auswärtige Annoncen-Aufträge von uns unbekannten Firmen und Personen nehmen wir nur gegen Pränumerando-Zahlung durch Briefmarken oder Posteinzahlung auf. Anonyme Annoncen, oder solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls ausgenommen, mag der Betrag beiliegen oder nicht. ^XPkäitivN ÜKS Amtsblattes. Sonnabend. 41. 21. Mai 1881. Bekanntmachung, die Verunreinigung der Straßen und Plätze betreffend. Die Verunreinigung der Straßen und Plätze insbesondere in der Nähe des Schützenhauses und des Kirchhofes wird hiermit auf Grund Z 360,n und 366,des Reichsstrasgesetzbuchs bei Vermeidung einer Geldstrafe bis zu 150 Mark —- oder entsprechender Haft auf das Nachdrücklichste mit dem Bemerken" verboten, daß, wer die öffentliche Sittlichkeit in schamloser Weise verletzt, überdies seine sofortige Verhaftung zu gewärtigen hat. Pulsnitz, am 19. Mai 1881. Der Stadtrat h. Schubert. Die Polizeibehörde daselbst. Heinze. Es hat sich die Füglichkeit geboten, die Bedürfnisse für die Schule durch fünf und für die Kirche durch eine Anlage zu decken und wird dies unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung vom 10. März c., nach welcher eine ^/zfache Kirchen- bez. Schulanlage gefordert wurde, mit dem Bemerken veröffentlicht, daß, nachdem 1 Kirchen- und 1 Schulanlage bereits eingehoben worden sind, die übrigen 4 Anlagen den 1. Juli, 1. August, 1. September und 1. October c. fällig sind. Königsbrück, am 18. Mai 1881. Der Stadtrat. Heinze. Nach § 360,,, des Neichsstrafgesetzbuches wird mit Geldstrak- bis zu 150 —- oder mit Haft bestraft: wer ungebührlicher Weife r»»hLstörenden Lärm erregt oder wer grobe« Unfug verübt. Da in neuerer Zeit sowohl vor als auch nach 10 Uhr nachts auf den Plätzen, Straßen uid Gassen der Stadt die nächtliche Ruhe durch Schreien, Singen, Lärmen re. gestört, dies insbesondere von jungen Leuten beiderlei Geschlechts bei Gflezenhest von Spaziergängen innerhalb der Stadt und bei der Heimkehr von Tanzver gnügungen verübt worden ist, so wird hiervor unter Verweisung auf die obige strafgesetzliche Bestimmung zu Vermeidung von nunmehr unnachsichtlich eintretenden Be strafungen gewarnt. Königsbrück, den 18. Mai 1881. Außtands Werkängniß. Die Geschicke der Staaten erfüllen sich genau wie diejenigen der Menschen, nach rechtlichem Thun und Schaffen wird dem Einen ein ruhiges Glück zu Theil, nach langjährigen Verirrungen und groben Unterlassungen gerathen die Anderen schließlich in Unglück und Elend und kein nachträgliches oder vorübergehendes Einlenken in ein besseres Thun kann sie dem verschuldeten Verhäng nis entreißen. Dies letztere, traurige Beispiel bietet Ruß land dar, wegen dessen politischer Weiterentwickelung je dem Menschenfreunde in Folge der jüngsten politischen Begebenheiten in Petersburg bange werden muß. War man in Westeuropa und in den aufrichtigen Reformen ^geneigten Kreisen Rußlands schon durch das letzte Manifest des Zaren Alexander III., worin der Zar den Glauben an seine unanfechtbare selbstherrliche Gewalt erhalten wissen will, unangenehm überrascht, weil dadurch die Beibehaltung des alten zerrütteten Regierungssystems in Rußland dokumentirt wurde, so hegte man doch die Hoffnung, daß Alexander III. mit Hülfe einiger klar sehender Rathgeber mehrere als dringend nothwendig er kannte Reformen im russischen Staatswesen durchführen werde. Aber auch diese Hoffnung ist nun geschwunden, denn Graf Loris Melikoff, der schätzenswertheste Rath geber des Zaren, und mit ihm drei andere Vertreter seiner Reformen, der Minister des Auswärtigen, Giers, der Kriegsminister Miljutin und der Unterrichtsminister Nikolai, reichten ihre Entlassung ein, die ihnen auch vom Eser gewährt wurde. Die Ursachen des Rücktritts dieser Minister sind einestheils in Maßnahmen zu suchen, welche der Kaiser, ohne den Rath Melikoff's und seiner Anhänger zu hpren, traf, anderntheils in dem Umstande, daß der Zar einige reformatorische Zugeständnisse, unter Anderen die Ermäßigung der Ablösungsgelder der Bauern, wieder Mückgenommen hat. So sind denn die Staats männer, welche auf dem Wege allmählig fortschreitender Reformen das russische Reich vor großem Unheil be wahren wollten, aus dem Rathe des Zaren verdrängt worden und eme Clique, dem altrussischen Despotismus und drm Panslawismus huldigender, Staatsmänner hat die Leitung Rußlands übernommen, der seit dem russisch- türkischen Kriege berüchtigte Jgnatieff, der Vater aller damaligen russischen Jntriguen, ist der Nachfolger des aufrichtigen und geradsinntgen Loris Melikoff geworden und in die übrigen Mtnisterportefeuilles werden sich die Panslawisten Tschernajeff, Aksakoff und Katkoff wahr scheinlich theilen. Dieser Ministerwechsel bedeutet in Rußland eine verhängnißvolle Wendung der Dinge und ist selbst für das Ausland nicht ohne Gefahren, denn von Panslawisten und intriguanten Despoten ist unter Umständen das Schlimmste zu fürchten. Niemand hat Ursache, die neuen politischen Lenker Rußlands für etwas anderes zu nehmen als sich diese Männer durch ihre bisherigen Pläne und Thaten selbst gekennzeichnet haben und da kann man nur sagen, daß sie alle als Feinve der europäischen Cultur aufge treten sind und in der altrussischen Despotie, die sie zu einer dominirenden Weltmacht erheben wollen, ihr Ideal erblicken. Leider kann man auch durchaus nicht der Hoffnung Raum geben, daß das persönliche Wohlwollen des Zaren Alexander die Ausschreitungen der Moskauer Altrussen und Panslawisten verhindern werde, denn erstens scheint der Zar selbst ganz und gar in die Netze dieser auf den extremen russischen Patriotismus pochenden Partei gerathen zu sein, und zweitens sind auch alle Kenner der russischen Verhältnisse, darunter auch einige hervorragende deutsche Staatsmänner und Generäle, der Meinung, daß die autokratische Regierung in Rußland nicht mehr gerecht ausgeübt werden kann, weil nach lässige Beamte in den oberen und untreue Staatsdiener in den unteren Regionen die guten Absichten des Zaren nicht zur Ausführung bringen. Die neue Staatskunst in Rußland, wie sie von Jgnatieff und dessen Genossen verstanden wird, bedeutet die Ablehnung aller billigen und zeitgemäßen Reformen im russischen Reiche und wird der nihilistischen Umsturzpartei neues Wasser in die von dieser bereitete volitische Sturmfluth liefern. TagesgeschichLe. Wien, 18. Mai. Aus Rußland kommende verläß liche Bericht; bezeichnen die Judenhetze als ungemein ernste Anqelegenbcit, weil dieselben lediglich die Vorspiele zu weit größeren Unruhen politisch-kommunistischer Natur bilden. Ueoerall tauchen Emissäre auf, welche mit dem bäuerlichen Element nichts gemein haben. Unter den Emissären sind angeblich auch deutsche Sozialisten (?). Die Polen nehmen eine entschieden abwehrende Haltung gegen die Umgebe an. In fämmtlichen Warschauer Kirchen wurde gestern ein Aufruf des Erzbischofs Solkie- wicz verlesen, worin die Gläubigen aufgefordert wurden, die Ruhe zu bewahren und die Juden zu beschützen. Auch die polnischen Blätter verdammen die Judenhetzen. Die Straßen Warschaus durchstreifen Tag und Nacht Patrouillen. Viele Verhaftungen haben stattgefunden. Konstantinopel, 17. Mai. Amtlichen Mittheilungen zufolge hat die über die Ermordung des Sultans Abdul Aziz' geführte Untersuchung die Theilnahme Midhat Paschas an dem Verbrechen herausgestellt. Midhat Pascha hat sich in das französische Konsulat in Smyrna ge flüchtet, wo er nach den Ermittelungen der Polizei sich auch jetzt noch befinden soll. Midhat Pascha ist seines Postens als Gouverneur von Smyrna entsetzt worden, zu seinem Nachfolger ist Ali Pascha ernannt. Eine Gerichtskommission begiebt sich mittelst Dampfers nach Smyrna, um Midhat Pascha (den früheren Großvezier unter Sultan Murad) einem Verhör zu unterziehen. Konstantinopel, 17. Mai. In dem Rundschreiben, welches die Pforte am 16. d. in der tunesischen Ange legenheit an ihre Vertreter im Auslande gerichtet hat, erklärt sie den zwischen Frankreich und dem Bey von Tunis abgeschlossenen Vertrag für null und nichtig, da er unter außerordentlichen Bedingungen und im Wider spruche mit den Rechten des Sultans abgeschlossen wor den sei. Weder der Bey von Tunis noch die Tunesen, welche ottomanische Unterthanen sind, seien verpflichtet, sich diesem Vertrage zu unterwerfen. — In der bereits signalifirten Depesche Said Paschas vom 17. d. an den Bey von Tunis heißt es: „In Folge Ihrer Depesche betreffend die erzwungene Unterschrift unter dem Ihnen von Frankreich aufgenöthigten Protektoratsvertrag hat die Regierung der Pforte offiziell energisch gegen den Vertrag protestirt; die Souzeränitätsrechte der Pforte auf Tunis werden gewahrt. Ich erkläre im Namen der Pforte, daß der besagte Vertrag für null und nichtig angesehen werden soll. — Neuesten Mittheihlngen zufolge hat der französische Botschafter ihm von der französischen Regierung zugegangenen Instructionen den französischen Konsul in Smyrna angewiesen, Midhat Pascha das Asylrecht zu verweigern und demselben zu bedeuten, daß er das Konsulat verlassen solle. Die anderen von Midhat Pascha um Schutz angegangenen Regierungen haben ihren Konsuln gleiche Weisungen ertheill. Midhat Pascha hat sich gestern Abend den türkischen Behörden gestellt, unter der Bedingung eines gerechten Urtheil- sprucheS. (B. T.)