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der Dreiunddreitzigster Jahrgang 3«. April 1881 Sonnabend Freigeister und Fanatiker Alles ausrichten. Amtsblatt der Königlichen Gerichtsbehörden und städtischen Behörden zu Futsnih und Königsbrück. Die Volksbildung in Rußland. Ao weit wir Kunde von der menschlichen Cultur- arbeit besitzen, haben wir erfahren, daß der wahre ^erth der Individuen und Völker stets nur auf ihrer Herzens- und Geistesbildung beruhte und daß nur dann hochgebildete Nationen von rohen, aber unverdorbenen Culturvölkern besiegt und verdrängt werden konnten, wenn jene bereits innerlich entartet und nur noch ein Schatten ihrer einstigen Tugenden waren. Die Herzens- und Geistesbildung eines Volkes ist aber auch der Hebel und Gradmesser bei allen Fortschritten, welche dieses Volk in politischer, socialer und wirthschastlicher Bezieh ung Macht und alles Unglück, alles Elend, alle Schatten seiten, welche wir im Leben eines Volkes erblicken, sind daher wiederum auf die ungenügende oder große Lüaen aufweiseude Volksbildung zurückzuführen. Einen neuen Beweis für diesen wichtigen Grundsatz erblicken wir in Rußland, wo die Volksbildung ein widerspruchsvolles iemisch von Viel- und Alleswisserei in den besinn .olksklasien und von unverstandenen Wissen und Stupidität in den unteren Volksschichten repräse-'tirt. Die gebildeten Russen, vielleicht der fünfzigste Theil ihre: Nation, haben in großen Quantitäten die westeuropäische Bildung ausgenommen, aber dieselbe äußert sich bei ihnen nur als Cullurfirniß, sie ist ihnen selten bis zum Herzen gedrungen, wo der russische Halbbarbar noch dominirt und sich von den üblen Eigenschasten seiner Raffe, der Oberflächlichkeit, dem Fanatismus, dem raschen Urtheil vorwiegend beeinflussen läßt. Diesem von der europäischen Cultur beleckten Bruchtheil der russischen Nation stehen nun wenigstens 75 Millionen stupide, erst vor zwei Jahrzehnten aus der Leibeigenschaft befreite Bauern gegenüber, welche noch vollständig unter der Demoralisation leiden, die eine tausendjährige Sklaverei bei ihrem Geschlechte erzeugen muhte. Denn durch die einfache Aushebung der Leibeigenschaft war für die be- Jugend die Schule besucht, denn in Deutschland, wo der Schulbesuch obligatorisch ist, kommen auf 1000 Ein wohner 150 Schuler, in Rußland aber nur 13. Jetzt giebt Rußland allerdings 15 Millionen Rubel jährlich für die Schule aus, aber dies ist eine winzige Summe, wenn man die erziehungsbedürflige Jugend in Rußland auf 20 Millionen Köpfe schätzt. Die 15 Millionen Rubel kommen ja auch keineswegs den russischen Volks schulen nur zu Gute, den Löwenantheil empfangen die Universitäten und höheren Schulen. Jedenfalls geben uns diese Schilderungen einen sehr düsteren Begriff über den Zustand der russischen Volksbildung und wir fangen an zu begreifen, warum in diesem Lande der Nihilismus, Buchdruckerei von Ernst Ludwig Förster in Pulsnitz. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Paul Weber in Pulsnitz. Der Stadtrat. Heinze. Erscheint: Mittwoch» und Sonnabend«. AbonnemcntspreiS: tekschli-Mch dt« j-»r Som.°bend.Nummkr benieaenken SonntaqSblattes) Vierteljährlich 1 Mk. 25 Pfg. Inserate werden mit 10 Pfennigen für den Naum einer gespaltenen Corpus- zeile berechnet u. sind bis spätestens Dienstags und Freitags Vormittags « Uhr hier aufzugeben. Bei Gelegenheit des am 4. dieses Monats hier abgehaltenen Viebmarktes ist aus einem Stalle des Gasthauses zum HerrnhauS eine dem Rittergutsbesitzer Bomann in Hennersdorf gehörige gelbe Decke im Werthe von 18 Mark —- mit rothem Tuch eingefaßt, am Rande mit 2 rothen und 2 blauen Streifen versehen und auf beiden Seiten mit den Buchstaben R L gezeichnet, spurios entwendet worden. Solches wird zur Ermittelung des Thäters und Wiedererlangung des Gestohlenen bekannt gemacht. PulSnitz. am 26. April 1881. DerKöniglicheAmtsanwalt. Wiegand. Tagesgeschichte. Parts, 26. April. Das französische Kriegsschiff „Surveillante" hat gestern das Fort auf der Insel Tabarka bombardirt und zerstört. Die Besatzung des Forts hat, wie dem „TempS" gemeldet wird, nicht den geringsten Widerstand geleistet und mit keinem Schufst geantwortet. Die Operationen haben in Tunis, wie dasselbe Blatt meldet, in vollem Umfange begonnen. Vier französische Kolonnen rücken vor. Die erste ist die des Generals Logerot, der heute vermuthlich bereits die heilige Stadt Kes eingeschloffen hat. Er wird dort ein Okkupationskorps zurücklassen. Das Ziel dieser Kolonne ist das Thal Medjerda. D e zweite Kolonne brach unter dem Befehl des Generals Forgemol von Soukarrhas aus auf und drang direkt in das Thal Medjerda ein. Sie soll zunächst die Stadt Beja besetzen. Die dritte von General Deleberque befehligte Kolonne soll die khrumirs in der Front an der fränzösisch. t inesischen Grenze angreifen Das vierte Korps muß heute nach den getroffenen Dispositionen auf Tabarka gelandet sein und wird mit den drei anderen Kolonnen gemeinsam operiren. — Wie ein offiziöses Telegramm aus La Calle meldet, ist die Insel Tabarka gestern Vormittag von den französischen Truppen besetzt worden; die Tunesen halten die Insel bereits verlassen. Aus Algier eingegangene Nachrichten bestätigen, daß, in Folge der Aufreizung des Marabuts Ben Amana, der französische Lieutenant Wcindermer vom arabischen Bureau in Geiyville mit 4 Spahis ermordet und daß zu derselben Zeit auch der Führer der Post von Saiida nach Geryoille Geschäftsstellen str Königsbrück: bei Herrn Kaufm. M. Tschersich. Dresden: Annoncen-Bureaus Haasenstein L Vogler u. Jnvalidendank. Leipzig: Rudolph Mosse. In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Fabrikanten August Wilhelm Bader in Dresden, alleinigen Inhabers des in Pulsnitz unter der Firma: Mlhelm Bader bestehenden Hauptgeschäfts und der in Dresden unter derselben Firma bestehenden Zweigniederlassung, ist, unter der Voraussetzung, daß der den Zwangs- vMNch bestätigende Beschluß vom 25. April 1881 rechtskrältiq wird, zur Abnabme der Schlußrechnung des Verwalters Termin auf den LI. Mai 1881, Vormittags 12V2 Uhr, , dem Königlichen Amtsgerichte hierselbst, Landhausstraße 12, I., Zimmer 2, bestimmt worden. Dresden, den 26. April 1881. / > Raumann, stellv. Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts Ib. von unbekannten Firmen und Personen nehmen wir nur gegen Pränumerando-Zahlung durch Briefmarken oder Posteinzahlung auf. Anonyme Annoncen, oder solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls ausgenommen, mag der Betrag beiliegen oder nicht. LxpSliilivN ckk8 ^Mt8bMttk8. Von dem unterzeichneten Königlichen Amtsgerichte soll Sen I» Mai R88L das dem früheren Töpfermeister Karl Heinrich Reichardt hier, dermalen in Pulsnitz, zugehörige Haus- und Töpferei-Grundstück, Nr. 50 des Katasters und Folium 110 des Grund- und Hvpothekenbuchs für Königsbrück, welches Grundstück am heutiaen Tage ohne Berücksichtigung der Oblasten auf / , -r . 8460 Mark / / gewürdert worden ist, notwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch Mannt«Amacht wird. Königsbrück, am 26. Februar 1881. König l. Amtsgerichtdaselb st. i. v.: Carl Sommerlatte, Aff. Feine, Res. Nachdem die Einschätzung des steuerpflichtigen Einkommens in hiesiger Stadt beendet und das Ergebnis den Beteiligten bekannt gegeben worden ist, so werden jp Gemäßheit der Bestimmungen in ß 46 des Einkommensteuergesetzes vom 2. Juli 1878 alle Personen, welche am hiesigen Orte ihre Beitragspflicht zu erfüllen haben, »eiien aber, nach dem oben angezogenen Gesetzparagraph die Zufertigung nicht hat behändigt werden können, hiermit aufgesordert, wegen Mitteilung des Sinschätzungser- zebniffes sich bei der hiesigen Stadtsteuer-Einnahme zu melden. Königsbrück, den 28. April 1881. , dauernswerthe russische Landbevölkerung doch noch gar! die Verneinung der bestehenden Ordnung, so furchtbare nichts gethan. Früher als Leibeigene veaitirten diese! Blüthen treiben konnte, denn bei einem Volke, daS seiner armen Menschen nur, sie arbeiteten, weil sie die Knute Mehrheit nach aus stupiden Köpfen besteht, können ihres Herrn fürchteten, und aßen und tranken, was, - ...» - - 'V, ihnen ihr Herr gewährte, in die Schule waren die Lew- eigenen nie gegangen oder nur zufällig dieser oder jener. Hatte doch ganz Rußland im Jahre 1856, wo dre Leib eigenschaft aufgehoben wurde, bei ""br als 70 Millionen Einwohnern nur 8200 Schulen Mit 450,000 Schillern, es kam also e i n Schulbesucher auf circa 160 Ein wohner. Als die Leibeigenschaft aufgehoben war, sollen l?) die russischen Bauern 8000 Schulen auf ihre Kosten errichtet haben, denn die Regierung zahlte für die Schuten nur jährlich 2-—3 Millionen Rubel Zuschuß. Was für Schulen mögen wes nun wohl gewesen sein, welche sich die armen rusnscyen Bauern, die bereits von Abgaben schwer bedrückt find, auf ihre Kosten anschafften. Im Jahre 1875 kamen in Rußland auf circa 1000 Em- wohncr 13 Schüler, gegen das Jahr 1856 hatte sich also die Schülerzahl verdoppelt, aber immerhin ist diese Zahl eine erfcbreckuch niedrige, wenn man die coloffale Einwohnerzahl Rußlands noch dagegen hält und muß man im Hinblick auf diese Schülerzahl behaupten, daß in Rußland kaum der zehnte Theil der auswachsenden MackeMM für Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend