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U'ockriiblatt für Pulsnitz, Königsbrück, RaSeberg, Raveburg, Moritzburg und Umgegend. Erscheint: Mittwoch« und «onnadend« früh 8 Uhr. Abonnementspreis: Vierteljährlich 1t Mark. Anserate werden mit 10 Pfennigen für den Reum einer gespaltenen LorpuS- Zeile berechnet u. sind bis spätestens Dienstag» und Freitags Vormittags » Ahr hier auf,»geben. Amtsblatt der Königlichen Gerichtsbehörden und der städtischen Behörden zu Pulsnitz und Königsbrück. Dreißigster Jahrgang. » Buchdruckerei von «rnft Ludwig Körper in PulSnitz. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Paul Weber in PulSnitz. GeschäftSfleUen für Königsbrück: bei Herrn Kaufmann M. Tschersich. Dresden: Annoncen- Bureau'S Haasenstein L Vogler, Jn- validendank, W. Saalbach. Leipzig Rudolph Mosse, Haasenstein L Vsgler. Berlin: Lentralannoncenbureau für sämmtliche deutsche Zeitunzen von uns unbekannten Firmen und Personen nehmen wir nur ^egen Pränumerando-Zahlung durch Briefmarken oder Posteinzahlung auf. Anonyme Annoncen, oder solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls ausgenommen, mag der Betrag beiliegen oder nicht. LxpvÄ Mittwoch. 79. 3. October 1878. - — "" Bekannt machun g. Montag, den 7. October dieses Jahres, Vormittag^L Mr, öffe«t!iche Sitzung -es Bezirksausschusses. Die Tagesordnung ist aus dem im amtshauptmannschaftlichen Gebäude befindlichen Anschläge zu ersehen. Kamenz, am 24. Seprember 1878. Königliche Amtshauptmannschaft. Schäffer. Gelegentlich des am 26. September d. I. hier abgehaltenm Krammarktes sind ein schwarzer Regenschirm, sowie mittelst Taschendiebstahls ein Portemonnaies mit . einem Inhalt von 20 —-, eins dergl. mit 6 —-, eins dergl. mit 8 —-, eins dergl. mit 6 —-, gestohlen worden. Verdacht die Taschendiebstähle verübt zu haben, fällt auf eine Frauensperson von langer Figur, ca. 40 Jahre alt, mit dunkelgraucm Regenmantel und Kopfhülle bekleidet, die sich in auffälliger Weise auf dem Markt umhergetrieben hat. Behufs Ermittelung der Letzteren und Wiedererlangung der Diebstahlsobjecte wird dies hiermit bekannt gemacht. , Pulsnitz, am 27. September 1878. ' ' Der Stadtrat h. ' Schubert, Brgrmstr. Bekanntmachung. Nächsten / Freitag, den 4. October a. c., von Vormittags 10 Uhr an, wird der an der Ohorner Chaussee gelegene Communteich gefischt, und sollen die dabei gewonnenen Karpfen gegen Baarzahlung sofort zum Verkauf gebracht werden. Pulsnitz, am 30. September 1878. Der Stadtrat h. Schubert, Brgrmstr. Die Steuern auf Sie 2. Hölftc des Jahres 1878 sind, excl. der erst am 1. November c. fälligen Einkommensteuer, in Bezugnahme auf die am 1. April a. c. erlassene Bekanntmachung, die Staatssteuertermine betreffend nunmehr und zwar sowohl die fälligen Staatssteuern, als auch Commun- und 2 Schulanlagen an die Stadtsteuer-Einnahme, Vormittags von 8 di» 12 Uhr binnen 3 Wochen abzuführen. Pulsnitz, am 24. September 1878. ' v Der Stadtrat h. Schubert, Brgmstr. Die türkischen Reformen. Bekanntlich hat der Sultan Abdul Hamid bereits seit längerer Zeit „im Prinzip" diejenigen Reformen acceptirt, welche ihm die englische Regierung für die Verwaltung des ottömanischen Reiches in Vorschlag ge bracht hat. Trotz dieser Anerkennung des Prinzips er fährt man aber nicht, welche Reformen denn nun eigentlich wirklich in Aussicht genommen sind. Ist der Sultan etwa gewillt, solch eine Organisation einzurichten, daß das Brigantenthum mindestens so weit unterdrückt wird, wie in den schlimmsten Theilen Italiens der Fall, daß die Korruption, welche in amtlichen Sphären an der Tagesordnung ist, im Falle der Entdeckung gehörig ab gestraft wird, daß alle ottomanischen Unterthancn, welches immer ihr Glaube sein mag, gleiche Rechte und Privi legien genießen, daß die Gerichtshöfe nicht länger die Orte sind, wo die Verdikte ge- und verkauft werden, daß die Polizei nicht durch die ehrlichen Leute mehr ge fürchtet zu werden braucht, als durch die Schurken, und endlich, daß kein schwachmüthiger Sultan das willenlose Werkzeug gewissenloser Günstlinge zu sein braucht? Man kann sich vorstellen, daß etwa nach den angc- deuteten Richtungen hm das Neformprogramm sich zu bewegen haben wird. Die Frage bleibt aber die, ob Abdul Hamid der Mann dazu ist, der Reorganisator feines Vaterlandes zu sein. I» Rußland, zur Zeit Peters des Großen, war das Volk ebenso fanatisch und bar barisch, wie heut zu Tage das der Türkei, es fühlte im gleichen Maße das Bedürfniß einer Erleichterung seiner Lage und eine unbestimmte Sehnsucht, das Vaterland emporzubringen. Als jedoch Peter Reformen emführte und durchzuführen bestrebt war, was ihm zur Hebung des Landes geeignet erschien, wurde er als ein gefähr licher Ketzer oder noch Schlimmeres angesehen. Aber der Zaar war ein Mann von eisernem Willen und in diesem Fall einmal erwies sich das Regime von Nutzen und hob das russische Reich und das russische Volk eine Stufe höher auf der Leiter der Civilisation. Abdul Hamid ist aber leider keine solche energische Individualität, wie der kaiserliche Schiffszimmerer, er ist ein schwachmüthiger Mann, den jeder Windstoß in Schrecken setzt, und wie alle Leute solchen schwächlichen Charakters mit nervöser Aengstlichkeit für die Bewahr ung seiner Würde, seiner Prärogative, seiner kaiserlichen Rechte erfüllt. In jeder hervorragenden Persönlichkeit unter den türkischen Staatsmännern erblickt er seinen Feind und in jedem reorganisatorischen Vorschläge die tieflie genden Fäden eines Komplottes, welches darauf hinaus geht, ihn so zu enttrohnen wie sein Onkel und sein Bruder depossedirt worden sind. Die Verhandlungen wegen der Rückkehr Midhat Paschas und das jetzt zu Stande gebrachte Ergebniß derselben können als Beispiel für diese Behauptungen dienen! Was die britischen Vorschläge betrifft, so neigt sich der Sultan halb auf Seite Englands, halb fürchtet er dasselbe, aus Angst, zu sehr von dem englischen Kabinet abhängig zu werden, während er andererseits bei dem Fortbestehen der jetzigen Verhältnisse das weitere Umsich greifen des Aufruhrs unter seinen Unterthanen zu besorgen hat. Die Paschas haben während dieses Hin- und Her schwankens ihren eigenen Weg und wenn sie auch über zeugt sein mögen, daß ein Krach nicht ausbleiben wird, so trösten sie sich mit dem Genuß der Gegenwart, ohne auf die Zukunft Rücksicht zu nehmen. Sie werden da her, was an ihnen liegt, dazu thun, nm jedes Reform werk sowohl in Asien als Europa zu hintertreiben. Eu ropa selbst hat aber jetzt bei den fortwährenden Eifer süchteleien der Mächte unter einander keine Handhabe, der Türkei eine innere Reorganisation ernsthaft aufzu zwingen. Dergleichen war kurz nach Beendigung des Krieges möglich. Die Chance, welche damals vorhanden war, ist aber inzwischen durch den Berliner Kongreß ver eitelt, welche der Türkei die Gelegenheit verschaffte, sich um konkrete Zugeständnisse herumzudrücken. Es ist dies bedauerlich genug, denn in Egypten hat sich gezeigt, was die Großmächte zu bewirken im Stande sind, nur wenn sie anstatt sich gegenseitig zu durchkreuzen, sich zur Durchführung von gewissen Reformen vereinigen. Der Khedive von Egypten ist ein Mann der zehnfach die Charakterstärke Abdul Hamids besitzt und sich ebenfalls auf eine reale Machtfülle stützt, aber dennoch der Ver einigung Frankreichs und Englands in Bezug auf seine Finanz- und Staatsverwaltung alle denkbaren Zuge ständnisse nach Maßgabe der Forderung der internatio nalen Kommission machen mußte. Es wäre vielleicht möglich, das Reformwerk in der Türkei ebenfalls von der finanziellen Seite aus zu be ginnen ; ist es doch wesentlich der Geldpunkt, von welchem der Sultan geltend macht, daß er die Reformorganisation unmöglich mache. Während der Khalif feierlich erklärt, daß er kein Geld zu Justiz- und Verwaltungszwecken übrig hat, wendet er freilich die Monatsgage eines ganzen Regiments auf, um zur Feier des Ramazan seinem Harem zwölf neue jungfräuliche Insassen zuzuführen. Es ist dies eine Art von Lebens- und Wirthschaftsführ- ung, welche zur Evidenz zeigt, daß der türkische Grobherr nicht die für seinen Posten erforderlichen ökonomischen Anlagen besitzt, obgleich seine Civilliste ungefähr drei bis vier Mal so groß ist als die jedes anderen europäischen Souveräns, und obgleich alle türkischen Beamten des Civils und Militärs auf zwangsweisen Halbsold stehen. Da nun aber Europa zu einem großen Betrage der Gläubiger des Sultans ist, so ist nicht abzusehen, warum nicht auch in der Türkei ein ähnliches Sequester einge führt werden könnte, wie das ist, zu welchem sich der Khedive hat bequemen müssen. Es hat den Anschein, als wenn das Programm, auf welches Midhat Pascha in England und Frankreich gewissermaßen vereidigt worden ist, ähnliche Tendenzen hat und wäre es daher in hohem Maßen zu wünschen, daß der Exvezir, welcher vorläufig nur als Geduldeter in sein Vaterland zurückkehrt, bald dort wieder eine maßgebende Rolle zu spielen berufen wäre. (B. B. Z.) Zeitereignisse. PulSnitz. Bezüglich des in der vorletzten Nummer unseres Bl. vom Stadtrath erlassenen Bekanntmachung,