Volltext Seite (XML)
MockrMM für Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend. Erscheint: kkittwochs und Sonnabend» früh 8 Uhr. AbonnementSpreiS: Vierteljährlich Mark. Anferat« werden mit 10 Pfennigen für den Reum einer gespaltenen CorpuS- Zetle berechnet u. sind bis spätestens Dienstags und Freitags Vormittags » Uhr hier aufzugeben. Amtsblatt der Königlichen Gerichtsbehörden und der städtischen Behörden zu Pulsnitz und Königsbrück. Dreißigster Jahrgang. Buchdruckerei von Ernst Ludwig Körster in PulSnitz. Verantwortliche Redactton, Druck und Bsrlag von Paul Weber in PulSnitz. Geschäftsstellen für Königsbrück: bei Herrn Kaufmann M. Tschersich. Dresden: Annoncen« Bureau'S Haasenstein L Vogler, Jn- validendank, W. Saalbach. Leipzig. Rudolph Moffe, Haasenstein L Vogler. Berlin: Lentralannoncenbureau für sämmtliche deutsche Zeitungen. Mittwoch. S. Januar 1878^ Sonnabend, den 19. laufenden Monats, von Vormittags 10 Uhr ab, sollen in dein Hausgrundstücke des Schieferdcckermstrs. Johann Christian Gottlieb Groh in Großröhrsdorf verschiedene Menblcs, als: 1 Secretair, I Klciderschrank, 1 seuer- sester Gcldschrank, I Sopha, 1 Chronometer, Tische und Stühle, sowie verschiedenes Hausgeräthe meistbietend und gegen Vaarzahlung öffentlich versteigert werden, was hierdurch bekannt gemacht wird. PulSnitz, den 4. Januar 1878. Das Königliche G e r i ch t s a m t d a s e l b st. Jahn Knth. Bekauntinach u n g. Es wird hiermit zur öffentlichen Kcnntniß gebracht, daß die im hiesigen Brandcatäster mit Nr. 2, 65, 66, 3t7.ä und 347L ausgeführten, bisher zur Gemeinde Aöhmisch-Vollung gehörig gewesene Wohngebäude nunmehr der hiesigen Stadt cinbezirkt worden sind. PulSnitz, am 4. Januar 1878. DerStadtrath. Schubert, Brgrmstr. Bekanntmachun g. Die Anmeldung der Militärpflichtigen zur Recrutirnngs-Stammrolle für die Stadt Königsbrück betreffend. Alle in hiesiger Stadt aufhältlichen militärpflichtigen Personen, welche entweder n. im Jahre 1858 geboren, oder b. bereits in früheren Jahren zur Stammrolle angemeldet, aber zurückgestellt worden sind, werden hiermit in Gemäßheit von Z 23 der deutschen Wehrordnung vom 28. September 1875 aufgefordert, in der Zeit vom 15. Januar bis 1. Februar 1818 unter Vorlegung ihrer Geburtsscheine und bez. der im ersten Gestellungsjahre empfangenen Loosungs- und Gestellungsscheine behufs ihrer Eintragung in die Stammrolle in hiesiger Rathsexpedition sich anzumelden, oder durch deren Aeltern, Vormünder, Lohn-, Brod- oder Fabrikherren anmelden zu lasten. Gleichzeitig werden die Letzteren aufgefordert, ihrerseits dafür Sorge zu tragen, daß ihre militärpflichtigen Söhne, Pflegebefohlenen, Gewcrbsgehülscn, Lehrlinge u. s. w., welche von hier zeitweilig abwesend sind, während der eingangsgedachten Frist zur vorschriftsmäßigen Meldung gelangen. Unterlastungen werden mit Geldstrafe bis zu 30 Mark oder entsprechender Haft geahndeü Königsbrück, am 3. Januar 1878. —/ / - —) Der Stadtrat h. A. Peter, Brgrmstr. " Aeöer Wandersager. In dem bairischen Landtage ist dieser Gegenstand in eingehendster Weise erörtert worden und es verdienen die dabei geführten Debatten die weitgehendste Verbreit ung umsomehr, als sie einen Gegenstand berühren, der überall im deutschen Vaterlande sich in den Vordergrund drängt. Referent war der Abgeordnete Frickkinger, wel cher in ausführlichster Rede den Standpunkt des Aus schußes zu dieser brennenden Frage beleuchtete. Zunächst erkennt er den humanen Gedanken, der in der Gewerbefreiheit zum Ausdruck gekommen und nach welchem jeder seine Kraft in ehrlichem Gewerbe frei üben darf, unumwunden an, allein so viel weiß auch er, daß Wanderlager mehr Schaden als Nutzen bringen. Es ist diese Einrichtung von Wanderlagcrn ein Gegenstand, welcher tief in das Mark der seßhaften Gewerbtreibenden und Kaufleute einschncidet. Der Gesetzgeber habe diese Auswüchse einer freien Bewegung in Handel und Ge werbe weder vorausgesehen, noch gewollt. Die bezüg lichen Paragraphen der Neichsgewcrbeordnung machten den Eindruck, als habe man nur an kümmerliche Existen zen gedacht, der Ausdruck „Wanderlager" und „Wander- auction" kämen im Gesetze gar nicht vor. Mit großer Raffinerie werde nicht allein das Publikum angelockt, sondern ein Spekulant unter angenommenem Namen aus Berlin, Lyon rc. oft unter Einschiebung eines einheimischen Strohmannes schreibt aus, daß er aus „billiger Quelle" beauftragt sei, so und so viele Procent unter dem Selbst kostenpreise zu verkaufen. Plötzlich, wie er gekommen, verschwindet der Mann und entgeht 8 26 des Handels gesetzbuchs. Da bleibt dann nur die Annahme, entweder ist die Waare schlecht, oder sie ist gestohlen, oder der Mann geht mit einem Bankerott um. In Baden hat man ein probates Mittelchen gegen diesen Krebsschaden, „Wanderlager genannt", entdeckt und wendet es zum Segen des Landes an. Für ein Wanderlager muß auf die Dauer von 7 Tagen die halbe Jahressteuer sammt Umlagen, über 7 Tage die ganze Jahressteuer gezahlt werden. So war z. B. im vorigen Jahre ein Wanderlager aus Berlin angemeldet. Um chic möglichst höchste Steuerstufe zu erreichen, berech net man den Werth desselben nach den prahlerischen Zahlen, mit welchen die Einzelheiten destelben öffentlich augepriesen wurden. Die erhaltene Summe nahm man als Betriebskapital dieses Geschäfts an. Nach dieser Berechnung hätte das Wanderlager für die Dauer von 7 Tagen die hübsche Summe von 2400 fürStaats- und Kommunalsteuer zu zahlen gehabt. In Folge dessen zog der Unternehmer cs vor, in Deutschlands Metropole zu bleiben. Unberechenbaren Schaden fügen die Wanderlager dem Gewerbe zu, denn an ihrer Firma tragen sie das Motto: „Billig und schlecht" oder: „Wohlfeil und schlecht"! Das ist ein Punkt, der immer wieder hervorgerufen werden muß, weil er der Krebsschaden unserer gesummten Industrie ist, soweit sie sich zur Dienerin einer solchen Spekulation auf die Unkenntniß der Käufer erniedrigt. Es ist ein Fluch, der auf der deutschen Arbeit ruht, so weit sie die soliden Bahnen der früheren Zeiten verlassen hat. Namentlich in Uhren wird ein Betrug ost getrieben, der geradezu haarsträubend ist. Ein in einem Wander lager für 24 gekaufter Regulator ging nur 1 Stunde, dann mußte sein Werk wieder aufgezogen werden. Bei genauer Besichtigung sand es sich, daß das Räderwerk nicht aus Messing — sondern aus Zink gefertigt war. Der „Wanderlagerer" nahm die Uhr für 21 wieder zurück, hatte also bei dem unsaubern Geschäfte immer noch 3 -Zl verdient. Dies Beispiel zeigt deutlich, zu welchen Ausgeburten des Schwindels dieser ganze Ge schäftsbetrieb der Wanderlager oft Veranlassung gicbt, ja, wie in diese Art frechsten Betrugs scgar schon System gekommen ist. Selbstverständlich trifft dieses harte Wort allein und einzig diejenigen Wanderlager, welche, als moderne Buschklepper, erbärmliche Waare zu anscheinen den Schleuderpreisen verkaufen oder, um die Gläubiger schaft eines bankerotten Geschäftsmannes zu betrügen, heimlich beseitigte Waarcnbestände schleunigst an den Mann bringen, ehe der Staatsanwalt Wind davon be kommt. So es aber solide Unternehmungen sind, dann trifft der harte Tadel sie nicht, nur wäre es dann zu wünschen, daß die Erfindung der Neuzeit „Steuerschraube" bei ihnen angesetzt und wenn es sein muß mit aller Gewalt in die Höhe geschraubt wird, damit die seßhaften Geschäftsleute, die ihre schweren Stenern zahlen, nicht so außerordentlich geschädigt werden, wie es bis jetzt der Fall gewesen. Bedauerlich aber würde es sein, wenn unsere seß ¬ haften Geschäftsleute sich von dem Zauber einiger Wan derlagersorten anstecken ließen und unter dem Selbstkosten preise, was doch den Ruin zur Folge haben muß, oder in gänzlichen, niemals beendigten Ausverkäufen, in das gefährliche Fahrwasser einlenkten. Auch die Wander- aukiionen mahnen zu äußerster Vorsicht, vorzüglich, wenn sie Metallkompositionen betreffen, sodaß man sehr leicht z. B. statt echter Alfenidlöfiel galvanisch versilberte Mes- singlöffel rc. aufgehängt bekommen kann; wie das schon öfter vorgekommen ist. (Thür. Ztg.) 2. Das Jahr 1877 gehörte in wirthschaftlicher und so cialer Hinsicht zu den schwersten Prüfungs- und Entbeh rungsjahren, welche seit 1874 die Massen des Volkes heim gesucht haben. Obwohl die den wirthschaftlichen Aus schreitungen folgende Krisis schon im Jahre 1873 zum Aus bruch kamen, so berübrle sie doch jahrelang vorzugsweise die Börsen und hat erst seit 1875 auch den Groß- und Kleinhandel, die Fabrik- und Handwerksindustrie und die handarbeitenden Klassen aller Länder allmählich in immer tiefere Mitleidenschaft gezogen. Die reicheren und mittleren Klassen, welche in Len Gründungsjahren ihre Kapitalien in Bank-, Eisenbahn-, Bergwerks-, Bau- und Jndustrie- Actien angelegt hatten, wollten es lange Zeit nicht glauben, daß sie wirklich ärmer geworden seien und sich einschränken müßten. Nach und nach haben sich die Naturgesetze des wirthschaftlichen Verkehrs immer uner bittlicher geltend gemacht und zur Rückkehr zu der viel fach verlassenen Ordnung ermahnt. Der Springfluth ist die Ebbe gefolgt. Was faul oder auf Sand gebaut war, mußte zusammenstürzen. Viele vorzeitig begonnene Bergwerks- und Eisenbahnbauten haben verlassen wer den müssen. Zahlreiche Fabriken blieben halbseitig oder wurden bald wieder außer Betrieb gesetzt. Hunderte von Banken und Actien-Gesellschaften sind bankerott und langsam vollzieht sich die Ernüchterung und. Einschränk ung der Unternehmer, die Zurückziehung der Kapitalien aus riskanten Geschäften in sichere Crwerbszweige und die Nückströmung vieler Arbeiter aus den Städten nach dem Lande, aus den Fabriken in die kleinen Werkstätten der Handwerker. Hunderttauscnde von jungen Burschen, welche in den Gründungsjahren. ihren Lehrherren davon liefen und trotzdem eine Zeit lang unverdiente hohe Löhne erhielten werden jetzt won Bauplatz zu Bauplatz, von