Volltext Seite (XML)
Wochenblatt und Umgegend Inserate für denselben Tag sind bis vormittags zo Uhr auszngeben. Preis für die einspalt. Seile oder deren Raum zo Reklame 2v H. Bei Wiederholungen Rabatt. Alle Annoncen Expeditionen nehmen Inserate entgegen. ! für Pulsnitz Erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Beiblätter: Illnstr. Sonntags blatt und landw. Beilage. Abonnement: Monatl. 50 H., vierteljährlich ^.25 bei freier Zustellung ms Haus, durch die Post bezogen unter Nr. SK02 t.-zo. Amts-Blatt des Kömgl. Umlsgeniclils und des Stadtpatkes LU pulsnUrr. Telegramm- Messe: AoclieiM Mukln'A. Pennspneckep r-: No. l8. -1- Altttsblatt für den Bezirk des Usnigl. Amtsgerichts Pulsnitz, umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz Al. S., Böhmisch-Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig Hauswalds, Ohorn, Gbersteina, Niedersteina, Weißbach, Oberlichtenau, Niederlichtenau, Friedersdorf-Thiemendörf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, lilein-Dittmannsdorf. Druck nnd Verlag von E. L. Förster'» Erben. Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 2S«. , verantwortlicber Redakteur Gtto Dorn in Pulsnitz. Sonnaöend, den 28. Aovemöer 1903 55. Jahrgang. Wr. 141. Neueste Greigniste. Professor vr. Schmidt, der bekanntlich die Opera- ration des Kaisers vollzog, ist zum Wirkl. Geh. Rat mit dem Prädikat Exzellenz ernannt worden. In geistlichen Kreisen Roms geht das Gerücht voll einer Abdankung des Bischofs Korum in Trier um. Zwischen dem Gouverneur Leutwein in Deutsch-Süd- westafrika und den Hottentottenhäuptlingeu werden Verhandlungen über Wiederherstellung geordneter Zustände im Bezirk Warmbad ge pflogen. Dem Fähnrich zur See Hüssener ist mit gleichzei tigem völligen Ausscheiden aus dem militäri schen Dienstverhältnis der Abschied erteilt worden. Der zweite Staatsanwalt im Kwilecka-Prozeß, Asses sor Müller, ist um seinen Abschied eingegangen, nachdem seine Versetzung nach Elberfeld ver fügt war. Gras Hektor Kwilecki hat in einem Briefe an Justiz rat Wronker erklärt, daß er seine Verwandten irrtümlich beschuldigt habe. Das Ense eines Sensationsprozeffes. Am Mittwoch ist der in weiten Kreisen mit so großem Interesse verfolgte Sensationsprozeß Kwilecka vor dem Berliner Schwurgericht nach mehrwöchiger Dauer endlich zum Abschluß gebracht worden. Das Erkenntnis deS Ge richtshofes lautete aus Freisprechung der. Gräfin Kwilecka und aller anderen Angeklagten von der Anklage der Kin- deSunterschiebung, nachdem die Geschworenen die sämtlichen Angeklagten in ihrem Wahrspruche für nicht schuldig erklärt hatten. Die bedeutenden Prozeßkosten fallen der Staats kasse zur Last. Dieser Ausgang der an dramatischen und interessanten Momenten überreichen gerichtlichen Verhand- lungen gegen die Gräfin Kwilecka und Genossen kommt wohl kaum überraschend, denn die Frage nach der Schuld oder Unschuld der Angeklagten hat durch den gesamten Verlauf des Prozesses trotz des großen Zeugenaufgebotes, der Vernehmung der Sachverständigen, der scharsinnigen Ausführungen der Vertreter der Anklagebehörde und der beredten Darlegungen der Verteidiger keine genügende Klä rung erfahren, so ist eS schließlich wohl nicht weiter befremd lich, daß die Geschworenen zu ihrem „nichtschuldig" gelang, ten, dem dann der Gerichtshof mit seinem freisprechenden Urteile Rechnung trug. Offenbar erleichtert wurde auch der Freispruch durch die unsicheren schwankenden Aussagen mancher Belastungszeugen und durch die Blößen in deren Charakter, welche seitens der Verteidiger schonungslos vor dem Gerichtshöfe ausgedeckt wurden. Auch das Eingreifen der Vertreter der Staatsanwaltschaft in die Prozeßverhandlun- gen war nicht immer ein glückliches zu nennen, was na- mentlich von der Bemerkung des Staatsanwalts vr. Mül ler gilt, die Geschworenen würden dem ganzen Institute der Geschworenengerichte Schaven zulügen, wenn sie die Ange klagten nicht schuldig sprechen würden. DaS ist denn auch ein bedenklicher Versuch von Seiten der Anklagebehörde Zur Beeinflussung der Geschworenen im Sinne der Anklage und möglicherweise hat gerade dieser Vorstoß der Staats anwaltschaft gegen die Geschworenengerichte die Laienrichter im Prozesse Kwilecka mit zu ihrem der Forderung deS Staatsanwaltes entgegengesetzten Wahrspruche veranlaßt, Wenngleich die Geschworenen zweifellos sonst nach bestem Wissen und Gewissen geurteilt haben. Möglicherweise hängt die Versetzung des vr. Müller nach Elberfeld mit seiner erwähnten Entgleisung in den Prozeßverhandlungen zusammen. Im übrigen hat der Prozeß Kwilecka erneut interessante Streiflichter auf gewisse kulturelle und soziale Zustände in den Ostmarken des Reiches geworfen und abermals gezeigt, daß in „Deutsch-Polen" noch so manche eigenartige Verhält- Nisse obwalten. Die national-polnische Frage ist bei diesem Prozesse naturgemäß mehr im Hintergründe geblieben, trotz dem wies er auch in dieser Beziehung manche bemerken-- Werte Momente auf. UeberHaupt bleibt noch sehr abzu- warleu, ob nicht der Freispruch in ü,e,cm Scigat>on»ptv» zeß von der polnischen Propraganda nach Kräften für ihre nationalen und politischen Zwecke auSgebeutet w-rden wird. Sie arbeitet ja mit den rücksichtslosesten Mitteln, um ihre revolutonären Ziele zu erreichen, und es ist daher gar nicht so unmöglich, daß die .unschuldig" Angeklagten im Prozesse Kwilecka künftig eine wenn auch unfreiwillige Rolle in der polnischen Agitation spielen werden. Darum können auch die entusiastischen Kundgebungen deS Berliner Publikum-, welche nach Beendigung des Prozesses für die Freigesproche nen in Szene gesetzt wurden, nur höchlichst bedauert werden. DaS rein menschliche Empfinden mag gew ß in diesen freu digen Demonstrationen mit zum Ausdruck gekommen sein, aber vom Standpunkte deS nationalen und politischen Ge gensatzes zwischen Deutsch und Polnisch aus betrachtet, er scheinen sie doch mindestens unangebracht. vertttche und sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. An den letzten vier Sonntagen vor Weihnachten, Sonntag, den 29. November, Sonntag, den 7., Sonntag, den 13. und Sonntag, den 20. Dezember dür fen die Läden bis abends 10 Uhr geöffnet bleiben. Es ist noch eine Reihe von Tagen hin, bis e« gilt die fertigen Ge schenke zu rüsten, aber wer zeitig wählt, der erspart sich spä tere Sorgen, ob nun alles zur rechten Zeit in Ordnung ist. Wenn nur daS Wählen nicht wäre! Nun, das ist nicht so ängstlich, je früher man damit beginnt, umio leichter macht «S sich, denn man braucht dann nicht zu befürchten, daß ge rade daS auSverkaust ist, was wir gern erwerben möchten. Und für daS Wählen geben uns die Weihnachts-Ankündigun gen in der Zeitung einen wertvollen Anhalt. Jede Weih nachtszeit bringt neues, die nimmermüde und nach immer besserem suchende deutsche Industrie hat auch in diesem Jahre reiche Gaben sür den Weihnachtsmann zugerüstet, mit welchen unS di« Zeitungs-Ankündigung bekannt macht. Der Geschäfts mann und der Gewerbetreibende unterbreiten in ihr dem Pu blikum eine sachgemäße Einladung, die von praktischem Nutzen ist, wenn sie aufmerksam beachtet wird. Die Vorbereitungen sind in umfassendster Weife getroffen worden. Die Lager sind gefüllt und jeder Geschäftsmann ist bemüht, seiner Kund schaft da« Beste und Neueste zu bieten. Hoffnungsvoll wird der kommenden Zeit entgegengesehen, aber die Sorgen des Geschäftsmanns, der sein Kapital in dem Warenvorrat ange legt hat, sind eben so groß als die Hoffnungen, da ein Fehl schlägen des gehofften Umsatzes sür ihn verhängnisvoll wer den kann. Alle Arbeit und Mühe ist dann vergebens ge wesen, wenn in den zurückbleibcnden und während eines Jah res veraltenden Waren der Verdienst verloren geht. — Die AdvsntSglocken erklingen morgen, Sonntag zum ersten Male in Stadt und Land! Die selig: AdventSzeit ist wieder herangekommen mit ihrer Liederfalle auf Tal und Höhen. Ein Morgenrot glüht herauf, das wie HoffnungS- licht so schön erglänzt; von fernher winkt „die stille, heilige Nacht". „Friede aus Erden!" klingt eS wieder auS Him- mels-Höhrn. Ja Friede! Doch wo findest du ihn? Wo ist das tiefe Sehnen nach der leuchtenden Zeit, wo der Kind heit Feenzauber unser Auge freudig erglänzen ließ? Die herbstliche Zeit hat die schönsten duftigen Blüten geknickt, die knöcherne Herrin Selbstsucht hat die Menschheit hinein- getriebev in daS Hetzen und Hasten, das Drängen und Trei ben deS Tage». Mitten in diesen Alltagstrubel dringen die AdventSglockentöne. Ein Kindheits-Heimweh ersaßt die Menge, die daS Glück zu erjagen sich bemüht, in der sor« gendurchwühlten Menschenbrust hallt immer lauter der Gruß auS EngelSmund wieder: „Friede auf Erden!" Einem Gruß auS himmlischen Höhen, einem Heimatsklange und GotteSzauber gleicht das Geläute der Adventsglocken. Die Christkind-Lieder in Palast und Hütte, der schlichte sinnige Kerzenbaum, der Duft der Fichtennadeln, der Zauber der Liebe, der über die Weihnachts-Arbeit sich auLbreitet, das heimliche Singen in der Lust, der Kindlein erwartungsvoller Blick, dies Alles weist unaufhörlich auf den kommenden Tag des Glanzes und umspinnt alle Seelen. Der feinste und stärkste Reiz der Vorweihnachtszeit aber ist, daß daS wohlige Feuer in der Menschenbrust, das sie entfacht, gerade in den Wochen flammt und wärmt, welche die traurigsten wären ohne sie. PulSnitz. Laut Beschluß deS Preisgericht» in Aussig wurde am Mittwoch dem Pfefferküchler Richard Köhler auS Pulsnitz für seine hervorragenden Leistungen der höchste Preis die Goldene Medaille zuerkannt. Obige Firma erhielt auch in Schluckens» i. B. die silberne Medaille. — Der Dezember dürfte sich nach deS verstorbenen Falb» Prophezeiung ziemlich feucht gestalten. Speziell in der ersten Woche sollen zahlreiche Regengüsse zu gewärtigen sein, «ährend später Schneesälle eintreten. Den 4. De zember bezeichnet Falb als einen kritischen Termin erster, den 18. als einen solchen dritter Ordnung. Der hundert jährige Kalender prognostiziert ebenfalls für daS erste Drit tel deS MonatS neblicheS, regnerisches Weiter mit vereinzel- ten Schneefällen. Vom 10. bis 18. soll eS dann trocken, vom 19. bis 28. aber rauh und frostig und in den letzten Tagen schön werben. Ohorn. In den langen Winterabenden nimmt gar Mancher ein nützliches Buch zur Hand, daS ihm Unterhal tung bietet und sein Wissen bereichert. Es wird daher er neut auf die hiesige VolkSbibliothek hingswiesen, in der ein Jeder etwa» wünschenswertes zur Lektüre findet; denn sie enthält neben einer reichen Unterhaltungsgruppe gemein nützige, geschichtliche und geographische Werke in großer Aus wahl. Die Bibliothek befindet sich in der Schule, 2. Stock werk, und ist jederzeit geöffnet. DaS Lesegeld ist gering und beträgt pro Band und Woche 2 Pfg. Bibliothekar ist Herr Lehrer Sticht. Ohorn. Im Jahre 1897 wurde der Fechtverband „Rödertal", dem die Ortschaften Großröhrsdorf, Bretnig, Ohorn und HauSwald« angehören, gegründet. Durch Ver teilung von Weihnachtsgaben an arme Familien und von Ostergaben an bedürftige Konfirmanden hat der Verband schon manche Freude angerichtet und manche Not gemildert. In Ohorn allein konnten seit dem Gründungsjahr bi» jetzt 234 Mark zur Verteilung gelangen. Damit die Unter stützungen auch hierorts immer mehr wachsen und die wohl tätigen Zwecke der „Sächsischen Fechtschule", der unfir Ver band angehört, zur Geltung kommen, ist eS wünschenswert, daß sich von Jahr zu Jahr immer mehr finden, die dem Verbände durch Entnahme einer Mitgliedskarte beitreten. Mitgliedskarten zum Preise von 50 Pfg. für 1904, die so manche Vergünstigung bei Konzerten, Museen, Panoramen usw. bieten, sind bei Herrn Lehrer Sticht zu haben. Bautzen, 26. November. (Hauptverhandlung des König!. Schwurgerichts.) Versuchter und vollendeter Mord sowie versuchte Abtreibung der Leibesfrucht find die Delikte, wegen welcher sich der Zimmermann Rodert Max Philipp au» Oberlichtenau vor dem Könial. Schwurgericht zu ver antworten hatte. Der am 1. Juli 1875 geborene und bisher noch unbestrafte Angeklagte unterhielt seit dem Jahre 1897 mit der Arbeiterin Urban in PulSnitz ein Verhält nis, dem 2 Kinder entsprossen. DaS erste, ein Knabe, wurde im Mai 1901 geboren. Philipp beschloß, das Kind zu töten. Zu diesem Zwecke begab er sich am 1. Septem ber 1901 zu der Urban und führte durch Eintauchen eines Gummihütchens in ein Fläschchen Schwefelsäure dem Kinde die Säure zu, indem er ihm daS Gummihütchen in den Mund steckte. Dies hatte die Urban nicht bemerkt, sondern begab sich erst zu dem Kinde, als dasselbe laut auffchrie. Sie glaubte, eS leide an Krämpfen. Offenbar durch die Wirkung deS Giftes verstarb daS Kind 2 Stunden darauf. Es wurde natürlicher Tod angenommen und daS Kind beerdigt. Ende deS JahreS 1902 befand sich die Urban abermals in anderen Verhältnissen. Darüber war der Ur heber, der Angeklagte, so ärgerlich, daß er der Urban eine Ohrfeige versetzte und ihr gebot Mittel anzuwenden, um die Leibesfrucht abzutreiben. Da hierauf die Urban nicht einging, führte er ihr die abtreibenden Mittel bei den Mahl zeiten selbst heimlich zu. Äie schmeckte eS aber jedesmal und genoß die Speisen nicht. Infolgedessen blieben die an gewandten Mittel ohne Erfolg und die Urban schenkte iw April 1903 einem Mädchen daS Leben. Da faßte der An geklagte den Entschluß, auch dieses Kind zu beseitigen. Er begab sich in die Wohnung der Urban und führte dem Kinde ebenfalls in der Weise, wie im ersten Falle, unbe merkt Säure zu. Das Kind schrie nach der Tat sofort laut auf und die Urban lief, nichts Gutes ahnend, sofort zu einem Arzte. Letzterer stellte fest, daß dem Kinde Schwefelsäure beigebracht worden war. Nach Verlauf von 30 Stunden verschied das Kind unter den fürchterlichsten Schmerzen. AIS größte Wahrscheinlichkeit wurde von den Sachvreständigen angenommen, daß daS Kind durch die Säure vergiftet worden sei, ein sicherer Beweis hierfür war nicht zu erbringen. Der Wahrspruch der Geschworenen lautet in allen 3 Fällen auf schuldig. Demzufolge wurde der Angeklagte zu 1b Jahren Zuchthaus und 10 Jahren